War die Kulturrevolution ein Bürgerkrieg?

Die Volksrepublik China, ist sicherlich nicht zu unrecht einer der umstrittensten Staaten der Erde! Aber, das chinesische Volk und alle anderen Völker dieses Landes, habe im Laufe des 20. Jhd. so einiges mitgemacht.
Eine der schlimmsten Episoden für dieses Land, war sicherlich die sogenannte Kulturrevolution!:mad::(

Mich schaudert es noch heute wenn, ich daran denke, was die Fanatiker damals beinahe mit den Kulturschätzen Chinas angestellt haben bzw. hätten. Von den tausenden von Menschenleben ganz zu schweigen. Immerhin, hat diese schreckliche Periode zehn Jahre gedauert. In dieser Zeit, haben ja die BRD und die VR diplomatische Beziehungen aufgenommen. Auch nicht gerade glückliche Umstände, für so ein wichtiges Unterfangen. Aber um auf meine Überschrift zurückzukommen. Wäre es nicht richtiger von einem Bürgerkrieg zu reden?
https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturrevolution
Ich denke, dass diese Ereignisse, Chinas soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung enorm zurückgeworfen haben.

Da würden mich dann doch die Argumente interessieren, warum es dir richtiger erscheint, die Kulturrevolution als Bürgerkrieg zu bezeichnen. In dem verlinkten Wikipedia-Artikel finde ich nichts, dass diese Interpretation nachvollziehbar macht.

Vor allem auch würde mich interessieren, welches die Parteien/ Gruppen waren, die sich gegenüberstanden.
 
Die Optimates und die Popularen kann man sicher nicht als Parteien im modernen Sinne bezeichnen, aber ich bin schon der Ansicht, dass es sinnvoll ist, die Bezeichnung Bürgerkrieg(e) auf die Konflikte im letzten Jahrhundert der römischen Republik und auch auf die Konflikte zwischen verschiedenen Usurpatoren, Kaisern, Gegen-Kaisern und gegen-Gegen-Kaisern anzuwenden.

Damit hast du nen Punkt.

Ich denke, ich sollte auch noch einmal präzisieren, wie mein letzter Beitrag gemeint war:

Ich habe allein schon wegen der Begrifflichkeit "Bürgerkrieg" ein Problem damit das auf Gesellschaften anwenden zu wollen, die die Kategorie des "Bürgers" im Sinne des Staatsbürgers als als politischem Subjekt überhaupt nicht kennen und mehr oder minder nach den Kategorien Herren und Untertanen organisiert sind.
Das meinte ich mit "vormodern".

Rom, das durchaus das Prinzip eines Bürgerrechts, wenn auch nicht im Sinne des modernen Staatsvolkes und den Bürger als politischen und militärischen Akteur durchaus kannte, müsste ich davon ausnehmen.

Aber davon abgesehen, spielt der "Bürger" als handelnder Akteur, außerhalb kleinstformatiger Aktionsfelder im Sinne von Stadtstaaten doch bis ins ausgehende 18. Jahrhudert hinein überhaupt keine Rolle.

Als Ausnahme würde ich eventuell noch die Niederlande sehen, die das mit der Republik im etwas größeren Format versuchen, aber da vollziehen sich die machtpolitischen Umbrüche hinsichtlich der Rolle des "Statthalters" eigentlich ohne größere interne kriegsähnliche Zustände.



Mit dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg als "Bürgerkrieg" argumentieren zu wollen, würde ich mich insofern schwer tun, als dass die meisten Kolonien vorher ja durchaus nicht zu England/Großbritannien gehörten, sondern aus in irgendeiner Form lose daran angelehnten Subjekten bestanden, so dass ich das tatsächlich primär als zwischenstaatlichen Konflikt betrachten würde.
Aber das könnte man sicherlich verhandeln.

Bei den Rosenkriegen bin ich absolut dagegen das als "Bürgerkrieg" zu klassifizieren, das ist letztendlich eine Auseinandersetzung von Adelscliquen und ihren Untertanen aber nicht eine Sache von verschiedenen primär aus der Bevölkerung getragenen Bewegungen/Parteien, die sich aneinander abarbeiten.





Um wieder auf China zurück zu kommen:

Die Gründung der Republik China, mag mit den alten monarchischen Strukturen aufgeräumt und den "Bürger" als politische Kategorie zumindest theoretisch eingeführt haben, inwiefern man aber in den 1910er und frühen 1920er Jahren davon sprechen kann, dass diese wirklich en gros als politische Akteure auftreten und maßgeblichen Anteil an den Auseinandersetzungen nehmen, da kann man sicherlich ein Fragezeichen drann machen.

In den späten 1920er Jahren sieht man unbestreitbar, dass Guomindang und die kommunistische Partei zunehmend in die Lage kommen Massen zu organisieren und darin die traditionellen Loyalitätsstrukturenn innerhalb der Militärcliquen als Machtbasis der jeweiligen Anführer abzulösen.
An dem Punkt, hat man eine Einbindung einer immer breiter werdenden Öffentlichkeit, abseits der traditionellen Eliten und der Berufssoldaten und Söldner in diesen Konflikt und ab da kann man sicherlich mit Fug und Recht von "Bürgerkrieg" sprechen.
Für vorher halte ich das nach wie vor für zweifelhaft.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch in vormodernen Gesellschaften ohne "Bürger" im heutigen Sinne konnte es durchaus gewaltsame innere Konflikte unter Einbindung breiterer Massen geben. Gerade das kaiserliche China bietet dafür Beispiele, wie den Aufstand der Gelben Turbane oder den Taiping-Aufstand.
 
Man wird halt, um unserem Streitpunkt gerecht zu werden, unterscheiden müssen, wie es zur Einbeziehung der breiten Masse kam. Darin gebe ich @Shinigami Recht: Für mich hat ein Bürgerkrieg das wesentliche Element, dass aktiv – von mindestens zwei Seiten – um die Macht und die politische Zukunft eines Gemeinwesens gerungen wird. Wenn also die breite Masse involviert ist, würde ich erst von einem Bürgerkrieg sprechen, wenn diejenigen, die da mitkämpfen, die politischen Ziele ihrer Anführer zumindest auch verwirklichen wollen (selbst wenn andere Ziele im Vordergrund stehen mögen).

Einfaches Beispiel, die Rosenkriege: Hier war der Kreis derer, die aktiv kämpften, vergleichsweise klein exklusiv, Neuzugänge kamen als Söldner, Überläufer oder waren Freunde, Verwandte und Erben derer, die schon dazugehörten. Trotzdem kann man davon ausgehen, dass auch so mancher Kriegsknecht aus der breiten Masse, der hauptsächlich für Geld oder aus Gefälligkeit kämpfte, obendrein politische Ziele hatte – sei es, das Chaos unter Heinrich VI. zu beenden, oder aber, seinen König gegen Usurpatoren zu verteidigen. Deswegen erscheint die Zuordnung als Bürgerkrieg legitim.

Was die Kulturrevolution anlangt, stellt sich mir im Zusammenhang mit der Motivation der Massen die Frage, ob diese überhaupt Maos Ziel der Eliminierung seiner innerparteilichen Konkurrenz teilen konnte? Soll heißen: Kannte sie dieses Ziel? Ich behaupte nicht, mich mit der jüngeren Geschichte Chinas gut auszukennen, aber zumindest mir ist nur Maos Aufruf zu Denunziation und verschärftem Klassenkampf bekannt, und natürlich der Querverweis auf seine Bibel. Sicherlich werden die Zusammenhänge so manchem Chinesen klar geworden sein, aber bedeutet das auch eine einheitliche Willensbildung?

In der Kulturrevolution sehe ich vor allem das Werk der Massen als willfähriges Werkzeug.
 
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