Der Wert von Kultur

Rovere schrieb:
Sehr interessant, wo siehst du die Grenze?
Ich denke die gesellschaftliche Zufriedenheit und auch äusserliche Umstände bestimmen die fließende Grenze. Je mehr Armut herrscht, desto eher sollten die Prioritäten überdacht werden.
Ein guter Volkswirtschaftler könnte bestimmt die richtige Formel für das Verhältnis finden. :idee: :p
 
Cassandra schrieb:
Ich denke die gesellschaftliche Zufriedenheit und auch äusserliche Umstände bestimmen die fließende Grenze. Je mehr Armut herrscht, desto eher sollten die Prioritäten überdacht werden.
Ein guter Volkswirtschaftler könnte bestimmt die richtige Formel für das Verhältnis finden. :idee: :p
Wenn ich dich richtig verstanden habe - was ich hoffe - stellst du darauf ab wie der Wohlstand einer Nation verteilt ist. Haben wir - wie es in Europa zum Glück noch ist - eine breite Mittelschicht soll der die öffentlichen Gelder verwaltende Staat stärker Impulse im Bereich "Kultur" setzen als in sozial ungleichen Staaten.

Da der Staat nun aber sparen muß tut er das zu aller erst ohnehin bei der Kultur bzw. fordert Kulturmanagement. Dieses Kulturmanagement wiederum macht Kultur zu einem Managementobjekt - und da besteht nun die wirklich die Gefahr dass sie zum Luxusgut werden könnte bzw. zur Massenquotenmacherei verkommt.
 
Quintus Fabius schrieb:
Die Lösung ist ein System, daß die Leistungen im Studium finanziell belohnt. Das heißt, wenn ich das Vordiplom oder den Schein Gut schaffe, werden mir die Studiengebühren erlassen bzw gekürzt. Desweiteren ein Stipendiatsystem, in dem die Kinder Armer Eltern vom Staat die Studiengebühren als zinslosen Kredit erhalten, sie können sie dann mindern indem sie im Studium gute und sehr gute Leistungen und vor allem Abschlüsse zeigen. Auch die Zeitdauer sollte berücksichtigung finden. Jedes Semester über die Regelstudienzeit sollte dann mehr kosten.

Das Studium ohne Gebühren ist sozial ungerecht, daher allein sollte man es abschaffen, dazu kann man über die Leistungsbindung der Gebühren den Leistungsgedanken in das Studium einbringen, was vielen Studenten im 14 Semester usw ganz gut täte.
Also, wenn ich Dich richtig verstehe, willst Du die weitgehende kostenlose Studienmöglichkeit abschaffen, damit arme Leute zahlen müssen um zu studieren :confused: Das ist ein widerspruch in sich. auch wenn die Studiengebühren erlassen werden, muß man dennoch erst einmal zahlen. Woher willst Du dann das Geld nehmen?? Es handelt sich nicht gerade um kleine Beträge, sondern an die 3000 € im Semester! Also frage ich mich, will ich das zahlen, oder doch für umsonst weiter studieren? Woher sollen ärmere Familien das geld nehmen??? Hast Du dafür eine Lösung? Außerdem: Stipendien gibt es heute auch schon.
Liebe Grüße
 
Kirlon schrieb:
Mir ist die Reduzierung von Kultur auf die schönen Künste in diesem neuen Pfad zu eng, weil sich Quintus Fabius in seinem Ursprungsbeitrag auf „irgendwelche Kultur“ bezogen hat.

Selbst für die schönen Künste gilt aber, dass diese sich eben nicht nur „die Reichen und Satten“ leisten, sondern dass sie gerade im Angesicht des Untergangs offensichtlich zu den ureigenen menschlichen Bedürfnissen gehören.

Beispiele dafür gibt es en masse, ich will mich auf ein besonders augenfälliges beschränken:
Das der Juden in der Zeit der Verfolgung durch den NS.

Entrechtet, gequält, erniedrigt und dem sicheren Tode ins Auge sehend, spielten sie in den Ghettos und KZ Theater, sie sangen, malten, schrieben Gedichte etc. – Bestimmt nicht, weil sie meinten, sie müssten sich wenigstens das noch leisten können, sondern weil es ihnen in einer unmenschlichen Realität ein wichtiges Stück Menschsein erhielt. Für diese Kultur nahmen sie in ihrem unfassbar erbärmlichen Dasein teilweise noch weitere Einschränkungen in Kauf. Ich denke, viel besser kann man den Wert der Kultur für den Menschen nicht illustrieren.
Mir hat dein Beispiel aus dem KZ gut gefallen, ich habe mal eine Doku über das Orchester von Theresienstadt gesehen.

Ich kanns mir einfach nicht vorstellen ohne Kultur zu leben - das ist für mich ein unverzichtbares Lebensmittel. Aber wenn ich z.B. in meiner Lieblingsstadt Rom bin und ich mich ergötz an ihrer Schönheit freue ich mich an Dingen die eigentlich durch Korruption und Ausbeutung entstanden sind bzw. zusammengetragen wurden - und dennoch sind gerade diese Werke von solcher Großartigkeit. Diese Zwiespältigkeit ist faszinierend - ich weiß echt keine Antwort drauf.
 
Gerade wenn es den Menschen schlechter geht, wollen sie sich ein wenig ablenken. DAs war in den zwaniziger Jahren auch, als die Weltwirtschaft den Bach runter ging, boomten Theater, Kinos und Tanzbälle (z.B. auch in Berlin), weil die Menschen einfach ein wenig ablenkung brauchten. Was im Grunde ganz normal ist. Wenn ein viel Streß hat, brauch tman mal eine Pause, dann liest man ein gutes Buch, guckt einen tollen Film oder hört einfach Musik. Aber Kultur ist nicht nur für unser Privatvergügen wichtig, sondern auch, um aus vergangen Zeiten zu lernen, oder Dinge nicht zu vergessen, sei es nun Weltgeschichte oder auch persönliche Dinge, aus der FAmilie, oder aus einem bestimmten "Kultur"kreis. das finde ich das wichtige daran...
Liebe Grüße
 
Zitat Quintus Fabius :

Werte Sissi, ich gehe mal davon aus, daß du die Pisa Studie kennst. Dort ist klar herausgestellt, das es kaum Länder in der westlichen Welt gibt, in denen die Bildung und die Kultur am Stand und an der Herkunft hängen wie hier. Ausgerechnet hier, wo unser theoretisches Modell doch angeblich jedem alle Möglichkeiten offenläßt ist die Ständegesellschaft gerade was die Bildung angeht in einem Ausmaß noch vorhanden, daß alle anderen Staaten des „Westens“ uns da bereits abgehängt haben.
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.... und das ist ein Skandal ! :motz:

Kultur ist ein Menschenrecht und kein Luxus. Jede Stadtteilbibliothek , jedes Jugendzentrum welches geschlossen wird, fehlende Mittel für Bücheranschaffung als Opfer der
Kulturetatkürzung in den Städten und Komunen sind Ausdruck von schwindendem Verständnis dafür ,was Kultur bewirken kann.
Das Schwinden von Kultur geht einher mit entsolidarisierung der Gesellschaft,
mit zunehmender Gewaltbereitschaft eigene Ziele durchzusetzen,
und nicht zuletzt wird die Anfälligkeit für radikale Lösungen befördert.

Was dem Duodezfürst sein Klein-Versailles war, ist heute dem Provinzfürsten
sein Kulturspektakel und Musikzirkus möglichst nahe am Kuhstall. Da werden aus allen Sparten prominente Schauspieler, Musiker etc. für viel Geld angeheuert , die Provinz zu erfreuen mit hohen Eintrittsgeldern und Erlebnis-Essen im Vip-Zelt .
Da stehen sie dann, die Herren Kulturmacher und Damen Kulturtanten von Nah-und Fern, lassen sich fotografieren.
mit der örtlichen Politprominenz, die dringend so eine Publicity brauchen, nur so
werden sie gewählt, nur so können sie das liebe Geld der Steuerzahler für diese
Eventkultur wieder herrausschmeißen.
Die eigentliche ortsnahe Kulturarbeit geht zugrunde, weil auch Tante Frieda und Onkel Otto
jetzt Sekt schlürfen wollen und berühmte "Künstler zum Anfassen" haben wollen.
Die wirkliche Kulturarbeit vor Ort geht zu Grunde, der Kulturbegriff wandelt sich, er wird pervertiert.

Deutschland ist flächendeckend mit dieser Eventscheiße gedüngt, und alle halten das für Kultur. Na denn Prost !

So, das war ein Beispiel dafür ,was Nichts mit Kultur zu tun hat. :)
 
Man kann ruhig verallgemeinern, denn in der Verallgemeinerung geht man doch von psychisch gesunden Menschen aus.

Die sind psychisch gesund, es gab auch jede Menge Kulturen, in denen sich alle dem Krieg zuwandten und derjenige der für den Frieden war dann für psychisch nicht gesund gehalten wurde. Ganze menschliche Kulturen richteten sich total auf den Krieg aus, und das umfasste dann den Gros der Menschen in dieser Kultur. Können 80 % eines ganzen Volkes psychisch gestört sein, die antwort ist nein, sie können durchaus irren, aber deshalb sind sie nicht verrückt. Sie sind in ihrer Kultur dann eben normal und funtkonieren genauso wie jede „gute“ Kultur wie wir sie uns vorstellen. Desweiteren muß das Friedliche Gute und Edle nicht immer gewinnen, auch das was wir heute als Böse ansehen kann sich durchsetzen und lange Zeit herrschen. Im Schnitt der Geschichte ist keine Seite im Vorteil bisher.

Das erste Buch mit mehr als 50 Seiten das ich gelesen habe war: Die Kultur des Krieges von John Keegan. Auch wenn ich nicht überall einer Meinung mit ihm bin, ist es eine sehr gute Zusammenfassung der Kriegsgeschichte der Menschheit und der Kultur des Krieges, den Krieg ist auch Kultur und bringt Formen und Vorgehensweisen und Dinge hervor die Kultur sind.

Also, wenn ich Dich richtig verstehe, willst Du die weitgehende kostenlose Studienmöglichkeit abschaffen, damit arme Leute zahlen müssen um zu studieren Das ist ein widerspruch in sich.

Keiner geht hier auf die Ständegesellschaft hierzulande ein ?!

Hier in Deutschland hängt die Möglichkeit zum erlangen von Bildung primär an der Herkunft fest, wie wollt ihr das ändern ??

Nirgendswo in Europa hängen Stand und Herkunft und Kultur und Bildung noch so eng zusammen wie hier zulande, das ist nicht gerecht.

Und es wäre eben gerechter, wenn man für das Studium blechen müßte, denn: der Grosteil der Studenten entstammt den besseren Familien und der gehobenen Mittelschicht. Ist es gerecht, wenn diejenigen, deren Kinder zum absoluten Großteil nicht studieren können, für das Studium der Reichen zahlen, damit deren Nachkommen dank der besseren Bildung weiter reich und/oder wohlhabend sein können?
 
@Fabius

Hallo !

Also erstens sind verrückt und inkongruent nicht das Gleiche.
Zweitens gibt es verschiedene Ansätze in Deiner Stellungnahme, die , wie ich finde, etwas durcheinandergewürfelt sind.

Am Beispiel von Ex-Jugoslawien kann man anführen, das es sich ja dort um Menschen mit einer ähnlichen Kultur wie die unsere handelt, mit ähnlichen Werten, Ethik, Archetypen etc. Hier hat sich gezeigt, das die allerallermeisten Menschen kulturhungrig waren, sie benötigten nach oder sogar während der Auseinandersetzungen ein Ventil zur Verarbeitung, bzw. haben um eine Erklärung gesucht, warum wer wie gehandelt hat, meistens waren ihre Antworten kulturdominiert. Einerseits Kultur als Ventil, anderseits als Erklärung der Täter.

Es gibt natürlich auch ganz archaische Kulturen, die eine Art der Kriegskultur betreiben, zelebrieren. Diese sind natürlich nicht verrückt, haben aber mit unserem Kulturkreis eigentlich nichts zu tun. Deshalb sind sie auch mit unseren Vorstellungen und Einschätzungen nicht zu bewerten. Allerdings stehen bei diesen Kulturen nicht die Kriege als "Gemetzel" im Vordergrund, sondern die Kampfkunst, das Kraft- und Machtvolle, die Einheit der Gruppe, da es sich hier zumeist um sehr kleine oder kleinere Völker(Stämme) handelt. Es geht um die Auseinandersetzung mit ihrem Zusammenhalt, wobei auch der "Zusammenhalt" mit den Ahnen eklatant wichtig ist.
Es ist nicht shr gut in aller Kürze zu erklären, deshalb kann man wie gesagt, dies alles bei Canetti oder Freud nachlesen; man kann bei Freud geteilter Meinung sein, aber hier sind z.B. " Totem und Tabu " sehr zu empfehlen.

gruß

Philippos II
 
Quintus Fabius schrieb:
Keiner geht hier auf die Ständegesellschaft hierzulande ein ?!

Hier in Deutschland hängt die Möglichkeit zum erlangen von Bildung primär an der Herkunft fest, wie wollt ihr das ändern ??

Ist es gerecht, wenn diejenigen, deren Kinder zum absoluten Großteil nicht studieren können, für das Studium der Reichen zahlen, damit deren Nachkommen dank der besseren Bildung weiter reich und/oder wohlhabend sein können?
Keienr bestreitet, daß es in Deutschland, noch schlimmer ist es in Rußland oder den USA, einer Ständegesellschaft gibt. Aber jedem ist es möglich, die gleich ausbildung zu bekommen!!! Jeder muß bis zum 10 Shculjahr die SChule besuchen, danach kann amn weiter machen, auch wenn man aus ärmeren Verhältnissen stammt.
Wenn jetzt Studiengebühren anfallen, gehen die Reichen weiter studeiren, die haben das Geld ja. Die Ärmere, die jetzt genauso gut studieren und aus ihrem Leben etwas machen können, würde die möglichkeit dafür nicht mehr haben. Siehst Du das denn nicht :confused: Jeder zahlt für das Studium des anderen, aber er kann diese Möglichkeit genauso gut ergreifen - NOCH!!!! Warum ahst Du es denn nicht gemacht? Meine Freundin muß auch hart arbeiten, damit sie sich die Wohnung und was zu essen leisten kann, aber meckert nicht so rum.... ICh verstehe es nicht und geb verzweifelt auf :still:
Liebe Grüße
 
Ich gehöre zu der exclusiven Minderheit ich war Hauptschüler, aus einer Familie des traditionslosen Arbeitermilieus, der sein Studuim selbst erwirtschaftet hat und die Regelstudienzeit überschritten hat (so hatte ich die Gelegenheit mehr als das Minimum zu lernen).
Ich finde es ist gar nicht soooo schwer zu studieren, wenn man nur ein wenig planen kann und arbeitsfähig ist. Schwerer ist es später einen bezahlten Job zu finden.


Zitat:"Desweiteren muß das Friedliche Gute und Edle nicht immer gewinnen, auch das was wir heute als Böse ansehen kann sich durchsetzen und lange Zeit herrschen."

Nein, gut und böse bedingen sich gegenseitig. Das heisst nichts kann sich auf Dauer halten, sondern es wechslt sich immer ab. Ähnlich wie in der Physik: Minus und Plus streben immer dem Ausgleich zu!


Zu den Kulturfragen,
ein Österreicher hat schon vor ca 100 Jahren ein Buch mit dem Titel: "Das Unbehagen in der Kultur" geschrieben. Es ist immer Grunde ziemlich bekannt, wie sein Autor: Sigmund Freud.
Auch sein Aufsatz: Religion und Massenpsychose, streift das Thema dieses Threads.
 
Zuletzt bearbeitet:
Quintus Fabius schrieb:
Und es wäre eben gerechter, wenn man für das Studium blechen müßte, denn: der Grosteil der Studenten entstammt den besseren Familien und der gehobenen Mittelschicht. Ist es gerecht, wenn diejenigen, deren Kinder zum absoluten Großteil nicht studieren können, für das Studium der Reichen zahlen, damit deren Nachkommen dank der besseren Bildung weiter reich und/oder wohlhabend sein können?


Warum verbindest Du Kultur immer mit einem Studium an einer Uni? Man muss nicht studieren um Kultur zu geniessen oder sie selber zu machen.

Ich frage mich was ist Kultur für Dich? Was ist Kultur überhaupt?

"Laut Lexikon ist Kultur die Gesamtheit der Lebensäusserungen der menschlichen Gesellschaft in Sprache, Religion, Wissenschaft, Kunst und allgemein die Pflege, Veredlung, Vervollkommnung vor allem der menschlichen Gesittung, Lebensführung und der Umwelt des Menschen."

Was ist Kultur für mich? Kultur ist das ich mit meinen Nachbarn sprechen kann, mir schöne Bilder ansehen kann, sei es in einem Buch oder im Museum. Ein Buch kann ich lesen oder ich kann ein Bild malen (wenn ich malen könnte). Dazu brauche ich kein Studium.

Es gibt so viel schöne kulturelle Objekte die ich betrachten kann wenn man sie sehen will. Wenn man aber mit geschlossen Augen durch das Leben geht, dann verpasst man viele Dinge die zur Kultur gehören.


Und wegen der Studiengebüren. Es ist sicher so das im Moment der politische Kurs leider in eine Richtung geht, die es den Reichen leichter macht einen guten Ausbildungsplatz zu bekommen. Aber dies zu ändern dafür gibt es sicher politische Mittel die man einsetzen kann und muss.

Aber ich kenne viele Studenten die haben keine reichen Eltern, die verdienen ihr Studium mit ganz normaler Arbeit. Es gibt solche darunter die haben Kinder die sie alleine erziehen und ernähren müssen und bringen Kinder, Arbeit und Studium unter einen Hut. Die habe ich noch nie jammern gehört es gehe ihnen schlecht. Man kann vieles erreichen im Leben wenn man nur will und den Mut und die Kraft aufbringen will das zu leisten.
 
Arcimboldo schrieb:
Kultur ist ein Menschenrecht und kein Luxus. Jede Stadtteilbibliothek , jedes Jugendzentrum welches geschlossen wird, fehlende Mittel für Bücheranschaffung als Opfer der
Kulturetatkürzung in den Städten und Komunen sind Ausdruck von schwindendem Verständnis dafür ,was Kultur bewirken kann.
Da hast du natürlich recht; aber.
Haushalte werden von Mehrheiten beschlossen; das Bewusstsein für kulturelle Notwendigkeiten bei öffentlichen Mittelvergaben war (und ist) immer von überzeugten und kämpferischen Minderheiten in einem Beschlussgremium abhängig. Die aber können einiges bewirken. Passives Jammern ändert nichts.
 
Mercy schrieb:
Da hast du natürlich recht; aber.
Haushalte werden von Mehrheiten beschlossen; das Bewusstsein für kulturelle Notwendigkeiten bei öffentlichen Mittelvergaben war (und ist) immer von überzeugten und kämpferischen Minderheiten in einem Beschlussgremium abhängig. Die aber können einiges bewirken. Passives Jammern ändert nichts.
Jammern allein bringt nichts, aber der Druck auf die Kulturschaffenden und Kulturanbietern wird immer größer. Teilweise ist das Problem auch hausgemacht, insofern dass Kultur zu einem Objekt des Marktes wurde - und nun als solches behandelt wird. Ich meine damit folgendes: In den 80er Jahren begann man Kultur marktwirtschafltich zu bewerten, das Lieblingswort der neuentstandenen Branche "Kulturamanager" kommt aus dieser Zeit und erfreut sich bis heute allerhöchster Beliebtheit: "UMWEGRENTABILITÄT" (Für diejenigen die dieses Wort nicht kennen, es bedeutete dass jeder in Kultur investierte Geldbetrag mehrfach erhöht wieder in die Säckel der öffentlichen Hand zurückfließt weil die Kulturkonsumenten ja viel, viel Geld in Restauranst, Hotels, Taxis, etc. ausgeben)
Das Seltsame an dieser Umwegrentabilität ist ohnehin dass sie eigentlich nicht meßbar ist.
Sie hat aber einen essentiellen Nachteil, sie fordert eigentlich Quote bzw. Elitenfestival a la Salzburg und Bayreuth. Und last but not least reduziert dieses Argument Kultur auf Marktfähigkeit.
Und wie Arcimboldo vollkommen richtig schreibt spielt sich Auseinandersetzen mit und Schaffen von Kultur in den Jugendzentren, Bibliotheken, freien Gruppen, lokalen und regionalen Initiativen ab - weit weg von irgendwelchen Rentabilitätsgedanken! Die hinterlassene Lücke wird durch Verwahrlosung, Getthos, Vandalismus und Brutalisierung gefülllt - siehe unsere Vorstadtwüsten....
 
Rovere schrieb:
Wenn ich dich richtig verstanden habe - was ich hoffe - stellst du darauf ab wie der Wohlstand einer Nation verteilt ist. Haben wir - wie es in Europa zum Glück noch ist - eine breite Mittelschicht soll der die öffentlichen Gelder verwaltende Staat stärker Impulse im Bereich "Kultur" setzen als in sozial ungleichen Staaten.

Da der Staat nun aber sparen muß tut er das zu aller erst ohnehin bei der Kultur bzw. fordert Kulturmanagement. Dieses Kulturmanagement wiederum macht Kultur zu einem Managementobjekt - und da besteht nun die wirklich die Gefahr dass sie zum Luxusgut werden könnte bzw. zur Massenquotenmacherei verkommt.
Im engeren Sinne versteht man unter Kultur z.B.: die Sprache, Literatur, Geschichte, Religion und Ethik, Kunst und Wirtschaft, Wissenschaft und Rechtsprechung. (Definition Wikipedia). Ich sehe da noch die Eßkultur, Gartenkultur und die Sportkultur.

Nehmen wir mal die Gartenkultur: Dekandent wäre hier für mich, wenn ich in einem Land, wo wenig Wasser zur Verfügung steht, täglich den Rasen sprengen würde.
Herrscht aber kein Wassermangel, ist es für mich in Ordnung Fußballfelder zu sprengen. Dort hat der Rasen auch noch eine kulturellen Nutzen.
Unsere Esskultur: Ein Volk an der Küste, wird tausend Fischrezepte kultiviert haben. In anderen Gegenden könnte man so viel Fisch gar nicht bezahlen.

Mir ist aber klar, das du eigentlich die öffentlich geförterte Kultur meinst. Öffentlich gefördert wird nur, was die breite Masse befriedigt, deshalb wird in Deutschland z.B. die Bundesliga subventioniert. Menschen die gar nichts mit Fußball zu tun haben, sind bestimmt der Meinung, das dies rausgeschmissenes Geld ist. Sie würden vielleicht lieber in die Oper gehen, dessen Preise sie aber nicht zahlen können weil sie nicht subventioniert wird. Für eine öffentliche Förderung, braucht man eben den Gesellschaftlichenkonsenz. Und manchmal ist es notwendig, das alles Geld für unsere Kultur in die Schule investiert wird, unser wichtigstes Kulturgut.

Die Gefahr, dass die Kultur bzw. Kunst zum Luxusgut werden könnte bzw. zur Massenquotenmacherei verkommt, ist vollkommen gegeben. Doch das eine was man will, und das andere was man hat. So muss ich bei meinen Kindern auch oft argumentieren. :heul:
 
Aber es gibt ernste und gute bemühungen mehr Leute für Theater oder Oper zu begeistern.
Wenn das endlich einmal gelingen würde, so würden diese auch mehr Geld gestellt bekommen.

Dabei setzt man da an wo die meisten ansetzen, bei den Kindern.
Ich weiß nicht wie es woanders aussieht, aber hier in Dortmund bekommt man nähmlich mit einem Schülerausweiß 50% Rabatt und ich finde das Lohnt sich dann.

Ansonsten möchte ich nur noch kurz sagen
Kultur ist meiner Meinung nach die Identität eines Volkes oder einer Bevölkerungsgruppe, und man sollte nie seine Identität aufgeben.

Und zum Thema Dekadenz
Nach deiner umschreibung Cassandra sind die Kompletten Arabischen Emirate Dekadent.
Und weißt du was,
Ich stimme dir da voll und ganz zu.
 
Der Begriff "Kultur" verbindet sicherlich sehr unterschiedliche Vorstellungen .
Je nach Alter und Lebenssituation nimmt ihn jeder anders wahr und versteht ihn auch anders.

In unserer in allen Lebensbereichen verkomerzialisierten Welt ist auch die "Kultur" längst Opfer
dieser Naturgesetzte, teils auch selbst verschuldet !

Wenn das Verständnis wachsen würde, daß Kultur auch etwas zu tun hat,worum ich mich bemühen muß, mich ein bischen Bewegen muß-- wäre viel erreicht !

Die Vorstellung, daß die schöne Kultur auf mich zukommt,wie eine TV - oder Radiosendung
reicht nicht immer, es fördert nur das Anspruchsdenken, daß mich die Kultur, in welcher Form auch immer zu unterhalten hat. Das aber kann die Unterhaltungskultur schaffen.

Drüber hinaus müssen erst die Vorraussetzungen geschaffen werden, daß ein junger Mensch zu unterscheiden lernt, zwischen Unterhaltung und Auseinandersetzung mit einem Buch, einem anpruchsvollem Film, mit guter Musik, einem Schauspiel . Er wird es dann schätzen lernen und wissen, was er an seinem kleinen Stadttheather oder seiner Bibliothek hat.

Da ich der Meinung bin, daß sich kein Staat aus der Verantwortung für seinen staatstragenden Nachwuchs ziehen darf ,gilt das Wort weiterhin ; wer Bibliotheken
oder andere bürgernahe Kultureinrichtungen schließt, gefährdet die innere Sicherheit Deutschlands .

Daher muß hier vorallem von öffentlichen Geldern für die Kultur gesprochen werden.

Die Mehrheitsentscheidungen von Kulturetat-Kürzungen in den Kommunalparlamenten sind oft Ergebnis einer unwürdiger Schacherei zwischen Posten und Positionen und Proporzen, die zu oft aber auch gar nichts mit mehrheitlichem Bürgerwillen zu tun haben ! Sonst wäre es mit der Verantwortung für die hier genannten Kultureinrichtungen besser bestellt. Jeder Politiker verweist auf die nächst höhere Ebene, die ihm die Kürzung unausweichlich macht. Doch findet der Verteilungskampf in den Kommunen oft das Opfer, welches kein Opfer sein darf - die Kultur .

Also den Entscheidungsträgern auf die Finger schaun, Hinterfragen ,wenn nötig in Erklärungsnotstand bringen und konsequent bei Wahlen abstrafen sind hier die Mittel der Wahl, bis es heißt :

Frag nicht danach was die Kultur für Dich tut, sondern frage Dich was Du für die Kultur tun kannst. :)
 
@Mercy: Brecht hat viele Kluge Dinge gesagt, z.B. auch den hier: Stell dir vor es ist Krieg und niemand geht hin, dann kommt der Krieg zu dir !

Warum ahst Du es denn nicht gemacht?

Ihr geht da alle von einer falschen Annahme aus. Ich wollte nie studieren und ich will es auch jetzt nicht. Ich hasse es, herumzusitzen oder nur mit geistiger Arbeit meinen Unterhalt zu verdienen, ich arbeite am liebsten Körperlich, daher auch Waldarbeit. Leider wird die körperliche Arbeit hierzulande immer geringer geschätzt und es wird immer schwieriger damit sein Leben zu bestreiten.

Ich frage mich was ist Kultur für Dich? Was ist Kultur überhaupt?

Ein Biergarten ist auch Kultur. Es geht mir nicht um den allgemeinen Kulturbegriff, ich habe den anfangs auch gar nicht verwendet, sondern mein anfänglicher Angriff richtete sich gegen die Geisteswissenschaften, speziell gegen die Philosophie und die Theologie. In der Ausweitung dann gegen Theater, Museen, Archäologie, Kunst usw.

Gemeint ist nicht die Kultur an sich, sondern diese speziellen Formen der Kultur, im weiteren verwende ich das Wort Kultur nur beschränkt auf diese.

Und es stellt sich schon die Frage, ob bei diesen Dingen Aufwand und Nutzen in einem gerechtfertigten Verhältnis stehen. Der Staat ist eben mehr als nur die kleine Gruppe von Menschen, die sich von der Mehrheit dieses spezielle Vergnügen bezahlen lässt. Theater war z.B. mal Unterhaltung, heute ist es zu häufig nur noch sinnlose blöde und unangenehme Provoziererei, das Theater von Früher ist heute das Kino geworden. Warum soviel staatliche Unterstützung dann dafür ?

Oder nehmen wir die Philosophie und Theologie. Ich glaube das beide seit langem nichts neues oder besseres mehr hervorgebracht haben und von der Naturwissenschaft in vielen Punkten längst überholt sind. Desweiteren auch hier die Frage nach Aufwand und Nutzen.

Oder nehmen wir die Geschichtswissenschaften und die Archäologie, konzentrieren wir uns mal nur auf diesen Punkt, da wir in einem Geschichtsforum sind. Ist es gerechtfertigt, da angesichts der Notlage in der sich unser Staat schon befindet derart viel Geld für diese beiden Dinge ausgegeben wird ? Sollen doch andere Länder da weiterforschen, wissen wir nicht schon genug ? Was nützen ein paar Tonscherben mehr, angesichts der extremen Lage !! in der sich unser Staat finanziell befindet ?

Das beide keinen Wert haben, sage ich nicht, aber er ist m.M.n eben nicht so hoch um den Aufwand zu rechtfertigen der da betrieben wird.

Wenn hier einer schrieb, in einem Saal für 80 säßen 200, dann sollte man nicht Säle für 200 bauen, sondern die Anzahl der Studenten auf 80 runterbringen, Volkswirtschaftlich ist das Studium in Deutschland eine hanebüchende Verschwendung.

Ihr solltet doch besser wissen als ich, wie viel ihr Studium nicht schaffen bzw wie viele nach dem Abschluß dann in viel minderen Positionen arbeiten, die sie ohne Studium auch ausfüllen hätten können. Da werden Jahre um Jahre zur Zeit der höchsten Leistungsfähigkeit verschwendet. Auch so eine Idee die ich habe wären Tri- statt Semestern und eine viel konzentrierteres Studium das zugleich viel mehr fordert. Mehr und früher Zwischenprüfungen um ungeeignete möglichst früh auszusieben. Und allgemein höhere Forderungen. Ich kenne einige Studenten und wenn ich sehe was die so machen müssen, dann ist das ein Witz. Da war meine Ausbildung zum Forstwirt schon fordernder. Ein oder zweimal in der woche ein paar Vorlesungsstunden und dann lesen und z.B: im Bereich Geschichte das machen, was einem ohnehin Spaß macht.

UMWEGRENTABILITÄT"

Daran zweifle ich, dass die so eintritt. Natürlich suchen sich die Leute die das Wahrnehmen ihre Privilegien zu erhalten und zu sichern. Es ist genau so klar, wie wenn hier dann die Studenten gegen Studiengebühren argumentieren. Und es lässt sich für fast alles auch irgendwelche Argumente finden.
 
Lieber Quintus, da hast du ja einen etwas kruden Sermon losgelassen.
Ich versuchs mal zusammenzufassen: Deine Kulturkritik wendet sich an den sog. "eingeschränkten Kulturbegriff", d.h. in erster Linie an die Künste (darstellende, bildende und Musik) sowie an die Geisteswissenschaften.
Über Sinn und Unsinn von Kunst zu diskutieren ist hinfällig, sie war vor uns da, sie wird nach uns da sein, sie ist das , was den Menschen zum Menschen macht, sie ist das was bleibt.
Wenn Film das Theater ersetzt hat dann warst du wahrscheinlich noch nie im Theater - es geht hier nicht um Unterhaltung oder Erzählen einer Geschichte, sondern über das Nachdenken über das Leben, sich selbst, die Welt - glaubst du Goethe und Schiller haben für Schenkelklopfer geschrieben - und ihre Werke werden noch auf der Bühne sein wenn von Bully Hartwigs Opus nichtmal mehr Archivaufnahmen existieren......

Nun zu deiner Kritik am geisteswissenschaftlichen Studiums - du hast wenig Verständnis dafür und forderst sozusagen "mehr praxisnahe" Studenten die eine Anleitung erhalten Problemsitutationen wie sie halt so im Allgemeinen auftreten zu lösen - also um ein Beispiel aus der Forstwirtschaft zu bringen: Borkenkäferbefall festgestellt - befallene Bäume werden umgeschnitten. Das haben wir immer schon so gemacht - dazu brauchen wir keine Geisteswissenschaftler.....

Tja, nur werden die Problemlösungsszenarien immer komplexer - naja die Welt war eigentlich nie ein Ort von Schwarz-Weiß-Situationen. Und die Auseinandersetzung mit Geschichte und Philosophie ist ja nix anderes als das Durchdenken und Analyse von Problemsituationen - und dies selbstständig tun zu können ist das eigentliche das Geisteswissenschaftler aus ihrerm Studium mitnehmen sollten. Und genau aus diesem Grund rücken die Geisteswissenschaflter immer höher hinauf in den Führungsebenen - wir leben in einer komplizierten und immer heterogener werdenden Welt - und in Zukunft wird man noch mehr als um drei Ecken denken müssen um sich da durchzulavieren.
 
Quintus Fabius schrieb:
Wenn hier einer schrieb, in einem Saal für 80 säßen 200, dann sollte man nicht Säle für 200 bauen, sondern die Anzahl der Studenten auf 80 runterbringen, Volkswirtschaftlich ist das Studium in Deutschland eine hanebüchende Verschwendung.

Ihr solltet doch besser wissen als ich, wie viel ihr Studium nicht schaffen bzw wie viele nach dem Abschluß dann in viel minderen Positionen arbeiten, die sie ohne Studium auch ausfüllen hätten können. Da werden Jahre um Jahre zur Zeit der höchsten Leistungsfähigkeit verschwendet. Auch so eine Idee die ich habe wären Tri- statt Semestern und eine viel konzentrierteres Studium das zugleich viel mehr fordert. Mehr und früher Zwischenprüfungen um ungeeignete möglichst früh auszusieben. Und allgemein höhere Forderungen. Ich kenne einige Studenten und wenn ich sehe was die so machen müssen, dann ist das ein Witz.
Ach ja, ich habe lang studiert - nebenbei gejobbt, gereist, gelebt, nachgedacht. Und eigentlich auch der Großteil meiner Kollegen und Freunde von der Uni.....und nun, wenige Jahre später, gehts bei allen ruckzuck weiter auf der Karriereleiter. Warum? Weil sie neben den von der Uni vermittelten Lehrinhalten halt eine Menge mehr gelernt haben - vor allem soziale Kompetenz, ein bei zukünftigen Führungskräften unverzichtbare Eigenschaft, eine gewisse Weltläufigkeit um global zu denken, denn so ist die Welt heute, obs einem passt oder nicht.
Und das lernt man nicht bei schulartigem Gebüffel......
 
Soll das etwas heißen das wir nicht Studenten nie soziale Kompetenz und globales Denken gelernt haben?
Oder das wir keine Kompetenz zum leiten und führen von Personen haben?

Ich betreue hier an der Uni das Praktikum für Physikalische-Chemie und zu den Studenten will ich dan mal was sagen.
Es gibt wirklich hochintelligente und nette Studenten keine frage.
Aber Zeitgleich gibt es welche dabei die haben von nichts eine ahnung. Die können dir teilweise nicht die einfachtsten fragen beantworten. Dameit meine ich fragen zu ihren Studiengebiet.
Einige wissen bei ihrer Prüfung auf die Frage was sie den überhaupt im Praktikum messtechnisch bestimmt haben keine antwort.
Wie haben hier eine die ist in ihrem 15Semester und macht zu xten mal jetzt ihr Anfängerpraktikum bei uns.
Mit der neuen Studienordnung wir sie wenn es jetzt nicht klappt endlich rausgekegelt.
Aber so jemanden hätte man doch auch schon früher merken müssen das dies nichts ist.
 
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