Cheerful Sacrifice "klappt" eine singuläre Operationsgeschichte nochmals auf.
Allenby und Haig, wie die übrigen Kollegen, waren lernfähig, daran ist das Stellungskrieg-Phänomen nicht festzumachen. Den Generälen war durchaus klar, das der punktuelle Durchbruch zum Durchbruch in operativer Qualität erweitert werden musste. Dazu braucht man "bewegliche" Kräfte, flinke Artillerie und - fundamental - die entsprechende Logistik und Infrastruktur, vor allen eine funktionierende Kommunikation. So funktionierte das ab 1939 (oder schlug aus ähnlichen Gründen fehl). Das war mit den Systemen 1915/18 schlicht nicht gegeben.
Das Kavalleriekorps im Fall Allenby war exakt dafür vorgesehen, nicht zum Durchbruch, sondern zur Ausweitung des erfolgten Durchbruchs in eine operative Qualität zu sorgen. Das scheiterte in diesem Fall an Kommunikation, Zeitverlust und Führungsfehler, und hatte nichts mit der "Waffengattung" zu tun.
Danke für diese Klarstellung!
Der Bericht widerspricht allgemeinen Vorstellungen der britischen Streitkräfte, die man als "lions, led by donkies" charakterisierte. Eine wohl etwas pauschale Verurteilung, denn viele britische Generale waren durchaus kompetent und lernfähig, und entgegen den Klischees die ihnen vorwarfen, von entfernten Schlössern aus den Krieg zu führen, hielten sich viele nah der Feuerlinie auf, und im Weltkrieg fielen wohl mehr als 50 Generale durch Schusswunden. Der Bericht zeigt auch, dass Kavallerie auch an der Westfront im 1. Weltkrieg noch eine Daseinsberechtigung besaß. Das Problem war wohl weniger, dass Kavallerie in selbstmörderischer Attacke gegen stark ausgebaute Grabensysteme und MGs anrannte, sondern dass es ihr ähnlich erging wie den neuartigen Tanks. Tanks und auch Kavallerie konnten durchaus zum Durchbruch beitragen, einen weichenden Gegner verfolgen und Gräben aufrollen, um den Durchbruch aber auszubauen, dem Gegner nachzusetzen, seinen geordneten Rückzug in eine Flucht zu verwandeln, dazu waren weder Tanks noch Kavallerie alleine im Stande, sondern es brauchte eine sehr gut eingespielte Zusammenarbeit mit den Schwesterwaffen Infanterie und Artillerie, eventuell Luftwaffe zur Aufklärung.
Das war aber mit den technischen kommunikativen Mitteln des 1. Weltkriegs sehr schwierig.
Die Briten waren durchaus lernfähig. Nachdem sie an der Somme am 1. Juli 1916 die höchsten Verluste erlitten in ihrer gesamten Geschichte- die Infanterie hatte schwer bepackt und in Schrittgeschwindigkeit das Niemandsland durchquert, ging man zur Feuerwalze und zur "bite and hold" Taktik über. Bei Cambrai erzielten die Tanks einen riesigen Durchbruch, und ähnlich erging es den Briten in der Osterschlacht von Cambrai, als kanadische Truppen relativ schnell den Höhenzug von Vimy eroberten. Durchbrüche erzielen war das eine- schwieriger war es, diese auszubauen und zu sichern. Wenn Tanks; Kavallerie oder leichte Infanterie weit vorstieß und dem Feuerschutz der Artillerie davonlief, war es wegen fehlender oder unzureichender Kommunikationsmittel sehr schwierig, Durchbrüche durch genaues Artilleriefeuer zu unterstützen. Wenn die Angreifer in das gegnerische Grabensystem vorrückten, so dass sie nicht ausreichend mit Nachschub, mit frischen Truppen, Munition etc. versorgt werden konnten, fand fast immer der Verteidiger Zeit, sich zu sammeln und Reserven zu mobilisieren, um im Gegenangriff den Durchbruch abzuriegeln und den Angreifer zurückzuschlagen. Nachdem die Briten bei Arras fast 6 km vorgestoßen waren, ging dem Angriff in die gut ausgebaute Siegfried-Stellung nach einigen Tagen der Schwung aus und die Fronten erstarrten wieder. Ähnlich erging es den Briten in der 3. Flandernschlacht und bei Cambrai. Nachdem die Briten dieDeutschen überraschen konnten durch die Zündung von Minen bei Meesen (Messines) und den Wytschaetebogen besetzten, blieb die Offensive im Schlamm stecken.
Bei Cambrai verzeichneten die Tanks tiefe Einbrüche, demoralisierten die Deutschen, doch die Offensive fraß sich im Bourlon-Wald fest, und die Deutschen konnten im Gegenangriff fast das gesamte Gelände zurückerobern. Es ging darum eine fast drehbuchartige
Zusammenarbeit zwischen Artillerie, Infanterie, Tanks/Kavallerie und Luftaufklärung zu organisieren und schnell frische, unverbrauchte Angriffskräfte nachzuschieben, um einen erzielten Durchbruch ausbauen zu können und dem Gegner den Rest zu geben. Das war allerdings mit den technischen Möglichkeiten im 1. Weltkrieg sehr schwer. Es gelangen zwar Einbrüche und Durchbrüche, nicht aber rechtzeitig Reserven in den Durchbruchraum nachzuschieben und sie ausreichend mit Artillerie zu unterstützen. War man erstmal aus dem Feuerbereich der eigenen Artillerie heraus und in das gegnerische Grabensystem eingedrungen, wusste die Artillerie nicht mehr genau, wo die HKL verlief. Die Angreifer brauchten zügig unverbrauchte Reserven, Lebensmittel und Munition. Gelang es dem Angreifer, einzubrechen und durchzubrechen, ohne schnell genug die Reserven nachzuschieben und sie durch Feuerschutz der Artillerie zu unterstützen, blieb der Erfolg meist auf Teilerfolge beschränkt. Dem überraschten Verteidiger gelang es dann fast immer, rechtzeitig Reserven in die Durchbruchsräume zu werfen, und so blieb es bei Phyrrussiegen,, die im Grunde die aufgewendeten Verluste nicht rechtfertigen konnten.
Wie gesagt, an der Angriffswaffe lag es nicht. Auch noch 1917 zeigte sich, dass Kavallerie eine Daseinsberechtigung besaß. Der Angriff Ostern bei Arras scheiterte nicht, weil die Führung sinnlos Kavallerie gegen MGs anrennen ließ, sondern weil es an genauer Aufklärung der HKL und Kommunikationsmitteln mangelte, den Durchbruch schnell genug durch Reserven auszubauen und die Zusammenarbeit zwischen Kavallerie, Artillerie, Infanterie und Tanks nicht ausreichend war.