Mythenbildung um die Externsteine

Für so arrogant, dass das der Inhalt ist, halte ich die Mehrheit der Historiker dann doch nicht.

Es ist aber auch nicht die Verpackung.

Es ist eher das, was auf Empfängerseite ankommt.
 
Für so arrogant, dass das der Inhalt ist, halte ich die Mehrheit der Historiker dann doch nicht.

Es ist aber auch nicht die Verpackung.

Es ist eher das, was auf Empfängerseite ankommt.

Ich bin schon davon ausgegangen, dass Du beschreibst, was auf Empfängerseite ankommt.
Aber wo liegt Deiner Meinung nach der Fehler, dass das so ankommt?

Zuerst dachte ich, der Fehler läge Deiner Meinung daran, dass der Empfänger nicht mit Argumenten (="Inhalt") bedient wird, sondern abgefertigt wird mit: So und nicht anders war es, denn das sagen die Experten.

Da hatte ich wohl zu viel in Dein Beispiel hineininterpretiert:
Erst vor Kurzem erklärte ich jemandem Zusammenhänge in einem ähnlichen Fall. Das wurde auch angenommen: "So erklärt, ergibt das Sinn."

Aber nun ist es auch nicht die Verpackung?
Unter "Verpackung" verstehe ich die sprachliche Gewandung dessen, was inhaltlich kommuniziert werden soll. Abschreckende Verpackung wären demach "Floskeln und Phrasen, "verklausulierte Sprache", "wissenschaftlich-unverständliche Formulierungen".



 
Wieso glaubst du, dass ich das monokausal sehe?

Edit: Und ich mich immer auf exakt dasselbe beziehe?
@Riothamus da du manche sprachliche Verpackung kritisierst, wäre es schön, wenn du deine eigene vorbildlich (also verständlich) gestalten würdest: mir geht es wie @Sepiola ich verstehe nicht, was du in deinen letzten 3 Beiträgen gemeint hast.

Im Fall von Unsinn (Verschwörungsgeschwurbel jeglicher Sorte, also auch Extern-Arier-Germanenblabla) ist mir die sprachliche Verpackung gleichgültig, denn sie kann den pseudowissenschaftlichen Krempel inhaltlich nicht aufwerten
(((falls dieser Gedanke unverständlich formuliert sein sollte, ein rustikal-deftiger Vergleich: Scheiße in einer Meissner Porzellanschüssel bleibt Scheiße - oder feiner a la Herders Übersetzung "man mag den Esel in Juwelen kleiden / er wird darunter immer Esel bleiben"))) :D

Ein Exempel für unnötig schwer lesbare Gelehrsamkeit ist Scheibelreiters barbarische Geselkschaft: die vielen lateinischen Zitate werden nicht übersetzt. Aber wenn ich an das Wollschläger-Bonmot denke "den Linguisten wird es eines Tages gelingen, den gesamten Weltlauf auf die einfache Formel Karlchen fährt Roller zu reduzieren, bleibt bei mir ein Restzweifel, ob sich komplexe/komplizierte Inhalte wirklich immer so darstellen lassen, dass sie für Laien verständlich sind ;) bei der Transformationsgrammatik (um beim Exempel Linguistik zu bleiben) habe ich da erhebliche Zweifel.
Ein Exempel für ein flüssig lesbares historisches Standardwerk ist in meinen Augen Wolframs Gotengeschichte.
 
Fangen wir nochmal von vorn an:

Wenn keine Kommunikation jenseits "Ihr seid doof, glaubt uns mal schön." stattfindet, braucht sich keiner wundern, wenn Mythenbildung stattfindet.

Habe ich Dich richtig verstanden? Gute Kommunikation verhindert Mythenbildung, schlechte Kommunikation (die den Empfänger nicht argumentativ überzeugt, sondern ankommt wie "Das ist so und nicht anders, weil wir das als Experten das so sagen und ihr als die Laien das zu glauben habt") hingegen fördert Mythenbildung.

Meines Erachtens ist die Bildung von Geschichtsmythen nicht zu verhindern. Wir schicken doch zu gerne unsere Phantasie auf Zeitreise in die graue Vorzeit, in freier Assoziation kommen uns Ideen "so könnte es gewesen sein"; der eine behält seine Phantasien für sich, der andere meint, seine Phantasien der Öffentlichkeit mitteilen zu müssen. Daran, dass interessante und außergewöhliche Deutungen viel lieber weitererzählt werden als alltägliche und uninteresante Deutungen, wird sich nichts ändern.

Nun habe ich darauf hingewiesen, dass die Mythenbildung bei den Externsteinen schon vor über 200 Jahren eingesetzt hat. Die Story vom vorchristlichen Heiligtum, das Karl der Große zerstört haben soll, wurde von Pastor Hermann Hamelmann in die Öffentlichkeit getragen. Ein anderer Pastor, Christoph Friedrich Fein fabulierte dann anno 1749 (veröffentlicht 1750) eine These zusammen, in der die Varusschlacht mit den Externsteinen verknüpft wird, woselbst die "Druiden" die Göttin "Oester" an den "Eostrae rupes" genannten Externsteinen verehrt hätten. Diesen und anderen Fabeleien trat Clostermeier argumentativ entgegen. Natürlich konnte er damit nicht verhindern, dass spätere Phantasten diesen Unsinn aufgreifen, variieren, neu zusammensetzen und mit eigenen Erfindungen verrühren. (Auf diversen Internetseiten ist inzwischen zu lesen, die Ostara-Felsen seien "noch 1750" bezeugt. Das ist noch gar nichts, demnächst werde ich den Beweis liefern, dass die Norben noch 2023 mit den Externsteinen in Verbindung gebracht werden.)

Im Fall der Externsteine gab es dann in Wilhelm Teudt einen Ex-Pastor, der bis dahin angesammelten Unsinn zu einem monströsen Mythos aufgeblasen hat. Mit gewissen Modifikationen wurde der Germanen-Blabla dann 1933-1945 ganz offiziell propagiert, und Teudt wurde für seinnen Unsinn von Hitler mit einem Professorentitel geschmückt.

Wer auch heute noch glauben will, Gestalten wie Teudt oder Wirth hätten ihre Professorentitel zu Recht erhalten, die Forschung seit 1945 sei von den anglo-amerikanischen Sieger- oder sonstigen bösen Mächten gesteuert und derlei Unfug mehr, wird weder mit guten Argumenten noch mit volksnaher Sprache zu überzeugen sein.

Aus dem Bericht über die Externsteine-Tagung von 2015, auf der es hitzige Diskussionen gab:

"Die Beiträge auf der Tagung spiegelten einerseits den aktuellen Forschungsstand zu den Externsteinen, andererseits machte die Veranstaltung einmal mehr die unüberbrückbare Kluft sichtbar, die zwischen wissenschaftlichen, methodisch abgesicherten Interpretationen auf der einen Seite und alternativen, sich teilweise aus esoterischen Überzeugungen speisenden Deutungen auf der anderen Seite herrscht. In den Diskussionen wurde offenkundig, dass dem Deutungswucher in der Tradition Machaletts, Wirths und Teudts auch mit nachprüfbaren Grabungsergebnissen, Messungen und Quellenkritik nicht beizukommen ist. Verschiedentlich stand der – letztlich unbewiesene – Vorwurf im Raum, dass angebliche ‚Beweise‘ und brisante archäologische Funde zur Geschichte der Externsteine unter Verschluss gehalten und abweichende Interpretationen mit unlauteren Mitteln bekämpft würden."​

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=5953&view=pdf
 
Zuletzt bearbeitet:
Wer auch heute noch glauben will, Gestalten wie Teudt oder Wirth hätten ihre Professorentitel zu Recht erhalten, die Forschung seit 1945 sei von den anglo-amerikanischen Sieger- oder sonstigen bösen Mächten gesteuert und derlei Unfug mehr, wird weder mit guten Argumenten noch mit volksnaher Sprache zu überzeugen sein.
Das illustriert sozusagen die unschöne Seite des alten Bonmots "irgendwas bleibt hängen", durchaus vergleichbar mit Gutemine am Ende von "Asterix und der Seher" ;)
 
Erstaunlich!
Da ich das gerade gesehen habe, mit Safari auch probiert - jetzt ist es geöffnet.
...S.6 ein schwarz-weiss Foto von Erich von Däniken als Gastreferent...
 
Im Fall von Unsinn (Verschwörungsgeschwurbel jeglicher Sorte, also auch Extern-Arier-Germanenblabla) ist mir die sprachliche Verpackung gleichgültig, denn sie kann den pseudowissenschaftlichen Krempel inhaltlich nicht aufwerten
Ein schönes und gelungenes Beispiel ist der hochtrabende Blabla-Text des PDF, das sich nun wundersamerweise doch öffnen ließ: wortreich und bebildert, sogar mit paar kritischen Bemerkungen zu rechtsaußen angesiedelter Germanenschwurbelei, Welteisbrimborium, Kraftorten, weltumspannenden Bedeutungslinien (ohne schematisierte Leugenabstände :D) und Externpyramide versehen, ist das ganze Blabla dennoch nichts anderes, als der Versuch, den Sonderling Machalett zu retten. Der Rettungsversuch gründet sich einzig auf eine Behauptung: die Prämisse (stillschweigende Präsupposupposition) dass Machaletts Blabla "voraussetzungsfreie Forschung"*) und darum super sei. Illustriert wird das dann noch mit einem Foto des wünschelrutenden Machalett...:D:D:DEine verschwurbelte Eloge, Stil und Struktur "wissenschaftlicher" Texte imitierend, unter Verzicht auf Argumentation, kurzum nüscht anderes als eine Nebelkerze.

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*) um dem folgen zu können, müsste man akzeptieren, dass die "herkömmlichen" Wissenschaften (Archäologie, Historik etc) wegen ihrer Methodiken negativ und untauglich seien, da diese Methoden Voraussetzungen sind, wohingegen unbeleckt von wissenschaftlicher Methodik die Phantastereien Machaletts positive und darum Erkenntnis bringende "voraussetzungsfreie Forschung" seien...
Auf so einen Blödsinn muss man erst mal kommen!
 
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