Na, die Griechen waren schon klasse im Vergleich zu den Osmanen, genau wie die Perser. Beim Rest stimme ich dir uneingeschränkt zu :yes:
Ich meinte die Eroberungen, die z.B. die Griechen tätigten, und unsere Geschichtsschreibung oftmals als "Kolonisierung" ggf. verniedlichte. Die Osmanen haben auch "kolonisiert", hatten den Wunsch, Zivilisation, gleiches Recht für alle und Herrschaft (und damit Einnahmemöglichkeiten) zu verbreiten. Kannst ja mal die Lykier fragen, ob die es so toll fanden, dass sich die griech. "Kolonisten" bei ihnen breitmachten. Später dann unter Byzanz waren die griech.-röm. Eroberungszüge auch kein Kind von Traurigkeit. Einige Dinge haben sich sogar die Osmanen von den Byzantinern abgeschaut, z.B. die zwangsweise Umsiedlungsaktionen. (Die Kulturleistungen meinte ich also nicht, wo z.B. die Italiener unzweifelshaft mehr hervorbrachten, als die Schweden. In ihrer Kriegsführung waren beide aber keine Mütter Theresa, genausowenig wie die Osmanen, das wollte ich nur sagen)
Die Slawo-Bulgaren sind, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, gar nicht zum Islam übergetreten. ...
Welcome :yes:!
Ich möchte nicht zu weit Offtopic gehen, denn wir haben schon einige Threads zum Thema z.B.:
http://www.geschichtsforum.de/f42/p...rungs-eventuell-aus-pommern-22310/#post338161
http://www.geschichtsforum.de/f42/h...ten-des-osmanischen-reiches-15768/#post249497
In einem hast du Recht:
"Neuere Untersuchungen, die auf bis jetzt unbekannten osmanischen
Dokumenten basieren, bestätigen dieses Bild zusätzlich120: Die Ausbreitung des
Islams in den Rhodopen ist als ein langwieriger und freiwilliger Prozeß zu
betrachten und
nicht als die Folge einiger Strafaktionen, durch welche die
Osmanen die bulgarisch-christliche Bevölkerung brutal und auf Anhieb zum Islam
bekehrt haben sollen."
aus:
Religiöse Identität im Zeitalter des Nationalismus
Die Pomakenfrage in Bulgarien
Alexander Velinov
2001
(mit einigen Schwächen)
Darin kannst du auch etwas erfahren über die
Fälschungen von angeblichen frühneuzeitlichen bulgarischen Chroniken, die die "grausamen" Osmanen beschreiben - in Wahrheit aber aus dem 19. Jh. stammend, wie gewohnt...
Ansonsten findest du in obigen Links oder auch bei Maria Todorova und Antonina Zhelyakova weitere Antworten wer nun den Islam in Bulgarien annahm.
Das möchte ich denn doch bezweifeln!
Als Serben, Rumänen und Bulgaren Ende des 19. Jh. ihre staatliche Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich erzwangen, geschah das im Gefolge einer längst ausgebildeten nationalen Identität, wie sie sich in zahllosen Publikationen jener Zeit verfolgen lässt. Der Wunsch nach nationaler Sopuveränität und Selbstsbestimmung hätte sich kaum verwirklichen lassen, wenn sich die slawischen Balkanvölker ihrer nicht deutlich bewusst gewesen wären. ...
Diese Diskussion hatten wir an anderer Stelle schon mehrfach, ich möchte nur aus obiger Arbeit einen Absatz zitieren, sowie aus einer anderen und einem Standardwerk und ansonsten auf die üblichen Threads zum Weiterdiskutieren verweisen. Aber bitte meckert nicht über lange Zitate, denn anscheinend werden sie nie gelesen, da ich immer wieder die gleichen Stereotypen/veraltete Ansichten lesen muss:
" Dieser Gedanke, in dem sich der Wunschtraum moderner
Nationalstaaten widerspiegelt, war in der Gedankenwelt der politischen Lenker der
Pax Otomanica schlicht nicht vorhanden. Die Vorstellungen bulgarischer Autoren
diesbezüglich resultieren aus dem unreflektierten Übertragen von Handlungs- und
Denkmustern, die für die europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts des
öfteren typisch waren, aber nicht für das vormoderne Reich der Osmanen. Für das
gesamte vormoderne Europa, für die Politikgestalter am Bosporus übrigens bis zum
ausgehenden 19. Jahrhundert, sind solche Kategorien wie Sprache oder ethnische
Zugehörigkeit oder gar die Gleichsetzung zwischen kulturellen und staatlichen
Grenzen politisch völlig irrelevant gewesen."
Identitätsstiftend Nummero Uno war, neben der räumlich recht begrenzten lokalen Identität, die religiöse Ausrichtung und die Bindung an lokale Größen/Älteste/Sippschaft/etc.
Ansonsten lese dich doch bitte z.B. in dieser Dissertation ein wenig ein. Einige Auszüge als Appetizer:
"Diese wenigen Zahlen sollen anschaulich machen, wie dicht das Netz der Missionsstationen auf dem Balkan war. Allerdings mussten sie im 20. Jhd. gegen manch staatliche Schikane kämpfen; ohnehin waren ihre Konversionserfolge mehr als bescheiden. “After about forty years, Bulgarian, Albanian, Greek, Romanian, Turkish, Jewish, Armenian, Gygpsy, Maltese, Levantine and American pupils had all enrolled in the school.” Alle lernten die Bibel auf Englisch.108 Der amerikanische Missionar Jenney klagte Ende des 19. Jhds. über die babylonische Sprachvielfalt in Monastir, dass man zur efolgreichen Ausübung seines Berufes mindestens Bulgarisch, Griechisch, Aromunisch109 und Albanisch beherrschen müsse, wobei diese Sprachen zu allem Überfluss auch noch von Französisch und Deutsch durchsetzt seien.110 Oftmals sassen die Missionare zwischen allen Stühlen. Die amerikanischen Missionsstationen akzeptierten die türkische Herrschaft über den Balkan nicht und bevorzugten jede Form von christlicher Herrschaft, sei sie bulgarisch, griechisch, serbisch, vor der türkischen, sahen sich jedoch zugleich von Seiten der Griechen und Serben grösserer Feindschaft ausgesetzt als von Seiten der Türken: Die Serben schlossen ihre Schulen und
Griechen zündeten ihre Kirchen an.111"
" Wenn wir unter einer Nationalbewegung das gemeinschaftliche Vorhaben verstehen, dass ein Volk seine politische Bestimmung in einem Staat finde, dessen Institutionen in seiner Sprache und an seinen Wertvorstellungen, und dessen Grenzen an seinem angestammten Siedlungsgebiet ausgerichtet sind, so setzt dies ein entsprechendes
Bewusstsein einer Gruppe von Menschen voraus, sich in diesem Sinne als Gemeinschaft zu begreifen. In der östlichen Mittelmeerwelt war
dieses Bewusstsein anfangs jedoch recht schwach und die Voraussetzungen mussten erst geschaffen werden, das nationale Bewusstsein einer Bildungselite zu einem grossen Strom werden zu lassen. Eine ähnliche Erfahrung wie Fallmerayer sollte noch sehr viel später der amerikanische Missionar Jenney Ende des 19. Jhds.
machen, als er mit der Sprachenvielfalt auf dem Balkan konfrontiert wurde.
Seiner Beobachtung zufolge waren viele Menschen dort ausserstande, ihre Nationalität eindeutig zu bestimmen. Denn es gab ebenso
hellenisierte Bulgaren wie bulgarisierte Griechen. “Serben, Vlachen, Albaner und andere haben sich fast unentwirrbar vermischt.”287"
aus:
http://www.geschichtsforum.de/f42/i...ooks-und-artikel-13930/index2.html#post320511
Und aus D. Quataert: The Ottoman Empire. Cambridge 2005:
einsehbar hier:
The Ottoman Empire, 1700-1922 - Google Book Search
Rezension auf deutsch:
SEHEPUNKTE - Rezension von: The Ottoman Empire 1700-1922 - Ausgabe 8 (2008), Nr. 10
Zitat: "...wird eine unverzichtbare Lektüre im Schul- und Universitätsstudium werden"
"
Peaceful relations among Ottoman subjects
were the norm over most of
the period and the Ottoman system worked relatively well for
almost all of
its history. "
ad hoc Übersetzung nud Zusammenfassung:
Das friedliche Zusammenleben der osmanischen Untertanen war die Norm über die meiste Zeit und das osm. System arbeitete relativ gut für fast seine gesamte Geschichte.
nochmals, da der Autor es nicht oft genug betonen kann:
"Despite all
stereotypes and preconceptions to the
contrary, inter-
Ottoman group relations during most of Ottoman history were rather
good relative to the standards of the age. "
Thus, the issue of nationalism, on which there is profound
confusion
among scholars and the general public, takes center stage.
In an older
view, nationalism – sentiments of uniqueness, superiority, and the claim
for independence – preceded and gave birth to the nation state. Persons
felt they were part of an oppressed national group that had been and was
being deprived of its economic, political, and cultural rights. And so they
demanded the right to a state independent of Ottoman domination.
In
more recent arguments, the state is said to have come into being first;
with nationalism emerging only subsequently. That is, the new state, to
preserve itself, sponsored and created national identity formation within
its borders.3"
"One
popular myth – that now has been debunked – had it that the Balkan
economies were dying under oppressive Ottoman misadministration and
needed freedom to survive. In fact, recent scholarship has shown the
exact opposite to have been true;" In Bulgarien z.B. im der Mitte des 19. Jh.
weiter:
" Generally, it turns out, the Balkans on
the eve of their separation witnessed
growing not declining
prosperity." "... the period
following independence brought economic decline"
"Hence, we can no longer use economic decline to explain the
emergence of separatist movements.4"
Der Niedergang der Ökonomie eignet sich nicht als Erklärung für den nationalen Separatismus, wuchs doch gerade
vor den Unabhängigkeitsbewegungen die wirtschaftliche Prosperität und der Niedergang der Wirtschaft setzte
nach der Unabhängigkeit ein.
Die anderen Gründe lest selber nach, in googlebooks ist das Buch sehr weit einsehbar.
Noch zur Identität:
"One’s religion – as Muslim, Christian, or Jew – was an important means
of differentiation in the Ottoman world. Indeed, ethnic terms confusingly
often described what actually were religious differences. "
"
Stereotypes present distorted and inaccurate pictures of Ottoman sub-
jects living in
sharply divided, mutually impenetrable, religious commu-
nities called millets that date back to the fifteenth century. In this
incorrect
view, each community lived apart, in isolation from one another, adja-
cent but separate. "
"
Recent scholarship shows this view to be
fundamentally wrong on
almost every score."
"In the first quotation are the words of Bulgarian émigré intelligentsia
who were seeking to promote a separate Bulgarian nation state and break
from Ottoman rule.1 To justify this separation, they
invented a new past
in which the Ottomans had abruptly ended the Bulgarian cultural renais-
sance of the medieval era, destroying its ties to the West and preventing
Bulgaria from participating in and contributing to western civilization.
And yet, hear two other Bulgarian Christian voices speaking distinctly
differently about Bulgarian Muslims, the first during the period just be-
fore formal independence in
1908 and the other a few years later:
Turks and Bulgarians lived together and were good neighbors. On holidays they
exchanged pleasantries. We sent the Turks kozunak and red eggs at Easter, and
they sent us baklava at Bayram. And on these occasions we visited each other.2
In Khaskovo, our neighbors were Turks. They were good neighbors. They got on
well together. They even had a little gate between their gardens. Both my parents
knew Turkish well. My father was away fighting [during the Balkan Wars]. My
mother was alone with four children. And the neighbors said: “You’re not going
anywhere. You’ll stay with us . . . ” So Mama stayed with the Turks . . . What I’m
trying to tell you is that we lived well with these people.3
Thus, as the various quotations demonstrate, some Bulgarian Christian
writers emphasize the differences between “Bulgarians” and “Turks” while others stress the everyday, friendly relations existing between two
sets of neighbors"
"
The overwhelming majority of Ottoman subjects were not seek-
ing separation or withdrawal."
Forts. folgt: