Kann das Thomasevangelium der erste christliche Text sein?

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Spruch 68:
Jesus spricht: "Selig seid ihr, wenn sie euch hassen und euch verfolgen. Doch sie selbst werden keinen Platz finden an dem Ort, an dem sie euch verfolgt haben."
Als Hinweis, dass das Wort "Ort" (gr. topos) hier übertragen verstanden werden sollte, liefert Th 4:
"... der Mensch in seinen alten Tagen wird nicht zögern, ein Kind von 7 Tagen über den Ort des Lebens zu befragen..."

Das "Haus" aus meinem Beispiel kommt z.B. in Spruch 21 in übertragener Weise vor.
 
eine These? gerade mal die Behauptung, dass das EvTh die authentischen Jesusworte enthalte und "der erste christl. Text" sei... Das ist zu wenig, um von einer These zu reden.
Ja, das ist eine These, aber nur eine These meines Modells. Ich denke, wir kommen im Laufe der Zeit zu den übrigen Punkten. Ich werde das im Auge behalten.
Schreib' doch 'mal 'was Inhaltliches!
 
Nun, ich hatte mir das nicht aus den Fingern gesogen.
Das wollte ich auch nicht unterstellen. Trotzdem finde ich es schon sehr gewagt, aus dieser allgemeinen Formulierung einen Bezug auf den Bar-Kochba-Aufstand und seine Folgen herauslesen zu wollen. Zu bedenken geben möchte ich auch noch, dass sich zur Zeit des Bar-Kochba-Aufstandes das Christentum (auch die Judenchristen) bereits fast vollständig vom Judentum gelöst hatte und somit für den christlichen Verfasser und das christliche Zielpublikum des Thomasevangeliums die genannten Ereignisse religiös-weltanschaulich keine so überragende Rolle mehr gespielt haben dürften.
 
Zu bedenken geben möchte ich auch noch, dass sich zur Zeit des Bar-Kochba-Aufstandes das Christentum (auch die Judenchristen) bereits fast vollständig vom Judentum gelöst hatte und somit für den christlichen Verfasser und das christliche Zielpublikum des Thomasevangeliums die genannten Ereignisse religiös-weltanschaulich keine so überragende Rolle mehr gespielt haben dürften.
Sehr schön. Das führt zu einem weiteren Indiz dafür, dass das Thomasevangelium direkt auf Jesus von Nazareth zurückzuführen ist:
Es wendet sich nicht an Christen, sondern an Juden. Die Probleme (Fasten, Sabbat, Beschneidung, Nahrungsgebote) hatten für Christen und Gnostiker um 140 n. Chr. wohl keine Bedeutung mehr.
Kann jemand sagen, ab wann die Christen nachweislich den Sonntag zum "Tag des Herrn" gemacht haben? Soweit ich weiß, nennen Plinius II und die Didache den Sonntag, also müsste der Brauch schon um 100 n.Chr verbreitet gewesen sein.
 
Nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten! Nach Deiner Argumentation dürfte das Johannesevangelium, das normalerweise ins späte 1. Jhdt. datiert wird, nichts spezifisch Jüdisches mehr behandeln, weil auch da die Trennung bereits weitgehend abgeschlossen war. Trotzdem wird z. B. auf die Sabbatsproblematik (Joh 9,14 ff.) eingegangen.

Plinius schreibt nur, dass sich die Christen an einem festgesetzten Tag vor Sonnenaufgang (stato die ante lucem) treffen, macht aber keine Angaben, denen sich entnehmen ließe, ob das nicht noch der alte Sabbat war, und auch nicht zum Intervall.
In der Didache ist im 14. Kap. vom "Tag des Herrn" die Rede, auch ohne nähere Angabe.
Ergiebiger ist der Barnabasbrief, wo es im 15. Kap. heißt: "Sehet, wie er sagt: Nicht die jetzigen Sabbate sind mir angenehm, sondern den ich eingesetzt habe, an dem ich, nachdem ich alles beendigt habe, den Anfang des achten Tages, das heißt den Beginn einer anderen Welt ansetzen werde. Deshalb begehen wir auch den achten Tag in Freude, an dem auch Jesus von den Toten auferstanden und, nachdem er sich geoffenbart hatte, in den Himmel aufgestiegen ist." Hier wird also ausdrücklich der Sabbat verworfen und der nachfolgende (Sabbat = nach jüdischer Zählung 7. Tag) Tag gewählt, der auch ausdrücklich mit dem Auferstehungstag Jesu gleichgesetzt wird. Da der Barnabasbrief ca. 100 entstanden sein soll, stimmt Deine Datierung.
 
Sehr schön. Das führt zu einem weiteren Indiz dafür, dass das Thomasevangelium direkt auf Jesus von Nazareth zurückzuführen ist:
Es wendet sich nicht an Christen, sondern an Juden.
Was denn sonst? Christen gab es schließlich erst nach seinem Tod. In keinem der Evangelien wendet sich Jesus an Christen, die gab es zu seinen Lebzeiten schlicht noch nicht.

Die Probleme (Fasten, Sabbat, Beschneidung, Nahrungsgebote) hatten für Christen und Gnostiker um 140 n. Chr. wohl keine Bedeutung mehr.
Kann jemand sagen, ab wann die Christen nachweislich den Sonntag zum "Tag des Herrn" gemacht haben? Soweit ich weiß, nennen Plinius II und die Didache den Sonntag, also müsste der Brauch schon um 100 n.Chr verbreitet gewesen sein.
Ist doch klar: Am Rüsttag wurde Jesus gekreuzigt und starb. Am dritten Tage, also am Sonntag, soll er dann nach christlichem Glauben auferstanden sein. So steht's in den kanonischen Evangelien. Ergo wird der Sonntag recht früh der Tag gewesen sein, an dem die Christen ihren Tag feierten.
 
Sehr schön. Das führt zu einem weiteren Indiz dafür, dass das Thomasevangelium direkt auf Jesus von Nazareth zurückzuführen ist:
Es wendet sich nicht an Christen, sondern an Juden. Die Probleme (Fasten, Sabbat, Beschneidung, Nahrungsgebote) hatten für Christen und Gnostiker um 140 n. Chr. wohl keine Bedeutung mehr.

Die Beschneidung wird im Thomasevangelium als nutzlos hingestellt. Würde so ein Jude sprechen - und dann auch noch zu Glaubensgenossen? Auch Paulus verstieg sich nicht zu so einer Behauptung - obwohl er ein erklärter Gegner der Beschneidung von Heidenchristen war.

Kann jemand sagen, ab wann die Christen nachweislich den Sonntag zum "Tag des Herrn" gemacht haben? Soweit ich weiß, nennen Plinius II und die Didache den Sonntag, also müsste der Brauch schon um 100 n.Chr verbreitet gewesen sein.
In der Apokalypse/Offenbarung findet sich der Ausdruck ebenfalls.
 
Nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten! Nach Deiner Argumentation dürfte das Johannesevangelium, das normalerweise ins späte 1. Jhdt. datiert wird, nichts spezifisch Jüdisches mehr behandeln, weil auch da die Trennung bereits weitgehend abgeschlossen war. Trotzdem wird z. B. auf die Sabbatsproblematik (Joh 9,14 ff.) eingegangen.
Natürlich beinhalten alle Evangelien jüdische Gebräuche. Sie stellen ja eine Erzählung dar, die in Israel spielt. Das Thomasevangelium ist aber eine Sammlung von Sprüchen und braucht deshalb keine ähnliche Kulisse aufzubauen.

Was denn sonst? Christen gab es schließlich erst nach seinem Tod. In keinem der Evangelien wendet sich Jesus an Christen, die gab es zu seinen Lebzeiten schlicht noch nicht.
Die kanonischen Evangelien wenden sich durchaus an Christen, nur die Hauptfigur tut das nicht. Die Juden oder Pharisäer und Schriftgelehrte werden allzuhäufig beschimpft mit Ausdrücken wie "Schlangenbrut, Heuchler" o.ä.. Im Gleichnis von den Weinbauern und dem folgenden Zitat des Psalm 118, 22 wird den Juden direkt angedroht, dass sie ihr Land verlieren. Wie kann dieser Text darauf abzielen, Juden zu überzeugen? Da ist das EvTh deutlich moderater im Ton. Die Kanoniker sind m.W. alle griechisch in der Urfassung, für das EvTh wird von mehreren Wissenschaftlern ein aramäisches oder hebräisches Original vermutet.

Die Beschneidung wird im Thomasevangelium als nutzlos hingestellt. Würde so ein Jude sprechen - und dann auch noch zu Glaubensgenossen?
Ja, wenn er das Judentum radikal ändern will und das ist Teil meines Modells. Alles Abgrenzende im Judentum wie Fasten, Regeln zu Almosen und Festtagen sowie die Beschneidung, ja selbst Beten sollten als unnatürlich fallengelassen werden, damit man mit den Griechen im Land in Frieden leben konnte. Hinweise darauf, dass Jesus so etwas vorhatte, sind:
1. Er beschränkte seine Mission auf Israel (Mt 10,5f: "...Begebt auch nicht auf die Straße der Nationen und tretet nicht in eine samaritische Stadt ein, sondern geht stattdessen immer wieder zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel." Das ergibt im NT keinen rechten Sinn.
2. Das Christentum ist die erste mir bekannte Religion, die massiv missioniert hat. Ich vermute, dass das auf Jesus zurückgeht, zumal er ja in der kurzen Zeit seiner Verkündung eine enorme Wirkung erzielt haben muss.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die kanonischen Evangelien wenden sich durchaus an Christen, nur die Hauptfigur tut das nicht.

Ah so, da habe ich mich verlesen. Du hast es geschrieben, ich habe er gelesen. Umso wniger verstehe ich allerdings dein Problem.

Die Juden oder Pharisäer und Schriftgelehrte werden allzuhäufig beschimpft mit Ausdrücken wie "Schlangenbrut, Heuchler" o.ä.. Im Gleichnis von den Weinbauern und dem folgenden Zitat des Psalm 118, 22 wird den Juden direkt angedroht, dass sie ihr Land verlieren. Wie kann dieser Text darauf abzielen, Juden zu überzeugen? Da ist das EvTh deutlich moderater im Ton.
Die vier kanonischen Evangelien haben durchaus unterschiedliche Adressaten. Daher kann man hier nicht von "einem Text" sprechen. Welches Gleichnis (welches Evangeliem, Stelle) meinst du denn genau?
Ich habe jetzt nur das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg gefunden (Mt 20, 1 - 16), darin kann ich nichts antijüdisches finden, was moderater gestaltet werden könnte.

Die Kanoniker sind m.W. alle griechisch in der Urfassung,
Das ist richtig.

für das EvTh wird von mehreren Wissenschaftlern ein aramäisches oder hebräisches Original vermutet.
Ich bin da immer skeptisch, wenn anonym von Wissenschaftlern gesprochen wird. Butter bei die Fische: Von wem genau?
Auffallend beim Thomasevangelium ist doch, dass der koptische Text mit vielen Gräzismen durchsetzt ist. Bei einem semitischen Urtext wären doch anstatt Gräzismen eher Semitismen zu erwarten.
 
Die vier kanonischen Evangelien haben durchaus unterschiedliche Adressaten. Daher kann man hier nicht von "einem Text" sprechen. Welches Gleichnis (welches Evangeliem, Stelle) meinst du denn genau?
Ich habe jetzt nur das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg gefunden (Mt 20, 1 - 16), darin kann ich nichts antijüdisches finden, was moderater gestaltet werden könnte.
Mt 21,33ff; par Mk 12,1ff und Lk 20,9ff. Dort wird den Juden vorgeworfen, ihre Propheten misshandelt zu haben gipfelnd in eine Prophezeiung von Jesus' Tod. Die Strafe ist, dass sie ihr Land (oder hier wohl eher ihr Vorrecht) verlieren. So Mt 21,43:
"Darum sage ich euch: Das Königreich Gottes wird von euch genommen und einer Nation gegeben, die dessen Früchte hervorbringt."
So überzeugt man niemanden, oder? Für mich sieht das aus wie ein Text für Nichtjuden, in dem die Juden selbst nur Statisten des Irrtums sind.

Ich bin da immer skeptisch, wenn anonym von Wissenschaftlern gesprochen wird. Butter bei die Fische: Von wem genau?
Der erste war, glaube ich,
Guillaumont, Sémitismes dans les logia..., 1958;
Quispel und Puech vertraten die These und bekannt ist vor allem Perrin, The Aramaic Origins..., 2007 (In: Frey et al., Das Thomasevangelium..., 2007),50-9

Auffallend beim Thomasevangelium ist doch, dass der koptische Text mit vielen Gräzismen durchsetzt ist. Bei einem semitischen Urtext wären doch anstatt Gräzismen eher Semitismen zu erwarten.
Das mit den Semitismen ist zweifelsohne umstritten. Es liegen zwar einige sichere Aramaismen vor ("Vögel des Himmels"), die können aber auch als Kontamination aus der Bibel stammen. Schließlich ist das Thomasevangelium zweimal übersetzt worden, falls der Urtext aramäisch war. Wichtig ist, dass es eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür gibt, diese aber bei den Kanonikern nicht existiert.
Semitismen im engeren Sinn sind im Koptischen nicht zu erwarten, da es auf Griechisch als Zwischenstufe zurückgeht. Die griechischen Worte sind zum guten Teil aus der Vorlage 1:1 übernommen, zum Teil gehörten die Gräzismen zum Koptischen wie viele englische Wörter zum Deutschen. Gebildete Ägypter sprachen Griechisch. Die Übersetzung ins Koptische diente der Verbreitung unter Halbgebildeten (Typen wie ich :)).
 
Wenn du meinst, dass das Thomas-Evangelium das Evangelium ist, welches die wahren Worte Jesu überliefert und Paulus es kannte, weil es so wichtig war, dann sag mir bitte warum die erste Erwähnung des Thomas-Evangelium wahrscheinlich erst 230 n. Chr. bei Hippolyt von Rom stattfindet, welcher schreibt: „[…] dem Evangelium, das nach Thomas genannt wird: ‚Wer mich sucht, wird mich finden unter den Kindern von 7 Jahren an, denn dort im 14. Äon verborgen werde ich offenbar." Wichtig zu wissen ist dabei auch, dass man dieses Logion sich nicht unter irgendeinem der 114 koptischen Logien finden lässt. Um 233 n. Chr. erwähnt Origenes noch einmal ein Thomas-Evangelium und auch Eusebius von Caesarea und Kyrill von Jerusalem, sowie weitere griechische Autoren erwähnen ein Thomas-Evangelium. Aber warum erwähnen vorher nie Autoren diese wahre Schrift der Lehre der Worte Jesu (welche aber "leider" ohne zusammenhängende Ordnung unverbunden nebeneinander stehen vielleicht zwischendurch hin und wieder durch Stichworte verbunden)?
 
Mt 21,33ff; par Mk 12,1ff und Lk 20,9ff. Dort wird den Juden vorgeworfen, ihre Propheten misshandelt zu haben gipfelnd in eine Prophezeiung von Jesus' Tod. Die Strafe ist, dass sie ihr Land (oder hier wohl eher ihr Vorrecht) verlieren. So Mt 21,43:
"Darum sage ich euch: Das Königreich Gottes wird von euch genommen und einer Nation gegeben, die dessen Früchte hervorbringt."
So überzeugt man niemanden, oder? Für mich sieht das aus wie ein Text für Nichtjuden, in dem die Juden selbst nur Statisten des Irrtums sind.
Genau, weil die Propheten des Alten Testament die Juden ja auch immer versucht haben zu überzeugen und sie dabei nicht beschimpft und bedroht haben....
 
Wenn du meinst, dass das Thomas-Evangelium das Evangelium ist, welches die wahren Worte Jesu überliefert und Paulus es kannte, weil es so wichtig war, dann sag mir bitte warum die erste Erwähnung des Thomas-Evangelium wahrscheinlich erst 230 n. Chr. bei Hippolyt von Rom stattfindet

Das ist einfach: Weil das Thomas-Evangelium das wahre Evangelium war, war es überaus weit verbreitet.
Und weil es so weit verbreitet war, musste es gut getarnt werden, damit man das nicht bemerkt.
Darum taucht es nur unter allerlei Decknamen wie "Hebräerevangelium" oder "Matthäusevangelium" auf.
 
Auffallend beim Thomasevangelium ist doch, dass der koptische Text mit vielen Gräzismen durchsetzt ist. Bei einem semitischen Urtext wären doch anstatt Gräzismen eher Semitismen zu erwarten.

Dann nehmen wir das doch einfach als Beweis, dass Jesus auf Griechisch gepredigt hat.

Wenn zu seinem radikalen Programm eine weitgehende Assimiliation an das Griechentum gehörte, wäre das doch die einfachste Erklärung.

Ja, wenn er das Judentum radikal ändern will und das ist Teil meines Modells. Alles Abgrenzende im Judentum wie Fasten, Regeln zu Almosen und Festtagen sowie die Beschneidung, ja selbst Beten sollten als unnatürlich fallengelassen werden, damit man mit den Griechen im Land in Frieden leben konnte.
 
Das ist einfach: Weil das Thomas-Evangelium das wahre Evangelium war, war es überaus weit verbreitet.
Und weil es so weit verbreitet war, musste es gut getarnt werden, damit man das nicht bemerkt.
Darum taucht es nur unter allerlei Decknamen wie "Hebräerevangelium" oder "Matthäusevangelium" auf.
Das klingt ironisch, ist aber genau meine Meinung. In meinem Modell gab es kein Einverständnis zwischen den Vertretern der Lehre von Jesus und Paulus von Tarsus. Paulus hat den berühmten Märtyrer für den Frieden übernommen, der Unsterblichkeit versprochen hatte und ihn in seine eigene jüdisch ausgerichtete Religion eingebaut. Das gespannte Verhältnis wird in der "Jerusalem-Konferenz" deutlich und in der Übereinkunft, sich nicht gegenseitig in die Quere zu kommen. Dabei sollte Paulus die "Nationen" missionieren, die richtigen Jünger aber die Juden, also so wie Jesus es gefordert hatte (Gal 2,1-9). Auch der auffällig späte Zeitpunkt eines gemeinsamen Treffens spricht dafür.
Ich hatte gesagt, dass ich keine Anzeichen einer wesentlichen Entwicklung des EvTh sehe, aber eine spätere Ergänzung gibt es auf jeden Fall: Die Einleitung. Die Zuordnung zu Thomas kann sekundär sein. So behauptet das Thomasbuch (teilweise abhängig vom EvTh), dass Jesus mit Thomas gesprochen hätte, aber Matthäus das Gesagte niedergeschrieben hat. Natürlich kann das ein plumpes Täuschungsmanöver sein, kann aber auch stimmen. Die Pistis Sophia teilt uns mit, dass Jesus seine Geheimnisse von Philip, Matthäus und Thomas verbreiten ließ. (Ich unterscheide nicht zwischen Matthäus, Matthaias, Matthias u.ä.). Das Hebräerevangelium könnte somit genauso eine Umschreibung sein wie das Ägypterevangelium. Und damit rückt das Zitat von Eusebius bezüglich Papias von Hierapolis in den Fokus:
"[FONT=&quot]Matthäus hat die Logien <von Jesus> also in hebräischer Sprache zusammengestellt; es interpretierte sie ein jeder aber so gut er es vermochte"[/FONT][FONT=&quot] (Eusebius Hist eccl III, 39, 15).
Das Wort "interpretierte"[/FONT]
ist übrigens dasselbe wie in der Einleitung des EvTh. Papias spricht von einer Spruchsammlung, die interpretiert werden musste. Das passt hervorragend zum Thomasevangelium und überhaupt nicht zum Matthäusevangelium.
Hier ist auch zu erwähnen, dass Eusebius den schon fast 100 Jahre früher verstorbenen Papias als Idioten darstellt und keine seiner Interpretationen erhalten ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schreib' doch 'mal 'was Inhaltliches!
längst geschehen, wenn auch nicht nach deinem Geschmack:
Obendrein besagen Abänderungen in der Überlieferungsgeschichte nichts darüber, wie wahr oder echt ein Text ist.
Zudem ist die Entstehungszeit umstritten, man kann es weder als ältesten noch als authentischsten Text zum Christentum bezeichnen. Es bleiben also, wie Lili richtig bemerkt hat, nur Spekulationen...
 
Dann nehmen wir das doch einfach als Beweis, dass Jesus auf Griechisch gepredigt hat.
Wenn zu seinem radikalen Programm eine weitgehende Assimiliation an das Griechentum gehörte, wäre das doch die einfachste Erklärung.
Ich glaube, dass ich bereits gesagt habe, dass Jesus' Mission auch bei den Synoptikern auf Israel beschränkt war. Ich gehe davon aus, dass die ungebildete Bevölkerung Aramäisch gesprochen hat. Die Bibel lässt Jesus auch am Kreuz Aramäisch sprechen.
 
Trotzdem finde ich es schon sehr gewagt, aus dieser allgemeinen Formulierung einen Bezug auf den Bar-Kochba-Aufstand und seine Folgen herauslesen zu wollen.

Ja, auch diese Position wird vertreten. Nämlich, dass der Text von der Geschichte Israels gänzlich abgekoppelt ist.
Beispielsweise von Udo Schnelle:

Setzt das Thomas-Evangelium als gnostische Deutung der Worte Jesu die Synoptiker voraus (so z.B. W.Schrage, M.Fieger)? Oder muss das Thomas-Evangelium als frühes Zeugnis einer selbständigen Entwicklungslinie der Jesusüberlieferung neben der Logienquelle angesehen werden, so dass es als wichtige Quelle des 1. Jh. n.Chr. zu gelten hat (so J.M. Robinson/H.Koster)? Während die amerikanische Forschung vorwiegend dieser These zuneigt, votiert die europäische Forschung für ein differenziertes Erklärungsmodell, das für einzelne Logien des Thomasevangeliums Eigenständigkeit und hohes Alter annimmt, zugleich aber einer sehr frühen Ansetzung des gesamten Evangeliums und der These seiner traditionsgeschichtlichen Eigenständigkeit skeptisch gegenübersteht.

Die konsequente Entkontextualisierung der Worte Jesu, die sekundäre Stilisierung überkommener Formen und die gänzliche Abkoppelung von der Geschichte Israels sprechen für eine spätere Datierung des Thomasevangeliums.
(U. Schnelle, Einleitung in das Neue Testament, 6. Aufl., 2007 Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen, S. 237 )
 
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