Sepiola
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Nun, dass es zum einen eben bis dahin nicht üblich war
Die Königeerhebung von Arnulf bis Heinrich I. waren Ausnahmefälle
Was war "üblich", was waren "Ausnahmefälle"?
Im späten 9. Jahrhundert, zur Zeit der Königserhebung Arnulfs war es in allen Teilen des Karolingerreichs "üblich" geworden, dass die Großen den König mitbestimmten.
Walter Schlesinger: "Eine weitere Möglichkeit der Nachfolgeregelung bestand in der Auswahl eines geeigneten Kandidaten und seiner Erhebung durch die Großen des Landes. Es ist an anderer Stelle gezeigt worden, wie das Wahlprinzip, dem altfränkischen Recht wohlbekannt, Grundlage des karlingischen Königtums und für Sonderregelungen sowohl in der Divisio regnorum von 806 wie in der Ordinatio imperii von 817 vorgesehen, seit der Spätzeit Ludwigs des Frommen wieder Boden gewann und, von Aquitanien ausgehend, sich ins Westreich und nach Italien und Lothringen, schließlich auch ins Ostreich ausbreitete. Der Möglichkeit, den König zu wählen, entsprach die Möglichkeit, ihn zu verlassen, ihn abzuwählen, wie wir heute sagen würden. Die Großen Karls des Kahlen und Karls von der Provence hatten 858 und 861 entsprechende Versuche gemacht, die aber scheiterten; die Großen Lothars hatten einen solchen Versuch wenigstens erwogen."
http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a089773.pdf
Zum Stichwort "von Aquitanien ausgehend": 839 widersetzten sich dort die Großen der geplanten Reichsteilung. Sie weigerten sich, Karl den Kahlen als neuen König zu akzeptieren, und wählten stattdessen Pippin II. Dazu schreibt Schlesinger: "Es handelte sich um eine wirkliche Wahl, da nicht nur Karl der Kahle, sondern auch Pippins jüngerer Sohn ausgeschlossen wurden... Die Bedeutung dieser Vorgänge liegt darin, daß zum ersten Male beim Herrscherwechsel in karlingischer Zeit der Adel seinen Willen gegen den Willen des Königs durchgesetzt hatte."
(Karlingische Königswahlen, in: Königswahl und Thronfolge in fränkisch-karolingischer Zeit, hrsg. Eduard Hlawitschka, Damrstadt 1975)
Dass die Großen sich erfolgreich dem Willen des Königs wiedersetzten und eigenmächtig einen Nachfolger wählten, war allerdings die Ausnahme. Das habe ich oben geschrieben.
Dieser Ausnahmefall lag bei der Erhebung Arnulfs vor, nicht aber bei seinen Nachfolgern Ludwig, Konrad, Heinrich, Otto...