Oder er wollte Wasser abschlagen, aber das hast Du wohl nicht gemeint:)

Aber wieder zum Thema.
Die metallurgischen Untersuchungen bezüglich der 19ten Legio, welche Wiedersprüche gibt es da jetzt genau, bezüglich der Örtlichkeiten und Zeiträume?
Ich war in diesem Thread in letzter Zeit nicht mehr sehr konzentriert.
 
es steht nirgends - in keiner unserer Hauptquellen zum Varusschlachtgeschehen - dass Varus auf dem Weg in die Winterlager war
Stimmt, aber Mommsen, der ja Kalkriese als den Ort der Varusschlacht vermutete, vermutete auch, dass Varus auf dem Weg in den Winterlager – Zitat aus dem 8. Buch Römische Geschichte:

Die Lage der Armee war die damals normale. Es standen mindestens fünf Legionen in der Provinz, von denen zwei ihr Winterlager in Mogontiacum, drei in Vetera oder auch in Aliso hatten. Das Sommerlager hatten die letzteren im Jahre 9 an der Weser genommen. Die natürliche Verbindungsstraße von der oberen Lippe zur Weser führt über den niederen Höhenzug des Osning und des Lippischen Waldes, welcher das Tal der Ems von dem der Weser scheidet, durch die Dörenschlucht in das Tal der Werre, die bei Rehme unweit Minden in die Weser fällt. Hier also ungefähr lagerten damals die Legionen des Varus. Selbstverständlich war dieses Sommerlager mit Aliso, dem Stützpunkt der römischen Stellungen am rechten Rheinufer, durch eine Etappenstraße verbunden. Die gute Jahreszeit ging zu Ende und man schickte sich zum Rückmarsch an. Da kam die Meldung, daß ein benachbarter Gau im Aufstand sei, und Varus entschloß sich, statt auf jener Etappenstraße das Heer zurückzuführen, einen Umweg zu nehmen und unterwegs die Abgefallenen zum Gehorsam zurückzubringen.

Wenn Mommsen das vermuten konnte, dann kann @Leyhe es auch, oder?
 
Wenn Mommsen das vermuten konnte, dann kann @Leyhe es auch, oder?
Selbstverständlich - obwohl immer noch quod licet Iovi gilt. Aber Leyhe schreibt etwa völlig anderes als Mommsen.
Mommsen war im Übrigen auch da hellsichtig, dass er den Raum Minden als Varuslager annahm, denn dort haben wir tatsächlich Funde (aber, wie gesagt, nicht fein genug datiert)
Mommsen liest Cassius Dio genauer. Mommsen sagt, Varus sei an der Weser gewesen. Dann sagt Mommsen, quellenwidrig - auch Großmeister Mommsen ist nicht vor Irrtum gefeit -, Varus habe sich bereits auf dem Weg ins Winterlager befunden, als - hier kehrt Mommsen wieder zu Cassius Dio zurück, die Nachricht vom Aufstand kam:

Da kam die Meldung, daß ein benachbarter Gau im Aufstand sei, und Varus entschloß sich, statt auf jener Etappenstraße das Heer zurückzuführen, einen Umweg zu nehmen und unterwegs die Abgefallenen zum Gehorsam zurückzubringen.
Und diesen Schwenker von der quellenwidrigen Überlegung zurück zu Quelle, der passt Leyhe nicht in den Kram und daher unterschlägt er die Angabe, dass Varus sich gar nicht auf der Strecke zwischen „Sommer-“ und „Winterlager“ befand, als er überfallen wurde. Und genau das werfe ich ihm als Rosinenpicken vor.

Und selbst wenn Leyhe und Mommsen zu Recht Varus auf dem Weg ins Winterlager wähnten: Von Minden nach Xanten sind es 203 km wenn man südlich, 219 km, wenn man nördlich des Wiehengebirges marschiert (moderne Wegeführung). Das ist wirklich kein großer Unterschied, vor allem nicht in einer Gesellschaft ohne Navi und Google Maps.

 
Meinst Du mit "sie" die Doktorandin oder Frau Dr. Tremmel?
Ich schrieb und meinte keine bestimmte "sie".
Hier fehlen die zwei Worte "man" und nicht". Es war schon spät...

Gemeint ist:

Ein neuer Weg beschritten wurde jüngst z. B., indem man Buntmetalle aus römischen Militärfundstücken untersuchte; dazu wurden sicherlich nachvollziehbare Methoden entwickelt. Ich bin zwar nicht vom Fach, aber ich bin mir sicher, dass man dazu nicht die grundlegenden Kenntnisse und Verfahren auf dem Gebiet der Chemie über Bord geworfen hat, auf den Unterschied zwischen Zinn und Zink gepfiffen hat und stattdessen der Fantasie freien Lauf gelassen hat.

Wer neue Wege begehen will, sollte sich auch erst einmal über Forschungsgeschichte und Forschungsstand informieren, d. h. sich darüber kundig machen, welche Wege bisher schon begangen wurden und welche sich als Irrwege erwiesen haben.
 
Was spricht gegen einen Marschweg des Varus entlang des Nordrandes des Wiehengebirges? Sieht man sich die Topographie des Wiehengebirges und des unmittelbar sich daran anschließenden, nördlich vorgelagerten Tieflandes an, meint man einen Korridor zu erkennen. Im Süden begrenzt durch das stark bewaldete und schwer zu querende Wiehengebirge und nördlich unmittelbar an das Gebirge anschließend eine von Mooren durchzogende Tiefebene. Darüber hinaus innerhalb des Gebirges von Nord nach Süd verlaufende Schluchten und Querungen vieler Bäche und kleinerer Flußläufe. Nimmt man an, dass das Gebirge um die Zeitenwende wahrscheinlich viel stärker bewaldet und deutlich unwirtlicher war und die Moore noch über eine viel weiträumigere Ausdehnung verfügten (Melioration), muss dieser "Korridor" von Minden bis nach Kalkriese im Zuge eines Durchmarsches sehr schmal gewesen sein. Zudem wäre einem durchmarschierendem Heer von Ost nach West der Ausbruch nach Süden verwehrt gewesen (oder zumindest sehr erschwert), weil dieser über das steile Wiehengebirge mitten durch den Wald hätte stattfinden müssen. Dem römischen Heer blieb ab einem bestimmten Zeitpunkt nichts weiter übrig als weiter nach Westen zu marschieren. Hätte man sich zur Umkehr entschlossen, hätte man wahrscheinlich wieder bis in den Raum Minden zurück marschieren müssen und sich somit wieder vom Marschziel entfernt.
Den Germanen bot das Gebirge aufgrund ihrer Mobilität jedoch die Möglichkeit verdeckt Kräfte zu verschieben und entlang des Marschweges immer neue komplexe Hinterhalte anzulegen.
Mit Blick auf die Karte leuchten mir mögliche Anmarschwege von Süden, von Westen oder von Norden in den Raum Kalkriese nicht ein. Ich vermute deshalb einen Anmarsch aus Osten kommend nach Westen. Somit wäre es auch interessant zu erfahren, ob entlang des Wiehengebirges, insbesondere an möglichen Engstellen zwischen Gebirge und Moor oder auch an den Übergängen über die Flüsse römische Funde gemacht wurden.

Wiehengebirge.JPG
 
Jedes Analyseergebnis ist nur so gut, wie die ausgewählten Proben. Der metallische Fingerabdruck ist sicher und reproduzierbar. Anders sieht es mit den Proben aus. Ein Legionsschmied wird sicherlich kaum Fibeln oder Phallus-Anhänger für seine ganze Legion gegossen haben. Deshalb sind solche Proben nie eindeutig. Anders sieht es mit militärischen Ausrüstungsteilen aus.
 
Den westfälischen Hellweg meine ich nicht. Wenn Kalkriese tatsächlich Teil des Schlachtgeschehens im Jahr 9. n.Chr. war, ist für mich ein Anmarsch der Legionen nur aus Osten plausibel. Es sei denn, es gibt gewichtige Argumente dafür warum Varus aus Norden (aus dem Moor) oder aus Westen (wieder Richtung Weser), oder aus dem Süden (durch ein zergliedertes Mittelgebirge) anmarschieren sollte, um in Kalkriese an einem Nadelöhr in einen Hinterhalt zu gelangen.
 
Ich will Pflug und Schoppe gar nicht verteidigen

Was Du versucht hast, war, die Kritik an Pflug, Schoppe & Co. zu diskreditieren. Zu diesem Zweck hast Du unterschlagen, dass die Kritik nicht den Personen gilt, sondern der untauglichen pseudowissenschaftlichen Methodik, mit der sie glauben, die Wissenschaft aus den Angeln heben zu können. Falls Du Dich nicht mehr erinnerst, was Du geschrieben hast:
Was mir auffällt: Es wird ein bisschen zu oft Argumentum ad hominem gebracht (z.B. gegen Schoppe, Pflug).

Dieser Weg war nicht unbekannt, wie man vielleicht meinen könnte
Es spielt keine Rolle, an welchem Objekt die Methode erstmalig angewendet wurde, bei der 19. Legion, die Varus kommandiert hat, oder bei einer anderen Legion. Es geht schlicht darum, dass auch das Beschreiten neuer Wege in der Forschung nicht ohne nachvollziehbare Methoden auskommt.

Am Anfang stand nur die Idee Mommsens

Am Anfang standen Funde, die verschiedene Leute auf die ziemlich naheliegende Idee brachten, den Ort mit der Varusniederlage in Verbindung zu bringen. Das war ungefähr 100 Jahre vor Mommsen! Und die Idee als solche gehört zunächst in die Kategorie der zahllosen (angeblich 700, nachgeprüft hat das niemand) Ideen, die sonst so zur Verortung der Varusschlacht geäußert wurden. In der Wissenschaft zählt nicht, welches die die hübscheste Idee ist, sondern welche die überzeugendsten Beweise auf ihrer Seite hat. Und die Beweislage war zu Mommsens Zeit wohl noch nicht so überwältigend. Das änderte sich erst, als wiederum 100 Jahre nach Mommsen - neue Funde auftauchten.

Schliemann, der auch nicht vom Fach war, lässt grüßen

Dabei wird dann immer geflissentlich ignoriert, dass Schliemann weder Autodidakt noch ein Gegner des etablierten Wissenschaftsbetrieb war.
Im Gegenteil: Schliemann schlug im zweiten Bildungsweg eine akademische Karriere ein, studierte an der Sorbonne, legte eine Dissertation vor und wurde an der Universität Rostock zum Dr. phil. promoviert.
Erst danach begann er, in Hisarlık nach dem antiken Troja zu graben.
Wobei das noch nicht einmal seine Idee war: https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Schliemann#Troja
 
Was Du versucht hast, war, die Kritik an Pflug, Schoppe & Co. zu diskreditieren. Zu diesem Zweck hast Du unterschlagen, dass die Kritik nicht den Personen gilt, sondern der untauglichen pseudowissenschaftlichen Methodik, mit der sie glauben, die Wissenschaft aus den Angeln heben zu können. Falls Du Dich nicht mehr erinnerst, was Du geschrieben hast:
Den Vorwurf muss man Pflug ohne Abstriche machen. Nach seinem Heftchen "Das Rätsel des alten Elbübergangs" blieb er nicht bei seinem Leisten, sondern sah plötzlich überall Römer. Die letzten Bohrungen bzw. Grabungen (Hasselberg- römisches Drusus-Denkmal, Schlossberg) fanden aber erst vor wenigen Jahren statt und bewiesen auch hier das Gegenteil. Einem Architekten hätte dies nicht passieren dürfen.
 
Dein "Gefangenenaustausch" ist irgendwo belegt/angedeutet? Oder ist das Spekulation?

Beschäftige Dich mal mit dieser Epoche, dann liest Du auch, dass sich die Angrivarier den Römern dafür angeboten hatten.

Da von @Leyhe wohl kein Quellenbeleg kommen wird, helfe ich mal aus: Gemeint sein wird Tac.ann. 2,24, da geht es allerdings nicht um einen Gefangenenaustausch, die Geschichte spielt eindeutig im Jahr 16, sie hat sich an der Nordseeküste zugetragen, und von einer Schlacht kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein.

Hier der Originaltext im Zusammenhang:

pars navium haustae sunt, plures apud insulas longius sitas eiectae; milesque nullo illic hominum cultu fame absumptus, nisi quos corpora equorum eodem elisa toleraverant. sola Germanici triremis Chaucorum terram adpulit; quem per omnis illos dies noctesque apud scopulos et prominentis oras, cum se tanti exitii reum clamitaret, vix cohibuere amici, quo minus eodem mari oppeteret. tandem relabente aestu et secundante vento claudae naves raro remigio aut intentis vestibus, et quaedam a validioribus tractae, revertere; quas raptim refectas misit, ut scrutarentur insulas. collecti ea cura plerique: multos Angrivarii nuper in fidem accepti redemptos ab interioribus reddidere; quidam in Britanniam rapti et remissi a regulis. ut quis ex longinquo revenerat, miracula narrabant, vim turbinum et inauditas volucris, monstra maris, ambiguas hominum et beluarum formas, visa sive ex metu credita.
=
Ein Teil der Schiffe wurde (von den Fluten) verschlungen, mehrere strandeten an den weiter weg gelegenen Inseln, wo die Mannschaften in Ermangelung jeglichen menschlichen Anbaus vor Hunger umkamen, wenn sie sich nicht von Pferdekadavern notdürftig ernährten, die ebendort angespült wurden. Nur der Dreiruderer des Germanicus trieb an das Land der Chauken. Diesen konnten seine Freunde kaum davon abhalten, in demselben Meer den Tod zu suchen, während er alle Tage und Nächte an den Klippen und Ufervorsprüngen schrie, er sei schuld an dem ganzen Desaster. Als endlich die Flut zurückströmte und der Wind günstig war, kamen schwer beschädigte Schiffe zurück mit spärlichem Ruderwerk oder mit aufgespannten Gewändern (zum Segeln), manche auch im Schlepptau von weniger beschädigten. Diese ließ er eilig instandsetzen und schickte sie aus, die Inseln zu durchsuchen. Durch diese Maßnahme wurden die meisten aufgesammelt. Die vor kurzem in (römischen) Schutz aufgenommenen* Angrivarier gaben viele zurück, die sie den von den mehr im (Landes)inneren Befindlichen freigekauft hatten. Auch einige, die nach Britannien verschleppt worden waren, wurden von den Kleinkönigen zurückgeschickt.

* in fidem recipere = in Schutz aufnehmen, Unterworfene in Gnaden aufnehmen​
 
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Da von @Leyhe wohl kein Quellenbeleg kommen wird, helfe ich mal aus: Gemeint sein wird Tac.ann. 2,24, da geht es allerdings nicht um einen Gefangenenaustausch, die Geschichte spielt eindeutig im Jahr 16, sie hat sich an der Nordseeküste zugetragen, und von einer Schlacht kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein.

Hier der Originaltext im Zusammenhang:

pars navium haustae sunt, plures apud insulas longius sitas eiectae; milesque nullo illic hominum cultu fame absumptus, nisi quos corpora equorum eodem elisa toleraverant. sola Germanici triremis Chaucorum terram adpulit; quem per omnis illos dies noctesque apud scopulos et prominentis oras, cum se tanti exitii reum clamitaret, vix cohibuere amici, quo minus eodem mari oppeteret. tandem relabente aestu et secundante vento claudae naves raro remigio aut intentis vestibus, et quaedam a validioribus tractae, revertere; quas raptim refectas misit, ut scrutarentur insulas. collecti ea cura plerique: multos Angrivarii nuper in fidem accepti redemptos ab interioribus reddidere; quidam in Britanniam rapti et remissi a regulis. ut quis ex longinquo revenerat, miracula narrabant, vim turbinum et inauditas volucris, monstra maris, ambiguas hominum et beluarum formas, visa sive ex metu credita.
=
Ein Teil der Schiffe wurde (von den Fluten) verschlungen, mehrere strandeten an den weiter weg gelegenen Inseln, wo die Mannschaften in Ermangelung jeglichen menschlichen Anbaus vor Hunger umkamen, wenn sie sich nicht von Pferdekadavern notdürftig ernährten, die ebendort angespült wurden. Nur der Dreiruderer des Germanicus trieb an das Land der Chauken. Diesen konnten seine Freunde kaum davon abhalten, in demselben Meer den Tod zu suchen, während er alle Tage und Nächte an den Klippen und Ufervorsprüngen schrie, er sei schuld an dem ganzen Desaster. Als endlich die Flut zurückströmte und der Wind günstig war, kamen schwer beschädigte Schiffe zurück mit spärlichem Ruderwerk oder mit aufgespannten Gewändern (zum Segeln), manche auch im Schlepptau von weniger beschädigten. Diese ließ er eilig instandsetzen und schickte sie aus, die Inseln zu durchsuchen. Durch diese Maßnahme wurden die meisten aufgesammelt. Die vor kurzem in (römischen) Schutz aufgenommenen* Angrivarier gaben viele zurück, die sie den von den mehr im (Landes)inneren Befindlichen freigekauft hatten. Auch einige, die nach Britannien verschleppt worden waren, wurden von den Kleinkönigen zurückgeschickt.

* in fidem recipere = in Schutz aufnehmen, Unterworfene in Gnaden aufnehmen​
Dankeschön. Ein Zusammenhang mit Kalkriese scheint mir hier tatsächlich nur mit viel Phantasie erkennbar.
 
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