Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Habt ihr denn noch nie von der niedergermanisch-randkeltischen Gewohnheit der Münzschlachtentscheidung gehört? So eine Art massenhaftes Kopf-oder-Zahl?

Im Ernst:

Ich hatte ja schon geschrieben, dass zum jetzigen Zeitpunkt nur wenig Erkenntnisse sicher sind. Insbesondere die Erklärung der Münzfunde als Versuch, die Germanen zum Plündern zu verleiten, kann sich noch ändern. Ein Opfer an die Götter mit der Bitte um Hilfe in der Not? Oder waren die Münzen der Anteil der Götter, den die Germanen liegen ließen? Nur zwei alternative Erklärungen. Jedenfalls sind die Münzen kein Grund, an einer Schlacht mit negativem Ausgang für die Römer zu zweifeln.
 
Habt ihr denn noch nie von der niedergermanisch-randkeltischen Gewohnheit der Münzschlachtentscheidung gehört? So eine Art massenhaftes Kopf-oder-Zahl?

Im Ernst:

Ich hatte ja schon geschrieben, dass zum jetzigen Zeitpunkt nur wenig Erkenntnisse sicher sind. Insbesondere die Erklärung der Münzfunde als Versuch, die Germanen zum Plündern zu verleiten, kann sich noch ändern. Ein Opfer an die Götter mit der Bitte um Hilfe in der Not? Oder waren die Münzen der Anteil der Götter, den die Germanen liegen ließen? Nur zwei alternative Erklärungen. Jedenfalls sind die Münzen kein Grund, an einer Schlacht mit negativem Ausgang für die Römer zu zweifeln.

Salve,
Münzen sind sicher kein Grund zum Zweifeln, jedoch werden Schlachten eher durch militärische Funde belegt als durch Münzfunde.
Durch Münzfunde lassen sich allerdings Aufenthalte oder Wege oder Lager belegen.
 
Äh - militärische Funde gibt es da übrigens auch. Und ein paar Aktionen können wohl anhand der Funde auch nachvollzogen werden.
 
Der Haken an dem Szenario ist, dass die rechtsrheinischen Civitates und im Speziellen die Hildesheimer Civitas komplett erfunden sind.

Natürlich steht es dir frei Cassius Dio als Lügner zu bezeichnen, ich persönlich zweifle aber nicht an ihm, ich halte den Gedanken an einem landwirtschaftlich so exponiertem Ort wie der Hildesheimer Börder keine Civitas zu gründen auch echt für absurd.

"Städte wurden gegründet und die Barbaren passten sich der römischen Lebensweise an, besuchten die Märkte und hielten friedliche Zusammenkünfte ab."

https://de.wikipedia.org/wiki/Varusschlacht#Der_r.C3.B6mische_Statthalter_Varus



Es ist natürlich eine sehr sinnvolle und vorausschauende Maßnahme, die Gefallenen schon vor der Schlacht zu bestatten.

Bei der Vorbereitung des Schlachtfeldes im Jahr 16 hat sich irgendjemand ein Herz gefasst und die Gebeine der Menschen bestattet, die bei den Überfällen im Jahr 10 ums Leben kamen. Auch wenn er genau wusste, dass da einen Tag später wieder Tote liegen würden. Vielleicht hat er gehofft dass wenn er selber am nächsten Tag sterben würden jemand anders das gleiche für ihn tun würde.


Bei den Überfällen auf die römischen Flüchtlinge im Jahr 10 gelangten m. E. auch die meisten in Kalkriese gefundenen Münzen in den Boden. Sei es weil bei den Überfällen die für die Germanen wertlosen Kupfermünzen (Asse) weggeworfen wurden und nur Silber- und Goldmünzen einbehalten wurden, oder weil einige Römer angesichts nahender Germanengruppen wertvollere Münzen als Hort vergraben haben, um sie evtl. später wieder bergen zu können.
 
Natürlich steht es dir frei Cassius Dio als Lügner zu bezeichnen, ich persönlich zweifle aber nicht an ihm, ich halte den Gedanken an einem landwirtschaftlich so exponiertem Ort wie der Hildesheimer Börder keine Civitas zu gründen auch echt für absurd.
Wie, Cassius Dio hat geschrieben, dass die Römer eine Civitas in der Hildesheimer Börde gegründet haben? Wo kann ich das nachlesen?


"Städte wurden gegründet und die Barbaren passten sich der römischen Lebensweise an, besuchten die Märkte und hielten friedliche Zusammenkünfte ab."

https://de.wikipedia.org/wiki/Varusschlacht#Der_r.C3.B6mische_Statthalter_Varus
Städte ist so schön schwammig. Dahinter können sich zwei, zwanzig oder zweihundert verbergen. Nachgewiesen ist bis dato nur Waldgirmes an der Lahn. Ziemlich weit weg von der Hildesheimer Börde.

Mit demselben Argument wie oben, könnte man die Magdeburger Börder oder gar die Schwarzerdegebiete in der Ukraine als attraktive Sieldungszonen detektieren. Nur... um eine Civitas zu gründen, muss ein Gebiet erst einmal kontrollieren.


Bei den Überfällen auf die römischen Flüchtlinge im Jahr 10 gelangten m. E. auch die meisten in Kalkriese gefundenen Münzen in den Boden. Sei es weil bei den Überfällen die für die Germanen wertlosen Kupfermünzen (Asse) weggeworfen wurden und nur Silber- und Goldmünzen einbehalten wurden, oder weil einige Römer angesichts nahender Germanengruppen wertvollere Münzen als Hort vergraben haben, um sie evtl. später wieder bergen zu können.
In der Umgebung von Kalkriese sind bisher nur germanische Siedlungsspuren nachgewiesen. Aus römischer Sicht lag Kalkriese abseits, gewissermaßen im germanischen Nirgendwo, nebenebi in einer landwirtschaftlich wenig attraktiven Region. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass in Kalkriese an einem Ort wo es an römischer Infrastruktur völlig fehlt neben Militara bisher etwa 1830 Münzen gefunden wurden, darunter eine Menge an Goldmünzen, wie wir sie sonst von Fundorten aus der Germania Libera nicht kennen, einschließlich der dauerhaft besiedelten, plus bestatteter Leichen. Versuche das wegzureden disqualifizieren den jeweiligen Mitdiskutanten. Varusschlacht oder nicht, das ist mir im Grunde scheißegal. Was wirklich unheimlich nervt, sind diese völlig blödsinnigen und kontrafaktischen Phantasiegebilde. Können wir BITTE(!) bei den Fakten bleiben und diese phantasieangereicherten Lächerlichkeiten einfach mal außen vor lassen?!
 
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Natürlich steht es dir frei Cassius Dio als Lügner zu bezeichnen

Natürlich. Aber ich bezeichne Cassius Dio ja gar nicht als Lügner.

Civitates sind Verwaltungsbezirke. An welcher Stelle spricht Cassius Dio von civitates?

Ein Markt, den Barbaren besuchen, ist noch keine civitas.

ich halte den Gedanken an einem landwirtschaftlich so exponiertem Ort wie der Hildesheimer Börder keine Civitas zu gründen auch echt für absurd.
Was Du immer mit Deinen Börden hast...
Wie wir gesehen haben, waren die Römer lange Zeit noch nicht einmal an der verkehrsgünstig (Lippe!) gelegenen Hellwegbörde groß interessiert.
Die Hildesheimer Börde ist dagegen schon relativ abgelegen...


Bei den Überfällen auf die römischen Flüchtlinge im Jahr 10
... die ebenso wie die Civitates nicht in den Quellen vorkommen, sondern nur in Deiner Fantasie...
 
Civitates sind vor allem autonome Städte. Für die germanische Provinz ist das auch westlich des Rheins zu dem Zeitpunkt ein Anachronismus. Märkte und befestigte Ansiedlungen sind seit den Funden von Waldgirmes nicht zu bestreiten. Da sollte dann aber von "fora et oppida" geredet werden. Für eine Civitas wäre eine verfasste Bürgerschaft vorauszusetzen. Selbst wenn dann die obersten Magistrate von Rom eingesetzt würden, müsste man nach dem Sprachgebrauch der Zeit von Civitas reden. Aber genau dies ist eben noch nicht festzustellen. Denken wir an das oppidum Ubiorum.

Ziel war wohl auch die Annahme Römischer Lebensweise durch die Barbaren. Nur mit Veteranen und Kaufleuten, hätte es in der ganzen Provinz nur für 2 oder 3 sehr kleine Städte gereicht. Oder kann man von einer großen Migration aus anderen Teilen des Reiches in der Zeit der Germanienfeldzüge sprechen?
 
Cassius Dio hat überhaupt nichts von oppida, fora oder civitates geschrieben, weil er auf Griechisch geschrieben hat:

Internet-Portal "Westfälische Geschichte" / Arminius - Varus > 9. Quellen

Vielleicht kann jemand mit Griechischkenntnissen in den überlieferten Text schauen und mich ggf. korrigieren, aber ich habe das Wort πόλις (polis) gesehen. In einem ganz anderen Zusammenhang habe ich letzte Woche gelesen, dass polis eigentlich nur eine Siedlung bedeutet, die ja größer oder kleiner sein kann. Auch da möge man mich ggf. korrigieren.

Mit welchem Begriff er die Märkte bezeichnete, habe ich nicht versucht herauszufinden.
 
Meine Äußerung zu fora und oppida basiert natürlich nicht auf Cassius Dio. Fora und oppida sind das, was wir nachweisen können, wenn wir den Plural ernst nehmen und Waldgirmes betrachten. (Wobei die Märkte bei Cassius Dio im gleichen Atemzug durchaus erwähnt werden.)

Polis als Begriff ist ziemlich kompliziert. Theoretisch kann man es auch gut mit civitas übersetzen. Oft hat es eine entsprechende Bedeutung Für Cassius Dio ist allerdings zu überprüfen, wie gleichförmig er Städte und Siedlungen bezeichnet und welche Begrifflichkeiten bei ihm nachzuweisen sind. Generell hatten sich Unterschiede im 2. Jahrhundert angeglichen. Polis als Siedlung kann da gut durchgehen. Aber es kommt auf den Sprachgebrauch bei Dio an. Hier kann sonst auch einfach an Lagervorstädte gedacht werden.

Doch denke ich, wir können Waldgirmes betrachten, um das Gemeinte zu sehen: Keimzellen zukünftiger Städte.

Polis ist auch deshalb ein problematischer Begriff, weil seine Bedeutung heute zumindest umstritten ist. Nicht nur, weil Philosophen wie Platon und Aristoteles nicht unbedingt das Beobachtete wiedergeben. Es geht auch darum, dass das Bild der Polis als verfasster Bürgerschaft nach traditioneller Auffassung wohl nicht auf alle Poleis zutraf, teils auch generell bezweifelt wird.

Ich wäre aber nicht überrascht, wenn Dio Polis als Übersetzung von Civitas verwendet, was, wie gesagt, zu untersuchen wäre. Nur dürfte das als Beleg angesichts der chronologischen Entwicklung der germanischen Provinz, bzw. Provinzen unwahrscheinlich und als Übernahme augusteischer Propaganda anzusehen sein, was durch Waldgirmes eine weitere Bestätigung erfährt. Daher: fora und oppida in der Geschichte statt Märkte und poleis der Überlieferung und auch statt der Massenanseidlung von Italikern bei LEG XVII.

Ich bitte aber zu bedenken, dass wir hier von graduellen Unterschieden reden. Das oppidum ad aram Ubiorum war sicher weiter als die Halterner canabae, die vielleicht -und auch ohne Forum- weiter entwickelt waren als Plätze wie Waldgirmes, die wiederum unterschiedlich weit sein konnten. Und auch unsere Betrachtungen sind nur graduell unterschiedlich.

Anders Ausgedrückt: Es wurden Zentren für Handel, Rechtsprechung und Verwaltung (= fora) sowie befestigte Siedlungen (= oppida) angelegt. Ob diese Siedlungen schon eine verfasste Bürgerschaft hatten (wodurch sie zur civitas geworden wären), kann nicht entschieden werden, ist aber unwahrscheinlich. Eine massenhafte Immigration von Italikern ist eine Spekulation, für die wir keinerlei Anzeichen haben. Angesichts verschiedener Tatsachen erscheint sie unwahrscheinlich. Aber können wir sie widerlegen?

EDIT: Juchhu, ich hab' die kleine Schnapszahl!
 
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Worauf sich Hermundure bezieht, hat er doch genannt:



Vermutlich wird hier bei entsprechender Suche alles zu finden sein:

OPUS 4 | Gegenstempel auf Aesprägungen der frühen römischen Kaiserzeit im Rheingebiet : Grundlagen, Systematik, Typologie

Allerdings ist Werz - was Hermundure immer unterschlägt - ein Befürworter der Varusschlacht bei Kalkriese. Ich - ja ebenfalls ein Befürworter der Varusschlacht bei Kalkriese - sehe gerade hier die Problematik bei Werz, nämlich dass er hier, bei alle Akribie seiner sehr wertvollen und bahnbrechenden Arbeit, einem Zirkelschluss unterliegt, nämlich dem, dass er einzelne Gegenstempel aufgrund der Zuordnung von Kalkriese als Schlachtfeld der clades Variana datiert.
 
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Eine massenhafte Immigration von Italikern ist eine Spekulation, für die wir keinerlei Anzeichen haben.

Nein, eine massenhafte Einwanderung von Italikern gab es sicherlich nicht, ich weiß auch gar nicht ob es eine nenenswerte Einwanderung von Italikern nach Gallien gegeben hätte. Nichtsdestotrotz lebten in den gegründeten Ansiedlungen/Marktstandorten - Civitates war da wohl sicherlich der falsche Ausdruck - römische Bürger. Dies waren Veteranen der hauptsächlich gallischen aber auch germischen Auxiliartruppen die nach Ende der Dienstzeit das römische Bürgerrecht erhalten hatten, italische Kaufleute werden aber auch da gewesen sein, Germanien hatte auch einige Wirtschaftsgüter zu bieten, wie z. B. das plumbum germanicum.
Italische Legionsveteranen werden auch dabei gewesen sein, abgesehen davon dass es aus italischer Sicht am Allerwertesten der Welt lag hatte das Land dass sie in Germanien nach Ende der Dienstzeit zugewiesen bekamen in der Form von guter Bodenqualität und konstant hohen Niederschlägen einiges zu bieten.

Und da die Römer unter Varus' Stadthalterschaft den Germanen zunehmend als Besatzer erschienen hatten alle die einen römischen Eindruck oder den Eindruck römischer Kollaborateure erweckten einen schweren Stand im rechtsrheinischen Germanien als die Legionen im Frühjahr 10 nicht mehr wiederkamen. Die Konsequenz war die Flucht nach Westen auf dem kürzesten Weg zum Rhein. Beim Überfall auf so einen Flüchtlingstreck, zumal wenn da noch wohlhabende Kaufleute dabei waren, konnte man sowohl leichte als auch fette Beute machen.
 
Wobei ich noch hinzufügen möchte dass die gallisch-keltischen, romanisierten Veteranen der Hilfstruppen im Zweifelsfall bei ihrem Land in Germanien blieben. Sie hatten zwar in der römischen Armee gedient, aber ihre germanischen Nachbarn hatten ja im Laufe der Zeit gemerkt dass die Gallier auch wenn sie romanisiert waren die Römer nach wie vor nicht leiden konnten wenn nicht gar genau so hassten wie die Germanen dies selbst auch taten, so dass die Romanen den Germanen im Großen und Ganzen egal waren, wenn nicht sogar als Ratgeber bei neuen landwirtschaftlichen Techniken willkommen waren. Und als Veteranen der römischen Armee wussten die Romanen auch zu kämpfen, deren Vetreibung wäre für ihre germanischen Nachbarn nicht verlustfrei abgelaufen.
 
Wobei ich noch hinzufügen möchte dass die gallisch-keltischen, romanisierten Veteranen der Hilfstruppen im Zweifelsfall bei ihrem Land in Germanien blieben.

Da sprechen wir im Zweifelsfall vom linksrheinischen "Germanien".

Soweit wir von germanischen Kohorten wissen, wurden diese bei Stämmen ausgehoben, die auf der linken Rheinseite siedelten (oder angesiedelt worden waren): Bataver, Tungrer, Sugambrer, Vangionen.
Und wenn deren Veteranen in die Heimat zurückkehrten, dann war das sicher nicht die Hildesheimer Börde. Noch nicht mal die Hellwegbörde.

Wenn ich dazu nochmal einen meiner eigenen Beiträge zitieren darf:

Interessant könnte Sueton sein. Der hält als Ergebnis der Feldzüge fest, dass 40.000 Germanen (namentlich Sugambrer) auf das linke Rheinufer umgesiedelt hat. Das könnte darauf hindeuten, dass man in erster Linie diesen Unruheherd auszuschalten wollte. Hielt man eine starke militärische Präsenz östlich des Rheins nicht mehr für erforderlich, als dieses Ziel (vermeintlich) erreicht war?

Aus der Umsiedelungsaktion lässt sich schließen, dass es links des Rheins noch eine Menge Land zu kultivieren gab, und dass die Römer sich auch darum kümmerten, dieses Potential weiter auszubauen.
Auf der anderen Seite waren die Römer offensichtlich nicht daran interessiert, das landwirtschaftliche Potential der Hellwegbörde zu nutzen. Durch die Umsiedlung von 40.000 Menschen wurde dieses Potential eher geschwächt als gestärkt.

... so dass die Romanen den Germanen im Großen und Ganzen egal waren, wenn nicht sogar als Ratgeber bei neuen landwirtschaftlichen Techniken willkommen waren.
Darüber sprechen wir dann, wenn die erste villa rustica in der Hildesheimer Börde ausgegraben wurde.

Die ganzen Fantasien über Landwirtschaft treibende Romanen in der Hellwegbörde oder der Hildesheimer Börde können wir uns schenken, wenn wir mal einen Blick auf die geschichtlichen Fakten werfen.
Die Gegenden um Ruhr, Lippe, Ems, Weser waren bis kurz vor Varus' Zeit noch Kriegsgebiet gewesen. Auch Varus selbst, dem die Quellen vorwerfen, er hätte sich "wie im Frieden" benommen, war immerhin mit drei Legionen unterwegs.
In den zwei Jahren, die er als Statthalter amtierte, können nur die allerersten Schritte für eine friedliche Verwaltung unternommen worden sein. Die allerersten Schritte waren:
- militärische Sicherung
- Einbindung der einheimischen Oberschicht.

Gründung von landwirtschaftlichen Betrieben und Ansiedlung italischer Bevölkerungsgruppen waren da noch Zukunftsmusik.


... abgesehen davon dass es aus italischer Sicht am Allerwertesten der Welt lag
... gab es dort noch nicht einmal Weinbau. Die Attraktivität muss etwa der Sibiriens entsprochen haben.
 
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Ziel war wohl auch die Annahme Römischer Lebensweise durch die Barbaren.

Das war wohl kaum das Ziel.

Zur römischen Lebensweise gehört eine ganze Menge: Dass man zum Frühstück Käse im Mörser zerreibt, Iuppiter und Iuno verehrt, den Wein mit Wasser verdünnt, auf Latein kommuniziert, sich mit den Freunden zu einem Bad in den Thermen verabredet, die Gladiatorenspiele besucht, Hausaltäre für die Laren und Penaten aufstellt, die Speisen mit Fischsoße würzt, sich zu den Saturnalien einen pileus aufsetzt und vieles andere mehr.

Ob die Barbaren das alles mitmachten oder nicht, war den Römern so was von egal. Die Untertanen konnten auf Griechisch oder Demotisch kommunizieren, das Fest der Ungesäuerten Brote begehen, Met schlürfen oder den Teutates verehren. Das spielte alles keine Rolle, solange sie das römische Recht respektierten. Darauf kam es an.

Und wenn die Römer in Köln, Paris und anderswo Aquädukte, Thermen und Amphitheater bauten, dann wohl kaum mit dem Ziel, die Barbaren an diese Einrichtung zu gewöhnen. Sondern in erster Linie deswegen, weil die Römer selbst daran gewöhnt waren und auch in der fernen Provinz nur ungern darauf verzichten wollten.
Wenn die Barbaren diese Lebensweise schick fanden, war das allenfalls ein (nicht unwillkommener) Nebeneffekt.
Aber nicht das Ziel.
 
Civitates sind vor allem autonome Städte.

Zu einer Civitas gehört zwar ein städtisches Zentrum als Sitz der autonomen Verwaltung, die Civitas ist aber nicht mit der Stadt identisch.

Denken wir an das oppidum Ubiorum.

Das Oppidum Ubiorum (auch Ara Ubiorum genannt) war der Hauptort der
Civitas Ubiorum.

Die Civitas umfasste natürlich das ganze Umland. Es hat sogar den Anschein, dass die Civitas weiterbestand, auch nachdem das Oppidum den Status einer Colonia erhalten hatte.

Dafür plädiert zumindest Thorsten Schulz: Der Status der Ubier und der civitas Ubiorum nach Gründung der Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA) im Spiegel der Quellen (in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 2005).
 
Nun, die Annahme der Lebensweise kann man nicht nur so vollständig verstehen. Ich bleibe dabei. Schließlich ist es ausdrücklich beschrieben. Dass sie dabei nicht beeinflusst werden sollten ist damit widerlegt. Argumentativ ist das recht trivial und Quellen wurden zitiert. Nicht nur Dio, auch Velleius.

Im Übrigen ist es eristische Dialektik, eine Definition zu erweitern, um den Anschein zu erwecken, eine Aussage sei falsch.

@Ansiedlungen:
Veteranen dürften höchstens für 2 oder 3 Städte zur Verfügung gestanden haben. Hilfstruppen waren wohl noch aufgrund eines Vertrags mit ihren Ethnien, bzw. auch Civitates ausgehoben, wie später noch bei den Batavern üblich.

Es blieben die Legionäre, die natürlich auch linksrheinisch angesiedelt wurden. Es aber für die rechte Rheinseite für die kurze Zeit zwischen immensum Belohnung auszuschließen, ist eine zu weit gehende Vermutung. Die Nutzung solcher Ansiedlungen, um als kriegerisch geltende Stämme unter Kontrolle zu bekommen, war den Römern ja nicht unbekannt.

Aber Waldgirmes zeigt natürlich, dass man dabei noch nicht weit gekommen sein muss. Und die übliche erste Zuwanderung kann man bekanntlich in den -vergleichsweise kleinen- canabae, z.B. in Haltern und Anreppen fassen. Damit haben wir schon 3 fassbare Ansiedlungen. Damit können wir aber die bescheidene Größe von Waldgirmes nicht auf den Zufall einer im werden begriffenen Neugründung schieben.

Die Quellen erwecken einen anderen Eindruck. Aber dass da übertrieben wurde, war zu erwarten.

(Die Anzahl der anzusiedelnden Legionäre würde ja auch durch Todesfälle während der Dienstzeit reduziert. Dann hat Augustus am Ende der Bürgerkriege auf einen Schlag viele Legionäre eingestellt, was dann eine entsprechende Entlassungswelle nach sich zog. Da ist auch schon ein Zusammenhang mit mit dem immensum bellum aufgrund einer Ansiedlung auf Kosten germanischer Ethnien vermutet worden. Aber inzwischen gibt es wohl genauere Untersuchungen über den Zeitpunkt dieser Entlassungswellen. (Es gab da wohl auch Unterschiede je nach Legion.) Das müsste Mal mit den Ereignissen in Germanien verglichen werden.)
 
Zu einer Civitas gehört zwar ein städtisches Zentrum als Sitz der autonomen Verwaltung, die Civitas ist aber nicht mit der Stadt identisch.



Das Oppidum Ubiorum (auch Ara Ubiorum genannt) war der Hauptort der
Civitas Ubiorum.

Die Civitas umfasste natürlich das ganze Umland. Es hat sogar den Anschein, dass die Civitas weiterbestand, auch nachdem das Oppidum den Status einer Colonia erhalten hatte.

Dafür plädiert zumindest Thorsten Schulz: Der Status der Ubier und der civitas Ubiorum nach Gründung der Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA) im Spiegel der Quellen (in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 2005).

Geh doch ganz einfach mal davon aus, dass ich kein lallender Idiot bin. Und dann rate mal, warum ich das oppidum ubiorum als Beispiel genommen habe. Allein anhand der unterschiedlichen Benennungen lässt sich hier die Entstehung beobachten. Zur Zeit der Germanenkriege gab es im Übrigen keine Civitas Ubiorum. Jedenfalls nicht als Gebiet. Denn das Land gehörte dem Staat und war der Armee unterstellt. Im Sinne der Bürgerschaft, der 'Gemeinheit', wenn dieser Ausdruck hier gestattet ist, war dies anders: Allerdings können wir nicht genau sagen, wie dies praktisch gehandhabt wurde. Die Bezeichnung des Vororts als Altar mag -neben dem tatsächlichen Kultort- auf dieses Problem zurückgehen.

Was Deinen ersten Einwand betrifft, engst Du wieder den Begriff der Stadt unzulässig ein. Zu einer Deutschen Stadt gehört nie nur das städtische Zentrum. Insbesondere stand aber bei der civitas die Bürgerschaft im Vordergrund, weshalb ja gerade das angesprochene oppidum (wahrscheinlich) zum Zentrum zweier Civitates werden konnte. (Und auch die deutsche Stadt wurde lange als verfasste Bürgerschaft begriffen, weshalb der Vergleich m.E. kaum hinkt. Natürlich ist die Sichtweise der Herrschaft über das Umland dann ein Unterschied, der aber erst durch das Verständnis der Stadt als Institution entstand. Aber, wenn Du erwartest, dass ich zu 100% passende Übersetzungen finde, muss ich Dich enttäuschen. Darüber musst Du wissen, dass es durchaus normal ist, dass es solche nicht gibt.)

Anders ausgedrückt: Hör damit auf, mir Dinge zu unterstellen, die ich so nicht gesagt habe.
 
Nun, die Annahme der Lebensweise kann man nicht nur so vollständig verstehen. Ich bleibe dabei. Schließlich ist es ausdrücklich beschrieben. Dass sie dabei nicht beeinflusst werden sollten ist damit widerlegt.

"Dass sie dabei nicht beeinflusst werden sollten", hat niemand behauptet.
Du hast also auch nichts widerlegt.
Vielleicht solltest Du Deine eigenen Beiträge mal auf 'eristische Dialektik' untersuchen. :winke:

Dann wäre es an Dir, für Deine Behauptung "Ziel war wohl auch die Annahme Römischer Lebensweise durch die Barbaren" auch einen Beleg zu liefern.

Und wenn Du Dich auf Velleius berufst - der gibt das Ziel sehr präzise an: Varus wollte die Barbaren durch "das Recht besänftigen" (iure mulceri). Genau das, was ich schreibe.
 
Geh doch ganz einfach mal davon aus, dass ich kein lallender Idiot bin.
...
Anders ausgedrückt: Hör damit auf, mir Dinge zu unterstellen, die ich so nicht gesagt habe.

Nachdem Du gerade erst eine Behauptung "widerlegt" hast, die ich auch nicht ansatzweise aufgestellt habe, kommen solche Sprüche bei mir nicht gut an. Wir wollen uns hier doch nicht auf hermundurischem Niveau beharken.

Zur Zeit der Germanenkriege gab es im Übrigen keine Civitas Ubiorum.
Dann ist Tacitus der "lallende Idiot", denn der geht von einer Civitas Ubiorum zur Zeit der Germanenkriege aus.


Und dann rate mal, warum ich das oppidum ubiorum als Beispiel genommen habe.
Tut mir leid, darauf kann ich mir keinen Reim machen.

Ich weiß nur, dass ich geschrieben hatte:
Civitates sind Verwaltungsbezirke.
Und Du im nächsten Beitrag widersprochen hattest:
Civitates sind vor allem autonome Städte. Für die germanische Provinz ist das auch westlich des Rheins zu dem Zeitpunkt ein Anachronismus etc. etc.
Warum rechtsrheinische germanische Civitates ein Anachronismus sein sollen, war mir nicht klar und ist mir auch jetzt noch nicht klar. Wozu das Beispiel "oppidum Ubiorum" in diesem Zusammenhang dienen sollte, hast Du nicht erläutert. Deine Gedanken kann ich nicht erraten. Wenn Du mir etwas mitteilen willst, wirst Du es schreiben müssen.
 
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