Mir ist sehr schleierhaft, wie du dann dir das Wissen aneignen möchtest, um in einer Diskussion wie dieser, die schon die Tiefen und Verästlungen der diplomatischen Geschichte von 1890-1914 eintaucht, entsprechend fundiert, also auf einer entsprechend abgesicherten Unterlage, mitdiskutieren willst.
Mit Eurer Hilfe! Wenn Ihr behauptet, Ihr wisst es besser, könnt Ihr das ja anhand von durch die Literatur abgesicherten Argumenten vorbringen. Stattdessen schickt Ihr mich immer wieder zum Lesen!
Das ist ja eine interessante Aussage. Du bist nicht bereit jede Menge neuer Bücher zu lesen. Ist natürlich auch kein muss. Aber, die historische Forschung ist lebendig, es gibt immer wieder neue Erkenntnisse - daraus entstehen neue Bücher. Wenn man sich für ein Thema interessiert dann sollte man schon die neuste Forschungen lesen und kennen.
Ich kann nicht die ganze Zeit "Geschichtsforum" machen, und auch nicht immer nur diese Thematik hier. Weiter habe ich noch einige andere ungelesene Bücher im Schrank, die auch mal drankommen sollen, und gelegentlich erwarten Menschen auch andernorts Input von mir. Wie soll ich die geforderte Zeit aufbringen?
Weil du dich wohl nicht überzeugen lassen willst.
Nein, weil die Diskutanten Silesia (mit der Ausnahme siehe ganz unten) und Turgot (auch gelegentlich mit Ausnahmen) keine Argumentationsketten auf bauen, sondern mich erst mal zum Lesen schicken. Die Konsequenz wäre, wenn ich darauf einginge, dass ich mich hier erst mal einige Wochen bis Monate abmelden kann. Ohne dass vorab feststeht, dass die Lektüre meine Meinung verändern würde.
Falsch!
Die britische Flotte und die daraus resultierende Flottenrüstung hat als Grundbasis ihrer Berechtigung den Schutz vor der Invasion der Insel.
Soweit es mein Themengebiet des Navalsimus betrifft, wird die britische Flottenrüstung hauptsächlich von dieser Angst beeinflusst. Ab Mitte des 19.Jahrhunderts kommt zur Invasionsangst noch die Befürchtung, daß die Handelswege für den steigenden Import der Insel ebenfalls geschützt werden müssen, aber im weitergeführten Sinn betrifft auch die Problematik die Insel bzw. die Lebensader zur Insel!
Auf der anderen Seite steht die deutsche Flottenrüstung, die einzig auf die alles entscheidende Seeschlacht aufbaute und die erwartete die deutsche Flottentaktik in der Nähe der deutschen Bucht!
Was nach dem Erringen eines Sieges bei dieser Entscheidungsschlacht taktisch geplant war, wurde sicherlich nie ernsthaft durchgespielt. Vielleicht die Invasion, aber ich halte dies für spekulativ, oder hat jemand eine Info darüber?
Nicht falsch, sondern richtig. Die deutsche Strategie erwartet demnach ein Einfahren des Gegners in die deutsche Bucht, oder wenigstens ein Herannahen dahin. Also eine aggressive Vorgehensweise des Gegners. Daraus können die Briten keine Bedrohung ableiten. Tun sie es trotzdem, dann mutwillig.
Überprüfe doch einmal, wann, exakter Zeitpunkt, die Liman-von-Sanders-Krise stattfand und wann die Gespräche hinsichtlich einer Marinekooperation zwishen Großbritannien und Russland begannen. Dann prüfe weitherhin die Motivlage Russlands, Frankreichs und Großbritanniens, prüfe wer diese Gespräche initiiert hat. Dann lass den Beginn, den Verlauf, die Unterbrechung und die Wiederaufnahme der Gespräche an deinem geistigem Auge vorbeiziehen. Dann sollte einiges klarer werden.
Ich werde mir mal die entsprechenden Threads reinziehen, soviel Zeit kann ich aufbringen, und die Aussagen mit meiner Literatur abgleichen. Schauen wir mal, was dabei rauskommt. Siehe auch zu Silesia ganz unten.
Ein wissenschaftlich fundiertes Sachurteil zu diesem Ereignis setzt bei der Darstellung der Ursachen und den Ereignissen an. Retrograde Schlüsse können diese methodische Vorgehensweise nicht ersetzen. Darin wird der Fehler Deines Autors liegen, aber wir können uns das gerne genauer anschauen.
Ihr wollt "nur" Hobby-Historiker sein, führt Euch aber für meine Begriffe schlimmer auf als die Profis (~Autoren). Eine methodische Vorgehensweise ist sicher nicht falsch, aber sie kann wiederum Schlüsse nicht ersetzen. Wie ich oben zu Turgot schon sagte, soweit Ihr Schlüsse gezogen habt, dann teilt sie doch bitte mit. Wenn ich erst mal lesen soll, bin ich erst mal weg. Das wäre doch die Konsequenz.
Unvollständige Quellenbasis [1], unterlassene Quellenkritik [2]. Darauf habe ich anhand der einschlägigen Literatur hingewiesen. Sofern du exakt zitierst, kann ich Dir bei [1] und [2] helfen.
Woher willst Du das wissen? Analyse Deines "Neitzels"? Du magst ja recht haben. Aber was sind die Schlüsse? Wurde Tyrell falsch zitiert? Oder ist das Zitat sogar erfunden? Oder ist meine Schlussfolgerung falsch? Bei letzterem hilft das Quellenstudium sicher nichts, da musst Du Dich schon mit mir auseinandersetzen!
Nun weiß ich ja, dass Du die nicht lesen möchtest. Aber die Tipps haben einen Hintergrund: Du kannst Deine verwendete Literatur mal auf Querzitate zu den Standardwerken prüfen. Fehlanzeige?
Vielleicht eher Marder, Roskill, oder das zT noch brauchbare Altwerk von Woodward, E. L.: Great Britain and the German Navy?
Wieder dasselbe Grundsatzproblem. Deine Kritik ist formal. Das heißt nicht, sie wäre vielleicht nicht berechtigt. Mich interessiert aber das Inhaltliche.
Ich sehe darin kein Problem und keinen Grund für Geheimniskrämerei. Ein Hinweis vorab: seine Darstellung in der 1987er MGM zur Flottenkonvention (die hattest Du nicht erwähnt) ist veraltet, und basierte zudem auf lückenhaftem Material. Daraus kannst Du bereits Rückschlüsse ziehen.
Das ist aber keine Antwort. Welcher Historiker hat in welchem Buch mit welcher Begründung ein solches Gleichgewicht postuliert?
Welche Autoren denn bitte? Und über welchem exakten Zeitpunkt sprechen wir hier?
OK, Leute, es handelt sich um Manfred Rauh und seine "Geschichte des Zweiten Weltkriegs" in drei Bänden. Ich habe den "Rauh" bisher verheimlicht, weil ich ihn in Verdacht habe, ein rechtskonservativer Außenseiter zu sein. Der erste Band bezieht sich auf die Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs und geht dabei intensiv auf die des Ersten Weltkriegs ein. Die ganzen Bände sind voller anti-britischer Spitzen. Ich war auch erst sehr erstaunt, als ich das gelesen habe. Das Problem ist nur, "Neitzel" ergänzt ihn, und wenn ich dann tendenziell dasselbe von zwei Autoren höre, die offensichtlich nichts miteinander zu tun haben, komme ich ins Grübeln. Mit der Frage des Kräftegleichgewichts vor dem Ersten Weltkrieg können wir uns noch im Einzelnen befassen.
Den Thread kenne ich, soweit ich mich erinnere ging es aber da um ein Bündnis Japan+DR gegen GB und die USA, nicht eines auf seiten GBs und Deutschlands.
Die "gewisse Sicherheit" Japans sehe ich nicht, GB blieb im Krieg vs Russland neutral, welche Sicherheit soll das denn sein?
GB blieb neutral, weil J erfolgreich Krieg führte. Andernfalls wäre es vielleicht nicht bei der Neutralität geblieben, und dann hätten auch die USA gegen R auftreten können. Dass die USA wirklich Druck auf den Friedensschluss gemacht haben, indem sie dem Zaren mit Eingreifen drohten, kann ich nicht belegen. D.h. im Moment nicht.
Das wohl weniger, aber ein antinationales Reich gegen den Willen der nationalistischen Bevölkerung durchzusetzen, da waren die Monarchen und adligen Führungsschichten nicht mehr mächtig genug. Sie mussten auf den nationalen Zeitgeist aufspringen oder abdanken.
Sowas wie Phantasie sehe ich bei W (allenfalls (See-)Machtallüren), N und FJ überhaupt nicht. Ansonsten kann ich nur sagen, wie wahr. Die Genese des Nationalismus im 19. Jahrhundert (oder der nationalistischen Blödheit, sagen wirs mal so) wäre die gesonderte Beschäftigung wert.
Es wurde auf russischem Wunsch verhandelt, britischerseits konsequent dilatiert. Den Gesprächen konnte GB sich nach der Brüskierung Russlands in der Liman-von-Sanders-Krise und infolge des brüchigen Verhältnisses betr. Persien (-> Indien) faktisch nicht entziehen. Bis zum 1.8.1914 wurde nichts abgeschlossen.
[*]
Die Folgen für das deutsche Vorgehen in der Julikrise (Versuch zum Knacken der "triple entente" -> "alles oder nichts") aufgrund der bekannt gewordenen Verhandlungen stehen auf einem anderen Blatt.
So, das sind jetzt wenigstens mal Aussagen!
Das gilt natürlich nicht in Bezug auf die deutsche Perzeption in der Juli-Krise, siehe dazu den Thesenkatalog von Schröder!
Ist dieser "Katalog" leicht verfügbar? Oder werde ich jetzt wieder zum Lesen geschickt?
Grüße, Holger