Was mir fehlt, ist ein ganzheitlicher wenn auch nicht monokaulsaler Erklärungsansatz für den Verlust der römischen, antiken Kultur.
Zu fragen wäre auch, wann der zivilisatorisch-kulturelle Niedergang überhaupt einsetzte: und da sieht es so aus, als habe das spätantike Imperium schon vor der Aufteilung in Ost- und Westhälfte infolge von Misswirtschaft seinen Teil zum Niedergang beigetragen. Die Bewirtschaftung, Instandhaltung etc. der großen öffentlichen Gebäude (Thermen etc.) funktionierte nicht mehr wie zur Blüte der Kaiserzeit (vgl. Demandt, Geschichte der Spätantike) Da gab es schon einiges an brach liegenden Ländereien, geringeren Erträgen, sozialen Spannungen (Bagauden) und auch Zerstörungen durch marodierende Barbarenzüge.
um noch einmal das Bild von der "feindlichen Übernahme" der gallischen, hispanischen und karthagischen Provinzen zu kommen: diese "Betriebe" waren schon ziemlich insolvent, als die neuen Herren sich in der Chefetage breit machten - anders sah es in Italien aus, wo Theoderich im Auftrag von Kaiser Zeno den als Usurpator bewerteten rex italiae Odovakar besiegte oder bei den sapaudischen Burgundern, deren König sich als Untergebenen und damit Teil des des oströmischen Reiches bezeichnete (z.B. in jenem Brief
vester est populus meus an den oström.Kaiser)
spanische Westgoten, merowingische Franken, italische Ostgoten, karthagische Vandalen waren durchaus bestrebt, das zwar geringer gewordene aber noch (abgeschwächt) vorhandene zivilisatorisch-kulturelle Niveau in ihren Herrschaftsbereichen zu erhalten, worauf ElQ schon hingewiesen hat - aber diese Aufgabe zu realisieren, überstieg wohl auch deren Mittel.
Vielleicht sollten wir uns zur Beantwortung der Frage, warum die römische Kultur teilweise unterging das byzantinische Reich und seine Kultur anschauen und uns fragen, was dort auch unterging und was erhalten wurde an antiker Technologie und Gedankengut.
die gewaltige Bautätigkeit unter Kaiser Justinian scheint dafür zu sprechen, dass das oströmische Reich im 6. Jh. noch durchaus darum bemüht war, das Prestige früherer Jahrhunderte aufrecht zu halten - im Lauf der weiteren Jahrhunderte allerdings, ganz allgemein gesagt, beanspruchte der permanente militärische Druck von außen die Mittel dieses einzigen "antiken Staates" im Mittelalter.