Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Verkürzt zitiert aber ich denke es ist in ElQs Sinne:

Aber bevor Ortisi seine Ausgrabungsergebnisse nicht veröffentlicht hat ... kann man keine seriösen Schlussfolgerungen ziehen.

Absolute Zustimmung.

Wie kommt das eigentlich dass es bezüglich der Fundregion Kalkriese in den letzten 5 Wochen gefühlt genauso viel neue Informationen gibt wie in den letzten 5 Jahren? Gibt es dort einen neuen Forschungsansatz? Oder hat das schon was mit der Förderung der Volkswagen Stiftung zu tun?
 
... Dann aber müsste das erste Lager sehr schnell gefunden werden, denn das müsste auch heute noch weit besser nachweisbar sein, als das Halbfertige. Ich erlaube mir deshalb einige Zweifel.

Moin

Nur blöd, dass sich das Auffinden archäologischer Objekte nicht nach unseren Erwartungen richtet! ;)
Selbst ein halbfertiges Lager kann. je nach Erhaltungsbedingungen, leichter gefunden werden, als ein fertiges Lager!
 
Wie kommt das eigentlich dass es bezüglich der Fundregion Kalkriese in den letzten 5 Wochen gefühlt genauso viel neue Informationen gibt wie in den letzten 5 Jahren? Gibt es dort einen neuen Forschungsansatz? Oder hat das schon was mit der Förderung der Volkswagen Stiftung zu tun?
Das Gefühl dürfte zur Hälfte subjektiv sein und basiert zur anderen Hälfte auf dem diesjährigen Sensationsfund.
 
Die Römer kämpften höchst ungern, ohne sich auf ein Lager stützen zu können. Teilweise schanzte ein Teil der Kohorten während andere schon kämpften.

Von Tacitus wissen wir, dass auch in der clades variana Lager involviert waren. Von Dio wissen wir, dass ein Problem war, dass zeitweise nicht geschanzt wurde, zumindest, wenn wir ihn wörtlich nehmen.

Wenn wir berücksichtigen, dass die Schlacht an den pontes longi oft so eingestuft wird, dass Tacitus dort eigentlich die clades variana schildert, nur dass er Caecina so handeln lässt, dass er entkommen kann, ist wieder ein Lager im Spiel.

Also egal ob Varus, Tiberius oder Caecina, ist ein Lager bei Kalkriese zu erwarten. Die Funde sind so weit gestrsut, dass es schon -unter Gefechtsbedingungen sicher- einen Tagesmarsch umfassen kann.

Hoffen wir, dass die Funde genauere Aussagen erlauben.

Auch an die Vermutung Delbrücks zu einem Abnutzungskampf um von einem ungünstig gelegenen Lager wegzukommen sei erinnert, wenn schon ein Lager ins Spiel kommt.

Edit: Es sei noch mal daran erinnert, dass die Ablehnung die Pontes longi soweit östlich zu verorten lediglich an der grammatischen Beurteilung der fraglichen Stelle hängt. Im Gegensatz zu El Quijote bejahe ich die Möglichkeit jenes Ereignisses so weit östlich. Allerdings ist da noch, wie schon gesagt, die Frage, was Tacitus unter der Überschrift schildert.
 
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Edit: Es sei noch mal daran erinnert, dass die Ablehnung die Pontes longi soweit östlich zu verorten lediglich an der grammatischen Beurteilung der fraglichen Stelle hängt. Im Gegensatz zu El Quijote bejahe ich die Möglichkeit jenes Ereignisses so weit östlich. Allerdings ist da noch, wie schon gesagt, die Frage, was Tacitus unter der Überschrift schildert.

Nein, nicht grammatisch, gesamttextlich. Da steht wortwörtlich: Germanicus führte das Heer zur Ems. Die Legionen trug er mit der Flotte zurück. Pedo bekam den Befehl mit der Reiterei die Küste entlang nach Hause zu reiten. Caecina befahl er mit seinen Soldaten die pontes longi so schnell als möglich hinter sich zu lassen.
Also erst das Heer an die Ems, dann der weitere Nachhauseweg der drei Einzelteile.
 
Die Römer kämpften höchst ungern, ohne sich auf ein Lager stützen zu können. Teilweise schanzte ein Teil der Kohorten während andere schon kämpften. ...

Beziehungsweise, während sie Knochengruben aushoben um die Gefallenen der Varusschlacht zu bestatten ;)
Das bleibt interessant. Geschichte macht Spaß :yes:
 
@MODERATORES:

Könnte man vielleicht die Beiträge zum Wall in Kalkriese in einen der entsprechenden Threads verschieben?

http://www.geschichtsforum.de/f28/der-grassodenwall-von-kalkriese-1451/index6.html oder den hier http://www.geschichtsforum.de/f28/anlage-des-walls-kalkriese-30032/

Sonst wird das hier noch unübersichtlicher.

Ich versuche zunächst einmal, die aktuelle "Stärken-Diskussion" herauszulösen.

Danach kann man an die Walldiskussion gehen.

Edit 1: Varus-Truppen nun hier:
http://www.geschichtsforum.de/f28/varus-kontingente-st-rke-und-zusammensetzung-52619/

Edit 2: Walldiskussion nun hier:
http://www.geschichtsforum.de/f28/der-grassodenwall-von-kalkriese-1451/

Edit 3: beide Wall-Themen zusammengefügt. Hoffe, dass jetzt nichts verrutscht oder verloren gegangen ist. Falls Sortierung nicht passt, bitte Hinweis.
 
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Was wurde dieses Jahr den Sensationelles Gefunden?
Acht Goldmünzen.

Mein letzter Wissenstand lässt ja sehr darauf Schliessen, dass Kalkriese die Schlacht am Angrivarierwall sein könnte
Nein. Der Angrivarierwall lag an einem Fluss und markierte die Grenze zwischen Cheruskern und Anrgrivariern. In Kalkriese gibt es keinen Fluss und man ist fern von den nämlichen Stammesgebieten. Außerdem ist der Wall ür eine Grenze mit nur 400 m Länge etwas kurz.
 
Der Wall markierte die Grenze von Angrivariern und Cheruskern. Dazu ist eigentlich nur an oder in der Nähe der Weser Raum. Zudem fand die Schlacht wahrscheinlich östlich der Weser statt.

Ob und welcher Stamm bei Kalkriese lebte ist nicht überliefert. El Quijote vermutet schon mal gerne Brukterer. Andere Chasuarier oder Angrivariern. Die Cherusker sind aber ganz sicher nicht dort zu verorten.
 
Ob und welcher Stamm bei Kalkriese lebte ist nicht überliefert. El Quijote vermutet schon mal gerne Brukterer.

Immerhin ist eine Schiffsschlacht auf der Ems mit den Brukterern überliefert. Aber die (C)Hasuarier (die Leute von der Hase), womöglich als Teilstamm, sehe ich auch in der Region. Die Hase ist der Kalkriese nächstgelegene Fluss (ca. 10 km entfernt). Eventueller Schönheitsfehler: Wenn Osnabrück und Osning etymologisch mit der Hase zusammenhängen und ggf. die ältere Form spiegeln, dann wird es schwierig die Chasuarier mit der Hase in Verbindung zu bringen.
 
Unterm Strich kann man aber sagen, dass man nicht weiß, ob dies wirklich die Varusschlacht ist. Ich kann es mir persönlich nicht vorstellen, weil die Schwertscheide mit der Legio I als Bezeichnung ist schon ein kräftiges Gegenargument
 
Unterm Strich kann man aber sagen, dass man nicht weiß, ob dies wirklich die Varusschlacht ist. Ich kann es mir persönlich nicht vorstellen, weil die Schwertscheide mit der Legio I als Bezeichnung ist schon ein kräftiges Gegenargument

Wenn man wissen würde (also 100 % Gewißheit hätte), dann hätten wir diesen Thread von mittlerweile ziemlichen vielen Posts nicht.

Es gibt einiges an Argumenten pro/contra Identifizierung von Kalkriese mit Varus.

Diese Schwertscheide ist im übrigen keine Schwertscheide, sondern ein Mundblech. Auf diesem Mundblech glaubt man u. a. die Buchstaben LPA zu erkennen. Diese kann man als Legio Prima Augusta auflösen.

Ein Einwand hier wäre: warum sollte ein Legionär auf seinem Schwert, den Namen seiner Legion schreiben, wo er noch zigtausend Kameraden hatte, die alle auch ein Gladius mit sich führten? Daher wäre es eher sinnvoll gewesen, etwas persönlich identifizierbares auf der Waffe zu hinterlassen. Vielleicht sind es die Initialen eines gewissen Lucius Publius Ausonius....
 
Einfacher ist die Beobachtung, dass ihre Ausrüstung Eigentum der Legionäre waren. Das Mundblech kann also z.B einem Angehörigen der LPA gehört haben, der es seinem Sohn, Neffen oder dem Nachbarsjungen mitgegeben haben kann, als der zum Militär ging. Oder es wurde einfach verkauft. Oder er ließ sich am Rhein nieder und verkaufte seine Waffen erst nach der Anreise.

Dann waren von jeder Legion Soldaten zum Statthalter abgeordnet. Wo sich Varus befand, befanden sich also wahrscheinlich auch Angehörige der 1. Legion.

Es gibt noch mehr Möglichkeiten, wichtiger ist aber, dass der Legion wohl schon 19v.Chr. der Ehrennamen entzogen wurde. 28 Jahre später ist diese Kürzung also sowieso erklärungsbedürftig.

Ach ja, zusammen mit Germanicus besuchte die Legion das Schlachtfeld. In dem Zusammenhang wäre der Verlust eines Mundblech zwar seltsam, aber nicht unmöglich.

Wir können also nichts aus der Einritzung schließen, was der Varusschlacht an jener Stelle entgegen steht.
 
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Damit klar ist, worüber wir reden:

16079d1462134631-kalkriese-als-ort-der-varusschlacht-zweifelhaft-ritzinschrift2.jpg

Die Ritzungen sind auf dieser Darstellung bereits hervorgehoben. Wenn man in Kalkriese vor diesem Ausstellungsstück steht, sieht man nur Durcheinander.

ritzinschrift1.jpg

Das LPA ist eine Interpretation, man könnte genauso gut das A als Teil einer XXX lesen, ich lese auch mit dem X hinter dem A, dann leicht nach unten verschoben ein XIIX (18. :rechts: Varusschlacht*).
Das P wäre sehr herausgehoben.
Oder ich lese LPAX.

Wir sehen, schon die Lesung ist an eine Bedingung geknüpft.
Also: Wenn dort LPA steht, kann man LPA womöglich als Legio Prima Augusta deuten.
Dem folgen weitere Bedingungen... Die Legio Prima die mit Caecina an den Pontes Longi unterwegs war, trug den Beinamen Augusta nicht (niemand versucht ernsthaft, Kalkriese mit dem Angrivarierwall gleichzusetzen, eher mit den pontes longi, die aber südlich oder westlich der Ems gelegen haben müssen). Von anderen Ausrüstungsgegenständen wissen wir, dass sie einheitenübergreifend ihre Besitzer gewechselt hatten. Teilweise wurden Gegenstände gefunden, an denen wir auch das Erbe von Vater auf Sohn nachvollziehen können, die dann in verschiedenen Einheiten dienten. Wir müssten also - unter der Bedingung dass a) die Lesung LPA stimmt und b) die Auflösung als Legio Prima korrekt ist, c) sicher sein, dass der Besitzer zum Zeitpunkt des Verlustes auch die Inschrift angebracht hatte.

Wiegels, der die Inschrift publiziert und als Legio Prima Augusta gedeutet hat, weist in seiner Publikation darauf hin, dass diese zum Zeitpunkt der Varusschlacht seit 30 Jahren nicht mehr existierte. Das wird leider immer wieder übersehen. Ist halt ein Faktum was stört, wenn man das Schwertscheidenmundblech als Beweis gegen die Varusschlacht anführen möchte.




*Die XIIX könnte ich tatsächlich rechtfertigen, aber sehe jetzt keinen tatsächlichen Anlass, das für die 18. Legion zu nehmen.
 
Jedenfalls steht fest, dass da mehrere Einritzungen übereinander erfolgten.

Wenn zutrifft, dass 'LPA' oben steht, kann ich El Quijote nicht folgen. Aber warum soll es z. B. über dem 'T Vibi', also 'des Titus Vibius' stehen?

Bei der Verortung der Pontes Longi bin ich mit El Quijote uneins. Aber da bin ich erst bereit weiterzudiskutieren, wenn einige andere Diskussionen abgeschlossen sind oder pausieren. Mir fehlt da schlicht die Zeit.
 
Wenn zutrifft, dass 'LPA' oben steht, kann ich El Quijote nicht folgen.
Wo habe ich denn geschrieben, dass LPA oben stehe?

Bei der Verortung der Pontes Longi bin ich mit El Quijote uneins.
Nicht nur mit mir. Viel wichtiger: du bist mit der Quelle uneins. Die sagt ganz klar, dass Germanicus die Armee an die Ems zurückführte. Danach folgt dann die Aufsplittung. Vom Trennungspunkt an der Ems werden kurz die unterschiedlichen Routen der drei Marschsäulen genannt.
 
Du verstehst Tacitus nur nicht richtig. :p Ernsthaftes dann ein anderes Mal.

Das mit 'oben' hast Du nicht geschrieben. Aber es gibt ja noch andere. Oder darf ich jetzt nur mit Deinen Argumenten arbeiten? ;)

Ich sehe auch nicht, warum Du dem widersprichst. Deine Ausführungen sind nur dann möglich, wenn LPA nicht 'oben' steht. Das sah ich als Gegenargument kommen und habe in den Raum gestellt, dass dann z.B. der Titus unabhängig davon steht.

LPA ist so ziemlich das einzige, was man gut sehen kann.Selbst auf der Photographie kann man es noch lesen. Da man aber nicht nah genug herankommt, vertraue ich da den Epigraphikern und nicht dem Eindruck. Und die sollen es so gelesen haben.

Mich interessieren da eher die Interpretationen der nicht mehr so guten Einritzungen. Aber das alles hat nichts mit der Frage Kalkriese zu tun. Selbst wenn da stände 'Varus seinem lieben Titus' würde es nichts dazu beweisen. Das Mundblech ist anscheinend durch zu viele Hände gegangen, um da Sicherheit zu bekommen.
 
Du verstehst Tacitus nur nicht richtig.
Mox reducto ad Amisiam exercitu.
Legiones classe, ut advexerat, reportat.
Pars equitum litore Oceani petere Rhenum iussa.
Caecina, qui suum militem ducebat, monitus, quamquam notis itineribus regrederetur, pontes longos quam maturrime superare.

Das mit 'oben' hast Du nicht geschrieben. Aber es gibt ja noch andere. Oder darf ich jetzt nur mit Deinen Argumenten arbeiten? ;)
Ich reagiere nur auf deine Ansprache meiner Person:
Wenn zutrifft, dass 'LPA' oben steht, kann ich El Quijote nicht folgen.

Ich sehe auch nicht, warum Du dem widersprichst. Deine Ausführungen sind nur dann möglich, wenn LPA nicht 'oben' steht.
Es fällt mir schwer, in deinen Kopf hineinzuschauen. Du musst irgendeinen Gedanken überspringen, weshalb mir deine Ausführungen nach wie vor ein Rätsel bleiben. Kannst du dich mal klarer äußern? Sowohl was dich an meinen Ausführungen stört (denn das ist mir auch noch ein Rätsel) als auch was du immer mit deinem "oben" hast?
 
Bei der Verortung der Pontes Longi bin ich mit El Quijote uneins. Aber da bin ich erst bereit weiterzudiskutieren, wenn einige andere Diskussionen abgeschlossen sind oder pausieren. Mir fehlt da schlicht die Zeit.

Da du angesichts der Zahl von Beiträgen in den letzten Tagen offenbar etwas Zeit zur Verfügung hast, wollte ich diese noch offene Frage mal wieder in Erinnerung rufen. Vielleicht kannst du da deine Argumente bezüglich einer anderen Lokalisierung der pontes longi vorbringen.

Mich persönlich würden die sehr stark interessieren, da ich der Meinung bin, dass die Quellen da ziemlich eindeutig sind. Aber vielleicht lernen wir ja, wie man vermeintlich eindeutige Quellenstellen anders verstehen kann?
 
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