Ja, genau das meinte ich, als ich von der Gerechtigkeit Friedrichs sprach.
Wenn man die Dinge allerdings einigermaßen neutral betrachtete, würde man zu dem Ergebnis kommen, dass die Mittelalterlichen Herrscher sich in Streitfällen i.d.R. durchaus verschiedene Ansichten einholten, im Besonderen, wenn es sich um Fälle handelte, die zu weitreichenden politischen Konsequenzen führen konnten, mit denen sie umzugehen hatten.
Prozesse wegen angeblicher Ritualmorde waren im lateinischen Europa zu Friedrichs Zeiten eine vergleichsweise neue Erscheinung, die ersten Beispiele sind wohl im ausgehenden 12. Jahrhundert in Westeuropa bezeugt.
Dementsprechend konnten derartige Dinge Richtungsweisend sein, weil sie möglicherweise einen Präzedenzfall-Charakter hatten.
Klar, auch Friedrich musste sich mit den herrschenden Ansichten seiner Zeit arrangieren. Dazu muss man wissen, dass er nicht immer im Clinch mit der Kirche war, ja von den Vorgängern des Gregor IX., dem Berserker auf dem Stuhl Petri, wurde er geradezu protegiert und unter anderem im Jahr 1220 in Rom zum Kaiser gekrönt.
Es wäre ja schön, wenn du mal aus deiner antikirchlichen-Perspektive ausbrechen würdest:
Bei Friedrich II wird man sehr stark zwischen seinem Verhältnis zum Papsttum und seinen religiösen Überzeugungen unterscheiden müssen:
Sein Verhältnis zum Papsttum war schon deswegen schwierig, weil Papst Innozenz III. um 1200 herum versuchte die Staufer um die Herrschaft im Reich zu bringen.
Innozenz III. hatte versucht sowohl die Königswahl Friedrich II. 1196, als auch die spätere Wahl seines Onkels Friedrich v. Schwaben zu Gunsten Ottos v. Poitou (Otto IV.) für ungültig zu erklären.
Beides mit durchaus fragwürdigen Argumenten.
(Im Übrigen ist Philipp v. Schwaben ein sehr schönes Beispiel dafür, wie begrenzt die Macht einer päpstlichen Exkommunikation mitunter sein konnte).
Entsprechend der Tatsache, dass das Papsttum sehr fleißig daran mitgewirkt hatte, dem Antritt seiner Herrschaft im Norden große Steine in Gestalt Otto IV. in den Weg zu legen, so dass sich Friedrich die Krone erst in einem jahrelangen, durchaus nicht ungefährlichen Prozess erkämpfen musste, wird man voraussetzen, dass Friedrichs Verhältnis zum Papsttum an und für sich von Grund auf beeinträchtigt war und er die Päpste immer misstrauisch betrachtete.
Gleichwohl, ich wiederhole mich, eine Person, der die Religion völlig gleichgültig gewesen wäre oder die Religion an und für sich gar abgelehnt hätte, hätte sich kein Kreuzzugsversprechen abnehmen lassen.
Als Friedirch II. 1215 das erste mal ein Kreuzzugsversprechen gab, befand er sich noch in Auseinandersetzung mit Otto IV. um die Herrschaft im Reich, so dass sich das Verssprechen noch als Kuhhandel für die Anerkennung seines Königtums auffassen lässt.
Als er dieses Versprechen allerdings 1225 erneuerte, war sein Gegenspieler Otto IV. kinderlos verstorben und die "welfisch-päpstliche"-Partei (wenn man so will) auf absehbare Zeit zunächst mal am Ende, weil sie ohne dem keinen durchsetzungsfähigen Gegenkandidaten mehr aufzubieten hatte.
Ohne dem war Friedrichs Herrschaft auch durch eine Exkummunikation nicht ohne weiteres zu gefährden und schon gar nicht war seine Herrschaft über Sizilien dadurch so ohne weiteres zu gefährden, bei den in Sizilien ansässigen, ja durchaus noch zahlreichen Muslimen und Juden war die päpstliche Autorität ohnehin gleich Null, so dass es für jeden Papst extrem schwierig sein musste einen sizilianischen König, der sich darauf stützen konnte, mal eben zu stürzen.
Man wird an Friedrichs II. 2. Kreuzzugversprechen und auch seiner Politik im Hinblick auf die Förderung des Deutschen Ordens (auch dazu hatte ihn kein Papst zwingen können) durchaus festmachen können, dass er als Landesherr tolerant gewesen sein mag, was ihn allerdings nicht davon abhielt andernorts (Preußen) der bewaffneten Mission den Boden zu bereiten.
Und wie gesagt, auch das 2. Kreuzzugsversprechen und der tatsächliche Aufbruch in die Levante waren nichts, was der Papst zu diesem Zeitpunkt hätte erzwingen können.
Den Umstand, dass Friedrich II. den Kreuzzug antrat, noch während er sich im Bann befand, kann man durchaus auch als Angriff auf die päpstliche Autorität verstehen, denn dass ausgerechnet ein exkommunizierter Herrscher in der Levante Erfolge im Nahmen des Christentums erzielte, musste doch irgendwo auch die Frage aufwerfen, inwiefern sich der Papst in Sachen Exkommunikation möglicherweise völlig verrant hatte und ob er mit seinem Urteil richtig liegen konnte.
De facto hätte sich Friedrich auch auf den Standpunkt stellen können, dass mit der Exkommunikation jede Zusage an einen Kreuzzug damit hinfällig geworden wäre.
Um seine Herrschaft schien er der Exkommunikation wegen auch nicht besonders in Sorge gewesen zu sein, denn sonst hätte er in dieser Zeit sein Herrschaftsgebiet nicht verlassen.
Friedrich II. so darzustellen, als hätte er keine religiösen Überzeugungen gehabt oder nicht Grundsätzlich auf der Grundlage des katholischen Christentums gestanden und nur in dessen Interesse gehandelt, wenn man ihn dazu gezwungen hätte (womit eigentlich?) haut so nicht hin.
Viel mehr wird man sagen können, war er sich der Differenz zwischen den Interessen des christlichen Glaubens und den Interessen des Papsstums sehr bewusst und erteilte den letzteren desöfteren mal eine Absage aber ohne die ersteren aus den Augen zu verlieren.
Über die einigermaßen tolerante Politik (wenn wir seine Gesetzgebung gegen Heräsie) jetzt einmal ausklammern, innerhalb seines eigenen Herrschaftsgebietes, sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass Friedrich mit der Unterstützung des Deutschen Ordens bei seiner Festsetzung im Baltikum dabei half in anderen Teilen Europas auch eine ganz andere Politik auf die Schiene zu setzen und in diesem Zusammenhang, sollte man Friedrichs einigermaßen tolerante Politik in Religionsdingen vor allem als erlernte Herrschaftstechnik auffassen, die zur Regentschaft gemischtreligiöser Gebiete eine ordnungspolitische und wirtschaftliche Notwendigkeit darstellte, aber nicht als persönliche Überzeugung.
Das war sie nicht.