169 (2.) Nach Judäa wurde von Tiberius als Landpfleger Pilatus geschickt. Dieser ließ des Nachts und noch dazu verhüllt die Bilder des Kaisers, die sich auf den sogenannten Feldzeichen befinden, heimlich nach Jerusalem bringen.
170 Das rief nun am folgenden Tage eine ungeheure Bestürzung unter den Juden hervor, zunächst natürlich unter den Einwohnern der Stadt selbst, die beim Anblick der Standarten ganz außer Rand und Band geriethen, da man damit ihre Gesetze mit Füßen getreten hatte, nach denen es unstatthaft war, welches Bild immer in der Stadt anzubringen. Die Gährung unter den Stadtbewohnern ergriff aber auch das Volk in der Provinz, dass es massenhaft nach Jerusalem strömte.
171 Man brach nun gemeinsam nach Cäsarea auf, um Pilatus zu bestürmen, dass er die Feldzeichen aus Jerusalem [
157] fortbringen lassen und die Gesetze ihrer Väter respectieren möge. Pilatus weigerte sich indes, ihre flehentliche Bitte zu erfüllen, worauf sich die Juden mit dem Angesicht zur Erde warfen und fünf Tage, wie auch ebensoviele Nächte unbeweglich in dieser Lage verharrten.
172 ( 3.) Am nächstfolgenden, d. h. am sechsten, Tage setzte sich Pilatus im großen Stadium auf seinen Amtssessel und beschied die jüdische Menge zu sich, scheinbar in der Absicht, ihnen seine Antwort mitzutheilen, während er in Wirklichkeit seinen Soldaten ein Zeichen gab, zu gleicher Zeit mit ihren waffenstarrenden Reihen die Juden einzuschließen.
173 Als sich die Juden von einer dreifachen Schlachtreihe umstellt sahen, erstarb ihnen ob des unerwarteten Anblickes zuerst das Wort im Munde; als aber dann Pilatus ihnen sagte, er werde sie niederhauen lassen, wenn sie die Bilder des Kaisers nicht zulassen wollten, und den Soldaten auch schon den Wink gab, blank zu ziehen,
174 da stürzten sie alle miteinander, wie auf ein verabredetes Zeichen, auf die Erde nieder, beugten ihren Nacken und schrien, sie wollten sich lieber niedermetzeln lassen, als das Gesetz übertreten. Hocherstaunt über eine so feurige Religiösität gab Pilatus den Befehl, die Standartenbilder sogleich aus Jerusalem zu entfernen.