Es gibt auch Hereros außerhalb von Namibia, z.B. in Botswana und Südafrika. Das Ovaherero Genocide Commitee kann diese Gruppen vertreten. Der Staat Namibia nicht.
Der Vergleich mag etwas hinken, aber die Bundeserepublik zahlte "Entschädigungen" nicht nur an den Staat Israel sondern ebenso an die Jewish Claims Conference, die auch Juden außerhalb Israels repräsentiert.
Selbstredend kann der namibianische Staat diese Gruppen vertreten, wenn diese ihn entsprechend dazu mandatieren und dementsprechende Abkommen schließen und ansonsten müssten sich dann eben die Staaten Botswana und Südafrika der Sache annehmen.
Es ist dem deutschen Staat aber nicht zuzumuten, mit jeder Gruppe, die der Meinung ist Entschädigungsansprüche haben, einzeln zu verhandeln, nur weil diese sich mit anderen Interessengruppen nicht auf ein gemeinsames Vorgehen, eine entsprechende Vertretung oder gemeinsame Forderungen einigen.
Es kann nicht sein, dass der deutsche Staat abstrakt en gros verantwortlich gemacht werden soll, obwohl schon damals der Löwenanteil der Bevölkerung nichts dafür konnte, während auf der anderen Seite jede Interessengruppe meint ihr eigenes Süppchen kochen zu können.
Und an der Stelle, wird man, meine ich, wohl verlangen dürfen, dass Empathie mit der jeweils anderen Seite, keine Einbahnstraße ist.
Mal abgesehen davon, schau dir die Argumentation der Dame nochmal an.
Da wird Entwicklungshilfe abgelehnt und als Reparationen nicht vergleichbar bezeichnet, weil diese auch Gruppen zu Gute kommt, die nicht vom Genozid betroffen waren.
Das heißt, es wird von dieser Seite also sehr viel Wert darauf gelegt, wer denn nun Opfer ist und wer nicht oder nur im geringeren Maße und das möge bitte berücksichtigt werden.
Gleichzeitig wird aber, wenn man sich mit diesem Ansinnen abstrakt an den deutschen Staat wendet, so absolut kein Wert darauf gelegt, wer nun eigentlich tatsächlich Täter war.
Mit anderen Worten die Deutschen, gleichgültig ob sie oder ihre direkten Vorfahren irgendwas dafür können, mögen bitte en bloc Reparationen berappen und zwar in einer Weise, dass die in keinem Fall anderswo als bei der eigenen sich für besonders betroffen haltenden (ob berechtigt oder nicht, mag ich hier gar nicht beurteilen) Interessengruppe ankommen.
Mit anderen Worten X soll zahlen, egal ob objektiv verantwortlich und es soll bitte ausschließlich Y, niemals aber Z zu gute kommen, weil sich Y subjektiv für betroffener wird als Z.
Wie soll das gehen?
Entweder man differenziert sauber alle Verantwortung, alle Verantwortlichen und alles Opfergruppen gegeneinander aus und regelt das auf dieser Ebene.
Wenn man das aber tut, kann man die Deutsche Bevölkerung, mit deren Steuergeldern das finanziert werden müsste, aber gar nicht belangen, denn wie oben angemerkt, dieser Völkermord ist niemals von einer demokratisch gewählten, das deutsche Volk vertretende Organisation befohlen, abgesegnet oder gebilligt worden.
Das militärische Kommando lag beim Kaiser, bei der kaiserlichen Regierung und vor Ort bei einem gewissen Herrn v. Trotha.
Wenn man also feinen Wert auf die Ausdifferenzierung von Verantwortlichkeiten legt, möge man sich mit Reparationsforderungen bitte an die Familien v. Hohenzollern und v. Trotha wenden und bei diesen Genugtuung anstreben, Deutschland und das Deutsche Volk aber aus dem Spiel lassen.
Die andere Möglichkeit ist, dass mit der Ausdifferenzierung nicht in dem Maße übertreiben zu wollen, dann muss aber auch das für beide Seiten gelten.
Wenn man erwartet, dass, weil erstere Vorgehensweise ohnehin nicht erfolgsversprechend ist, der Deutsche Staat in diesem Sinne Rechtshilfe leistet und Mittel für einen Ausgleich stellt (die die nicht verantwortliche heutige Bevölkerung aufzubringen hat), dann wird man im Gegenzug wenigstens erwarten dürfen, dass sich die entsprechenden Interessengruppen auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen um die Sache so unkompliziert und so erträglich wie möglich zu gestalten.
Wenn daran kein Interesse besteht, kann von anderer Seite jedenfalls nicht erwartet werden, dass der Deutsche Staat, dann auch noch mit jeder nicht staatlichen Partei einzeln verhandelt.
Der deutsche Staat ist auch nicht dafür verantwortlich zu machen, wenn bestimmte Interessengruppen gegenüber anderen auf der Gegenseite ihre Verhandlungsposition nicht durchsetzen können.
Noch ist der Deutsche Staat für die Verteilung von Entwicklungshilfen oder Reparationen in diesem Sinne verantwortlich, dass wäre ein Eingriff in die Souveränität der entsprechenden anderen Staaten.
Der entsprechende Genozid ist jetzt über 100 Jahre her.
Das heißt auf Seiten der Herero und Nama, hatte man über 100 Jahre Zeit, sich auf eine gemeinsame, übernationale Vorgehensweise in der Sache zu einigen und einer namibianischen oder aus allen drei Staaten bestehenden Delegation eine Verhandlungsvollmacht in dieser Sache auszustellen und sich im Rahmen dieses Abkommens auch über den Proporz eventueller Entschädigungen im Erfolgsfall zu einigen.
Ich denke, das ist das Minimum dessen, was man erwarten darf, wenn man auch von der anderen Seite Kooperation erwartet.
Ansonsten wie gesagt, bin ich der Meinung, sollen sich solche, die sich für so betroffen halten, dass sie der Meinung sind keinesfalls mit anderen Minderbetroffenen in einen Topf geworfen werden zu dürfen, doch bitte explizit an diejenigen mit einem besonderen Maß an Schuld und nicht an die Minder- oder gar nicht Belasteten wenden.
Und um da nicht falsch verstanden zu werden, ich bin sicher niemand, der sich per se gegen Reparationen oder Entwicklungshilfe aussprechen würde.
Aber das muss in einem Modus passieren dass das für alle Seiten erträglich ist und wenn dann von Seiten bestimmter Interessengruppen deren Gruppenspezifische Empfindlichkeiten und Missgunst gegenüber anderen Betroffenen, über eine solche, sinnvolle Einigung gestellt werde, möchte ich dem entgegenhalten, dass ich mir dann auch ganz explizit meine eigenen Empfindlichkeiten, als in diesen Genozid nicht involvierten Teil der deutschen Bevölkerung leisten möchte.
Ich bin im Übrigen auch sonst der Meinung, dass es nicht sinnvoll ist sich auf derartige spezielle Forderungen einzulassen, alleine auch schon deswegen, weil das bedeuten würden zwischen Opfern erster und Opfern zweiter Klasse zu unterscheiden.
Das halte ich im Rahmen eines Genozids offen gesagt für ziemlich pervers.
Beim Genozid kommt es nicht auf das quantitative Ausmaß an, ein Genozid ist per se das Kapitalverbrechen schlechthin.
Und wenn dann von anderer Seite argumentiert wird, dass Gruppe X mehr und anders bekommen müsste, als Gruppe Y, kann man das, meine ich auch so auffassen, dass derjenige, der im Sinne von Gruppe X in dieser Hinsicht lobbyiert, wenn beide Gruppen Opfer der selben völkermörderischen Aktion wurden, dies darauf hinaus läuft, die Verbrechen an der Gruppe Y gegenüber denen an Gruppe X zu relativieren, was für mich ein absolutes no-go ist.
Wenn es einem wirklich um Gerechtigkeit, nicht um Neidhammeleien und Überlegenheitsdenken untereinander geht, warum schaffen es die Opfer ein und des selben Kapitalverbrechens nicht, sich zusammen an einen Tisch zu setzen und sich auf ein Vorgehen zu einigen, obwohl sie doch alle das gleiche (berechtigte) Interesse haben?
Ich bleibe dabei, ich halte dass was da an Forderungen vertreten wird in diesem Sinne für abenteuerlich und inkonsequent, mithin auch für eine erstklassige Abwertung der Opfer, die andere Gruppen zu beklagen hatten.
Und so etwas zu vertreten, zu befürworten oder gutzuheißen hat in meinen Augen auch nichts progressives, sondern das geht, meine jedenfalls ich einfach nur einseitigen Lobbyinteressen auf den Leim.