Seeschlachten: Entern oder Versenken?

Übrigens, die Spanier wünschten sich keinen Enterkampf. Sie wünschten sich nur an Land zu kommen, da diese Soldaten nicht für den Seekrieg vorgesehen waren sondern für die Invasion Englands.

Das wird in der Seekriegsgeschichte ganz anders gesehen, die Enterabsichten der Spanier als Strategie der Armada belegen zahlreiche beschriebene Manöver.

Zu den Verlusten: die ersten drei "Großen" im Kanal (N.S. de Rosario, N.S. de la Rosa, Santa Anna) sind nach den zT ernsten Beschußschäden auf eine Havarie, eine ungeklärte spätere Explosion sowie auf Stranden beim Einlaufen zurückzuführen.

Die spanischen Kanonen auch auf den schweren Einheiten waren leichter als die der britischen Gegenstücke.
 
Wieviel per Geschützfeuer versenkt wurden, weiß ich auch nicht. Wahrscheinlich nicht mal eines, da die britische Flotte einen direkten Seekampf meistens aus dem Wege ging. Mit ihren leichten Kanonenkugeln aus der Ferne werden sie - wenn sie getroffen haben - allerhand Schaden angerichtet haben, zum Versenken hat es bestimmt nicht gereicht.

Der von Sascha66 angegebene zweite Link stimmt in allen wesentlichen Teilen mit der Darstellung in Oliver Warner, Große Seeschlachten (1963), S. 24-37 überein. Auch dort wird kein Fall einer Versenkung durch Artillerie exakt benannt, jedoch soll die San Lorenzo vor Calais manövrierunfähig "mit Handfeuerwaffen (!) durchsiebt" (S. 33) worden sein. Wenigstens zwei isolierte Spanier wurden gekapert, die meisten - siehe oben.
 
Liebe Freunde

Wenn wir von einer Seeschlacht schreiben, stand keineswegs das entern des feindlichen Schiffes im Vordergrund. Sondern immer das versenken . Den jedes enternde Schiff würde für einige Zeit als Kampfkraft ausfallen .
Wenn ihr euch die Viertageschlacht der Holländer gegen die Engländer anschauen würdet, so würdet ihr bemerken, das Admiral de Ruyter jedem Kapitän bei Todesstrafe das Entern verbot .

Es sei denn, es war das feindliche Admiralsschiff, um eine Übergabe der feindlichen Flotte zu erzwingen .

Und noch eines .

Es ging nicht immer um das versenken des feindlichen Schiffes . Es manövrierunfähig zu schießen reichte meist völlig aus um den Flottenverband in Verwirrung zu bringen .

MfG Henricus
 
Den jedes enternde Schiff würde für einige Zeit als Kampfkraft ausfallen .
Und später wieder zur Verfügung stehen. :devil:


Wenn ihr euch die Viertageschlacht der Holländer gegen die Engländer anschauen würdet, so würdet ihr bemerken, das Admiral de Ruyter jedem Kapitän bei Todesstrafe das Entern verbot .
Dazu würde mich die Literaturstelle interessieren, aus der die Begründung hervorgeht.
 
Als Beispiel möchte ich das Gefecht der "Revenge", Ende August 1591 vor den Azoren, angeben.
Das kleine englische Geschwader unter Lord Thomas Howard mit 15 Schiffen wurde von einer überlegenen spanischen Flotte von 53 Schiffen unter Admiral de Bazan überrascht. Die Engländer hatten einen Teil ihrer Mannschaften an Land zur Erholung geschickt und lagen vor Anker. Auch waren die Schiffe nach langer Reise überholungsbedürftig und besaßen nicht genug Ballast. Es wurden also die Ankertaue gekappt und man suchte das Weite. Einzig die "Revenge" blieb zurück, um die Flucht zu decken. Es kam zu einem Bord-an-Bord-Kampf mit der stärker armierten "San Philip". Die Engländer wehrten sich heftig und der Spanier musste den Kampf als aussichtslos aufgeben und sich lösen. Darauf wurde das englische Schiff von allen Seiten angegriffen, aber alle Annäherungen wurden abgewiesen. Das lag an der weit überlegenen Artillerie, die schneller schoss und besser traf. Das Gefecht dauerte von 3 Uhr nachmittags bis 3 Uhr morgens. Die Masten der "Revenge" waren am Ende gekappt, die Aufbauten zersplittert und von den 60 kampffähigen Männern waren 40 tot. 800 Schuß hatten das Schiff getroffen und 6 Fuß hoch stand das Wasser im Schiff. Keiner, der unverletzt war. Als das Pulver verschossen war, befahl der schwer verletzte Kapitän, Greynville, die Revenge selbst zu versenken. Die Mannschaft war jedoch derart entkräftet, das sie diesen Befehl nicht mehr ausführen konnte. Die Spanier boten eine ehrenvolle Übergabe an, die dann auch angenommen wurde.
Man nahm die Revenge in Schlepp, diese sank dann aber fünf Tage später in einem Sturm. 16 spanische Schiffe teilten dieses Schicksal.

Mit diesem Artikel wollte ich zeigen, dass es fast unmöglich war, einen Gegner durch Beschuss mit Vollkugeln absichtlich zu versenken. Entstandene Lecks konnten, da sie nicht zu groß waren, abgedichtet werden. Der Zweck der Artillerie war, die gegnerische Mannschaft zu dezimieren und zu demoralisieren. Wenn eine Breitseite saß, dann flogen scharfe und spitze Holzsplitter wie Schrotgeschosse durchs Schiff. Die Leute bluteten, auch wenn sie nur verletzt waren, wie die Schweine. Unter Deck wurde es durch das Blut rutschig. Es war also eher eine Art sturmreif schießen. Entern stand dann für den Sieg.
 
Ja man musste ein Schiff schon genau ander Wasserlinie treffen, damit Wasser in den Rumpf gelangen kann. Obeerhakb gabs nur Löcher und Splitter, die die Mannschaft gefärden und unterhalb nahm das Wasser schnell die Wucht vom Einschlag, so dass die kugel den Rumpf nicht mehr durchdringen konnte.
Die wenigen tatsächlich gefährlichen Löcher wurden schnell mit Korken verstopft.
Treffer in die Pulverkammer zerstören ein Schiff natürlich, aber das waren reine Glückstreffer.
 
Wenn wir von einer Seeschlacht schreiben, stand keineswegs das entern des feindlichen Schiffes im Vordergrund. Sondern immer das versenken .
So apodiktisch formuliert ist das eindeutig falsch.
Beispiele der großen Seeschlachten der Nelson-Zeit belegen das Gegenteil.

Den jedes enternde Schiff würde für einige Zeit als Kampfkraft ausfallen .
Das ist nebensächlich, wenn nur das Entern Erfolg hat.

Wenn ihr euch die Viertageschlacht der Holländer gegen die Engländer anschauen würdet, so würdet ihr bemerken, das Admiral de Ruyter jedem Kapitän bei Todesstrafe das Entern verbot .
Da müßte man sich die genauen Umstände anschauen.
Im Zweifelsfall wird die Seite das Entern vermeiden, die dabei Nachteile befürchet (aus welchen strategischen oder taktischen Gründen auch immer).

Daraus läßt sich aber keine allgemeine Regel für alle Seeschlachten ableiten.
 
Wenn ihr euch die Viertageschlacht der Holländer gegen die Engländer anschauen würdet, so würdet ihr bemerken, das Admiral de Ruyter jedem Kapitän bei Todesstrafe das Entern verbot .
Ruyter tat das, um die Disziplin zu halten. Es war gerade die Zeit, in der sich die Linie als erfolgreiche Taktik herausbildete. Die niederländischen Kapitäne waren oft sehr eigenwillig und wollten Beute machen. Aber auch die Engländer hatten da noch ihre Schwierigkeiten und brachten Gefechtsinstruktionen heraus, so im März 1653. Darin wurde die Kiellinie als verbindliche Gefechtsordnung bestimmt. Damit hatten sie dann auch bei einem Gefecht bei der Gabbard Bank, am 2. Juni 1653, Erfolg. Während die Engländer streng in Linie fahrend von Luv her angriffen, kam es bei den Niederländern unter Admiral Tomp zu "Verklumpungen" und die Schiffe behinderten sich gegenseitig. Die Engländer griffen dann nach und nach die zusammengeschossenen Schiffe der Niederländer mit hierfür extra abgestellten Fregatten an und setzten Enterkommandos ab. 11 niederländische Schiffe wurden so genommen und 2 explodierten. 12 englische Schiffe wurden beschädigt, aber keines ging verloren.
Dieses Debakel vor Augen, ließ Ruyter das eigenmächtige Entern verbieten.
 
Es kommt aber noch dazu, das dabei auch noch etwas Brennendes bzw. Funken in die Pulverkammer gelangen müssen
Durch einfachen Schlag entzündet sich Schwarzpulver nicht. Es braucht schon den Funken. Aber ich kann mir vorstellen, dass eine eiserne Kanonenkugel, wenn sie so durch die Pulverkammer flog, an Nägeln, Fassreifen oder anderen eisernen Gegenständen leicht Funken schlug.
 
Durch einfachen Schlag entzündet sich Schwarzpulver nicht. Es braucht schon den Funken. Aber ich kann mir vorstellen, dass eine eiserne Kanonenkugel, wenn sie so durch die Pulverkammer flog, an Nägeln, Fassreifen oder anderen eisernen Gegenständen leicht Funken schlug.

Ist alles möglich, aber die Pulverkammer lag, zumindest bei den Linienschiffen, unter der Wasserlinie, was einen Treffer derselben zusätzlich extrem erschwert.

Ich glaube die paar Schiffe, die bei Seeschlachten oder Gefechten, durch Pulverkammerexplosionen zerstört wurden, haben vorher schon gebrannt oder
in der Pulverkammer kam es in der Hektik der Schlacht zu Schlampereien beim Umgang mit offenem Licht.
 
kriegsschiff.jpg
Ich habe da mal einen Riss der Revenge hoch geladen. Wie man sieht, ist da nicht viel Platz unter der Wasserlinie. Da ist dann die Bilge, in der das Wasser schwappt. Wasser zieht ein Schiff immer. Da man zusehen musste, dass das Pulver trocken blieb, war eher ein luftiger Platz günstig. Eine Luftfeuchtigkeit von über 85 Prozent macht Schwarzpulver schnell unbrauchbar. Außerdem müsste man bei einem fensterlosen Raum mit einem Licht hantieren, was ich für sehr gefährlich halte, auch wenn es in einer Laterne eingeschlossen ist. Ein Schiff bewegt sich immer und da kann so ein Ding schon mal zur Seite oder auf den Boden fliegen.
Ich habe zwar keine klaren Beweise, aber ich vermute, die Pulverkammer war achtern in Höhe des Batteriedecks. Von dort ließ sich die Munition auch am schnellsten verteilen.
Vielleicht ist der Name Kammer auch irreführend, denn so richtig abgeschlossene Kammern gab es nicht, mal von den Räumen der höheren Dienstgrade abgesehen.
 
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Zwischen Revenge und Victory liegen zwei Jahrhunderte!

In denen sich beim Schiffsbau, der Geschütztechnik und folgerichtig der Seekriegsführung enorm viel geändert hat.
 
der Geschütztechnik und folgerichtig der Seekriegsführung enorm viel geändert hat
Obwohl ich da gerade nicht so richtig lag, muss ich trotzdem nochmal widersprechen. Bei den Geschützen hatte sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts relativ wenig geändert. Zu Drakes, wie zu Nelsons Zeiten wurde mit glattrohrigen Vorderladern, die Eisenkugeln mittels einer Schwarzpulverladung verschossen, gefeuert. Zur Zeit Nelsons waren die Kanonen lediglich aus Gusseisen statt aus Bronze, was wegen der Zugfestigkeit des Materials nicht unbedingt ein Vorteil war, allerdings war der Eisenguss billiger. Es kam durch die Sprödigkeit des Gusseisens hin und wieder zu Rohrkrepierern. Bronze dagegen ist elastischer und beult nur auf. Anfang des 19. Jahrhunderts waren die Kanonen dann auch mit Steinschlössern versehen, die durch Seilzug ausgelöst wurden.
Die Treffgenauigkeit und damit Gefechtsentfernung änderte sich erst mit dem Auftauchen der gezogenen Armstrong-Hinterlader. Es gab zwar schon vorher Versuche mit gezogenen Läufen bei Vorderladern und mit Langgeschossen, doch bei diesen war die Handhabe zu kompliziert, worunter die Schußfolge litt.
 
Liebe Freunde
Meine Ausführungen über die Taktik des Seekrieges waren dazu da um euch zu zeigen das es in einer Seeschlacht (militärisch ) darauf ankam den Gegner zu schwächen in dem man das feindliche Kriegsschiff versenkte .
Warum, sollte man versuchen ein feindliches Schiff zu entern , wenn die Erfolgsaussichten nicht 100% waren . Schnell konnte so ein Enterversuch ins Gegenteil ausarten wenn die feindliche Mannschaft (Seesoldaten so wie Matrosen) nicht geschwächt wären ?
Ein Enterangriff auf ein feindliches Kriegsschiff war mehr als gefährlich : Versenken ist viel praktischer . Weniger Risiko fürs eigene Schiff und Mannschaft .
Noch eines . Ein direkter Treffer in die Pulverkammer war mehr als verheerend . Eine Kanonenkugel erhitzt sich beim Austritt aus dem Kanonenrohr dermaßen das sie gut , ein Pulvermagazin in Brand setzen konnte .
Bei den Mythbustern (einer Fernsehsendung) wurde ein solcher Test mal vorgeführt .
Deshalb lagen die Pulverkammern meist unter der Wasserlinie .

Mfg Henricus
 
Warum, sollte man versuchen ein feindliches Schiff zu entern , wenn die Erfolgsaussichten nicht 100% waren . Schnell konnte so ein Enterversuch ins Gegenteil ausarten wenn die feindliche Mannschaft (Seesoldaten so wie Matrosen) nicht geschwächt wären ?
Sorry, aber ich mag mich mit dem Versenken vor dem Entern nicht wirklich anfreunden. Gerade die Viertageschlacht zeigt, dass es zeitlich ausgedehnter Artillerieduelle bedurfte, um einigermaßen Wirkung zu zeigen. Am Ende wurden zusammengeschossene Gegner immer mit überlegenen Kräften geentert. Außer, sie waren aus irgendeinen Grund am Sinken. In dieser Schlacht verloren die Niederländer 2000 Mann und 4 Schiffe. Die Engländer 5000 Tote, 3000 Gefangene und 17 Schiffe. Dagegen die Schlacht bei Trafalgar, wo die spanisch-französische Flotte 22 Schiffe und 2600 Mann verlor, die Engländer dagegen kein Schiff und 449 Mann verloren. Ein britischer Teilnehmer schrieb: "Von unseren Schiffen allein wurden jeden Augenblick 40 bis 50 Kanonen abgefeuert. Fast die gleiche Anzahl schoß das französische Schiff zu unserer Linken und das spanische zu unserer Rechten. Da wir Bord an Bord auf Pistolenschußweite lagen, wurden in einem Quadrat von höchtens 500 Schritt Seitenlänge jede Minute über 100 Kanonen abgefeuert. In der ganzen Schlachtlinie war es ein unausgesetztes Feuern von mehr als 1000 Geschützen." Ein anderer Bericht von der französischen Seite: "Es war ein entsetzliches Gewitter, dessen ohrenbetäubender Donner von unaufhörlichen Blitzen begleitet wurde, von denen jeder den Tod bringen konnte und das Deck mit Trümmern übersäte. Die Szene wurde noch furchtbarer durch die Ströme von Blut, die sich über unser Deck ergossen. Ich nahm Pulver, als ich plötzlich Blut aus dem Arm eines Mannes an unserem Geschütz spritzen sah. Ich wußte nicht, was ihn getroffen hatte. Der 3. Leutnant band sein Tuch um dessen Arm und schickte ihn zum Arzt. Die Schreie der Verwundeten erfüllten alle Decks des Schiffes, sie wurden, so schnell es ging, zum Verbandsraum gebracht. Die Glücklicheren, die gleich tot waren, wurden außenbords geworfen. Einem Mann zerriß eine Kugel in schrecklicher Weise das Gedärm, zwei oder drei Mann fingen ihn mit ihren Armen auf, und da er nicht überleben konnte, warfen sie ihn über Bord."
Bei dem Gefecht zwischen der amerikanischen "Constitution" und der englischen "Guerriere", im August 1812, fanden 15 Engländer den Tod und 63 waren verwundet, die Amerikaner hatten jeweils 7 Tote und Verwundete. Die "Guerriere" war ihrer Takelage beraubt und der Rumpf von dreißig Kugeln durchlöchert. Diese Tatsache bewog den englischen Kommandanten zu kapitulieren. Es bedurfte also keiner Versenkung.

Im 17. Jahrhundert kam es immer wieder vor, das bei Gefechten Schiffe explodierten. Ab dem 18. Jahrhundert ist kaum noch davon etwas zu lesen. Ich vermute, dass dann um 1700 herum die Pulverkammer unter die Wasserlinie "wanderte".
 
Wenn man sich mal das Kaliber einer Kanonenkugel ansieht und dann Beschusstestgegen Schiffswände, dann merkt man, dass die nur relativ kleine kreisrunde Löcher hinterlassen.
Es bedarf schon einer ungeheuren und langanhaltenden Feuerkraft um ein Schiff zu versenken.
Vorher wurde eher die Mannschaft so stark dezimiert, dass sie mit dem Löcherstopfen und Wasser abpumpen nicht mehr nachkam. DANN erst sank das Schiff.
Oder wie gesagt die Pulverkammer wurde getroffen und das Schiff war futsch.
Aber bevor es so weit kam wurde ein Schiff wohl eher geentert.
 
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