Das Buch mutet bereits äußerlich ein wenig an wie die "Mao-Bibel" und wird aus der rechten Ecke als "Geschenk" oder als "Schulungsunterlage" positioniert. An diesem Vorgehen wird deutlich, dass der Kampf um die Deutungshoheit der NS-Geschichte weiterhin sehr ambitioniert aus der rechtsextremen Ecke verfolgt wird.
Aus meiner Sicht gehört es zu dem erneuten Versuch der rechten Geschichtsfälscher (Revisionist ist aus meinerlei Gründen nicht angemessen m.E.) über Publikationen das Thema zu besetzen. In dieses Umfeld gehört die "Rote Walze" (man beachte die primitive Symbolik) oder das Buch von Georg "Verrat an der Ostfront" (erscheint wohl noch dieses Jahr oder so.)
Die Argumentation von Scheil ist erneut sehr schlicht und durch weitgehendes Ignorieren der Geschichtsschriebung zu diesem Thema der letzten 30 Jahre gekennzeichnet. Zumindest wenn man sich den spärlichen Umfang der zitierten Literatur ansieht.
Im wesentlichen folgt er bei seiner Darstellung lediglich 3 zentralen Argumentationsschritten
1. Er negiert die motivationale Konstanz des Themas "Lebensraum im Osten", die sich durch Hitlers beide Kampfschriften und nahezu allen relevanten Protokollen der Ansprachen an die oberste Militärführung hindurchzieht.
Alleine aufgrund dieser Vorgehensweise verläßt er die Pfade des Revisionismus und betreibt eine selektive Rekonstruierung von Geschichte im Rahmen einer Geschichtsfälschung.
2. Aus dieser motivationalen Konstanz entsteht keinerlei innerer Zusammenhang der außenpolitischen Aktionen, der Neuausrichtung der deutschen Volkswirtschaft und der extrem forcierten militärischen Aufrüstung. Scheil liefert seinerseits keine konsistente Interpretation dieser Vorgänge ab und hat genau dieses auch in seinem etwas älteren Buch "40/41" nicht geleistet.
3. Stattdessen wird ein Hitlerchen (bewußte Verniedlichungsformel, da Scheil genau dieses vornimmt) präsentiert, der z.B. im Rahmen der Denkschrift zum Vierjahresplan lediglich auf die Rüstung der Sowjetunion reagiert. Und Hitler die Deutschen als die alleinige Macht (neben Italien) erkennt, den Vormarsch der Bolschewisten zu stoppen. Und so zum Retter des Abendlandes stilisiert.
Über die Bedeutung von Feindbilder zur mentalen Aufrüstung einer unwilligen Wehrmacht einen potentiellen Mehrfrontenkrieg zu führen und Deutschland zielsicher erneut in die Katastrophe zu führen, denkt er nicht nach.
Typischerweise reduziert Scheil den Überfall Hitlers auf die UdSSR als einen reinen "imperialen Krieg" und blendet die damit zusammenhängende Vernichtungsabsicht komplett aus.
Versucht man dieses Buch systematisch abschließend einzuordnen, dann fällt m.E. auf, dass die rechtsextremen Geschichtsfälscher sich aus dem Pseudo-Diskurs mit der etablierten akademischen Geschichtsschreibung endgültig verabschiedet haben. Es ist aber auch ein Eingeständnis der Schwäche, die zu einer noch verstärkten "Selbstreferenz" der Geschichtsfälscher führt.
Das damalige Buch von Post zum Thema "Operation Barbarossa" hatte sich in der Darstellung der Rüstungspotentiale noch relativ nahe an Autoren wie Glantz orientiert und lediglich bei der Interpretation der Fakten eine revisionistische Deutung vorgenommen.
Bei Scheil sucht man den Bezug zur aktuellen Dikussion vergeblich!