Herkunft der Aserbaidschaner

Die Frage ist doch, ob es tatsächlich ein Zusammengehörigkeitsgefühl der iranischen Völker gab und ob sie die sprachlichen Gemeinsamkeiten erkennen konnten oder anders ausgedrückt, im Gegenüber einen ihres Gleichen sahen. Unterschieden sie deutlich zwischen Fremde und Gleiche, allein dadurch, ob sie eine iranische Sprache sprachen?

Die iranischen Völker hatten in antiker Zeit vermutlich ebenso wenig ein Zusammengehörigkeitsgefühl, wie die germanischen Völker bzw. Stämme. Schon sprachlich konnten sich Perser, Meder, Baktrer, Sogder oder Skythen nicht untereinander verständigen, da sie ganz unterschiedlichen iranischen Sprachgruppen angehörten. Ein nationalistisches Zusammengehörigkeitsgefühl halte ich für eine romantische unrealistische Vorstellung.

Mich wundert es halt schon, weshalb die Kurden erst durch die Eroberung der Muslime/Araber schriftlich erwähnt werden. Ich frage mich ob es möglich wäre, das sie unter den Sassaniden als gewöhnliche Iraner und aus der Sicht von Fremdmächten (Rom etc.) eben als Perser durchgingen?

Wir haben diese Frage oft diskutiert und man kann immer nur sagen, dass die Entstehung des kurdischen Volks vor seiner ersten Erwähnung im 7./8. Jh. erfolgt sein muss. In welchem Zeitraum das geschah, ist nur spekulativ zu beantworten.
 
Schon sprachlich konnten sich Perser, Meder, Baktrer, Sogder oder Skythen nicht untereinander verständigen, da sie ganz unterschiedlichen iranischen Sprachgruppen angehörten.

Was veranlasst dich zu dieser Sicherheit?
Ich kann nur das Bsp. eines Freundes von mir nennen, der eine afghanische Muttersprache sein eigen nennt und der keinerlei Verständigungsschwierigkeiten mit Iranern hat. Nun will ich nicht in der Richtung missverstanden werden, dass ich behauptete, dass man von der modernen sprl. Situation sicher Rückschlüsse auf die sprl. Situation im antiken Persien schließen könne, dennoch muss ich sagen, dass ich ob dieser Sicherheit in deiner Behauptung überrascht bin.
 
dennoch muss ich sagen, dass ich ob dieser Sicherheit in deiner Behauptung überrascht bin.

Die iranischen Sprachen zerfallen im mehrere Gruppen. Ich vermute also, dass sich die Sprecher südwestiranischer Sprachen (Persisch, Fars usw.) miteinander verständigen konnten, die Sprecher NW- , NO- oder SO-iranischer Sprachen (Medisch, Skythisch, Baktrisch, Sogdisch usw.) hingegen nicht.

Völlige Sicherhet kann hier nur ein Sprachwissenschaftler schaffen, der sich in den antiken iranischen Sprachen auskennt.
 
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Wir haben diese Frage oft diskutiert und man kann immer nur sagen, dass die Entstehung des kurdischen Volks vor seiner ersten Erwähnung im 7./8. Jh. erfolgt sein muss.

Mir ging es aber nicht darum ob Kurden vorher existiert haben oder nicht. Sie können ja nicht vom Himmel gefallen sein. Mir geht es mehr um die Frage weshalb sie erstmals durch die islamische Expansion der Araber, aber nicht von den ihnen viel näher stehenden Sassaniden/Persern erwähnt werden. Da hege ich den Verdacht, das sie alle einfach zu Blöd zum Unterscheiden waren oder es möglicherweise wie du sagtest aufgrund von Machtansprüchen absichtlich nicht taten. Eine Verwandschaft der Sprachen lässt sich leicht nachweisen und erkennen, besonders für die gebildeten Sassaniden, welche die Schrift zu Nutzen wussten. Von Nationalismus zu reden ist da sicher übertrieben, aber ob sie wirklich von einander unterschieden?
 
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Die iranischen Sprachen zerfallen im mehrere Gruppen. Ich vermute also, dass sich die Sprecher südwestiranischer Sprachen (Persisch, Fars usw.) miteinander verständigen konnten, die Sprecher NW- , NO- oder SO-iranischer Sprachen (Medisch, Skythisch, Baktrisch, Sogdisch usw.) hingegen nicht.

Wie gesagt, ich kann da nur aus heutiger Warte sprechen, dass ein afghanischer Freund von mir sich problemlos mit Persern unterhalten kann, wenn alle ihre Muttersprache sprechen. Persisch und Farsi sind im Übrigen Entsprechungen desselben Wortes, dass eine in der alten (Parsi) das andere in der modernen (Farsi) Variante.
 
Mir ging es aber nicht darum ob Kurden vorher existiert haben oder nicht. Sie können ja nicht vom Himmel gefallen sein. Mir geht es mehr um die Frage weshalb sie erstmals durch die islamische Expansion der Araber, aber nicht von den ihnen viel näher stehenden Sassaniden/Persern erwähnt werden.

Kurden haben das Interesse antiker Geschichtsschreiber vermutlich erst geweckt, als sie von der arabischen Expansion erfasst wurden. Über Bergvölker, die historisch keine Rolle spielten, lohnte es sich nicht zu berichten.

Da hege ich den Verdacht, das sie alle einfach zu Blöd zum Unterscheiden waren ...

Die antiken Geschichtsschreiber wussten sehr wohl unter verschiedenen iranischen Völkern zu unterscheiden und haben Baktrer, Meder, Sogder, Perser, Parther, Skythen, Alanen usw. sorgfältig voneinander unterschieden. Kurden sind ihnen in diesem Zusammenhang nicht aufgefallen und werden nicht genannt.
 
Die antiken Geschichtsschreiber wussten sehr wohl unter verschiedenen iranischen Völkern zu unterscheiden und haben Baktrer, Meder, Sogder, Perser, Parther, Skythen, Alanen usw. sorgfältig voneinander unterschieden.
Gutes Argument
 

Natürlich frage ich mich genau wie du, wie weit man mit der Ethnogenese der Kurden zurückgehen kann (muss), wenn sie im 7. Jh. ertstmals zweifelsfrei genannt werden.

Ich denke, die vom griechischen Geschichtsschreiber Xenophon um 400 v. Chr. genannten Karduchen im ostanatolischen Bergland sind dafür gute Aspiranten - auch wenn eine Identität streng wissenschaftlich nicht zu belegen ist.
 
Wie gesagt, ich kann da nur aus heutiger Warte sprechen, dass ein afghanischer Freund von mir sich problemlos mit Persern unterhalten kann, wenn alle ihre Muttersprache sprechen. Persisch und Farsi sind im Übrigen Entsprechungen desselben Wortes, dass eine in der alten (Parsi) das andere in der modernen (Farsi) Variante.

Wäre nett zu erfahren ob dein Freund Tadschike/Hazarer und damit Dari oder Paschtune ist.

Jedenfalls nach Wikipedia sind die Unterschiede zwischen Farsi/Dari minimal sind, sie werden als persische Sprache zusammengefasst, während es bei Paschtu eine eigene Sprache innerhalb der iranischen Sprachen ist.

http://de.wikipedia.org/wiki/Persische_Sprache#Dari

http://de.wikipedia.org/wiki/Paschtunische_Sprache
 
Wäre nett zu erfahren ob dein Freund Tadschike/Hazarer und damit Dari oder Paschtune ist.

Jedenfalls nach Wikipedia sind die Unterschiede zwischen Farsi/Dari minimal sind, sie werden als persische Sprache zusammengefasst, während es bei Paschtu eine eigene Sprache innerhalb der iranischen Sprachen ist.

Persische Sprache ? Wikipedia

Paschtunische Sprache ? Wikipedia
Wenn er die Perser versteht und sie ihn, dann spricht er definitiv Dari. Paschtu ist schon ganz schön anders.
 
Also, äh: Ich kenne einen Afghanen, der behauptet 'Parsi' zu sprechen, 'Farsi' sprächen nur die Iraner. Ich habe buchstabierender Weise nachgefragt. Er sagte auch, dass sei die Sprache, die in Afghanistan irgendwie alle verstehen könnten.

Ich hatte das auch anders gelernt und ging jetzt davon aus, dass das die Afghanen anders sehen ;); oder, dass da eine Art Sprachenmisch gemeint ist, welches in dem mehrsprachigen Land zur Verständigung genutzt wird und nicht in die reine Lehre unserer Sprachwissenschaftler passt. Ignorieren kann ich diese Aussage jedenfalls nicht.

Ich werde da nochmal nachfragen, wenn ich ihm über den Weg laufe, was aber noch eine Weile dauern kann.
 
Ich denke um die Morphologie einer Kultur herauszufinden, muss man diese nicht aus Spekulationen heraus ableiten, sondern eher mit den gegebenen Fakten anfangen, um auf einer wissenschaftlichen Ebene zu bleiben.

@ El Quijote: Natürlich gibt es da valide Quellen, da wird man aber keine Liste finden, wo die Wörter drauf stehen mit dem Titel "persisches Wörterbuch".

Um auf die ursprüngliche These zurück zu kommen; Kann mir jmd. eine Quelle geben, die besagt, dass die jetzige türkisch-aserbaidschanische Sprache der persischen stammt? Egal was. Vielleicht Begriffe, die bereits damals in den beiden Kreisen benutzt wurden?
 
Natürlich gibt es da valide Quellen
Die da wären?

da wird man aber keine Liste finden, wo die Wörter drauf stehen mit dem Titel "persisches Wörterbuch".
So etwas habe ich auch nicht erwartet...
Meine Frage wäre eher, ob es Corpora der entsprechenden Sprachen gibt, die man miteinander vergleichen und auf dieser Basis die Interkomprehension untersuchen kann.

Kann mir jmd. eine Quelle geben, die besagt, dass die jetzige türkisch-aserbaidschanische Sprache der persischen stammt?

Genetisch (hier nicht biologisch gemeint) haben die beiden Sprachen nichts miteinander zu tun. Die Turksprache ist eine nichtindoeuropäische, die iranischen Sprachen bilden einen Zweig der indoeuropäischen Sprachen. Das heutige Aserbaidschanisch kann als Turksprache also keine Entwicklung aus einer iranischen Sprache sein.

Aber es ist im Bereich des möglichen, dass ein Volk (oder besser eine Bevölkerung) aus welchen Gründen auch immer, einen Sprachwechsel vollzieht. So behaupten z.B. Populationsgenetiker, dass nur 10 % der Ungarn von den Magyaren abstammen, die im Frühmittelalter nach Europa drängten, trotzdem sprechen heute 100 % der Ungarn die magyarische Sprache, meist als Erstsprache (kleinere slowakische oder ggf. auch rumänische Minderheiten mögen eine andere Erstsprache haben).
Solche Sprachwechsel hat es in historischer Zeit immer wieder gegeben, meist - aber nicht immer - in Verbindung mit kriegerischen Auseinandersetzungen, man denke an die Römer und die Verbreitung des Lateinischen, die islamische Expansion und die Verbreitung des Arabischen, die Etablierung des Rum-Seldschukischen Sultanats in Kleinasien und die Entwicklung des heutigen Türkei-Türkischen oder die spanische-portugiesische Conquista und die Verbreitung der iberoromanischen Sprachen.
 
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Valide Quellen aus einer historisch neutralen Ebene auszulegen ist keine Sache der Erkenntnis. In der heutigen westliche Welt will alles bewiesen werden, durch Schriftzeug oder etwas was materiellen Wert hat. Dabei kann aber niemals eine gesonderte Entwicklung einer Kultur oder Nation dargestellt werden, weil diese Zeugs sehr gut manipulierbar waren und sind. Beispielsweise, warum wurde der "Kurosch Zylinder" in den 70er Jahren von Rza Pahlavi der Europa mit der angeblichen achämenidischen Geschichte geschenkt, ohne dass die westlichen Historiker diesen fundiert untersucht haben? Die Welt glaubt heute aber immer noch an diese "valide" Geschichte. Wäre es deshalb nicht süffisant und absurd meine valide Quellen zu haben und darüber zu diskutieren? Fangen wir doch eher mit dem Kurosch-Zylinder an, wenn es um die Validität eines Faktes gehen soll...

Deiner Meinung über die ethnologische Verschmelzung der Kulturen und Stämme in den heutigen persischen, aserbaidschanischen, irakischen, anatolischen Gebieten gebe ich Recht. Dass auch die aserbaidschanische Sprache in die Klasse der Turksprachen gehört akzeptiere ich auch. Nun, die Frage ist aber, warum eine Kultur ihren Ursprung aufgeben sollte. Militärische oder wirtschaftliche Faktoren könnten dabei keine Zwangsfunktion spielen, denn sonst müsste man in unserer heutigen Republik Amerikanisch, Französisch und Russisch sprechen. Was mich aber wundert ist eben der Knotenpunkt, den alle Historiker gehen. Man nimmt am Anfang eine These an, verknüpft diese aber sofort mit einer anderen um eine Art Ergänzung zu erhalten und sich auf der historischen Ebene zu befriedigen und einen schnellen Weg zu gehen; hier: Du hast bereits die Klassifizierung der aserbaidschanischen Sprache durchgeführt --> Die Grundlinie der Turksprachen. Warum verknüpfst du jetzt diese These mit einem völlig verschiedenen Zirkel der Sprache und Kultur (Parther/Perser). Wäre es nicht sinnvoll auf der Grundlinie der Turksprachen einfach zurück zu schreiten?


Vergleiche der Wörter gibt es genügende. (Türkische Runen und Wikinger, Etruskisch und Türkisch, Sumerisch und Türkisch, Indianersprachen und Türkisch). Davor müssen wir aber einen Nenner der zum Vergleich berechtigten Sprachen finden. Wenn vor 2500 Jahren persisch geben sollte, dann müsste die Sprache auch "entstanden" worden und dürfte nicht vom Himmel gefallen sein.


p.s. Ich hoffe das Duzen stört dich nicht.
 
Nun, die Frage ist aber, warum eine Kultur ihren Ursprung aufgeben sollte.

Da gibt es viele Möglichkeiten, sowohl militärische als auch friedliche. In Kleinasien gab es bis zum späten Mittelalter eine griechische Kultur, die von turkstämmigen Eroberern abgelöst wurde. In Südamerika verschwanden die indigenen Hochkukturen der Maya und Inka, weil die Spanier sie zerstörten. Die romanisierte Bevölkerung des Balkans wurde im frühen Mittelater von einer eingewanderten slawischen Bevölkerung überschichtet und vollzog in diesem Zusammenhang einen Sprachwechsel. Da gibt es noch viele andere Beispiele, die meist etwas mit Eroberung zu tun haben.

Du hast bereits die Klassifizierung der aserbaidschanischen Sprache durchgeführt --> Die Grundlinie der Turksprachen. Warum verknüpfst du jetzt diese These mit einem völlig verschiedenen Zirkel der Sprache und Kultur (Parther/Perser). Wäre es nicht sinnvoll auf der Grundlinie der Turksprachen einfach zurück zu schreiten?

Die Geschichte Aserbaidschans ist kein Mysterium und in ihren Grundlinien gut nachzuvollziehen. Ich habe das weiter vorn schon einmal beschrieben. Ab etwa 1000 v. Chr. - vermutlich schon zuvor - ist eine iranische Besiedlung sowohl Persiens als auch der Region des heutigen Aserbaidschans anzunehmen. Dabei handelt es sich um Meder, nach denen diese Großregion in der Antike auch benannt ist. Später gehörte die Region zu den iranischen Reichen der Perser, Parther und Sassaniden.

Wann genau Turkstämme das Land besetzten und die iranische Vorbevölkerung assimilierten, ist ungewiss und umstritten. Da die Expansion der Türken nicht vor dem 8. Jh. n. Chr. einsetzt, wurde Medien vermutlich erst Ende des 1. Jahrtausends n. Chr. turkisiert, vermutlich von denselben Oghusenstämmen, die auch seit dem 11. Jh. nach Kleinasien einwanderten.
Somit sind die Aserbaidschaner wie auch andere Völker das Produkt einer Verschmelzung von autochthoner (hier: iranischer) Bevölkerung mit turkstämmigen Zuwanderern, die ihre Turksprache durchsetzten. Somit hat sich ein Sprachwechsel vollzogen.
 
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Wann genau Turkstämme das Land besetzten und die iranische Vorbevölkerung assimilierten, ist ungewiss und umstritten. Da die Expansion der Türken nicht vor dem 8. Jh. n. Chr. einsetzt, wurde Medien vermutlich erst Ende des 1. Jahrtausends n. Chr. turkisiert, vermutlich von denselben Oghusenstämmen, die auch seit dem 11. Jh. nach Kleinasien einwanderten.
Somit sind die Aserbaidschaner wie auch andere Völker das Produkt einer Verschmelzung von autochthoner (hier: iranischer) Bevölkerung mit turkstämmigen Zuwanderern, die ihre Turksprache durchsetzten. Somit hat sich ein Sprachwechsel vollzogen.

Super und akzeptiert! Also gehst du von der breit vertretenen Altai-Theorie aus und begründest die Theorien auch mit der n.Chr. erfolgten Expansion der Altai-Türken.
1. Was ist aber mit den archäologischen, morphonlogischen Funden die den Weg der Expansion eben umgekehrt darstellen. Seien es steinerne Statuen (siehe: Plano Carpini, Wilhelm von Rubruk, Andreas von Schachner - bei Bedarf kann auf dieses Beispiel eingegangen werden), Sprache, Kulturen und Turkstämme (wie Turuk, Kuman, Subar, Lulu, Gut, Az usw.) die bereits vor mehr als 3000 Jahren die anatolischen Gebiete bewohnten.

2. Sprachentwicklung der VERSCHIEDENEN Kulturen, die uns dabei eine sehr große Hilfe ist (Bsp: etruskisch, die exakt dem türkischen Alphabet abstammt und völlig der Altai-Theorie entgegen wirkt - bei Bedarf kann auch darauf eingegangen werden) usw.

3. Burg und Städte-Entwicklungen

4. Gottheiten wie "mag" oder "ana", die bis in die westliche Kulturen hineinreichen (vgl. Muttergott bei Kelten = Sonnengott/Muttergott bei den Türken usw.)

Nun mit all diesem Wissen und den Funden und Beweisstücken kann man heute immer noch keinen relativen Bezug der Zeiträume der Kulturen zusammenbasteln, was aber offensichtlich auf der Hand liegt. Ich sage nicht, dass die Altai-Theorie oder die Wanderungen aus den heutigen Gebieten von Mongolei, Tengri-Bergen, Chakas und Tuva Regionen, turkmenischen Steppen nicht der Wahrheit entsprechen, nein auf gar keinen Fall. Es gibt nur bei der Betrachtung dieser Theorie mit der Entstehung und Entwicklung der Türken eine starke Diskrepanz, die nicht jedem auffällt und wie oben bereits erörtert durch das Unterbleiben der validen Untersuchungen, zum "schnellen" Weg führt. Und dieser Weg ist leider eben die breit vertretene Ansicht der Turkologie.
 
Asgard, du irritierst mich ein wenig. Auf meine Nachfrage ob es valide Quellen für eine Auseinanderentwicklung der iranischen Sprachen gebe, antwortest du:

Natürlich gibt es da valide Quellen,

Auf meine Nachfrage

Verweigerst du gewissermaßen, wenn auch langatmig und wortreich, die Antwort:
Valide Quellen aus einer historisch neutralen Ebene auszulegen ist keine Sache der Erkenntnis.

Um Missverständnisse sicher auszuschließen noch mal meine Frage in etwas ausformulierterer Fassung:
Gibt es valide Quellen, die ausreichen um Corpora der unterschiedlichen iranischen Sprachen zu erstellen, die uns über die (Nicht-)Interkomprehension der iranischen Sprachen untereinander vor etwa 2500 Jahren Auskunft geben können? :fs:


So etwas habe ich auch nicht erwartet...
Meine Frage wäre eher, ob es Corpora der entsprechenden Sprachen gibt, die man miteinander vergleichen und auf dieser Basis die Interkomprehension untersuchen kann.



Genetisch (hier nicht biologisch gemeint) haben die beiden Sprachen nichts miteinander zu tun. Die Turksprache ist eine nichtindoeuropäische, die iranischen Sprachen bilden einen Zweig der indoeuropäischen Sprachen. Das heutige Aserbaidschanisch kann als Turksprache also keine Entwicklung aus einer iranischen Sprache sein.

Aber es ist im Bereich des möglichen, dass ein Volk (oder besser eine Bevölkerung) aus welchen Gründen auch immer, einen Sprachwechsel vollzieht. So behaupten z.B. Populationsgenetiker, dass nur 10 % der Ungarn von den Magyaren abstammen, die im Frühmittelalter nach Europa drängten, trotzdem sprechen heute 100 % der Ungarn die magyarische Sprache, meist als Erstsprache (kleinere slowakische oder ggf. auch rumänische Minderheiten mögen eine andere Erstsprache haben).
Solche Sprachwechsel hat es in historischer Zeit immer wieder gegeben, meist - aber nicht immer - in Verbindung mit kriegerischen Auseinandersetzungen, man denke an die Römer und die Verbreitung des Lateinischen, die islamische Expansion und die Verbreitung des Arabischen, die Etablierung des Rum-Seldschukischen Sultanats in Kleinasien und die Entwicklung des heutigen Türkei-Türkischen oder die spanische-portugiesische Conquista und die Verbreitung der iberoromanischen Sprachen.

In der heutigen westliche Welt will alles bewiesen werden, durch Schriftzeug oder etwas was materiellen Wert hat. Dabei kann aber niemals eine gesonderte Entwicklung einer Kultur oder Nation dargestellt werden, weil diese Zeugs sehr gut manipulierbar waren und sind.
Letztlich insinuierst du hiermit, dass vor 2.500 Jahren Leute die Methoden der Geschichtswissenschaften und der Historiolinguistik antizipiert haben und dementsprechend ihre Quellen manipuliert haben, um die Historiker des 19. bis 21. Jahrhunderts irrezuleiten?


Beispielsweise, warum wurde der "Kurosch Zylinder" in den 70er Jahren von Rza Pahlavi der Europa mit der angeblichen achämenidischen Geschichte geschenkt, ohne dass die westlichen Historiker diesen fundiert untersucht haben? Die Welt glaubt heute aber immer noch an diese "valide" Geschichte. Wäre es deshalb nicht süffisant und absurd meine valide Quellen zu haben und darüber zu diskutieren? Fangen wir doch eher mit dem Kurosch-Zylinder an, wenn es um die Validität eines Faktes gehen soll...
Meines Wissens stellt der Kuroš-Zylinder nicht die achaimidische Geschichte dar, aber das ist auch egal. Es geht bei der Fragestellung nicht um ereignishistorische Wahrheit, sondern um den sprachlichen Befund: Eben den Corpus mit seinen Lexemen, seiner Morphologie und seiner Phonetik.

Nun, die Frage ist aber, warum eine Kultur ihren Ursprung aufgeben sollte.
So etwas passiert andauernd, ich habe einige Beispiele genannt und könnte noch einige mehr nennen, Beispiele die zeitlich näher oder ferner liegen.


Militärische oder wirtschaftliche Faktoren könnten dabei keine Zwangsfunktion spielen, denn sonst müsste man in unserer heutigen Republik Amerikanisch, Französisch und Russisch sprechen.

Von Zwang war überhaupt nicht die Rede. Und der Vergleich mit der Bundesrepublik (bzw. der DDR) geht fehl, denn es war nie die Absicht der Besatzungsmächte Deutschlands Menschen eine neue nationale Identität zu geben. Nicht einmal Stalin, dem man am ehesten solche verqueren Gedankengänge zutrauen könnte, hat in diese Richtung gedacht.


Was mich aber wundert ist eben der Knotenpunkt, den alle Historiker gehen. Man nimmt am Anfang eine These an, verknüpft diese aber sofort mit einer anderen um eine Art Ergänzung zu erhalten und sich auf der historischen Ebene zu befriedigen und einen schnellen Weg zu gehen; hier: Du hast bereits die Klassifizierung der aserbaidschanischen Sprache durchgeführt --> Die Grundlinie der Turksprachen. Warum verknüpfst du jetzt diese These mit einem völlig verschiedenen Zirkel der Sprache und Kultur (Parther/Perser). Wäre es nicht sinnvoll auf der Grundlinie der Turksprachen einfach zurück zu schreiten?

Was soll das heißen "Knotenpunkt den alle Historiker gehen"?
Was ist so schlimm daran, dass das Gebiet Aserbaidschans mal von den Medern besiedelt wurde und dass die Aserbaidschaner, auch wenn sie heute eine Turksprache sprechen in ihrer Mehrheit vermutlich auf einen ehemals persisch-sprachige Bevölkerung zurückgehen? Was daran ist für dich nicht akzeptabel und warum nicht?
(Ist dir eigentlich aufgefallen, dass der Landesname persisch ist? Oder der Name der Hauptstadt Baki - "Stadt der Winde"?)

1. Was ist aber mit den archäologischen, morphonlogischen Funden die den Weg der Expansion eben umgekehrt darstellen.
Was meinst du genau mit morphologischen Funden?
Turkstämme (wie Turuk, Kuman, Subar, Lulu, Gut, Az usw.) die bereits vor mehr als 3000 Jahren die anatolischen Gebiete bewohnten.
Bitte!?!? :nono:

2. Sprachentwicklung der VERSCHIEDENEN Kulturen, die uns dabei eine sehr große Hilfe ist (Bsp: etruskisch, die exakt dem türkischen Alphabet abstammt und völlig der Altai-Theorie entgegen wirkt - bei Bedarf kann auch darauf eingegangen werden) usw.

Eigentlich geht man von der Schrift-Filiation Aramäisch > Sogdisch > Orchon aus.
Da die etruskische Schrift ziemlich deutlich auf der griechischen Schrift basiert und diese wiederum auf der der Phönizier, dürften die Schriften (die Schriften - nicht die Sprachen!) tatsächliche eine gemeinsame Wurzel haben. Allerdings eher als entfernte Verwandte (Ur-ur...großcousinen), denn als "Kernfamilie".

3. Burg und Städte-Entwicklungen
Ja?

4. Gottheiten wie "mag" oder "ana", die bis in die westliche Kulturen hineinreichen (vgl. Muttergott bei Kelten = Sonnengott/Muttergott bei den Türken usw.)

Was ist mit Inti, Ra etc.?
Sonnengötter gibt es so gut wie in jeder antiken Kultur - was nur allzu naheliegend ist. Für Mutter- und Vatergottheiten gilt nämliches. Da bedarf es keiner Konstruktionen einer Filiation.





Ich sage nicht, dass die Altai-Theorie oder die Wanderungen aus den heutigen Gebieten von Mongolei, Tengri-Bergen, Chakas und Tuva Regionen, turkmenischen Steppen nicht der Wahrheit entsprechen, nein auf gar keinen Fall. Es gibt nur bei der Betrachtung dieser Theorie mit der Entstehung und Entwicklung der Türken eine starke Diskrepanz, die nicht jedem auffällt und wie oben bereits erörtert durch das Unterbleiben der validen Untersuchungen, zum "schnellen" Weg führt. Und dieser Weg ist leider eben die breit vertretene Ansicht der Turkologie.

Ich befürchte die Diskrepanz besteht v.a. zwischen den Ergebnissen der Wissenschaften und der Etablierung nationaler Mythen, die immer gerne auf möglichst langen territorialen Traditionslinien aufbauen.
 
Hallo,

Ich bin bereit jede Meinung zu akzeptieren, wenn sie ihre Quelle in einem logischen Grundsatz hat. Hier sind wir im Bereich Geschichte und Geschichte müsste auch logisch erklärbar sein. Kleine Puzzle-Teile die richtig zusammen gefügt werden müssen.

Valide Quellen...Eben das ist aber das Problem der historischen Mentalität, die ich "langatmig und wortreich" zum Wort bringen wollte. Meine valide Quellen werden von vielen, wie du es exakt beschreibst, als Mythen und "Geschichten", ohne vielleicht einen Gedankenbeitrag mit Berührung der vernünftigen Diskussion, angenommen.

Lange Rede kurzer Sinn...

Wir bewegen uns hier auf der sprachwissenschaftlichen Ebene, richtig?
Gut.
Kann diese Ebene separat ausgelegt und dargestellt werden?
Ohne die Umrandung der archäologischen, ethnologischen Ebenen usw. eher kaum; akzeptabel?
Gut.
Valide Quellen, die sich auf diese Ebenen stützen, werden meistens in so einer Art konterkariert, dass man den Bezug der Sprachwissenschaft zu den materiellen Funden (hier: meistens Funde aus der archäologischen Ebene) nicht mehr erkennt. Aber gehen wir doch mal nun die Thesen durch und betrachten kurz eine andere Version der "Mythologie"; und halten am Anfang fest:


1) Persisch gehört zu den indoeuropäischen Sprachen (bzw. der Sprachfamilie)
2) Aserbaidschanisch gehört zu den Turksprachen, die der Oghuz-Gruppe zugeordnet wird. (In der Hierarchie besitzen die Turksprachen viele Untergruppen, die nach der Sprach, -und Ausdrucksweise der türkischen Stämme unterteilt werden.

Jede Sprache auf dieser Welt hat eine Ähnlichkeit zu einer zweiten Sprache, die sich in einer Gruppe, "Familie" oder Klasse finden lassen.
z.B.:
a) Slawische Sprachen (Russisch, Weißrussisch, Ukrainisch usw.)
b) Germanische Sprachen (Deutsch, Englisch)
c) Indoiranische (in vielen Büchern auch: "indiran") Sprachen (Farci (Persisch), Hindu, Tadschikisch, Kurdisch, Talisch, Ossetisch usw.)
d) Kaukasische Sprachen (Lesgisch, Georgisch, Abchasisch, Swanisch, Megrelisch)
und
e) Türkische Sprachen (Aser (oder modern: Aserbaidschanisch), Chasarisch, Bulgarisch, Tatarisch, Baschkirisch, Uzbekisch, Jakutisch, Tschuwaschisch, Türkisch (hier: Osmanisch), Kasachisch, Turkmenisch usw.

Das sind nun die Klassen, die uns interessieren könnten. An vielen Sequenzen der Geschichte, wurden innerhalb dieser Klassen gegenseitig vollständige Sprachen aufgenommen und assimiliert. Jedoch zwischen den Klassen vollständige Sprachen aufzunehmen oder eine andere vollständige Klasse zu "liquidieren" kann sprachwissenschaftlich nicht geschehen. Denn die Verbundenheit der Sprachen in jeder Klasse ist viel stärker als ein Austritt einer oder mehrerer aus dieser Klasse.

Nun wie ich in diesem Beitrag bereits am Anfang erörtert haben, lässt sich eine Ebene, andere Ebenen außerhalb des historischen Rahmen zu lassen, nicht richtig darstellen. Betrachten wir nun den Bezug der oben genannten Klassen (hier exakt: die Indoiranische Sprachen) und deren Entstehungen aus der ethnologischen Sicht. (Für viele wird wahrscheinlich ab diesem Punkt eine Art "Story" anfangen");

Die Urväter der Perser (Fars) kamen vor 4000-5000 Jahren aus dem Norden des Schwarzen Meeres über die nördliche Seite des Kaspischen Meeres und ließen sich vor ungefähr 3300 Jahren in dem heutigen Afghanistan, dem Gebiet "Areya (Areeya, Arija) " nieder. Diese Siedler trennten sich vor 3000 Jahren wieder in zwei Richtungen. Der eine Zweig ging weiter über Pakistan bis nach Süden und vermischte sich möglicherweise mit den Einheimischen in dem heutigen Indien und nannte sich "Hind" (deutsch: Indo) und ihre Sprache Hindu. Der andere Zweig ging nach Westen und kam vor 2700 Jahren am persischen Golf, im Gebiet Namens "Bars" an und nannte sich, abgeleitet von dem Namen des Gebiets am heutigen persischen Golf, Parser oder Perser. Da die Einheimischen mit dem arabischen Alphabet aber keinen Konsonant "P" besaßen/besitzen, nannten sie diese Ankömmlinge Farsen oder Fars. Und diese Namensgebung ist bis heute geblieben.

Das wäre die kurze ethnologische Sicht der heutigen Perser (nach EINER Ansicht, die ich vertrete). Bis dahin gab es jedoch in den anatolischen Gebieten Türkische Stämme und südanatolischen Gebieten Protodravid Stämme, Protosami Stämme, deren Entstehung und Entwicklung auch getrennt betrachtet werden müssten.


Bezüglich der Midia oder Medien hege ich das Recht "fast richtig" zu sagen, mit einem kleinen Unterschied; Der letzte König von Medien Astjag (Astyages) lässt seine Tochter mit dem persichen (fars) Herrscher heiraten. Ihr Enkel Kurusch (Kyrusch, Kir) wird Erwachsen und kämpft gegen seinen Großvater und reißt an sich die Herrschaft über Pars(i)en und Medien. Da er der Familiengeneration Hachaman (Achämenid) gehörte, nannte er das zusammenvereinte Reich, das Reich der Hachamanisch (Achämenidenreich). Dieser erste Kontakt vor 2600 Jahren der Perser mit den Aserbaidschanern (hier: Medien) war somit der Anfangspunkt der heutigen aserbaidschanisch-persischen Geschichte


Quellen:

- Gerhard Dörfer, Türkische und mongolische Elemente im Neupersischen, Bd. I: Mongolische Elemente im Neupersischen, 1963, 51–105, Wiesbaden, Franz Steiner Verlag.

- 1963–1975 "Türkische und mongolische Elemente im Neupersischen", Bd. I-IV, Wiesbaden, Franz Steiner Verlag, 1963–1975.

- Eigene linguistische und historische Untersuchungen
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Hinzufügend bringe ich paar fonetische und sprachwissenschaftliche Beispiele rein, um den Tausch der Wörter zwischen der aserbaidschanischen und persischen Sprachen zu erläutern:

1. Wörter, die aus der persischen kommen und in der aserbaidschanischen Sprache bis heute ihren Platz haben:

Achscham - Nacht
Nachosch - Muster
Schah - König, Herrscher
Avaz - Stimme, Echo
Häschtat - Achtzig (80)
usw.

2. Wörter, die aus der aserbaidschanischen (türkischen Klasse) kommen und in der persischen Sprache bis heute ihren Platz haben:

Oke/Ögey - Fremd
Geschlag/Gischlaq - Winterquartier
Dogme/Düyme - Knopf
Qeytschi/Qaytschi - Schere
Alatschik/Alatschiq - Hütte
Donlok/Donluq - Gehalt, Lohn
und viele mehr.

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Grüße
 
Super und akzeptiert! Also gehst du von der breit vertretenen Altai-Theorie aus und begründest die Theorien auch mit der n.Chr. erfolgten Expansion der Altai-Türken.

Mit "Altaitürken" hat mein Beitrag nichts zu tun. Es geht darum, dass Turkstämme - vor allem Oghusen - erst ab dem 9./10. Jh. in Vorderasien einwanderten und dort ihre Herrschaften gründeten. Hier seien besonders die Seldschuken genannt, die ganz Vorderasien im 11. Jh. eroberten (Großseldschukisches Reich) und nach der Schlacht bei Manzikert 1071 Kleinasien überfluteten.

Folglich ist die Annahme begründet, dass das Gebiet des späteren Aserbaidschan irgendwann im 11. Jh. von Turkstämmen besetzt und allmählich turkisiert wurde. Da sowohl Türkei-Türken als auch Aserbaidschaner west-oghusisch sprechen, dürften es die gleichen Oghusenstämme sein, die sich in Kleinasien und Aserbaidschan niederließen.

1. Was ist aber mit den archäologischen, morphonlogischen Funden die den Weg der Expansion eben umgekehrt darstellen. Seien es steinerne Statuen (siehe: Plano Carpini, Wilhelm von Rubruk, Andreas von Schachner - bei Bedarf kann auf dieses Beispiel eingegangen werden), Sprache, Kulturen und Turkstämme (wie Turuk, Kuman, Subar, Lulu, Gut, Az usw.) die bereits vor mehr als 3000 Jahren die anatolischen Gebiete bewohnten.

Das ist eine völlig absurde Behauptung. Vor 3000 Jahren gab es noch keine Türken und schon gar keine in Kleinasien.

Schriftquellen, die über Türken berichten, tauchen erstmals im 6. Jh. n. Chr. im Zusammenhang mit den Gök-Türken auf, den ersten Türken, die ein Reich in Zentralasien begründeten. Die Entstehung der Turkvölker mag vielleicht Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. erfolgt sein - allerdings in Zentralasien und nicht in Kleinasien.

Im Kleinasien lebten vor 3000 Jahren die indoeuropäischen Hethiter, Luwier, Lyker, Lydier und andere. Von türkischen Bewohnern weiß die Geschichtsschreibung nichts.
 
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