1.1.
Jedes andere menschliche Wesen in diesem Film, aber wirklich jedes, wird als strunzdumm dargestellt, insbesondere natürlich die männlichen Protagonisten – samt und sonders erbärmliche, feige Gockel, die von den beiden Damen, die ihnen haushoch überlegen sind, unentwegt zurechtgestutzt werden müssen.
2.
Die anachronistische Gossensprache und die eindeutigen gegenwartspolitischen Untertöne werden dem Film oft als Vehikel zugutegehalten, das den historischen Stoff leichter zugänglich mache. In der Theorie mag das ja vielleicht stimmen, das Resultat jedoch ist ein Film, der in jeder Hinsicht tonal unstimmig ist.
Naja, das fand ich ja eben auch so in sich unplausibel. Marlborough als graue Witzfigur, die nichts auf dem Kasten hat und dann gelingt es seiner Gemahlin aber ihn wegen eines Genies, den man nirgends sieht, gegen Anfeindungen zu verteidigen.
2.
Diese Gossensprache erinnert ein bisschen an Bertrand Taverniers "Que la fête commence". Das war 1975 immerhin noch irgendwie inovativ. In einem Interview erzählte Tavernier mal gegenüber arte wie man zu den eigenwilligen Dialogen gekommen war. Man hat sogar Fernsehmeldungen aus der Entstehungszeit mit rein genommen und die Schauspieler durften stark improvisieren.
Ich weiß nicht wie frei man im Fall von "The Favourite" war.
Aber Deinem Urteil, dass es ein umstrittener Film zwischen Bewunderung und Enttäuschung ist, würde ich beipflichten auch wenn ich ihn nicht so schlimm fand. Ich fand ihn eher so mittelmäßig. Es war eben doch sehr ein Kammerspiel um Intrigen und so, wobei Massenszenen oder sonst irgendwelche Schauwerte umgangen wurden - ein bisschen wie einige ähnliche Kinofilme der 40er-60er, die in nem Studio die Geschichte großer Monarchen in Dialogen erzählen wollten.