Gegen die Sowjetunion?

Schön, dass die Frage auf so reges Interesse trifft. Ich frage Opa mal am Wochenende, mal sehen woran er sich erinnert (er ist 89...)
 
Ich frage Opa mal am Wochenende, mal sehen woran er sich erinnert (er ist 89...)

Das wäre schön!


Ich habe noch bei Zimmermann, Pflicht zum Untergang - Die deutsche Kriegführung im Westen 1944/45, nachgeschlagen. Dort wird die Mischung in der Truppe von vereinzelter "fanatisierter Endkampfstimmung und [in der Masse] großer Kriegsmüdigkeit" untersucht.

Die Befragung und Einzelschilderungen lassen ganz verstärkt seit Ende 1944 die Beschäftigung der Soldaten mit dem bevorstehenden Kriegsende erkennen. "Interessanterweise kam das Gerücht, die Alliierten könnten möglicherweise bald mit den Deutschen zusammen gegen die Rote Armee kämpfen, zum Jahresbeginn 1945 auch bei den Soldaten an der Westfront auf" [an der Ostfront war das Gerücht länger umlaufend, zT wohl propagandistisch genutzt worden, um den Widerstandswillen zu stärken]. Dagegen schritten sowohl Oberbefehlshaber wie NS-Führung massiv auf, es sind Anweisung an nachgeordnete Dienststellen und Truppenführer bekannt, solche Gerüchte zu unterbinden, zB
OB HGr G/Ia Nr. 663/45 gKdos, ausgegeben an die Oberbefehlshaber der 1., 19. und 24. Armee vom 10.2.1945.
 
Vor einigen Jahren hatte ich eine Unterhaltung mit inzwischen Verstorbenem Bekannten. Er war als Torpedo-Flieger '44 über dem Kanal abgeschossen worden und ist von den Engländern gerettet worden. Im Lazarett wurde er von einigen Herren des Britischen Geheimdienstes besucht. "Herr XY, wir haben schon auf Sie gewartet. Würde das Deutsche Militär mit den Briten gegen die Russen ziehen?" Als ich das hörte konnte ich es nicht glauben. Aber Churchill war ja nicht gerade ein Freund der Sowjets. An etliche Unterlagen aus der damaligen Zeit kommt man wegen Sperrvermerken auch heute nicht heran. Oder hat sich an der Sachlage geändert? Und wie war die Werbung einer gewissen Marke? Nichts ist Unmöglich.

Apvar
 
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Ansatzweise wundere ich mich schon teilweise über die bisherige Darstellung. Daß nach diesem totalen Krieg die West-Alliierten vorsichtig, in alle Richtungen, waren, ist mehr als verständlich. Und das äußerte sich auch in der latenten Bewaffnung von Teilen der Wehrmacht.

Ein durchaus nicht ungewöhnliches Verfahren, das analog auch in Fernost durch die Engländer in bezug auf die Japaner angewendet wurde. Es wurden ganze Einheiten als Ordnungsfaktor dort weiter unter Waffen gehalten.

Die Unsicherheit der Westalliierten bezog sich zum einen auf den inneren Zustands des 3. Reichs und das unklare potentielle Widerstandpotential (Wehrwolf etc.) fanatisierter NS-Überzeugungstäter. Nach der Goebbelschen Propaganda mußte man von nahezu allem ausgehen.

Es bezog sich natürlich auch auf die erkennbare imperiale Attitüde von Stalin, der SU ein sehr breites "Glacis" im Westen zu verschaffen, das für die SU eine ausreichende Tiefe des potentiellen, neuen "Schlachtfeldes" gegen jeden potentiellen Angreifer aus dem Westen sicherstellt.

Und man darf nicht vergessen, dass Stalin (und auch seine Nachfolger) politische Analyse im Kontxt des Historischen Materialismus, in der Interpretation von Lenin, vornhemen. Und das bedeutete atomatisch, dass der Aggressor über ein kapitalistisches Wirtschaftssystem verfügt und aus dem Westen kommt. Und man mag darüber lächeln, aber diese Haltung zog sich bis weit in den Kalten Krieg hin und blieb die vorherrschende ideologische Analyse des Ost- West- Gegensatzes (vgl. historisch: R. Garthoff: Die Sowjetarmee. Wesen und Lehre. 1955; und fortgeführt z.B. bei V. Mastny: Imagining war in Europe: Soviet strategic planning, in: War Plans and Alliances in the Cold War, 2006; S. 15ff)

Vor diesem Hintergrund herrschte bei den West-Allierten sicherlich Unsicherheit, wie weit Stalin dieses Glacis definieren würde. Und Stalin tat alles, diese Unsicherheit in Bezug auf Ost- und SO-Europa zu verstärken.

Und nur vor diesem Hintergrund ist die Option einer Wiederbewaffnung der Wehrmacht zu interpretieren. Als defensive Maßnahme, den Marsch der Roten Armee auf Paris zu stoppen.

Alles andere ist, gemessen an den politischen Realitäten in den USA, GB und Frankreich an den Haaren herbeigezogen. Ein offensiver Ansatz, der zwischen den Zeilen mancher Beiträge sich anzudeuten scheint, wäre politisch in den drei Ländern sicherlich nicht mehrheitsfähig gewesen.

Ansonsten wäre die Loyalität der Wehrmacht in Bezug auf eine Kooperation mit den West-Alliierten auch eher durchmischt gewesen, wie es die von S. Neitzel (Abgehört) vorgelegte Beschreibung der Stimmungslage nahelegt. Trotz der sehr schnell einsetzenden Bereitschaft hoher Wehrmachtsoffiziere (Halder, Warlimont, Blumentritt etc.) zur Kooperation.
 
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Alles andere ist, gemessen an den politischen Realitäten in den USA, GB und Frankreich an den Haaren herbeigezogen.

Ganz richtig,

hinzu wäre noch zu nehmen, dass die Alliierten nicht blöd waren und die Wehrmacht von 1945 nicht diejenige von 1940/41, sondern ein von ein paar Fanatikern gewaltsam zusammengehaltener Haufen in der Auflösung. Selbstmordraten, Selbstverstümmelungen, Deserteure inkl. Überläufer sagen da einiges aus, und die Alliierten hatten täglich ausreichende Informationen über den Zustand.

P.S. Intakte "Traditionsverbände" und "alte Kerntruppen" gab es wegen der immensen Verluste kaum noch; in Hamburg zB wurde bei der Übergabe der entwaffnete Volkssturm, Masse der Festung, sofort nach Hause geschickt ->
Heitmann, Jan: Das Ende des Zweiten Weltkriegs in Hamburg, Europäische Hochschulschriften III/431 zur Kapitulation und zu den Vorgängen der Übergabe.
 
@Thane

"...Alles andere ist, gemessen an den politischen Realitäten in den USA, GB und Frankreich an den Haaren herbeigezogen. Ein offensiver Ansatz, der zwischen den Zeilen mancher Beiträge sich anzudeuten scheint, wäre politisch in den drei Ländern sicherlich nicht mehrheitsfähig gewesen...."

Vollkommen d'accord. UK wäre weder militärisch noch ökonomisch in der Lage gewesen einen Krieg gegen die UdSSR im Uz zu führen, Frankreich sowieso nicht, schon gar nicht nach den Erfahrungen der "Besatzungszeit". Für die USA würde ich das mal so formulieren wollen, der "heiße Krieg" war beileibe noch nicht "erkaltet". Ich denke, hier treffen "Parolen" der letzten Tage des Naziregimes mit Diskussionen der 1950'er Jahre aufeinander und vermengen sich.

Wie silesia in #26 schrieb, die Wehrmacht hatte aufgehört zu existieren, es gab, ich benutze jetzt zeitgenössische Begriffe, "Kampfverbände", "Kampfgruppen", aber kaum noch geschlossene Formationen. Ich möchte nicht Speer zitieren, aber die Kriegswirtschaft des DR stand kurz vor dem Kolapps.

Thane, die ideologische Komponente, die Du in Deinem Beitrag erwähnst, wäre gesondert zu diskutieren.

Darüber hinaus, bis zu Fulton, war es noch ein weiter Weg.

M.
 
Ganz richtig,

hinzu wäre noch zu nehmen, dass die Alliierten nicht blöd waren und die Wehrmacht von 1945 nicht diejenige von 1940/41, sondern ein von ein paar Fanatikern gewaltsam zusammengehaltener Haufen in der Auflösung. Selbstmordraten, Selbstverstümmelungen, Deserteure inkl. Überläufer sagen da einiges aus, und die Alliierten hatten täglich ausreichende Informationen über den Zustand.

Zustimmung.

Vielleicht betrachtet man den Punkt auch mal von der Wiederbewaffnungsdebatte der endenden 40er beginnenden 50ern her.
Er war Schluss aus Fertig....
Mit den Deutschen war kein Krieg mehr zu machen.
 

So interessant es sich liest - das war vermutlich nur Papier, wie es beim Kommiss tonnenweise für die Ablagen produziert wird. Bei solchen Planspielen geht dann öfter die Phantasie durch.
 
Bei solchen Planspielen geht dann öfter die Phantasie durch.

Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen; :D
Der Normalbürger kann sich kaum vorstellen, wenn es vor Lagekarten nicht nur zu verbalen Aussetzern kommt, sondern einige Hitzköpfe Karten zerreissen und auch zum rustikalen Körpereinsatz übergehen!

:devil:
 
Diese Geschichten sind uralt und nix ist dran. Da haben nur noch Nazigrößen oder kleine Jungens hinter der Panzerfaust daran geglaubt.

Was wäre das wohl geworden? Stalin hätte Briten weggewischt.

Zweiteres ist wohl korrekt, was auch erklärt, wieso es (wenn überhaupt, will ich nicht beurteilen) bei entsprechenden Überlegungen bzw Gedankenexperimenten blieb; dass diese Vorstellungen aber auch zu den feuchten Träumen so manches Antikommunisten im Westen zählte, halte ich für absolut vorstellbar, auch ob die prüfen ließen, obs denn theoretisch klappen könnte... :winke:
 
Also Opa kam nicht mehr auf den Namen, wusste aber noch folgendes:

1. Der Kommandeur der Truppe war Oberst oder Major,
2. saß unter Adenauer im Bundestag,
3. begab sich in Schleswig-Holstein mit seiner Truppe in englische Gefangenschaft
4. und trug ein Ritterkreuz.

Anhand dessen müsste es sich ja rekonstruieren lassen, ich bin bisher aber noch nicht drauf gekommen.
 
Also Opa kam nicht mehr auf den Namen, wusste aber noch folgendes:

1. Der Kommandeur der Truppe war Oberst oder Major,
2. saß unter Adenauer im Bundestag,
3. begab sich in Schleswig-Holstein mit seiner Truppe in englische Gefangenschaft
4. und trug ein Ritterkreuz.

Anhand dessen müsste es sich ja rekonstruieren lassen, ich bin bisher aber noch nicht drauf gekommen.

Bis auf Punkt 2 trifft das für hunderte Offiziere zu. Frage, die noch zu klären wäre: Heer, Marine, Luftwaffe oder Waffen-SS?
War es dieser Herr?
Erich Mende ? Wikipedia

 
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Unter Schleswig-Holstein kann man erstmal sammeln, vielleicht sagt einer der Namen ihm mehr:

XVIII.AK: 21.PzD, 24.PzD, Pz.Verb."Großdeutschland" (evakuierte Reste), Kampfkommandant Rendsburg
II.Flak-Korps: 2.MarineD, Pz.Ers.Brig."Großdeutschland" (Reste), VolksArtillerieKorps 402, Kampfkommandant "Heide", Flak-Brigade 9, Kampfgruppe Meldorf
Korps "Ems": Div.z.b.V.617 (614?), Division Nr.480, 15. PGD, Festung Cuxhaven, Kampfgruppe Goltsch, Div.z.b.V. Gilbert, 7.FJD, 8. Flak-Division
Korps Witthöft: Festung Brunsbüttel, Kampfgruppe Schmidt (sollte außerdem die "Großdeutschland"-Verbände und die Reste 21. und 24. PD aufnehmen, die aus dem Osten antranspoirtiert wurden), Kampfgruppe von Hertel, Kampfgruppe Gordak, Kampfgruppe Winnig

dazu noch: Rest 233. PD, 166. ID
Grenadierregiment 7 -> unter britischer Besatzung "Feldjäger-Regiment 1" von Bornholm antransportiert und wieder bewaffnet.

Unter den Briten: Sperrgebiet F und Sperrgebiet G, in denen Verbände eingesetzt wurden.


Hier könnte man weitersuchen:
Haase, Kurt (geb. 1910)
Direktor im Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung
Nachlass Bundesarchiv, Freiburg
Aufzeichnungen als Intendant des "Korps Witthöft 1945"; Unterlagen aus der Tätigkeit im Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung; Materialsammlung zu rüstungstechnischen Fragen, Prüfungsunterlagen für den gehobenen nichttechnischen Dienst
BUNDESARCHIV - Zentrale Datenbank Nachlässe

Die Korps Stockhausen und Witthöft blieben organisatorisch intakt sprachen zT "Entlassungen aus der Wehrmacht" bis weit nach Kriegsende aus, zb August 1945 Herbert Beyer

Ein anderer prominenter Vertreter unter Adenauer von der Korpsgruppe Stockhausen 1945:
Udo Ritgen ? Wikipedia


noch eine Besonderheit:
die Belassung leichter Waffen galt auch für alle Wehrmachtsverbände, die möglichst geordnet aus Dänemark zurück marschieren sollten, darunter etliches an Marine und Heer, insgesamt rd. 200.000 Mann. Das fand bis Ende Juni 1945 statt. Aufgrund der Sonderlage war bei der Teilkapitulation wohl auch heraus verhandelt worden, dass in S-H keine "Concentration Areas" gebildet werden sollten, auf deutschen Wunsch, heir S. 276:
http://books.google.com/books?id=Gf...45 in Schleswig-Holstein und Dänemark&f=false
 
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Bis auf Punkt 2 trifft das für hunderte Offiziere zu. Frage, die noch zu klären wäre: Heer, Marine, Luftwaffe oder Waffen-SS?
War es dieser Herr?
Erich Mende ? Wikipedia


Mende war Major und hatte das Ritterkreuz.

Ich habe von ihm mal eine Schilderung der Übergabe an die Briten gelesen.
Der Divisionskommandeur hätte die Division mit "geputztem Stahlhelm" und "in voller Ordnung" bei den Briten anrücken lassen.
Was die Briten sehr erstaunt hätte.

Aber das war alles.
 
Ich habe von ihm mal eine Schilderung der Übergabe an die Briten gelesen.Der Divisionskommandeur hätte die Division mit "geputztem Stahlhelm" und "in voller Ordnung" bei den Briten anrücken lassen.

Gerade mal nachgeschaut:
Mende war zuletzt bei der "Divisionsgruppe 102", also dem restlichen Teil, der bei den Briten nach Flucht von der Ostfront/Vorpommern noch ankam.
Grenadier-Regiment 84
 
Das wäre hinsichtlich der Namen der Bundestagsabgeordneten beizusteuern:

Deutscher Bundestag: Web-Archiv

Dann beginnt natürlich die Mühe des "Datenabgleiches" und die Suche in dem jeweiligen Handbuch des Buntestages (Wahlperiode; Du benanntest Adenauer, damit wären die Wahlperioden eingegrenzt) hinsichtlich der Biographie.

Da es nur natürlich ist "Unangenehmes" zu verschweigen; Archivrechere in den Personalämtern, exBDC und Spruchkammerverfahren. Es gibt veröffentlichte Listen von "Ritterkreuzträgern" im net, aber auf die verlinke ich nicht; die findest Du selbst und mußt sie beurteilen.

In Ergänzung zu silesias Verlinkung zum Bundesarchiv:

hier wirst du zum Heer fündig:

http://startext.net-build.de:8080/b...=63C1FD4BE0A34776AD7BEE8E7F29A3C9&searchPos=2

hier die Marine:

http://startext.net-build.de:8080/b...=70B35D192DF748DC8E603B87BD44C531&searchPos=1

hier die Luftwaffe:

http://startext.net-build.de:8080/b...=3BE15C70D8844CC692580349E0D3BCBB&searchPos=1


"Waffen-SS" wäre gesondert zu recherichen (exBDC). Methodischer Tipp, das wichtigste ist der Name inkl. Vorname, wir wollen mal nicht hoffen, daß der Alfred Müller hieß ;) und bb deutete es an, die Teilstreitkraft.

M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da es nur natürlich ist "Unangenehmes" zu verschweigen...
Das war zu Adenauers Zeit aber absolut nix Ehrenrühriges, das Ritterkreuz bekommen zu haben. Oder hat man alte Unterlagen zum Bundestag später "bereinigt"?
 
Zuletzt bearbeitet:
Das war zu Adenauers Zeit aber absolut nix Ehrenrühriges, das Ritterkreuz bekommen zu haben. Oder hat man alte Unterlagen später "bereinigt"?

Da hast Du recht!

Aber mancher Offizier verschwieg gerne besondere Kommandierungen, Stationierungsorte, Aufgaben u.a. auch für "welche Heldentat" er das Ritterkreuz bekommen hatte usw.

Der Stationierungsort Auschwitz wäre auch für einen Heeresoffizier im CV in der Adenauerzeit nicht förderlich gewesen. Eine generelle "Bereinigung" der Personalakten hat es m.W. nicht gegeben. Aber sollte es eine gezielte "Bereinigung" für bestimmte Personen gegeben haben, muß man sehr tief einsteigen.

Das ist im übrigen keine neue Verschwörungstheorie. :devil: Sondern einfach nur Erfahrung. Bürokratische Systeme hinterlassen bürokratische "Spuren".

M.
 
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