Der Wert von Kultur

M.A. Hau-Schild schrieb:
Soll das etwas heißen das wir nicht Studenten nie soziale Kompetenz und globales Denken gelernt haben?
Oder das wir keine Kompetenz zum leiten und führen von Personen haben?
Du bist mir etwas zu vor gekommen - ich wollte natürlich nicht den Eindruck akademischen Dünkels erwecken, ganz im gegenteil, ich komme aus einer alten Handwerkerfamilie und bin der einzige Akademiker in meiner Familie und es tut mir leid falls ich hier einen falschen Eindruck hinterlassen habe. Aber ich muß dich auch bitten die vorigen Posts zu lesen, meine Kritik richtet sich gegen den von Quintus gleichsam geforderten Primat des Praktischen - und dass kanns ja wohl nicht sein.
Natürlich sind nicht alle Studenten gleich - genauswenig wie in allen anderen Berufen bzw. Ausbildungen. Aber diese dauernden Angriffe auf die "Nichtstuer" sind einfach nicht zielführend. Ein Studium dient nicht nur dazu an der Uni zu lernen sondern daneben soviel und so verschiedene Erfahrungen wie möglich zu sammeln und diese Lebens- und Wissenserfahrung dann optimalst einzusetzten. Ich würde wenn ich einen Studienanfänger raten dürfte empfehlen ruhig etwas länger zu studieren, nebenbei soviele Jobs zu machen wie es nur geht (vor allem auch im Verhältnis zu seiner Ausbildung branchenfremde) und dann ab 26 durchzustarten. Wenn ich mich in meinem Bekanntenkreis so umschau dürfte ich recht haben......

Wobei ich dir aber recht gebe - es gibt wie überall auch auf den Unis einen sehr, sehr hohen Dodelanteil - aber die kommen früher oder später eh nicht weiter.
 
Über Sinn und Unsinn von Kunst zu diskutieren ist hinfällig,

Das ist solange richtig, solange nicht so viel Geld dafür verschwendet wird, sollen Künstler doch machen und tun was sie wollen, solange der Staat das nicht finanziell fördert, und wenn Privatpersonen für de facto kindischen Müll soviel Geld übrig haben gehören sie enteignet, denn dann haben sie offenbar zu viel Geld.

Es gibt Kunstwerke, die durchaus etwas Wert sein dürfen, aber bei noch viel mehr Kunstwerken zweifle ich sehr am finanziellen Wert denn sie angeblich haben, und denn die Kunst angeblich hat. Kunst ja, aber kein Geld dafür.

glaubst du Goethe und Schiller haben für Schenkelklopfer geschrieben - und ihre Werke werden noch auf der Bühne sein wenn von Bully Hartwigs Opus nichtmal mehr Archivaufnahmen existieren......

1 Die haben auch für Schenkelklopfer geschrieben.

2 Gab es damals abgesehen von den Beiden jede Menge andere Theaterschreiberlinge die heute längst verschwunden sind.

3 Hasse ich Bully und diese ganze wiederlichen Schmierenkomödien

4 Gibt es herausragende und sehr große Filme, die genau so zum Nachdenken über das Leben und die Welt anregen, und diese Filme werden auch in ferner Zukunft ebenso wie die Werke von Goethe noch und weiter bekannt sein.

Und genau aus diesem Grund rücken die Geisteswissenschaflter immer höher hinauf in den Führungsebenen - wir leben in einer komplizierten und immer heterogener werdenden Welt –

Ich sehe nirgends, dass die Welt komplizierter wird, des weiteren rücken die Geisteswissenschaftler auch deshalb hoch, weil unsere ganze Gesellschaft in der Führung nur noch Show, Reden, Schlau daher reden ist. Die fachliche Kompetenz der Leute dagegen lässt immer mehr nach, nur noch Rhetorik, kein Können mehr.

Wenn die Welt komplizierte geworden ist, dann in der Technik, und da wären Naturwissenschaftler die geeigneteren. Ich würde eine Dipl Ing für Elektrotechnik stets höher einschätzen als einen Dr der Geschichte. Der Ing E ist gesellschaftlich wertvoller, des weiteren mangelt es unserem Staat nicht an Geisteswissenschaftlern, im Gegenteil haben wir zuviel von ihnen. Dagegen mangelt es immer mehr an Naturwissenschaftlern.

Es ist doch alarmierend: Wir fallen in der Wissenschaft in der Technologie immer mehr zurück, der Mangel an Technikern und Ingenieuren ist wirklich bald lebensgefährlich für unsere Wirtschaft !!

und nun, wenige Jahre später, gehts bei allen ruckzuck weiter auf der Karriereleiter. Warum? Weil sie neben den von der Uni vermittelten Lehrinhalten halt eine Menge mehr gelernt haben - vor allem soziale Kompetenz, ein bei zukünftigen Führungskräften unverzichtbare Eigenschaft, eine gewisse Weltläufigkeit um global zu denken, denn so ist die Welt heute, obs einem passt oder nicht.

Das könnte so auch von einem Adligen früherer Zeit stammen. Soziale Kompetenz ist bei weitem nicht alles, man muß dazu auch etwas Können. Desweiteren, wie viele Studenten schaffen den das Studium ? Wie viele enden dann trotz Abschluß als Taxifahrer und Verkäufer und Lagerverwalter bei UPS ?

Ist es nicht Volkswirtschaftlich eine Verschwendung sondergleichen, so viele Leute zu Geisteswissenschaftlern auszubilden, damit dann eine Minderzahl von Leuten wie dir Karriere machen kann ?

Denn die da Karriere machen sind die Minderzahl und nicht die Mehrheit. Von 200 Studenten bei einem Bekanntem im Semester sind am Schluß nur noch so um die 70 übrig geblieben, die anderen 130 haben nur Jahrelang das Geld des Staates verschwendet und waren unproduktiv.

Wie ich schon sagte, statt die Lehrsäle auf 200 auszubauen sollte man möglichst frühzeitig die Zahl der Studenten in diesen Lehrsälen auf 80 beschränken.
 
Mein lieber Quintus Fabius!

wenn Du Probleme mit manchen Dingen in unserer Gesellschaft hast, so kann ich dafuer vielleicht sogar Verstaendnis aufbringen, aber hier ist Heul- und Jammerbude, in der man seinen aufgestauten Frust ablassen kann.

Ich bitte dich zu einem sachlichen Diskussionsstil zurueckzufinden oder dich aus dieser Diskussion hier zurueckzuziehen. Deine Beitrage hier entsprechen nicht dem, was wir von den Mitgliedern hier zulassen.

Vielen Dank!
 
Ich bin zutiefst entsetzt Quintus... Manche deiner Ansichten sind derartig merkwürdig...

Die Welt wird komplizierter. Das liegt an der zunehmenden Globalisierung wie auch der stärker hervortretenden Probleme wie Umweltverschmutzung, Abbau der Ressourcen und der Zerfall klarer Führungsmächte. Die Su gibt es schon nicht mehr, die USA prellen sämtliche Staaten nacheinander vor den Kopf und verlieren die Kontrolle...

Natürlich hast du recht, wenn du den Nutzen von hoher Bildung und künstlerischem und geistigem streben in Kriegssituationen in Frage stellst, aber würde es derartiges nur noch in einer praktischen Quantität geben würde ein Krieg dies womöglich auslöschen. Ich glaube niemand ist auf weitere Glaubenskriege oder gar Vendettas scharf.
Am Anfang stand die geistige, nicht die naturwissenschaftliche Entwicklung. Daraus entsprang so viel Wissenschaft, wie wir heute sehen können. Und nur, weil derzeit die Naturwissenschaften dominieren heißt dies nicht, dass die Geisteswissenschaften unnütz geworden sind, dass künstlerische Werte ihren Zweck verloren haben.

Zu deinem Beispiel mit den Scherben: Wir wissen viel, oh ja. Auch Schliemann wußte schon viel, hätte deshalb die Wissenschaft da reduzieren sollen?
Ohne Waldgirmes gäbe es einen wichtigen Fakt weniger in der Forschung unserer Geschichte. Dergleichen Beispiele gibt es viele. Die Forschung gerade in den Geisteswissenschaften steht nicht still, auch wenn du davon vielleicht nichts mitbekommst.

Und zur Reduzierung der Studienpläze: Eben rufst du noch nach sozialer Gerechtigkeit und dann kommt sowas. Wenn wir die Studienplätze noch weiter reduzieren werden 100% reiche Mitbürger, kein Bürgerstand, kein Proletariat mehr ihre Kinder auf die Unis schicken können.
Sämtliche besser bezahlten Jobs werden an eh schon wohlhabende Familien vergeben. Umverteilung des Kapitals bis ins Mark.
Und das Menschen studieren, obwohl sie keinerlei Qualifikationen dafür aufweisen finde ich nicht tragisch. Jeder Student zahlt zwischen 80 und 140 Euro Semesterbeitrag. Ein guter Teil davon geht an die Verkehrsbetriebe, welche dadurch weniger staatliche Stütze brauchen, ein Teil geht an die Unis. Noch lange nicht jeder Student bezieht BaFög und selbst diejenigen müssen das Geld irgendwann zurück zahlen. Die wirtschaftlichen Bedenken kann ich also nicht ganz nachvollziehen. Schaffen wir das ab, verstoßen wir gegen das Recht der freien Berufwahl und kehren langsam aber sicher in die Zeiten zurück, als der Sohn des Vaters Beruf lernen sollte um was sicheres und produktives zu haben.

Quintus ich bin schwer entsetzt.... zumal du dich mit dem geistigen wohl auch eingehend beschäftigt hast....
 
Zitat:" Soll das etwas heißen das wir nicht Studenten nie soziale Kompetenz und globales Denken gelernt haben?
Oder das wir keine Kompetenz zum leiten und führen von Personen haben?"


Also ich stamme ursprünglich aus dem Handwerksbereich. Also, wirkliche Leitungskompetenz, globales Denken und soziale Kommpetenz sind eher beim Sekundärsektor anzutreffen, weil es dort einfach für die alltägliche Arbeit notwendig ist.
Akademikern muss man sehr oft diese Selbstverständlichkeiten nach dem Studium als Weiterbildung erst beibringen. Ich weiß wovon ich spreche, denn ich verdiene mein Geld mit solchen Seminaren!


Ich finde diese Unterhaltung sehr spannend und anregend.
 
Quintus Fabius schrieb:
Über Sinn und Unsinn von Kunst zu diskutieren ist hinfällig,

Das ist solange richtig, solange nicht so viel Geld dafür verschwendet wird, sollen Künstler doch machen und tun was sie wollen, solange der Staat das nicht finanziell fördert, und wenn Privatpersonen für de facto kindischen Müll soviel Geld übrig haben gehören sie enteignet, denn dann haben sie offenbar zu viel Geld.


Als jemand der von und vorallem für den kindischen Müll lebt, hoffe ich für Dich, daß Deine fehlgeleitete Sündenbocksuche für ganz andere Dinge eines schönen Tages durch diesen
Müll katalysiert wird und Du erkennst ,daß uns Kultur von den Tieren unterscheidet, womit nichts gegen Tiere gesagt ist, die ja auch eine kulturelle Entwicklung durchleben.

Dein Arcimboldo :confused:
 
Akademikern muss man sehr oft diese Selbstverständlichkeiten nach dem Studium als Weiterbildung erst beibringen.

Dem kann ich voll und ganz zustimmen. Da kenne ich auch massenweise Beispiele, es fehlt gerade vielen Akademikern die Praxis, das praktische Können und häufig eben auch gerade die soziale Kompetenz außerhalb ihres akademischen Umfelds.

aber hier ist Heul- und Jammerbude,

Keine, meinst du wohl, außerdem sehe ich nicht wo ich geheult hätte, das mein Ton zu aggressiv war räume ich ein. Unsere Positionen hier sind aber einfach zu verschieden und daher ziehe ich mich aus diesem Thread hier wie gefordert zurück.

In dem Punkt Studium/Studiengebühren muß ich allerdings einräumen, dass mein bisheriges Wissen darüber nicht vollständig war und ich das nicht ausreichend durchgedacht hatte und daher werde ich meine Meinung in diesem Punkt gründlich überdenken.
 
Gestern lief ein Interview mit Helga Rabl-Stadler, Präsidentin der Salzburger Festspiele. Eine neue Studie ergab dass durch die Festspiele in Salzburg und Umgebung an die 1000 ganzjährige Arbeitsplätze geschaffen werden.
Es scheint, dass diese Legitimation notwendig ist. Ist das wirklich so? Benötigt Kultur das Argument der Umwegrentabiliät?
Der ORF hat übrigens heuer das Experiment gestartet die Salzburger La Traviata - Premiere live zu übertragen. Die Einschaltquoten hielten sich die Waage mit dem zeitgleich laufenden Bullen vonTölz. Hochkultur kann also auch durchaus "massentauglich" sein.
Wie wirds weitergehen, wie kann es weitergehen? Ist der Weg in eine Elitenkultur vorgezeichnet die sich nur durch die oben genannte Umwegrentabilität ihre Subventionierung durch die öffentliche Hand rechtfertigen kann?
Oder besteht die Chance einer Demokratisierung der Hochkultur in dem Sinne dass auch breitere Bevölkerungsschichten das Angebot wahrnehmen?
 
Freddy Mercury hat es auf den Punkt gebracht: "Mit der modernen Kunst ist es, wie mit den Frauen. Du musst sie nicht verstehen, um mit ihnen Spaß zu haben."

Ansonsten kann ich nur sagen: klar ist Kunst und Kultur zweitrangig, aber ohne wäre das Leben einfach langweilig!

Ich empfehle die maslowsche Bedürfnispyramide :fs:, die zeigt sehr deutlich den Stellenwert etwa von Kunst, bzw. das Kunst Luxus ist, aber auch, dass einige Diskussionsbeiträge am Ziel vorrübergeschossen sind.:still:
 
Rovere schrieb:
Oder besteht die Chance einer Demokratisierung der Hochkultur in dem Sinne dass auch breitere Bevölkerungsschichten das Angebot wahrnehmen?

Nun dabei sollte man unterscheiden zwischen können und wollen.

Mal davon abgesehen das hier das Theater immer gut besucht ist und das nicht nur von Leuten der Oberschicht.
Es gibt auch viele Bemühungen den Faktor des "können" auszuschalten.

So besteht hier schon lange die Vorderung (welche auch ernsthaft Diskutiert wird) das Theater und Konzerthäuser freinen Eintritt für Arbeitslose gewähren.


Was aber schon oft auffällt sind die ständigen Diskussionen über die Verluste welche die Kultureinrichtungen regelmäßig einfahren.
Mal davon abgesehen davon das ich diese Diskussion für unsinnig halte, da öffentliche Kultureinrichtungen nicht dafür gemacht sind Gewinn einzufahren, nein es sogar gesetzlich verboten ist das diese Einrichtungen Gewinn machen, finde ich es schon ziemlich frech darüber zu Reden das sich ein anständiges Kulturprogramm Finantiel nicht lohnt.

Es gibt Dinge dessen Wert man schlicht weg nicht mittels Geld ermitteln kann, und das zu verfügung stellen eines guten Kulturprogramms gehört meines Erachtens auch dazu.

Aber wie gesagt es ist auch eine Sache des wollens.
Die wenigsten die ich kenne haben überhaupt ein Intresse an Theater, Oper oder klassischen Konzerten.

Um es mal ganz platt zu sagen:
Warum sollte man sich auch Romeo auf den knien rutschend auf einer Bühne betrachten, wenn man Zeitgleich im Fernsehen sehen kann wie Romeo mit einer Pistole das Hirn aus dem Schädel bläßt (dies spiegelt nicht meine Meinung wieder)

Dies könnte man natürlich als eine Änderung des als Kultur betrachteten Guts sein, doch ich halte es eher für Abstumpfung.

Und nun habe ich wie immer den Faden verloren. :still:
 
Das ist eben das Problem, Kultur oder gar Hochkultur, ist nur was fuer einen ganz kleinen Kreis der Bevoelkerung, die Masse der Leute ist mit leichter Kost mehr als zufrieden. Und da die Masse bereit ist sehr viel Geld in diese leichte Kost zu investieren, kann man da eben gute Geschaefte machen. Enstprechend ist das breite Angebot gepraegt.

Hochkultur ist was elitaeres und dementsprechend ein Verlustgeschaeft, da man nicht so viele Konsumenten hat. Wenn es sich rentieren soll, dann muesste man die Preise raufsetzten. Das will man aber nicht, also subventioniert man das Ganze.

Jetzt kann man sich darueber Gedanken machen, ob es gerechtfertigt ist, dass die Allgemeinheit fuer etwas aufkommt, was nur einer kleinen Gruppe zu gute kommt. Ist das demokratisch? Oder waere es nicht gerechter, die Leute, die sich einen Luxus leisten wollen, fuer diesen Luxus auch bezahlen zu lassen?
 
Rovere schrieb:
Oder besteht die Chance einer Demokratisierung der Hochkultur in dem Sinne dass auch breitere Bevölkerungsschichten das Angebot wahrnehmen?

Es mag interessant sein zu erfahren, daß Wagners Festspielgedanke ursprünglich stark demokratische Implikationen hatte (da kommt der alte 48er durch). Sein ursprünglicher Gedanke war es, freien Eintritt zu gewähren (an sich sollten seine Werke in einem Brettertheater am Ufer des Rheins aufgeführt werden) ; und bezeichnenderweise hat das Bayreuther Festspielhaus eine amphitheatralische Anlage und nur eine Familien- und Königsloge. Dieser Gedanke des kostenlosen Festspielbesuchs wurde erst viele Jahre später unter ganz anderen Vorzeichen verwirklicht, als KdF (mit Haus Wahnfried verschwägert) und verwundete Wehrmachtssoldaten ganze Vorstellungen für sich bekamen. Daß das Piublikum an den Stücken oft uninteressiert war und die Karten gerne verhökerte, steht auf einem anderen Blatt...
 
Ich glaube nicht dass Hochkultur elitär sein muss. Es ist eine Frage der Vermittlung - kommt man der "Masse" entgegen nimmt man Schwellenangst.
Wie ich oben schon erzählt habe war die Traviata-Übertragung im ORF ein Riesenerfolg. Es wäre schön wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk öfters den Mut aufbringen würde Hochkultur im breitesten Medium von allen zu zeigen. Es würde durchaus angenommen werden.
Ähnliche Phänomene ergeben sich bei den "massentauglichen" Opernfestspielen - ich möchte nur auf St. Margarethen im Burgenland verweisen. Reine Opernfans finden sich dort kaum, dennoch erleben viele dort zum ersten Mal die Faszination der Wunderwelt Oper, wahrscheinlich finden dadurch einige den Weg auch ins Haus am Ring.

Was macht die Hochkultur zu Hochkultur? Ich glaube es ist die bleibende Qualität (wenn dies auch ein sehr subjektiver Parameter ist) dieser Werke. Mozart, Verdi, Wagner - oder Caravaggio, Botticelli, Otto Dix (um wahhllos einige Namen zu nennen) - können uns immer noch etwas sagen, uns bewegen.

Würde man die Hochkultur zum Unterhaltungsprogramm einer Elite werden lassen die nur durch diese Elite finanziert würde, was bliebe dann über? Hochglanzkunst die rein retrospektiv wäre.
 
Ganz schwieriges Thema...
Hier sind ja schon recht extreme Ansichten aufeinander gestossen. Ich will mal meinen Senf dazu geben.
Kunst ist etwas Schönes - Jedem gefällt irgendetwas, aber nie allen alles.
Früher "lebte" Spitzenkunst oft von den herrschenden Fürsten, aber leider kam das Ergebnis eher selten dem Volke zugute. Kunst ist heute durch die fortgeschrittene Reproduktionstechnik massenverfüglich geworden. Man kann sich Poster kaufen, Theatervorstellungen im Fernsehen ansehen oder Musik-CDs für wenig Geld kaufen.
Heute ist es (auch) Aufgabe des Staates die Kunst zu fördern, besonders die, für die obige Möglichkeiten nicht bestehen, also nicht etablierte Kunst - jedoch hat das Grenzen.
Extrembeispiel: Ein moderner Maler, der kein Bild verkauft weil niemand seinen Stil mag, kann nicht darauf vertrauen, daß er staatlichen Unterhalt bekommt.

Der Staat subventioniert viele verschiedene Projekte und Künstler, die zumindest in Fachkreisen anerkannt und förderwürdig sind. Zusätzlich gibt es Unternehmen und Privatleute, die ebensolches tun.

In Zeiten knapper Kassen werden natürlich Stimmen laut, die überall sparen wollen. Und ganz unberechtigt ist das doch nicht? Wenn es in einer Großstadt 3 Philharmonieorchester gibt, die vor halb leeren Sälen spielen, dann wäre es doch vernünftiger sie zusammenzufassen, oder?
Wenn ein experimentierfreudiger Intendant Stücke ins Programm nimmt, die offensichtlich das Publikum abschrecken, so daß die Stadt zu höheren Zuschüssen gezwungen ist, dann sollte der Mann lieber eine kleine Bühne leiten, als ein großes Haus. Er ist eine klasische Fehlbesetzung.

Kunst darf und will auch hinterfragt werden. Sie wird ihren Platz finden, den sie immer irgendwo hat. Abschaffen geht gar nicht, das widerspricht der Natur des Menschen.
 
Ich denke, ein durch und durch subjektiver Eindruck, dass die moderne in der Kunst doch etwas von dem erreicht hat, dass manganite da eben anspricht.

Oper und Theater spielten eigentlich mit Musik, Stimmkunst und Schauspielerei. Die Menschen konnten, aufgrund ihrer nähe nachverfolgen, was geschah und verstanden auch, worum es ging. Zwar mußte man in der Oper erst auf den Trichter kommen, dass Landessprache angebracht war, um dem Publikum einen Anreiz zu geben, aber auch dies sehe ich als Versuch Kunst verständlich zu vermitteln.

Heute werden viele der alten Stücke neu inszeniert. Mitunter weiß ich nicht, in welchem Stück ich bin und manch visueller oder akustischer Effekt läßt mich den Faden verlieren.
Und ohne dabei arrogant klingen zu wollen, wie viel schwerer fällt dies dann jemand, der nicht mit Theaterbesuchen und stetigem Kontakt zur Literatur aufgewachsen ist?

Gehen wir dann in den Sektor der Malerei und der neuen Künstler wird dies noch viel offensichtlicher. Bunte Farbkleckse, ein scheinbar wirr zusammengestrichener Haufen Linien usw. usf.
Oder Plastiken: Fäkalien unter Folie, zusammengeschweißtes Metall, vermodernde Autos in einem Park.

Es fällt schwer zu verstehen, warum so viel Geld in derartiges fließt. Und selbst wenn man die emotionale Ebene betritt, wird aus dieser Kunst oftmals kein lohnendes Erlebnis für breite Massen.

Es fällt eben nicht schwer zu verstehen, was ein Schlachtgemälde zeigt oder Menschen zu erkennen, wenn sich bemüht wird, ihre Anatomie einzufangen, wohl aber fällt es schwer zu verstehen, warum jemand senkrechte und diagonale Striche auf einer weißen Leinwand einfängt.
Und so bleibt es ein Kreis von "Liebhabern", denen dies einfach gefällt.
 
Tib. Gabinius schrieb:
vermodernde Autos in einem Park.

Es fällt schwer zu verstehen, warum so viel Geld in derartiges fließt.


Tib. Gabinius schrieb:
Es fällt eben nicht schwer zu verstehen, was ein Schlachtgemälde zeigt

Also, wenn ich wüßte, daß nebenan ein Park mit vermodernden Autos zu sehen ist, das würde ich mir anschauen. Ein Bild, auf dem hauptsächlich zu sehen ist, wie sich Menschen gegenseitig umbringen, würde mich weniger reizen.

Aber vielleicht habe ich ja einen ganz abartigen Geschmack, wer weiß?
 
Nicht unbedingt - es gibt großartige Regiearbeiten die historische Stücke des "Bühenerbes" (Theater und Oper) ins heute holen. Ich will jetzt die aktuelle Salzburger Traviata nicht nochmal strapazieren die auf unglaubliche Art und Weise unserer Spaßgesellschaft den Spiegel vorgehalten hat. Ein bis ins Detail durchgedachtes Konzept welches den Kern der Handlung messerscharf herausgeschält hat - die Unvereinbarkeit von Gefühl und Genussleben, die Selbstaufgabe durch Liebe (eine Traviata-Interpretation würde wohl den Rahmen des Threads sprengen).

Aber auch der aktuelle Parsifal in der Staatsoper gehört zu den Interpretation die durchaus mit einer "klassischen" Inszenierung mit Rittern und Tempeln nix zu tun hat ABER trotzdem einen packt und nicht mehrl los lässt. Weil es gelungen ist das "ewige", "zeitlose" ins heute zu holen.

Das gleiche gilt für die bildende Kunst, das sind Arbeiten dabei die einen förmlich erschauern lassen wenn man sich auf sie einlässt. Wo die Doppelbödigkeit unserer Gesellschaft durch die Mittel der Kunst gnadenlos entlarvt wird.

"Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit" wurde schon 1898 über dem Eingang der Wiener Secession geschrieben, ein Satz der heute noch genausoviel Gültigkeit hat wie damals.
Das Problem seh ich aber im fehlenden Diskurs über Kunst. Hier nimmt sich die "Elite" zu viel heraus und verhindert durch intelektuellen Dünkel die notwendige Öffnung.
 
Irgendwie würde die Rede Hitlers zur Eröffnung des "Haus der Deutschen Kunst" 1937 wunderbar hierher passen um die Diskussion diesbezüglich anzufachen, aber im Internet finde ich sie nicht und drei Seiten abzuschreiben habe ich keine Lust.
 
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