Gibt es einen Zusammenhang zw. Christentum und Demokratie?

Rassismus wurde und wird biblisch begründet - @Scorpio hat das schon in seinen Beiträgen #152 und #157 erwähnt: Noachs Sohn Ham wird als Stammvater der Schwarzen interpretiert.
Danke, aber diese Nachhilfe benötige ich nicht. Du wirst Beiträge hier im Forum finden, wo ich darauf hinweise, dass die Erzählung von Ham für rassistische Argumentationen von Befürwortern der Sklaverei herangezogen wurde. Vermutlich sogar im Colston-Thread. Du erinnerst dich? Als du dich empörtest, dass es zeitgeistiger Vandalismus sei, die Statue eines Sklavenhändlers zu stürzen, die gehöre zum Stadtbild.

Aber es ging hier nicht um Sklaverei, sondern darum, dass Schwarze heute häufiger in Gefängnissen sitzen, was du biblisch begründetest.

Nun, was steht denn genau in der Bibel? Noah verfluchte wegen des Spotts Hams dessen Sohn Kanaan. Die Nachkommen Kannaans sind aber die Phönizier (Sidon). In der Nachkommenschaft Noahs werden dann im Zweig von Ham Ägypten und Kusch und Put. genannt. Also letztlich Afrikaner. Die Leute, die nun seit dem 16. oder 17. Jhdt. die Sklaverei der dunkelhäutigen Völker biblisch begründet haben, haben sich da eines Kniffs bedient, nämlich, dass Noah nicht Kanaan und dessen Söhne, sondern Ham und dessen Söhne zur Knechtschaft verflucht habe, ergo Ägypten, Kusch und Put, also die afrikanischen Völker und überhaupt alle Dunkelhäutigen (auch dies im Übrigen eine Überstrapazierung der Bibel, da von Hautfarbe gar nicht die Rede ist).

Ist hier die Bibel also wirkmächtig? Nein, der Rassismus und der Egoismus waren wirkmächtig genug, um biblische Erzählungen entgegen des eigentlichen biblischen Textes umzudeuten. Lies die Stelle noch mal nach. Steht in Bereshit/Genesis.

Dieses "der Einbrecher, der im Gefängnis sitzt, begeht keine Einbrüche mehr etc." wird von rechten Kreisen auch hierzulande gern als Argument angeführt –
Das hat nichts mit rechts oder links zu tun, sondern mit dem Bedürfnis der Menschen nach einer Wiederherstellung einer Rechtssituation nach einem Rechtsbruch. Es geht hier nicht um „gesundes Volksempfinden“, law and order oder dergleichen.
Seit wann ist der regelmäßiger Kirchenbesuch ein Indikator für die Gläubigkeit von Menschen?
Tja, doof, wenn die Statistiken gegen die liebgewonnenene These sprechen, was?
Welches methodisch saubere Kriterium möchtest du denn heranziehen, um die Bedeutung einer Kirche und ihres fragwürdigen Patriarchen für die Ansichten der Bevölkerung zu ermesssen, wenn nicht die Bedeutung dieser Kirche min Alltag der Menschen?

Und wenn jemand ein Etwas von zwei verschiedenen Seiten auf zwei verschiedenen Arten begründet bekommt, dann ist der Spielraum, dieses Etwas nicht zu glauben, kleiner.
Nach dieser Auffassung hätte es niemals zur Reformation, niemals zur Aufklärung, niemals zur Säkularisierung kommen dürfen.
 
Meine Informationen sagen: Als die Sowjet Union auseinanderfiel und staatlichen Strukturen nicht mehr funktionierten, wandten sich die Menschen vermehrt der einzig noch funktionierenden Institution Kirche zu, obwohl diese kaum noch Kirchengebäude besaß; dies änderte sich erst mit Restitutionen des Kirchenvermögens im Laufe der Zeit.
Und darf man auch erfahren, wohr du diese Informationen beziehst?

Außerdem werden im russischen Staatsfernsehen die Reden/Predigten des Patriarchen prominent herausgestellt, daher sagen die Zahlen der Zuschaer mehr über den Einfluss der Kirche auf die Menschen als die Kirchenbesuche.
1. Wie kommst du auf denn Trichter, dass sämtliche Zuschauer des Russischen Staatsfernsehens oder von Teilprogrammen in Russland säßen oder Russen seien?
2. Dir ist aber schon klar, was der Begriff "Staatsfernsehen" bedeutet? Also wem der Laden unterstellt ist und wer dementsprechend Statistiken über Einschaltquoten führt?
3. Wie kommst du eigentlich auf den Trichter, dass sich im Ansehen eines Programms automatisch Zustimmung zu dessen Inhalten ausdrücken würde?

Für nichts wird so heftig und erbittert gekämpft und gestorbern wie für den Glauben – siehe Kreuzzüge.
Da lege ich dir Asbridges Einführungswerk über die Kreuzzüge sehr ans Herz, dass durchaus in intressanter Weise auf die Abkommen zwischen den christlichen und muslimischen Potentaten in der Levante und die inneren Kämpfe der jeweiligen Lager eingeht, wenn es um die Frage ging, wer sich "König von Jerusalem" oder "Sultan" schimpfen durfte.

Im Übrigen, dürftest du dann auch gerne die Sache mit dem 4. Kreuzzug erklären als fanatisierte christliche Kämpder, die nichts anders kannten als christlichen Fanatismus (jedenfalls behauptest du das ja), erstmal über das christliche Byzanz herfielen.

Normalerweise schon, aber bei fanatisierten Kämpfern ist diese Skepsis nur wenig bis nicht vorhanden. Und fanatisiert sind vor allem Glaubenskrieger.
Russlands Armee, denn darum ging es ja ursprünglich, bersteht größtenteils aus Wehrpflichtigen, denen man mit Fahnenflucht und Gefängnis droht, wenn sie sich weigerten in den Krieg zu ziehen, aus Kriminllen, deren Motivation für die Teilnahme am Krieg darin besteht, dass sie es als Fahrkarte aus den haarsträubenden Bedingungen des russischen Strafvollzugs heraus sehen und aus Söldnern, die ihre Loyalität verkaufen um damit wirtschaftlich einen Schnitt zu machen, somit moralisch flexibel und so ziemlich das Gegenteil von vernagelten Fanatikern sind.

"Fanatisierte Glaubenskrieger" wird man da eher weniger finden.

Die Trennung zwischen religiöser und weltlicher Macht gibt es in Europa erst seit ca. 200 Jahren zunehmend.
Unfug.
Man wird vielleicht den Luthernanern und den Anglikanern, deren Amtskirchen mit der weltlichen Macht insofern verbandelt blieben, als dass die
jeweiligen Landesherren grundsätzlich erstmal Chef (summus episcopus) ihrer Kirchen wurden zwar nachsagen können, dass deren institutionelle Strukturen stark vermachtet und vor allem nicht sauber von der Staatsmacht getrennt wurden, wobei es auch hier Ausnahmeerscheinungen gab, z.B. in Brandenburg-Preußen, wo nach der Konversion Johann Sigismunds v. Hohenzollern ein calvinistischer Fürst ein lutherisches Land regierte und als jemand, der der lutherischen Landeskirche nicht mehr angehörte, auch nicht als deren Chef amtieren konnte.

So ziemlich sämtliche nicht lutherischen oder anglikanischen Strömungen der Reformation, haben allerdings keine durchhierarchisierte Amtskirche hervorgebracht, die sich mit dem weltlichen Machtapparat hätte verbinden können.
Das gab es in dieser Form weder bei den Calvinisten in den Niederlanden, noch bei den presbyterianischen Reformierten in Schottland und in diversen anderen Gruppierungen auch nicht.
Es gab in Europa bereits vor dem 30 Jährigen Krieg Regionen, in denen es nur eine sehr schwache oder überhaupt keine Verzahnung von weltlicher und religiöser Macht gab, insofern man von KKonfessionen, die überhaupt keine Amtskirchen und somit Machtstrukturen ausbildeten überhaupt noch von "religiöser Macht" in diesem Sinne reden kann.

Auch USA haben diese Trennung von Anfang an – das war die Reaktion auf die Verfolgung der andersdenkenden Christen in Europa durch die jeweiligen Staatskirchen –,
Auch das fällt in die Kategorie Unfug.

In den USA ist die Situation die gewesen, dass der Großteil der ursprünglichen Bevölkerung aus England stammte.
Diese Leute waren in der Regel entweder "dissenters/nonkonformists" also nicht-anglikanische Protestanten, die von Haus aus überhaupt keine Amtskirche kannten, weil so etwas in ihrer Glaubensrichtung nicht vorgesehen war oder aber sie waren Anglikaner.

Und als Anglikaner standen sie, als es mit dem Unabhängigkeitskrieg los ging insofern vor einem Dilemma, dass der oberste Chef ihrer Kirche der gleiche King George III. war, den sie in seiner Funktion als König von England gerade bekämpften und dass weiterer Gehorsam ihremm Kirchenoberhaupt gegenüber mit ihren Unabhängigkeitsbestrebungen gegenüber im Weg gestanden hätte, denn wenn sie die verwirklichen wollten, konnten sie sich dem englichen König - und sei es nur als Angehörige der anglikanischen Kirche - nicht mehr unterwerfen.

Das musste in den entstehenden USA unweigerlich zum Bruch mit der anglikanischen Kirchenhierarchie führen und die "dissenters" kannten ohnehin keine Amtskirchen, womit sich die Frage der Einbindung entsprechender Kirchen in das weltliche Machtgefüge überhaupt nicht stellte.

Das hat mit Verfolgung von Christen in Europa zunächst mal nur am Rand zu tun, zumal England (aus dem die meisten Einwanderer in die Kolonien stammten), zur Zeit des Unabhängigkeitskrieges ein Land war, in dem dissenters/nonkonformits und vor allem römisch-katholische Gläubige noch diskriminiert wurden, zu diversen Ämtern keinen Zugang hatten etc. aber davon, dass sie noch verfolgt worden wären, kann keine Rede sein.
Als die USA sich gerade im Unabhängigkeitskrieg befinden, wird 1779 gerade der "Nonconformist Relief Act" durchgewinkt, der die Beschränkungen für Protestanten jeglicher couleur in Großbritannien weitgehend aufhob, die Katholiken-Emanzipation sollte zwar noch 50 Jahre in der Zukunft liegen (was damit zu tun hat, dass das Thema sehr stark mit dem hochdiffizilen Problem der britischen Irland-Politik korrespondierte), aber Verfolgung, war das nicht, praktiziert werden durfte grundsätzlich auch der Katholizismus.

Massive religiöse Verfolgung, vor der man aus England hätte flüchten müssen, hatte es seit dem Englischen Bürgerkrieg nicht mehr gegeben und der Großteil derer, die bis zum Unabhängigkeitskrieg aus Britannien nach Nordamerika gekommen waren, waren keine religiösen Flüchtlinge.

Entscheidend ist, dass Russen sich mehrheitlich in der Ablehnung der "westlichen" Werte einig sind.
Woher möchtest du das wissen? Und was verstehst du unter "den westlichen Werten"?

Das propagiert nicht nur die staatliche Propaganda, sondern auch die russisch-orthodoxe Kirche, und das in weit stärkerem Maße.
Ach so. wenn zwei verschiedene Zweige der staatlichen Propaganda etwas propagieren, ist das der ultimative Beweis dafür, dass die Bevölkerung sich danach richtet.
Muss man nicht verstehen die logik oder?
 
Das ist nicht vergleichbar, weil von der neuheidnischen Esoterik in Deutschland, außerhalb der SS kaum jemand Notiz nahm oder gar die öffentliche Meinung beeinflusste. Das "wahre Christentum" ist aber in der russischen Gesellschaft eine feste Größe.
Dann vergleiche es mit dem NS-Versuch so etwas wie eine am Führerkult orientierte Reichskirche aufzubauen um irgendwie Nationalsozialismus unter dem Deckmantel des Christentums betreiben zu können.
Das dürfte nämlich verdammt nah an der Rolle sein, die die orthodoxe Kirche in Russland derzeit spielt.

Besonders erfolgreich war das allerdings nicht.

Das Refinanzierungsproblem ist eine Folge des Rechtssystems, nicht die Ursache.
Das ist ja nun vollkommener Quatsch.

Die Finanzierung des Justizsystes ist Ergebnis legislativer Entscheidungen und des Umgangs der jeweiligen Regierungen und des Parlaments damit.
Die Finanzierung des Justizsystems ist in erster Linie über den Haushalt der entsprechenden Körperschaft (Staat, Bundesstaat,Kommune) geregelt und ergibt sich nicht aus dem Rechtssystem an und für sich.
Wären die Politiker in den Vereinigten Staaten gewillt Besteuerung und Haushalt so anzusetzen, dass dadurch Polizei und Justizsystem in befriedigendem Maße zu finanzieren wären, gäbe es keinen Grund für alternative Finanzierungspraktiken oder das "outcourcen" des Strafvollzugs.
Das spielt keine Rolle
Natürlich spielt das eine Rolle.
Ob sich die Überzeugung irgendwas für richtig zu halten tatsächlich daraus ergibt, oder ob es lediglich hin und wieder als Feigenblatt bemüht wird um ganz anders gelagerte Positionen und Beweggründe zu verschleiern macht einen erheblichen Unterschied.

Das kann schon sein, aber ich sehe Pastoren auch als Vorbilder
Das du das so siehst, ist kein Nachweis dafür, dass das auch immer unbedingt den Tatsachen entspricht.

Du argumentierst ja selbst immer gerne damit, welche Schweinereien im Rahmen des Feudalsystems die Kirchen und ihre Vertreter regelmäßig deckten etc.
Dann müssten aber die periodischen Aufstände und Auseinandesetzungen deswegen - und selbst wenn sie nur um die Höhe der Abgabenlasten, nicht ums Prinzip gingen - dir aber zu denken geben, von der Reformation, als halb Europa seinen Priestern den Gehorsam aufkündigte und anderem nicht zu reden.

Einen extermen Einfluss der Geistlichkeit anzunehmen und argumentativ verwerten zu wollen ohne ihn beweisen zu können, ist im Rahmen der Diskussion unzulässig.

Kommt noch hinzu, dass du die Besonderheiten der USA nicht berücksichtigst.
Ein Großteil der Einwohner der Vereinigten Staaten in der Mitte des 19. Jahrhunderts waren Methodisten oder anderer in freikirchen und ähnlichen Strukturenn organisierter Christen, die überhaupt keine klassische Amtskirche kannten, dafür aber aber das Priesterum aller Gläubigen hochhielten und bei denen, anders in den meisten Teilen Europas, wo Kleriker eine entsprechende Ausbildung innerhalb der kirchlichenn Strukturen durchlaufen mussten, im Prinzip jeder als Priester oder Prdiger auftreten konnte.

Das in Europa, wo Priester durch die Strukturen der Amtskirche in der Regel eine (gemessen an der Zeit) recht hohe Bildung qua Ausbildung für das Priesteramt zuteil wurde und sie deswegen in der Bevölkerung per se ein relativ hohes Ansehen genossen (was nicht bedeutet, dass sich die Gemeinde immer nach ihren Vorgabenn gerichtet hätte), das mag ja noch sein.

In den USA, wo die klassischen Amtskirchen wenig Bedeutung hatten und jeder der gerne wollte Priester spielen durfte (inklusive Analphabeten, Leuten mit bekannten Alkoholproblemen etc. etc.), dürfte der Respekt vor manchen Personen, die sich selbst Priester schimpften oder als solche auftraten, eher nicht so hoch gewesen sein.

Ich blende das nicht aus
Natürlich tust du das.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe lange überlegt, ob ich noch antworten soll, da @El Quijote und @Shinigami bereits die meisten Punkte mehr als ausreichend angesprochen haben, und man muss nicht überall seinen Senf abgeben. Doch hier noch ein, zwei Aussagen, die mir ins Auge gestochen sind:
Das ist nicht entscheidend.
Das ist sehr wohl entscheidend. Du agierst unseriös, wenn Du einen der besten Marker für die Religiosität der Russen verwirfst, und ihm die russische Regierungspropaganda oder Deine Deutung derselben vorziehst. Ein quantifizierbarer Beleg ist der Anekdote immer vorzuziehen.
Entscheidend ist, dass Russen sich mehrheitlich in der Ablehnung der "westlichen" Werte einig sind. Das propagiert nicht nur die staatliche Propaganda, sondern auch die russisch-orthodoxe Kirche, und das in weit stärkerem Maße. Und wenn jemand ein Etwas von zwei verschiedenen Seiten auf zwei verschiedenen Arten begründet bekommt, dann ist der Spielraum, dieses Etwas nicht zu glauben, kleiner.
Ganz abgesehen davon, dass die "westlichen" Werte vom Christentum durchdrungen sind, braucht man kein Christ zu sein, um diese abzulehnen. Man muss nicht mal irgendeiner Religion anhängen. Ich sehe hier keinen Beweis erbracht, dass der Durchschnittsrusse sich im Krieg fürs Hergöttl wähnt.
Das "wahre Christentum" ist aber in der russischen Gesellschaft eine feste Größe.
Die gesellschaftlichen Kennzahlen geben diese Aussage nicht her. Sicherlich versucht das Regime es so darzustellen, und sicherlich glaubt mancher Russe fest an eine "christliche" Mission. Aber als Geschichtsinteressierte müssen wir doch trennen zwischen dem, was die Akteure in den Geschichtsbüchern verzeichnet wissen wollen, und den tatsächlichen Hintergründen. Und diesbezüglich hast Du beileibe nicht nur Indizien gegen Dich.

Nehmen wir andere Beispiele zur Veranschaulichung: Glaubst Du denn, dass hinter Losungen wie "LGBTQ for Hamas" oder dem AfD-Verein "Mit Migrationshintergrund für Deutschland" kohärente Weltbilder stehen? Dass ein LGBTQ-Aktivist, der in Netzstrumpfhosen Sympathie mit der Hamas bekundet, weiß, dass er dafür im Gaza-Streifen mit Gefängnis und vierzig Stockhieben bestraft würde? Oder dass die "Migranten für Deutschland" wirklich wissen, was AfD-Obere auf Parteitagen und in Chatprotokollen für Vernichtungsphantasien äußern? Will sagen:

Bloß weil ein von der Regierung bestellter KGB-Patriarch oder ein nicht mal das Vaterunser beherrschender Dimitri Medwedew verkünden, dass alle Russen in Gott hinter Putin geeint seien, muss es noch lange nicht wahr sein. Allein in Polen dürfte es mehr praktizierende Christen geben als in Russland. Diese Diskussion führt zu nichts. Denn wir wissen mittlerweile genug, um mit Sicherheit sagen zu können, dass dieser Krieg das Produkt von gekränktem Ego, Ultranationalismus und wirtschaftlichen Interessen ist, ausgebrütet von einer winzigen Clique im Kreml, möglicherweise sogar von Putin und Nikolai Patruschew im Alleingang, als die beiden sich aus Angst vor Corona monatelang isolierten.

Natürlich greift diese Clique nach jedem Strohhalm, der sich bietet, um ihr Abenteuer zu rechtfertigen, zumal seit Russland in der Schlacht um Kiew einer der demütigsten Niederlagen der jüngeren Militärgeschichte erlitt. Dass dies Folklore sein muss, zeigt sich schon daran, dass die Russen an der Front vor allem nicht-slawische Nicht-Christen verheizen, denen sie keineswegs mit der Bibel ankommen, um sie zu motivieren.

Die Propaganda des Regimes ist gerade deshalb voller Widersprüche, weil man metaphorisch auf allen Kanälen sendet, um nur irgendwie zur Bevölkerung durchzudringen. Das kannst Du nicht für bare Münze nehmen wollen. Und ich würde dafür plädieren, es in dieser Hinsicht hierbei zu belassen – nicht nur, weil wir uns vom Gegenstand des Fadens immer weiter entfernen, sondern auch, weil ich beim besten Willen keinen Sinn darin sehe, dieser Fata Morgana weiter nachzujagen. Da ist der Ansatz, das Rechtssystem der USA zu hinterfragen, wesentlich vielversprechender.
Das Refinanzierungsproblem ist eine Folge des Rechtssystems, nicht die Ursache.
@Shinigami hat dazu eigentlich alles gesagt, was zu sagen ist, aber: Deine Aussage scheint mir keinen Sinn zu ergeben, denn in unzweifelhaft rassistischeren Zeiten als heute waren in den USA weniger Personen per capita inhaftiert als heute. Die Zahl geht erst durch die Decke, seit Nixon den Kampf gegen die Drogen ausrief und auch der Besitz von Kleinstmengen an Rauschmitteln zu hohen Haftstrafen führen konnte.

Es gibt in den Memoiren des Nixon-Beraters John Ehrlichman tatsächlich Indizien dafür, dass Nixon hierbei rassistisch motiviert war; es sei ihm darum gegangen, die Schwarze Bürgerrechtsbewegung zu zerschlagen, deren politische Tätigkeit er nach US-Recht nicht behindern konnte, also habe er die Drogengesetze verschärft, in dem Wissen, dass vor allem Afroamerikaner als sozial schwache Gruppe Drogen nahmen.

Freilich darf man Ehrlichman mit Zweifeln begegnen, da dies eine sehr ineffektive Strategie gewesen wäre, außerdem zeichnet Nixons Amtsführung ein anderes Bild. Seine Politik in Bezug auf die Ureinwohner und Afroamerikaner war ihrer Zeit weit voraus, viel progressiver auch als jene angesehenerer Präsidenten wie Kennedy, und der Rechten verhasst. Es war Nixon, der u.a. Quoten für ethnische Minderheiten im Staatsdienst und an Universitäten einführte, und der den Indianern mit hohen Bundesubventionen die Selbstverwaltung gab.
Das spielt keine Rolle, die Tatsachen sprechen für sich: Sie haben die Bibel für ihre Zwecke benutzt, wie viele andere sie auch benutzt haben. So ein Sammelsurium bietet für jeden etwas: Da findet sich Etwas – und in der Regel auch das Gegenteil von diesem. Das je nach Bedarf selektive Zitieren aus der Bibel war und ist an der Tagesordnung, denn bis heute argumentieren Evangelikale und andere "rechtgläubige" christlichen Gemeinschaften nach diesem Prinzip.
Das spielt für Deine Argumentation sehr wohl eine Rolle, eine Schlüsselrolle, da Du hier derjenige bist, der das Phänomen der Sklaverei in den jungen USA als Ausfluss religiöser Überzeugungen erklären möchte. Und dafür macht es einen Unterschied, ob die Bevölkerung der Südstaaten wirklich an eine christliche Mission glaubte, oder ob religiös verbrämte Rechtfertigungen nicht bloß dem rhetorischen Abwehrkampf einer im Untergang begriffenen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung entsprangen. Und Du kannst die Tatsache, dass in den Nordstaaten und in Europa mit der Bibel gegen die Sklaverei argumentiert wurde, nicht einfach mit dem lapidaren Verweis beiseitewischen, die Bibel enthalte eben für jeden etwas.

Der Witz ist ja: Ich halte eine religiöse Komponente für durchaus gegeben, und sei es nur, dass sie der Selbstvergewisserung diente, wenn der Plantagenbesitzer am Abend im Kerzenschein seinen 'Enquirer' durchblätterte und las, dass wieder ein Land das unchristliche Übel der Sklaverei verboten hatte. Aber Deine Argumentation, mit Verlaub, ist hier einfach unsauber. Du kannst nicht eine Überzeugung aufgrund einer bloßen Aussage voraussetzen, und umso weniger, wenn andere Indizien dem entgegenstehen. Ein Sklavenhalter, der um sein wirtschaftliches Standbein kämpft, ist nicht schon deshalb religiös motiviert, weil er sich einen passenden Vers aus der Bibel herausgepickt hat.
 
Massive religiöse Verfolgung, vor der man aus England hätte flüchten müssen, hatte es seit dem Englischen Bürgerkrieg nicht mehr gegeben und der Großteil derer, die bis zum Unabhängigkeitskrieg aus Britannien nach Nordamerika gekommen waren, waren keine religiösen Flüchtlinge.

Im Großen und Ganzen würde ich deinen Ausführungen zustimmen, aber bei diesem Satz bin ich gestolpert.

Aus GB sind im 18. Jahrhundert tatsächlich relativ wenige Quäker, Dissenter, Methodisten, Mennoniten, Katholiken in 13 Kolonien eingewandert.

Aus dem deutschsprachigen Raum gab es aber schon eine Reihe von Einwanderern, die durchaus aus religiösen Motiven, sich zur Einwanderung in die 13 Kolonien entschlossen. Die meisten sind im Zuge der pietistischen Great Awakening-Bewegung ein- bzw. ausgewandert, und bei vielen war es auch nicht unbedingt so, dass sie massiver Verfolgung ausgesetzt gewesen wären.

Kontakte nach Nordamerika, etwa mit William Penn entstanden aber häufig über Geistliche oder Missionsgesellschaften wie die Herrenhuter. Es gab umfangreiche Korrespondenz mit Nordamerika.

Die Salzburger Emigranten, von denen einige nach Nordamerika auswanderten oder auch Mennoniten, Waldenser, Hutterer u. a. waren durchaus auch Repression und Verfolgung ausgesetzt. Es setzten zwar Auswanderungsverbote vieler Territorien Auswanderungsprojekten Grenzen, im Laufe des 18. Jahrhunderts fanden dann aber doch eine Reihe von Auswanderern den Weg nach Nordamerika. Mennoniten, Methodisten, Presbyterianer, Hutterer, Amish-People, die Herrnhuter die große Vielfalt von Kirchen und Religionsgemeinschaften in den USA geht zum großen Teil zurück auf Ursprünge im 18. Jahrhundert, und da kamen durchaus auch relativ große Zahlen an Einwanderern zusammen aus dem deutschsprachigen Raum, bei denen religiöse Motive eine Rolle oder sogar die Hauptrolle spielten beim Entschluss zur Auswanderung.

Das war im 18. Jahrhundert die größte nicht angelsächsische Einwanderungsbewegung in das Territorium der späteren USA, und bei einer durchaus beachtlichen Zahl der Einwanderer war deren Motivation tatsächlich vor allem religiös motiviert. Einige waren durchaus auch Verfolgung ausgesetzt wie die Salzburger Emigranten oder die Mennoniten. Es waren Kontakte nach Nordamerika häufig über Korrespondenzen von Geistlichen oder von Schwestergemeinden entstanden,
Von deutschen Pietisten gab es Kontakte zu William Penn.

Hermann Wellenreuther, Heinrich Mühlenberg und die ersten Lutheraner in Nordamerika.

Derselbe: Glaube und Politik in Pennsylvania 1681-1776.
Krise und Neubeginn Geschichte Nordamerikas in atlantischer Perspektive Bd. 2.
 
Aus dem deutschsprachigen Raum gab es aber schon eine Reihe von Einwanderern, die durchaus aus religiösen Motiven, sich zur Einwanderung in die 13 Kolonien entschlossen. Die meisten sind im Zuge der pietistischen Great Awakening-Bewegung ein- bzw. ausgewandert, und bei vielen war es auch nicht unbedingt so, dass sie massiver Verfolgung ausgesetzt gewesen wären.
Natürlich, auf die Deutschen und die Niederländer vor allen in Pennsylvania, war ich in dem Beitrag nicht eingegangen.

Der Gund dafür ist einfach, dass das als sich die USA konstituierten nicht die tonangebenden Gruppen waren (ich sehe schon die Gefahr, dass wir hier demnächst noch auf die Mühlenberg-Legende kommen werden).
Diejenigen, die bei der Gründung der USA zu den Tonangebenden Eliten gehörten, waren doch zumeist Einwanderer aus Großbritannien und deren Nachfahren, die irgendwann am Ende des 17. oder während des 18. Jahrhunderts gekommen waren und die Erfahrung religiöser Verfolgung (so dass es für sie bei der Gründung der USA ein persönliches Anliegen gewesen wäre) nie gemacht hatten.

Der Bezug den Dion da aufgemacht hat, geht ja stark in Richtung der "pilgrim fathers" und Leute, die vor allem in der Zeit von "cuius regio eius religio" und im Zuge der großen Auseinandersetzungen des 17. Jahrhunderts in die Kolonien gegangen waren.

Das waren aber verhältnismäßig kleine Gruppen, von denen ("des ersten Tod, des zweiten Not, des dritten Brot") viele auch nicht überlebten.
Das Gros kam erst im 18. Jahrhundert unter völlig anderen Umständen.
Und diejenigen, die politisch bei der Gründung der USA den Ton angaben, Leute wie Washington, Jefferson, Franklin, Hamilton, Madison etc. die bei der Erstellung der US-Verfassung maßgeblich mitredeten, dass waren keine Glaubensflüchtlinge und Deutsche oder Niederländer waren das schonmal überhaupt nicht.
Das waren alles Personen, die fest im angelsächsischen Kulturraum verwurzelt waren, fest auf dem Boden der Vorstellung der englischen Rechtstraditionen des "common law" standen und sonst zu den priviligierten Schichten des Kontinents gehörten. Mit den Salzburger Exkulanten und anderen Gruppen hatten die doch nichts gemein, am wenigsten die Lebenserfaurung und das Mindset.
 
Die Bibel war ungeheuer wirkmächtig, sonst würden wir heute in Europa bzw. im Westen nicht von jüdisch-christlichen Kultur sprechen. Und sie war auch bei Abolitionisten wirkmächtig, nur konnten sich diese erst Mitte des 19. Jahrhundert endgültig durchsetzen. Davon habe ich schon geschrieben, aber du hast den Passus nicht zitiert – ich hole das nach:

Der Abolitionismus war Angelegenheit von einer relativ kleinen Minderheit. Mehr als 5% dürften es großzügig geschätzt in den USA kaum gewesen sein, die abolitionistische Positionen vertraten.

Es konnte ja wohl auch keine Rede davon sein, dass die sich endgültig durchgesetzt haben. Schon gar nicht um 1850, 1851.

Mit dem Fugitive Slave Act hörten die Nordstaaten mit einem Schlag auf, ein sicherer Hafen für freie Schwarze zu sein. Jeder der behauptete, XY sei sein entlaufener Sklave, konnte Xy verschleppt werden. Jeder der dagegen protestierte, oder einem Sklaven half konnte mit Geldstrafen oder Gefängnis rechnen.

Im Roman von Beecher-Stowe hilft ein Senator aus Ohio, der noch selbst für das Gesetz gestimmt hat einer Sklavin. Er hätte damit mit 500 $ Geldstrafe oder Gefängnis rechnen müssen. Mit dem Fugitive Slave Act machte sich der Norden zum Komplizen. Es wurden Hunderte freie Schwarze verschleppt in die Sklaverei.

Es wurden dadurch allerdings viele Menschen Zeugen solcher Szenen, die sich vielleicht zuvor nie Gedanken um die Sklaverei gemacht hatten, die das aber nicht billigen konnten. Dadurch gewann der Abolitionismus an Akzeptanz, aber auch im Norden waren Abolitionisten eine Minderheit, für viele ein Synonym für "troublemaker"

Nach den Verwerfungen des Bürgerkrieges konnten die USA einfach nicht zur Sklaverei zurückkehren, wenn der Krieg einen Sinn gehabt haben sollte.

Aber ein Sieg des Abolitionismus?
Nein! Wenn der Norden den Krieg gewann, so der Süden die Reconstruction. In der Zeit der Militär-Besetzung kamen tatsächlich einige Schwarze in Parlamente, aber spätestens 1870 als auch Georgia wieder aufgenommen wurde, übernahmen die Demokraten und die alten Eliten wieder die Macht. Die Rassentrennung hielt Einzug, und sie sollte fast 100 Jahren dauern.
 
Die mittel-/westeuropäische Hexenverfolgung ab Ende 15. Jh., der werdende Rassismus, die tendenziell wachsende Negation weiblicher Kompetenzen und geistiger Fähigkeiten ist wesentlich mit der Antikenrezeption im Frühhumanismus und in der Renaissance verbunden.

Die Basis des
  • Republik-Gedankens
  • der Demosherrschaft
  • der Polis-Selbstverwaltung
  • des Individualismus und dessen Rechte und Pflichten
waren bereits antik fundiert gewesen; die intensive europäische/süd-/west-/mitteleuropäische Antikenrezeption ab dem späten 14. Jh. in Verbindung mit der kolonialen, überseeischen Expansion erneuerte die antik schon vorhandenen Ambivalenzen.
 
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