Cato schrieb:
Nun ist es, wie im legendären ?Hedemünden-thread?, wieder zu Ausfälligkeiten auf beiden Seiten gekommen.
Ich bin jederzeit bereit mich meiner Verfehlungen zu stellen, in diesem Thema habe ich mich allerdings zurück gehalten und mehrmals auf unverschämte Anspielungen, Unterstellungen und Beleidigungen verwiesen. Nicht mehr, nicht weniger. Danke für die objektive Behandlung.
Cato schrieb:
Kehren wir besser, im Interesse aller, zu einer sachlichen Argumentation zurück. Dankend nehme ich den Hinweis von Marbod entgegen, mich mit wissenschaftlichen Arbeitstechniken zu befassen, insbesondere der Bedeutung von Sekundärwissenschaften. Anmerken möchte ich hierzu noch, dass ich wiss. Mitarbeiter an der Universität Hannover bin und derzeit an einer Dissertation im Bereich Bau-und Kunstgeschichte arbeite; den Hinweis von kompetenter Seite :teach: weiß ich deshalb besonders zu schätzen.
Zwar weiß ich nicht, wie Kunsthistoriker arbeiten, aber wenn dieses Studium Kompetenz verleiht solltest du den Versuch zu schätzen wissen, Quelleninterpretationen, so wie sie hier von Cherusker bzw. dessen "Lehrern" in dieser Sache betrieben wird kritisch zu Hinterfragen und besonders die verwendete(n) Quelle(n) auf ihre Glaubwürdigkeit zu untersuchen. In meinen bisherigen Posts habe ich die Interpretationen einiger Stellen (etwa das "verschwinden" zweier Legionen oder die Anlage eines großen Walles zwischen den Arbeiten an zwei Lagern unter extrem erschwerten Bedingungen) in Frage gestellt. Persönliche Angriffe und Unterstellungen sowie bewußte Übertreibungen ("10 Germanen") und Polemisierungen, nicht zu vergessen Absprache meiner fachlichlichen Kompetenz waren die Reaktion.
Cato schrieb:
Zweifellos ist Tacitus sowohl dem Germanicus, als auch Arminius gegenüber wohlgesonnen eingestellt und hebt ihre besondere Bedeutung hervor. Tiberius gegenüber steht er dagegen kritisch gegenüber. Das alles ist nicht neu und allgemein bekannt.
Mit dem Schlachtverlauf an den Langen Brücken hat dieses jedoch wenig zu tun.
Bedingt hat die Darstellung der Ankunft der Legionäre schon etwas mit der Schlacht zu tun, da sie ja das Ende dieser darstellt. Würden also halb abgerissene kleine Gruppen von Soldaten die Brücke erreichen hätte dies doch eher Flüchtlingscharakter und nicht den einer (knapp) siegreichen Truppe. Sowas nennt man einen Widerspruch.
Darauf wollte ich aber in der Tat nicht hinaus, sondern die Stelle diente lediglich dazu, dem Interpreten zu zeigen, dass man Tacitus Ambitionen unterstellen muß und seine Darstellung im kleinen wie im großen häufig inkorrekt ist, nicht immer aber oft genug um ihn nicht als absolut zuverlässige Quelle zu betrachten, schon gar nicht in detaillierten Beschreibungen von Ansprachen oder Abläufen.
Cato schrieb:
Den genauen Hergang und Ablauf der Schlacht hatte man mit Sicherheit aufgezeichnet und archiviert.
Es gibt keine absolute Sicherheit in solchen Dingen. Es ist keine heroische Schlacht, auf die ein Feldherr gerne zu sprechen käme, kein Glanzpunkt in der Politik des Reiches, kein Beweis, dass Römer ausersehen sind, die Welt zu beherrschen und zu zivilisieren.
Aber gehen wir davon aus, dass dies geschah, wer schrieb den Bericht? Warum? Wann? Und auf welche Aussage wird sich bezogen? Wie oft wurde er übertragen um ihn vor Verfall zu schützen? Hat er die Brände vollständig überstanden? Hat Suetonius ihm die Dokumente vorgelegt (wohl kaum, immerhin handelt es sich um Verschlußsachen, und keiner der Kaiser nach Caligula bis Hadrian ist bekannt für seine heitere und offene Weise mit Staatsgeheimnissen umzugehen), oder nur Auszüge oder seine eigenen Worte abgeliefert?
Cato schrieb:
Insofern kann man die "Quelle Tacitus" in Bezug auf die Caecinaschlacht zur wissenschaftlichen Arbeit heranziehen.
Und genau darum geht es, werter Cato, schon die ganze Zeit.
Zu wissenschaftlichem Arbeiten kann man ihn heranziehen, absolut korrekt. Aber wie sieht wissenschaftliches Arbeiten aus? Man sieht sich Funde an, liest eine Stelle in einem Buch und wenn die beiden zusammen passen kann man darauf eine Theorie begründen? Wo ist der Rest der historischen Arbeit? Nach dem einfachen Grundprinzip handelten die ersten Archäologen und Althistoriker und die Ergebnisse bereiten uns heute viel Kopfzerbrechen, wie etwa bei Marathon.
Und in noch anderer Hinsicht triffst du hier den Kern all meiner Mühen:
Nicht die Theorie um die Langen Brücken als Schlacht bei Kalkriese kritisiere ich, im Gegenteil, sondern das unkritische Arbeiten, die fast schon bösartige Reaktion auf Kritik, das unreflektierte Wiedergeben unsicherer Quellen, das mangelnde historienwissenschaftliche Gerüst um diese Arbeit drumherum.
Und genau das habe ich schon mindestens ein dutzend mal gesagt.