thanepower
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Teil 1:
Vorbemerkung: Die Erwartung einer „Weltrevolution“ hatten sich für Lenin bis 1923 nicht erfüllt und somit mußte er aus diesem Scheitern heraus eine neue historische Mission für die KP formulieren, die sich in der Zielvorgabe des „Sozialismus in einem Lande“
Ohne jedoch die Idee aufzugeben, dass man via Comintern eine Destabilisierung der „kapitalistischen Welt“ intendierte. Und gleichzeitig, vor allem während der dreißiger Jahre, durch das Außenministerium – vor allem durch Litwinow - der Versuch unternommen wurde, sich als Partner für ein kollektives Sicherheitssystem in Europa anzubieten.
Die bolschewistische Oktober-Revolution von 1917 war entsprechend den Vorstellungen von Marx weder prognostizierbar, noch hätte sie stattfinden dürfen. Es fehlte u.a. das historische revolutionäre Subjekt einer ausgeformten Arbeiterklasse, da die Industrialisierung nicht das von Marx als notwendig angenommene Niveau in Russland erreicht hatte.
Vielmehr fand die Revolution als Coup d´etat in den großen Städten statt, organisiert durch die gekaderten Bolschewiken und gestützt auf Teile des russisch-nationalistisch gesinnten Militärs und einer ähnlich mental gestimmten zaristischen Bürokratie , und als parallele Massenbewegung, als Revolte der Bauern, auf dem Land. Theoretisch gab es für beide Ereignisse aus der Sicht der ökonomisierten Theorie der „Diktatur des Proletariats“, also der demokratisch definierten Herrschaft der Vielen [Arbeiter] über die Wenigen [Kapitalisten] wie oben beschrieben, keine „marxistische Blaupause“ für Russland.
Die revolutionäre Entwicklung auf dem Lande, die sich primär um Landreformen drehte, war für die Bolschewiken bis weit in die zwanziger Jahre ein Phänomen, das sie nicht theoretisch in einen Bezug zur Rolle des Proletariats bringen konnten, wie z.B. spätere Arbeiten von Moore oder Skocpol (als Übersicht über die vorhandenen Arbeiten) das versucht haben.
Aus dieser Situation resultierte u.a. das realpolitische Problem einer Entfremdung von Stadt und Land und bewirkte gravierende Legitimationsprobleme der KP auf dem Land undist eine der Gründe für die „Wagenburgmentalität“ der KP während der stalinistischen Periode. Und wurde verstärkt durch die weitgehende theoretische Exklusion der Bauern aus dem ideologischen Weltbild der KP seit den zwanziger Jahren (vgl. z.B. Bukharin, S. 178ff)
Allerdings, das Verständnis der revolutionären Ereignisse in Russland durch die Bolschewiken durchlief eine Reihe von Phase der theoretischen Anpassung. So weist beispielsweise Cohen (1980, S. 87 ff) darauf hin, dass das wichtige theoretische Werk zur Umgestaltung von Russland von Bukharin, „The Politics and Economics of the Transition Period“, zu einer sozialistischen Gesellschaft geprägt war von den teils visionären – und auch unrealistischen - Vorstellungen des „Kriegskommunismus“. In diesem Buch formuliert er die Forderung nach einem radikalen Umbau sämtlicher ökonomischer Strukturen und Netzwerke, auch um den Preis eines deutlichen Rückgangs der Produktivität.
Die Kombination aus der materiellen Ermattung durch den Krieg und der radikalen Umgestaltung in Richtung auf eine sozialistische Gesellschaft überforderte das Land, das zusätzlich unter den Wirkungen des Bürgerkriegs litt. Mit der Gefahr des Kollaps der staatlichen Strukturen am Ende des Bürgerkriegs konfrontiert, sollte durch Einführung des „New Economic Programs“ durch Lenin die überforderte staatliche Planung zur Regelung von Märkten kompensiert werden. Und läutete in Teilen der Partei ein Umdenken ein, das sich von radikalen Vorstellungen aus der Phase des Kriegskommunismus distanzierte und die sowjetische Wirtschaft aus einem staatlich kontrollierten Bereich und einem privatwirtschaftlichen Bereich zusammensetzte. Eine Entscheidung, die für die nächsten 10 Jahre deutliche innerparteiliche Fraktionierungen nach sich ziehen sollte und wechselnden Koalitionen.
Besonders deutlich wird es an der Position von Bukharin, der zunächst ein vehementer Verfechter einer dogmatischen Umsetzung marxistischer Vorstellungen im Rahmen des Kriegskommunismus war und sich nach der Einführung von NEP, nach dem Tod von Lenin (1924), zum vehementesten Verfechter dieses Weges entwickelte, wie Cohen es u.a. in „Bukharin, NEP, and the Idea of an Alternative to Stalinism“ (1980, S-. 160-212¸1986, S. 71ff) ausführt. Dabei verteidigte er das Konzept, zusammen mit dem „Triumvirat“ (Zinoviev, Kamenev und Stalin) nach 1924 gegen die „Linke“ um Trotzki, wobei sich Bukharin eine starke Eigenständigkeit bewarte und eher eine Rolle als Vermittler einnahm (Cohen, 1980,S. 123-157).
Im Kern stand die Frage, wie die sowjetische Wirtschaft eine forcierte Modernisierung durchlaufen sollte im Rahmen einer „Hyper-Industrialisierung“ und wie die notwendigen Mittel beschafft werden, für die Finanzierung.
Die „Linke“ um Preobrazhenskii und Piatakov „was to accuse the leadership of lacking a long-term industrial policy and to demand an energetic and planned development of industry more or less independent of the current rural market.“ (Cohen, 1980, S. 156)
Demgegenüber vertrat Bukharin seit 1922 die These, dass jedes Land, basierend auf seinen spezifischen historischen Voraussetzungen: „different types of socialist societies were tob e expected because socialism is built on the material which exist,“ (zitiert in Cohen, 1980, S. 159) Vor diesem Hintergrund propagierte er die Idee von einer „zwei Klassen Gesellschaft“, die sich evolutionär während der „Übergangsperiode“ entwickelte. In dieser zwei Klassen Gesellschaft gestand er dem privaten Sektor eine eigenständige Position zu, wobei der Staat die zentralen Schlüssel- bzw. Großindustrien verwaltete. In diesem Kontext war ihm die private Initiative ebenfalls wichtig, indem er 1925 Preobrazhenskii an die Bauern die berühmte Losung“: „Enrich yourself“ ausgab (Davies, 2008, S. 183)
Die Mittelbeschaffung für die Hyper-Industrialisierung sollte, entsprechend den theoretischen Annahmen von Preobrazhenskii, durch den Agrarsektor finanziert werden. Dem Staat wurde das Ankaufsmonopol für Getreide übertragen in Kombination mit dem Monopol der Preisfestsetzung. Allerdings, so Gregory zutreffend: „He [Preobrazhenskii] failed to answer the most important questtion: If peasants are offered low prices, what will motivate them to deliver their products to the state?“ (Gregory, 2004,S. 30 ff)
Die politische Seite der Moral faßt Gregor wie folgt zusammen: „The NEP implicit contract was , in effect: „As long as you do not oppose us, you can be one of us.“ (Gregory, 2004, S. 53) Und diese Prämisse kam nach 1926 zunehmend unter Druck.
Die Idee, Getreide zu einem geringen Preis zu kaufen und auf dem Binnenmarkt teuer zu verkaufen bzw. durch Export den Ankauf von Industrieanlagen zu finanzieren ist der Kerngedanke der „einfachen sozialistischen Akkumulation“. Dabei wird der Agrarsektor als „interne Kolonie“ behandelt, der die Transferleistung erzeugt, die für die Hyper-Industrialisierung notwendig ist.
Von 1926/27 bis 1928/29 reduzierte sich die die staatliche Menge an angekauften Getreide und bewirkte, dass dass Russland das erste Mal in der Geschichte, Getreide importieren mußte (Gregory, 2004, S. 32). In diesem Kontext referierte Stalin 1928 ein Schaubild, dass die Erzeugung das Vorkriegsniveau erreicht hatte, aber dem staatlichen Monopol nur ca. die Hälfte angeboten worden ist. Stalin zog daraus die Schlussfolgerung, dass solange die Bauern als freie Marktteilnehmer agieren können, sie eine nicht kalkulierbare Gefahr für die staatliche Hyper-Iindustrialisierungsstrategie darstellen würden
Getreidebeschaffungskrise 1928
https://en.wikipedia.org/wiki/Soviet_grain_procurement_crisis_of_1928
Einfache sozialistische Akkumulation formuliert Mitte der 20er durch Preobrazhenskii
https://en.wikipedia.org/wiki/Primitive_socialist_accumulation
Aus dieser Situation wurde zum einen der Schluss gezogen, dass ein Versagen der Interaktion zwischen privatem und staatlichem Sektor, die Lösung auf der Durchsetzung mit Gewalt basierte. Und es eine grundsätzliche Lösung zu geben hätte, um die Hyper-Industrialisierung so schnell wie möglich durchzusetzen. (Gregory 2004, S. 31-40).
In diesem Sinne: „Collectivization was an institutional mechanism to control grain collection.“ (Gregoy, 2004, S. 39)
Vorbemerkung: Die Erwartung einer „Weltrevolution“ hatten sich für Lenin bis 1923 nicht erfüllt und somit mußte er aus diesem Scheitern heraus eine neue historische Mission für die KP formulieren, die sich in der Zielvorgabe des „Sozialismus in einem Lande“
Ohne jedoch die Idee aufzugeben, dass man via Comintern eine Destabilisierung der „kapitalistischen Welt“ intendierte. Und gleichzeitig, vor allem während der dreißiger Jahre, durch das Außenministerium – vor allem durch Litwinow - der Versuch unternommen wurde, sich als Partner für ein kollektives Sicherheitssystem in Europa anzubieten.
Die bolschewistische Oktober-Revolution von 1917 war entsprechend den Vorstellungen von Marx weder prognostizierbar, noch hätte sie stattfinden dürfen. Es fehlte u.a. das historische revolutionäre Subjekt einer ausgeformten Arbeiterklasse, da die Industrialisierung nicht das von Marx als notwendig angenommene Niveau in Russland erreicht hatte.
Vielmehr fand die Revolution als Coup d´etat in den großen Städten statt, organisiert durch die gekaderten Bolschewiken und gestützt auf Teile des russisch-nationalistisch gesinnten Militärs und einer ähnlich mental gestimmten zaristischen Bürokratie , und als parallele Massenbewegung, als Revolte der Bauern, auf dem Land. Theoretisch gab es für beide Ereignisse aus der Sicht der ökonomisierten Theorie der „Diktatur des Proletariats“, also der demokratisch definierten Herrschaft der Vielen [Arbeiter] über die Wenigen [Kapitalisten] wie oben beschrieben, keine „marxistische Blaupause“ für Russland.
Die revolutionäre Entwicklung auf dem Lande, die sich primär um Landreformen drehte, war für die Bolschewiken bis weit in die zwanziger Jahre ein Phänomen, das sie nicht theoretisch in einen Bezug zur Rolle des Proletariats bringen konnten, wie z.B. spätere Arbeiten von Moore oder Skocpol (als Übersicht über die vorhandenen Arbeiten) das versucht haben.
Aus dieser Situation resultierte u.a. das realpolitische Problem einer Entfremdung von Stadt und Land und bewirkte gravierende Legitimationsprobleme der KP auf dem Land undist eine der Gründe für die „Wagenburgmentalität“ der KP während der stalinistischen Periode. Und wurde verstärkt durch die weitgehende theoretische Exklusion der Bauern aus dem ideologischen Weltbild der KP seit den zwanziger Jahren (vgl. z.B. Bukharin, S. 178ff)
Allerdings, das Verständnis der revolutionären Ereignisse in Russland durch die Bolschewiken durchlief eine Reihe von Phase der theoretischen Anpassung. So weist beispielsweise Cohen (1980, S. 87 ff) darauf hin, dass das wichtige theoretische Werk zur Umgestaltung von Russland von Bukharin, „The Politics and Economics of the Transition Period“, zu einer sozialistischen Gesellschaft geprägt war von den teils visionären – und auch unrealistischen - Vorstellungen des „Kriegskommunismus“. In diesem Buch formuliert er die Forderung nach einem radikalen Umbau sämtlicher ökonomischer Strukturen und Netzwerke, auch um den Preis eines deutlichen Rückgangs der Produktivität.
Die Kombination aus der materiellen Ermattung durch den Krieg und der radikalen Umgestaltung in Richtung auf eine sozialistische Gesellschaft überforderte das Land, das zusätzlich unter den Wirkungen des Bürgerkriegs litt. Mit der Gefahr des Kollaps der staatlichen Strukturen am Ende des Bürgerkriegs konfrontiert, sollte durch Einführung des „New Economic Programs“ durch Lenin die überforderte staatliche Planung zur Regelung von Märkten kompensiert werden. Und läutete in Teilen der Partei ein Umdenken ein, das sich von radikalen Vorstellungen aus der Phase des Kriegskommunismus distanzierte und die sowjetische Wirtschaft aus einem staatlich kontrollierten Bereich und einem privatwirtschaftlichen Bereich zusammensetzte. Eine Entscheidung, die für die nächsten 10 Jahre deutliche innerparteiliche Fraktionierungen nach sich ziehen sollte und wechselnden Koalitionen.
Besonders deutlich wird es an der Position von Bukharin, der zunächst ein vehementer Verfechter einer dogmatischen Umsetzung marxistischer Vorstellungen im Rahmen des Kriegskommunismus war und sich nach der Einführung von NEP, nach dem Tod von Lenin (1924), zum vehementesten Verfechter dieses Weges entwickelte, wie Cohen es u.a. in „Bukharin, NEP, and the Idea of an Alternative to Stalinism“ (1980, S-. 160-212¸1986, S. 71ff) ausführt. Dabei verteidigte er das Konzept, zusammen mit dem „Triumvirat“ (Zinoviev, Kamenev und Stalin) nach 1924 gegen die „Linke“ um Trotzki, wobei sich Bukharin eine starke Eigenständigkeit bewarte und eher eine Rolle als Vermittler einnahm (Cohen, 1980,S. 123-157).
Im Kern stand die Frage, wie die sowjetische Wirtschaft eine forcierte Modernisierung durchlaufen sollte im Rahmen einer „Hyper-Industrialisierung“ und wie die notwendigen Mittel beschafft werden, für die Finanzierung.
Die „Linke“ um Preobrazhenskii und Piatakov „was to accuse the leadership of lacking a long-term industrial policy and to demand an energetic and planned development of industry more or less independent of the current rural market.“ (Cohen, 1980, S. 156)
Demgegenüber vertrat Bukharin seit 1922 die These, dass jedes Land, basierend auf seinen spezifischen historischen Voraussetzungen: „different types of socialist societies were tob e expected because socialism is built on the material which exist,“ (zitiert in Cohen, 1980, S. 159) Vor diesem Hintergrund propagierte er die Idee von einer „zwei Klassen Gesellschaft“, die sich evolutionär während der „Übergangsperiode“ entwickelte. In dieser zwei Klassen Gesellschaft gestand er dem privaten Sektor eine eigenständige Position zu, wobei der Staat die zentralen Schlüssel- bzw. Großindustrien verwaltete. In diesem Kontext war ihm die private Initiative ebenfalls wichtig, indem er 1925 Preobrazhenskii an die Bauern die berühmte Losung“: „Enrich yourself“ ausgab (Davies, 2008, S. 183)
Die Mittelbeschaffung für die Hyper-Industrialisierung sollte, entsprechend den theoretischen Annahmen von Preobrazhenskii, durch den Agrarsektor finanziert werden. Dem Staat wurde das Ankaufsmonopol für Getreide übertragen in Kombination mit dem Monopol der Preisfestsetzung. Allerdings, so Gregory zutreffend: „He [Preobrazhenskii] failed to answer the most important questtion: If peasants are offered low prices, what will motivate them to deliver their products to the state?“ (Gregory, 2004,S. 30 ff)
Die politische Seite der Moral faßt Gregor wie folgt zusammen: „The NEP implicit contract was , in effect: „As long as you do not oppose us, you can be one of us.“ (Gregory, 2004, S. 53) Und diese Prämisse kam nach 1926 zunehmend unter Druck.
Die Idee, Getreide zu einem geringen Preis zu kaufen und auf dem Binnenmarkt teuer zu verkaufen bzw. durch Export den Ankauf von Industrieanlagen zu finanzieren ist der Kerngedanke der „einfachen sozialistischen Akkumulation“. Dabei wird der Agrarsektor als „interne Kolonie“ behandelt, der die Transferleistung erzeugt, die für die Hyper-Industrialisierung notwendig ist.
Von 1926/27 bis 1928/29 reduzierte sich die die staatliche Menge an angekauften Getreide und bewirkte, dass dass Russland das erste Mal in der Geschichte, Getreide importieren mußte (Gregory, 2004, S. 32). In diesem Kontext referierte Stalin 1928 ein Schaubild, dass die Erzeugung das Vorkriegsniveau erreicht hatte, aber dem staatlichen Monopol nur ca. die Hälfte angeboten worden ist. Stalin zog daraus die Schlussfolgerung, dass solange die Bauern als freie Marktteilnehmer agieren können, sie eine nicht kalkulierbare Gefahr für die staatliche Hyper-Iindustrialisierungsstrategie darstellen würden
Getreidebeschaffungskrise 1928
https://en.wikipedia.org/wiki/Soviet_grain_procurement_crisis_of_1928
Einfache sozialistische Akkumulation formuliert Mitte der 20er durch Preobrazhenskii
https://en.wikipedia.org/wiki/Primitive_socialist_accumulation
Aus dieser Situation wurde zum einen der Schluss gezogen, dass ein Versagen der Interaktion zwischen privatem und staatlichem Sektor, die Lösung auf der Durchsetzung mit Gewalt basierte. Und es eine grundsätzliche Lösung zu geben hätte, um die Hyper-Industrialisierung so schnell wie möglich durchzusetzen. (Gregory 2004, S. 31-40).
In diesem Sinne: „Collectivization was an institutional mechanism to control grain collection.“ (Gregoy, 2004, S. 39)
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