Rezeption/Bewertung der DDR

Vergleichen kann man alles, Gleichsetzen ist aber etwas anderes.
In der DDR/SBZ wurden bis zu 250,000 Menschen wegen politischer Delikte inhaftiert. Desweiteren gab es in den 50ern noch bis zu 100,000 die als Wirtschaftsverbrecher inhaftiert wurden. Hinzu kommt, daß die Gefangenen "ziemlich hart angefaßt" wurden, so daß viele gesundheitliche Schäden aus der Haft davontrugen. Hinzu kommen Zwangsadoptionen von Kindern von politisch Unzuverlässigen. Weit über 1000 Menschen wurden beim Verlassen der DDR getötet. Hinzu kam, daß politisch Unzuverlässige bei ihren Bildungs- und Berufschancen benachteiligt waren. Zu den Verbrechen der DDR zählen wohl auch die Ermordung von Republikflüchtigen in der Bundesrepublik.
Weitere Verbrechen sind die Menschenversuche, die es in der DDR zu pharmakologischen Zwecken gab (Allerdings muß zum Punkt Menschenversuche daraufhingewiesen werden, daß die Aufträge dazu von Westfirmen kamen), sowie das flächendeckende Doping von Sportlern (insbesondere von Jugendlichen) ohne ihr Wissen oder auf Druck hin.


Sollten jemandem noch weitere Verbrechen einfallen, berichtigt mich. Im Großen und ganzen war es das. Wenn man nun die Verbrechen des Nationalsozialismus oder des Stalinismus dagegen stellt, dann sieht man sehr schnell den Unterschied. Natürlich gilt, weniger kriminell ist nicht unschuldig. Bei vielen Demokraten, insbesondere aus dem westlichen Teil wünschte ich mir etwas weniger Entrüstung über die DDR und die Menschen die am System beteiligt waren. Nach 1945 waren diese weit aus bereitwilliger, schwerere Verwicklungen in den NS-Staat zu tolerieren.
 
Zu den Einwohnern habe ich mich ja schon geäußert (dahin gehend, dass eine Auflehnung und Ablehnung praktisch zu großen Teilen ausblieb, da mit der Zeit eine Identifikation mit der DDR als Vaterland einherging).
Als Heimat betrachtet man das Land in dem man seine Kindheit, Jugend, erste Liebe etc. erlebt, das einem landschaftlich vertraut ist, wo man die gleiche Sprache spricht. Da dürfte es keinen Unterschied zwischen Ost-und Westdeutschen geben. Mit dem Staat und seiner Politik muss man deswegen nicht einverstanden sein. Der Vaterlandsbegriff ist mir schon immer ziemlich suspekt, damit kann ich nichts anfangen.
Ansonsten meine ich alle von dir angesprochenen Gruppen (und ich finde, du hast das wirklich sehr treffend und akzentuiert zusammengefass
Dennoch: Verhielt man sich nicht systemkonform, kam auch ganz schnell die StaSi.
Hundertprozentig systemkonform verhielten sich die Wenigsten. Man wusste aber wie weit man gehen konnte. Besonders in der Jugend waren wir ebenso in Opposition zum Staat wie das in vielen anderen Gesellschaften auch war. Die Hippiekultur war auch an uns nicht völlig spurlos vorübergegangen. Die Stasi kam deswegen noch nicht. Da musste man schon mehr tun als nur lange Haare und zerrissene Klamotten tragen und die große Klappe zu Lehrern haben.
Gewiss nicht. Aber in allen Quellen und historischen Darstellungen, die ich gelesen habe (die auch bestimmt keine monokausale, sondern ambivalente Darstellung lieferten), war eine grundlegende Aussage, dass die DDR-Bevölkerung einen gewissen Patriotismus entwickelte (nicht unbedingt in den 50er oder auch 60er Jahren). Die DDR hat zweifelsohne großartige Erfolge erzielt in Wissenschaft (erster DDR-Bürger im All) und zum Beispiel auf im Sport (Olympia-Medaillen).
Da decken sich die schriftlichen Quellen nicht mit selbst Erlebtem. Die erste junge Generation, nach dem Krieg war dem Sozialismus noch viel aufgeschlossener gegenüber. Meine Eltern gehörten zu dieser Generation, die auch einen gewissen Stolz auf ihre Aufbauleistung besaßen. Die waren von einer Diktatur in die nächste gerutscht und waren überhaupt nicht aufrührerisch veranlagt. Ich erinnere mich noch an die politischen Diskusionen mit meinem Vater, der kein SED-Mitglied aber ziemlich angepasst war. Ich habe noch ein Foto wo meine Mutter und ihre Geschwister mit erkennbaren Stolz im FDJ-Hemd posieren. Weder von mir noch von meinem Bruder gibt es derartige Bilder. wir waren zwar FDJ-Mitglieder aber ohne jede Begeisterung. In den achziger Jahren fiel mir aber auch an den Lehrlingen in unserem Betrieb auf, dass die viel angepasster als wir es in den siebziger Jahren waren.
Auf die Erfolge, wie erster Deutscher im All war man in meinem Umfeld nicht besonders stolz, eher gleichgültig da Jähn derart von der Staatsführung hofiert wurde. Wenn man sich das Pfeifkonzert anhört, welches die Jugend auf Katharina Witt abließ, als sie auf einem Rockkonzert zur Moderatorin gemacht wurde so spricht das auch nicht für patriotischen Stolz auf ihre sportlichen Leistungen. Sie hatte zuvor schon zu viel Liebe zum System gezeigt.
Jetzt vergleichst du Äpfel mit Birnen. Du willst mir doch nicht allen Ernstes sagen, dass es keinen Unterschied machen würde, ob man gegen ein diktatorisches System ohne bürgerliche und Menschenrechte (DDR) oder gegen ein demokratisches, vielleicht etwas fehlgeleitetes System (BRD) demonstriert?
Hier unterschlägst Du meinen nachfolgenden Satz in dem ich den Unterschied beschrieben habe, dass es in der DDR harte Konsequenzen hatte wenn man aufbegehrte.
Ich will auch auf das Abhören von Telephonaten, das Lesen von Briefen, die Verwanzung von Wohnungen und derlei hinweisen.
Dass Telefongespräche abgehört und Briefe gelesen werden wusste man. Heute werden wir aber noch mehr ausspioniert und es scheint nur sehr Wenige zu stören obwohl keiner weiß, wie das zum persönlichen Schaden verwendet werden kann. Die heutigen technischen Möglichkeiten und wie alle ihr Leben vor der Welt ausbreiten wären ein Traumland für die Stasi gewesen;).
Der normale DDR-Bürger war damit, wie du sagst, nicht konfrontiert oder zumindest war es ihm nicht bekannt, dass er gerade belauscht und bespitzelt wird. So wussten zum Beispiel auch viele Menschen gar nicht, dass in Hohenschönhausen ein StaSi-Gefängnis eingerichtet war (abgeschirmt durch eine Mauer).
Man wusste, dass es in jedem Betrieb Stasi-Leute gab, auch vermutete man , dass bei der Armee in fast jeder Stube ein Zuträger untergebracht war.
Hohenschönhausen war mir kein Begriff. Welches Gefängnis ein spezieller Stasiknast war, wussten Diejenigen, die drin waren und deren Angehörige und wahrscheinlich, die in der Nähe wohnten. Bautzen war bei uns in Sachsen viel bekannter als Hohenschönhausen. Ebenso wie die wenigsten wussten, wo Honecker und Co wohnten. Den Namen Wandlitz hatte ich vor 89 noch nie gehört. In Berlin war das wahrscheinlich bekannter.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist durchaus erlaubt, das Regime der DDR mit dem NS-Regime zu vergleichen. Dabei wird man feststellen, dass es einige Gemeinsamkeiten, aber auch zahlreiche Unterschiede gab. Das betrifft die politischen und ideologischen Ziele, die Durchsetzung der Staatsmacht im Innern, die Behandlung von Minderheiten, die religiöse Toleranz, das außenpolitische Vorgehen und vieles andere.

Kann ich so unterzeichnen :)

Dem Unbedarften mag es also so erscheinen, als wäre die DDR kein Einparteienstaat gewesen. Faktisch kontrollierte die SED aber die Volkskammer, wobei die entscheidenden beschlüsse eh im Politbüro der SED getroffen wurden und nicht in der Volkskammer. Wie Galeotto bereits schireb, dort wurde die beschlüsse nur noch abgenickt.

Natürlich hatte die SED die Fäden in der Hand, das ist allgemeiner Konsens und entspricht den Fakten.

In einer Einparteien-Diktatur gibt es aber nur Eine Partei per definitionem. Von daher ist die DDR keine solche. Sagt mein Professor, sagte mein ehemaliger Geschichtslehrer, sagen die Historiker, die ich bemüht habe.

Das leugnet heute niemand mehr.
Höchstens die Kameraden von der rechtsradikalen Front.

Ich kenne genug Leute und ich kenne genug Großeltern, die sagen, von den Pogromen, den Deportationen, den Verfolgungen und Ermordungen nichts gewusst zu haben. Das gibt es heute noch massenweise und das gab es besonders in der jungen BRD/DDR massenweise.

Ich sage ja auch nicht, dass heutige aufgeklärte Menschen das leugnen. Aber Zeitzeugen haben das nicht so mitbekommen.

Vergleichen kann man alles, Gleichsetzen ist aber etwas anderes.

Niemand will die DDR mit dem Dritten Reich gleichsetzen.
 
Niemand will die DDR mit dem Dritten Reich gleichsetzen.
Dann solltest Du sie aber nicht in einem Atemzug mit dem Hitler-Regime nennen.
Zitat Decurion:
"Ein Terrorregime wäre für mich - um es an realen Beispielen festzumachen - das Franco-Regime in Spanien, das Mussolini-Regime in Italien, das Hitler-Regime in Deutschland und die DDR in Ostdeutschland"
 
Dann solltest Du sie aber nicht in einem Atemzug mit dem Hitler-Regime nennen.
Zitat Decurion:
"Ein Terrorregime wäre für mich - um es an realen Beispielen festzumachen - das Franco-Regime in Spanien, das Mussolini-Regime in Italien, das Hitler-Regime in Deutschland und die DDR in Ostdeutschland"
... Mal abgesehen davon, daß es auch Mitteldeutschland heißt :)
 
Dann solltest Du sie aber nicht in einem Atemzug mit dem Hitler-Regime nennen.
Zitat Decurion:
"Ein Terrorregime wäre für mich - um es an realen Beispielen festzumachen - das Franco-Regime in Spanien, das Mussolini-Regime in Italien, das Hitler-Regime in Deutschland und die DDR in Ostdeutschland"

Ich denke mal, das es hier um eine "Gleichsetzung" oder "Vergleich" oder wie auch immer, in der historischen Betrachtung auf totalitäre Regimes in Deutschland der Fokus gelegt ist. Da noch weiter aus zu holen, also auf internationale Ebene, würde die Diskussion hier unübersichtlich machen
 
Als ehem. Geographiestudent weiß man, es heißt Mitteldeutschland. Hamburg ist auch nicht Westdeutschland, ebensowenig München. Aber lassen wir es dabei. Es war nur scherzhaft.
 
Ich denke mal, das es hier um eine "Gleichsetzung" oder "Vergleich" oder wie auch immer, in der historischen Betrachtung auf totalitäre Regimes in Deutschland der Fokus gelegt ist. Da noch weiter aus zu holen, also auf internationale Ebene, würde die Diskussion hier unübersichtlich machen

Da hast du Recht.

Ich habe die DDR unter dem Aspekt der Diktatur mit dem Dritten Reich gleichgesetzt (und ebenso mit anderen Diktaturen). Als ganzes System geht das natürlich nicht.
 
Als ehem. Geographiestudent weiß man, es heißt Mitteldeutschland. Hamburg ist auch nicht Westdeutschland, ebensowenig München. Aber lassen wir es dabei. Es war nur scherzhaft.

Diese Sachlage stammt allerdings aus einer Zeit, als die deutschen Grenzen noch "von der Maas bis an die Memel" verliefen, bzw. die Bundesrepublik auf den polnisch besetzten deutschen Ostgebieten beharrte.

Heutzutage verläuft Deutschlands völkerrechtlich allseits anerkannte Grenze entlang der Oder und Neiße und damit ist z.B. Sachsen nicht mehr Mittel- sondern Ostdeutschland.
 
Heutzutage verläuft Deutschlands völkerrechtlich allseits anerkannte Grenze entlang der Oder und Neiße und damit ist z.B. Sachsen nicht mehr Mittel- sondern Ostdeutschland.
Und deshalb spricht in Parodien der typische Ossi sächsisch:D
Der geographische Mittelpunkt der Bundesrepublik liegt aber tatsächlich auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, in Thüringen.
 
Und deshalb spricht in Parodien der typische Ossi sächsisch:D
Der geographische Mittelpunkt der Bundesrepublik liegt aber tatsächlich auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, in Thüringen.

Ein Blick auf die Landkarte zeigt rasch, was in der Berliner Bundesrepublik Mittel- und was Ostdeutschland ist. Thüringen und Sachsen-Anhalt sind geografisch Deutschlands neue Mitte, während Brandenburg und Sachsen den Status "Ostdeutschland" ertragen (oder erdukden?) müssen. :confused:
 
Diese Sachlage stammt allerdings aus einer Zeit, als die deutschen Grenzen noch "von der Maas bis an die Memel" verliefen, bzw. die Bundesrepublik auf den polnisch besetzten deutschen Ostgebieten beharrte.

Heutzutage verläuft Deutschlands völkerrechtlich allseits anerkannte Grenze entlang der Oder und Neiße und damit ist z.B. Sachsen nicht mehr Mittel- sondern Ostdeutschland.

Nicht ganz! Mit Görlitz bleibt uns ja noch ein letzter winziger Rest von Oberschlesien, also gibt es noch etwas östlicheres als Sachsen.
 
DDR = totalitär

Wir driften von Thema ab ... :winke:

Ich behaupte mal, daß die innerpolitischen Strukturen und Umsetzung der Staatsgewalt sich nur durch die Zeichen der Zeit unterschieden haben.
Die Gewallt und Unterdrückung gegen die eigene Bevölkerung ging im gleichen Maße von einer durchorganisierten Polizei aus, wie der Gestapo und der Stasi ...

Warum wird eigentlich das SED-Regime der DDR, nicht klar als totalitäres Regime bezeichnet?
 
Warum wird eigentlich das SED-Regime der DDR, nicht klar als totalitäres Regime bezeichnet?

Ich bin mir nicht sicher, ob dies ein "totalitæres" Regime auch ausmacht, aber ich wuerde noch einen entscheidenden Unterschied zu den vorher genannten anderen Regimes sehen:
War man Herr im eigenen Haus? Eigentlich nicht, Weisung und ggf. militærische Unterstuetzung gab's vom grossen Bruder.
Insofern war die DDR ein Satellitenstaat mit sehr beschrænkter Souverænitat, vollstændig abhængig von der SU.

Gruss, muheijo
 
[...]
War man Herr im eigenen Haus? Eigentlich nicht, Weisung und ggf. militærische Unterstuetzung gab's vom grossen Bruder.
Insofern war die DDR ein Satellitenstaat mit sehr beschrænkter Souverænitat, vollstændig abhængig von der SU.[...]

Das ist richtig, aber die Sowjetunion, zumindest unter Stalin, wird als totalitäres Regimes definiert, somit dann auch die Satellitenstaaten, wenn sie, wie du behauptest, von der SU abhängig waren.
Vielleicht gilt das auch noch für die Zeitabschnitt unter Ulbricht, aber wie weit war die DDR in ihrer innenpolitischen Verantwortung unter Honecker weniger Abhängig von der SU?
 
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