Wie wichtig war das Christentum für die Entstehung heutiger Moralvorstellungen?

Wir hatten doch erst vor kurzem das Thema der Sheela-na-Gig und der pornographischen Darstellungen von überdimensionierten primären Geschlechtsmerkmalen an romanischen Kirchen in Nordspanien.
Ja – siehe diesen Faden: Anti-islamische obzöne Skulpturen an roman. Kirchen als Bildpropaganda f. d. Massen?

ich wollte nur darauf hinweisen, dass es auch das sogenannte Osterlachen gab. Die Gemeinde sollte gewissermaßen den Tod verlachen, aber um die Gemeinde ans Lachen zu bekommen, bedienten sich die Priester allerlei, auch zotigster Witze.
Osterlache war eine Ausnahme. Gehört wohl in die gleiche Kategorie wie Fasching.

Während einige Päpste und Stalin oft im Widerspruch zu dem handelten, was sie ideologisch zu vertreten vorgaben, hat Hitler ganz gemäß seiner verbrecherischen Ideologie gehandelt.
Auch Hitler achtete darauf, dass die Verfolgung der Juden nach außen einigermaßen manierlich (gesetzeskonform) aussah, während in Wirklichkeit die Ermordung der Juden im industriellen Maßstab betrieben wurde. Das hatte zur Folge, dass das Volk mehrheitlich glaubte, er hätte davon nichts gewusst.

Dieses Verhalten ist typisch für Personenkult, der Diktaturen innewohnt – also auch bei Päpsten: Schon die Eigenbezeichnung "Heiliger Vater" deutet darauf.

Die päpstliche Unfehlbarkeit ist keineswegs bei allem gegeben, was der Papst sagt.
Die Unfehlbarkeitsdogma meinte ich nicht, sondern seine Macht innerhalb der Kirche und seine Bedeutung für die Katholiken insgesamt. Er kann Bischöfe ernennen und bei Unbotmäßigkeit wieder abservieren. Dabei sind diese aufgrund der apostolischen Suksession eigentlich unabhängig. Und weil man so einen Personenkult um den Papst macht, ist natürlich alles, was er sagt oder nicht sagt, nicht nur für die Katholiken wichtig, sondern für die ganze Welt. [Tagesaktueller Satz gelöscht]
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Unfehlbarkeitsdogma meinte ich nicht, sondern seine Macht innerhalb der Kirche und seine Bedeutung für die Katholiken insgesamt. Er kann Bischöfe ernennen und bei Unbotmäßigkeit wieder abservieren. Dabei sind diese aufgrund der apostolischen Suksession eigentlich unabhängig. Und weil man so einen Personenkult um den Papst macht, ist natürlich alles, was er sagt oder nicht sagt, nicht nur für die Katholiken wichtig, sondern für die ganze Welt.
Und das ist eben der Punkt: Du überträgst die Reichweite, welche Päpste heute medial haben (aber keineswegs in die Handlungen und Denkweisen der Gläubigen) auf die Päpste weit zurückligender Zeiten. Die hatten diese Reichweite nicht. Was die Päpste in der Vormoderne mitteilten, bekamen höchstens noch italienische (oder französische) Bischöfe und Ordensleute mit. Das meiste hatte wenig Effekt auf die Gläubigen und blieb im theologischen Elfenbeinturm.
was der Papst sagt, ist Gesetz.
Und das stimmt nicht. Ob du nun das Unfehlbarkeitsdogma meintest oder nicht.
 
Du überträgst die Reichweite, welche Päpste heute medial haben (aber keineswegs in die Handlungen und Denkweisen der Gläubigen) auf die Päpste weit zurückligender Zeiten. Die hatten diese Reichweite nicht. Was die Päpste in der Vormoderne mitteilten, bekamen höchstens noch italienische (oder französische) Bischöfe und Ordensleute mit. Das meiste hatte wenig Effekt auf die Gläubigen und blieb im theologischen Elfenbeinturm.
Jetzt übertreibst du aber.

Zur Verdeutlichung zitiere ich hier @muck:
Dass die Kultur Europas allgemein auf den drei Säulen christliche Ethik, griechische Philosophie und römisches Recht fußt, dürfte unstrittig sein.
Wenn diese Aussage wahr ist – und ich halte sie für wahr –, dann kann man nicht sagen, die katholische Kirche hat in lateinischem Europa seit Theodosius I. fast nichts bewirkt, weil die Leute wenig bis nichts auf das Führungspersonal dieser Kirche gehört hätten, weil dieses nicht die nötige Reichweite hätte.

Das ist absurd, denn allein dem Aufruf des Papstes Urban II. zum Kreuzzug folgten Zahntausende – ich habe in #90 nicht umsonst von der Mobilisierung der Gläubigen geschrieben –, um von anderen Kreuzzügen gegen Heiden und andere Ungläubige gar nicht zu reden.
 
Den Kreuzzügen gingen monatelange Verhandlungen voraus. Es war nicht so, als habe Urban II. auf irgendeinem Acker zum Kreuzzug aufgerufen und alle sind nach Jerusalem gepilgert.
Wie könnte es zu Hexenverfolgungen kommen, wo es doch aus Rom ein Quasiverbot dazu gab?
 
Das ist absurd, denn allein dem Aufruf des Papstes Urban II. zum Kreuzzug folgten Zahntausende
und damit prägt(e) oder beeinflusste "die Kirche / das Christentum" aktiv und manipulierend die Entstehung heutiger Moralvorstellungen??? Wie denn???

...das einzig akzeptable im Zitat oben (überhaupt im kompletten Beitrag, dem es entstammt) manifestiert sich in dieser radikalen Reduktion:
 
Zuletzt bearbeitet:
Den Kreuzzügen gingen monatelange Verhandlungen voraus. Es war nicht so, als habe Urban II. auf irgendeinem Acker zum Kreuzzug aufgerufen und alle sind nach Jerusalem gepilgert.
Das ist unerheblich, denn ohne des Papstaufrufes in Clermont hätte es den I. Kreuzzug von 1096 nicht gegeben – und wahrscheinlich auch keine folgende, Jerusalem betreffend. Er hatte die Macht, europäische Herrscher an ihre Pflicht als Christen zu erinnern und gemeinsam gegen Ungläubige in der Levante vorzugehen.

Wie könnte es zu Hexenverfolgungen kommen, wo es doch aus Rom ein Quasiverbot dazu gab?
Wir haben das schon diskutiert: Ohne der beigefügte sog. Hexenbulle des Papstes Innozenz VIII. aus dem Jahr 1484, hätte der Hexenhammer nicht die Wirkung entfalten können, die er nachweislich hatte. Dabei spielt es keine Rolle, warum und wieso diese Bulle dem Hexenhammer vorangestellt wurde – die Leute haben das gelesen und gesagt: Na, wenn der Papst auch der Meinung ist, dass Hexen existieren und man dagegen gerichtlich vorgehen müsse, dann wird das schon seine Ordnung haben.

und damit prägt(e) oder beeinflusste "die Kirche / das Christentum" aktiv und manipulierend die Entstehung heutiger Moralvorstellungen??? Wie denn???
Ist dir entgangen, dass dies nur ein Beispiel war, um die Macht des Papstes - und damit auch der Kirche - im Mittelalter zu demonstrieren?

Und das mit der Bulle im Hexenhammer ist auch nur ein solches Beispiel, klar?
 
Ist dir entgangen
Nein, mir ist das Thema (die Fragestellung) dieses Fadens nicht entgangen!
Gleichgültig ob dein Beispiel für die Macht des Papstes im Mittelalter (sic! ...das ist lange her...) in deiner simplifizierenden Darstellung akzeptabel ist oder nicht: es sagt absolut NICHTS zum Thema hier. Das Thema findest du in der Überschrift des Fadens.
 
Ideologien werden in politisches Handeln umgesetzt, deshalb gibt es hier nichts zu trennen, denn das eine gibt es nicht ohne den anderen.
Wenn heutzutage, um mal ein von der Last der Theologie befreites Beispiel heranzuziehen, ein ordinierter Doktor der Medizin behauptet, Impfungen würden dazu dienen, der Bevölkerung Mikrochips zur Gedankenkontrolle zu injizieren, vertritt er dann seine eigene Auffassung oder die Lehrmeinung der Medizin? Und wenn derselbe Doktor diese Auffassung gar nicht aufrichtig vertritt, sondern bloß durch Irreführung der Massen Geld verdienen will, was ist dann über ihn und über die Medizin ausgesagt?

Ich sehe aufrichtig nicht, warum wir uns weiterhin in dieser logischen Sackgasse herumtreiben müssen. @Shinigami hat völlig Recht, wenn er schreibt:
Natürlich ist das zu trennen, schon deswegen weil Ideologien von Akteuren, die sie vertreten sehr unterschidliedlich interpretiert werden und das Ergebnis ein vollkommen anderes sein kann, je nachdem wer mit welchem Mindset und welcher peersönlichen Disposition versucht was umzusetzen.
Ob Du Dich darauf einlassen willst oder nicht, es muss 1. getrennt werden zwischen Christentum und Kirche, denn nicht alle Christen beugten sich der Autorität der katholischen Kirche – auch vor Luther nicht! –, 2. muss getrennt werden zwischen dem theologischen Wirken der Kirche und ihrem politischen Agieren. Denn anders als von Dir behauptet, verstanden es schon vormoderne Herrscher und Völker, theologisch verbrämte kirchliche Machtpolitik zurückzuweisen und zwischen christlichem und kirchlichem Einfluss zu unterscheiden.

Du erinnerst in diesem Zusammenhang gern an den Investiturstreit, ohne erkennen zu wollen, dass Gregor VII. diesen nur dank der aus eigenem Interesse handelnden deutschen Fürsten für sich entscheiden konnte, und dass dieser Sieg ihm binnen weniger Jahre unter den Händen zerbröselte.

(Nebenbei: Einige neuere Autoren sehen sogar Heinrich IV. als Sieger des Investiturstreits, weil er durch seine Supplikation – eine in der Moderne missverstandene, aber im Mittelalter übliche Form der Konfliktbeilegung – die Aufhebung des Banns erreichte, ohne echte Zugeständnisse gemacht zu haben. Folgt man diesen Stimmen, dann ist unser Bild vom "Gang nach Canossa" als Beweis kirchlicher Allmacht und nationaler Schande ein bloßer Gehirnfurz deutschnational gesinnter Historiker des 19. Jahrhunderts.)

Und wie ging es weiter für den Pontifex?

Zweihundert Jahre später stand er unter dem Pantoffel des französischen Königs.

Dreihundert Jahre später übernahmen faktisch die Konziliaristen die Macht, während ganze Völker (die Böhmen) von der Kirche abfielen.

Dann kommt die pragmatische Sanktion von Bourges.

Und in immer einem Fort so weiter.

Einen allgemein anerkannten Machtanspruch konnte der Papst nur im Kirchenstaat ausüben, und nicht mal das zu allen Zeiten.
Friedrich hat mehrere Attentate überlebt, nicht zuletzt dank seiner arabischer Leibgarde, die für die Einflüsterungen und Verlockungen der Kurie unempfindlich war.
Trotzdem ist er im Alter von 56 Jahren unerwartet und unter nie geklärten Umständen gestorben.
@Shinigami hat eigentlich schon alles gesagt, was dazu zu sagen ist, ich möchte aber hinzufügen: Dieses Thema hatten wir längst durchgekaut (in einem Strang von @PostmodernAtheist). Fritzens Luceraner waren zwangsumgesiedelte Muslime. Aus diesen Männern eine bis in den Tod ergebene Prätorianergarde zu machen, ist in meinen Augen unpassend. Noch unpassender ist, dass Du mit Deinen Andeutungen zu seinem Tod ausgerechnet das päpstliche Narrativ bedienst, Friedrich sei vergiftet worden. Nach Abulafias Biographie starb der Staufer schlicht und ergreifend an Typhus.
Ob eine Anordnung der Exkommunikation Erfolg gehabt hatte oder nicht, ist unerheblich: Auch der Versuch jemand zu ermorden war/ist strafbar.
Allmählich glaube ich, Du willst Deine Mitdiskutanten veralbern. Selbstverständlich ist der Erfolg der Exkommunikation erheblich! Deine ganze Argumentation stützt sich darauf, dass sie erfolgreich war und überall beachtet wurde, schließlich bist Du derjenige, der hier die allumfassende Macht des Vatikan postuliert hat. Wenn sie nicht erfolgreich war, wenn sie nicht durchgesetzt werden konnte – was folgt dann daraus für Deine Argumentation?

Übersiehst Du ohne böse Absicht die Lücke in Deiner Argumentation, oder verhältst Du Dich hier einfach unlauter?
Das ist unerheblich, denn ohne des Papstaufrufes in Clermont hätte es den I. Kreuzzug von 1096 nicht gegeben – und wahrscheinlich auch keine folgende, Jerusalem betreffend. Er hatte die Macht, europäische Herrscher an ihre Pflicht als Christen zu erinnern und gemeinsam gegen Ungläubige in der Levante vorzugehen.
Und auch hier wieder: Was soll das? Ob unbewusst oder nicht, Du verschiebst hier einfach mal die Torpfosten.

Es ist – ist! – erheblich, und zwar für Dein eigenes Argument, ob sich hunderttausende auf ein bloßes Wort des Papstes hin in den Kampf stürzten, oder ob Europas Fürsten das Kreuz nahmen, weil es sich gerade zufällig mit ihren politischen Absichten deckte.

Du scheinst mir hier sehr von Schillers Geschichte der Kreuzzüge und konventionellen Denkmustern des 19. Jahrhunderts beeinflusst, was nicht einer gewissen Ironie entbehrt, ging es diesen doch gerade darum, das "dunkle" katholische Mittelalter mit der im Licht der Aufklärung gebadeten protestantischen Neuzeit zu kontrastieren.
 
Das ist unerheblich, denn ohne des Papstaufrufes in Clermont hätte es den I. Kreuzzug von 1096 nicht gegeben
Und zwar weil?
Auf Vermittlung des Papstes sind immer wieder Allianzen gegründet und Kriegszüge unternommen worden, auch ohne, dass sich der jeweilige Amtsinhaber irgendwo hingestellt und Volksreden gehalten hat.

Er hatte die Macht, europäische Herrscher an ihre Pflicht als Christen zu erinnern und gemeinsam gegen Ungläubige in der Levante vorzugehen.
Von welchen Herrschern fabulierst du da eigentlich? Oder anders gefragt, welche europäischen Herrscher sollen denn beim 1. Kreuzzug dabei gewesen sein?
Ein paar Herzöge und Grafen, aber die wirklich großen Brocken, der Römisch-Deutsche Kaiser, die Könige von Frankreich und England etc. sahen sich eigentlich nicht bemüßigt bei Urban II. seinem Kreuzzugsprojekt mit zu machen.
 
Auf Vermittlung des Papstes sind immer wieder Allianzen gegründet und Kriegszüge unternommen worden, auch ohne, dass sich der jeweilige Amtsinhaber irgendwo hingestellt und Volksreden gehalten hat.
Und viele spätere Aufrufe zum Kreuzzug blieben unbeantwortet oder erzeugten nur mäßiges Interesse. Auch daran lässt sich der Einflussverlust des Papsttums ab dem Hochmittelalter nachvollziehen. Selbst als es den Reichen Europens unbestreitbar genützt hätte, gemeinsam gegen die Osmanen zu ziehen, verhinderten Partikularinteressen ein gemeinschaftliches Vorgehen der Christenheit, da half alles Bitten und Drohen der Päpste nichts. Vor Nikopol und Warna standen außer den Franzosen, die ihren im Hundertjährigen Krieg ramponierten Ruf aufmöbeln wollten, fast nur Osteuropäer, denen die Gefahr durch die Osmanen gegenwärtig war. Im weiteren Verlauf des 15. Jahrhunderts vermochten die Päpste nicht mal mehr die Unterstützung aller Anrainer der türkischen Marschroute zu mobilisieren. Skanderbeg und der Moldauer Stephan wurden nahezu komplett alleingelassen.
 
Ich sehe durchaus, dass es in der langen Geschichte des Christentums für die katholische Kirche (Haupträgerin des Christentums) und ihr Personal Rückschläge gegeben hatte. Trotzdem war diese Kirche bis zur Reformation tonangebend in Sache Moral bzw. Doppelmoral. Nach der Reformation gab es neben der katholischen mehrere Strömungen, die aber alle auch die Fahne des Christentums weitertrugen und bis heute tragen.

Die katholische Kirche hat sie in der Gegenreformation noch einmal berappelt und sich auf das eigentliche Geschäft besonnen. Aber letztlich hat sie damit keinen Erfolg gehabt, denn die Aufklärung ist mit Napoleon über Europa geschwappt und war trotz der Restauration (Wiener Kongress) nicht mehr wegzubekommen.

In dieser Situation hatte die katholische Kirche die Wahl, bei der Aufklärung mitzumachen oder dagegen zu arbeiten. Sie entschied sich für das letztere und verfiel in einen Konservatismus, für den das Unfehlbarkeitsdogma und der Antimodernisteneid* exemplarisch stehen. Diese Phase dauerte bis zum II. Vatikanum, doch die dort beschlossenen Reformen wurden schon bald verwässert …

Um ein Fazit aus meiner Sicht zu ziehen: Europa ist christlich geworden, weil bis ca. 1500 die katholische Kirche die Moral prägte. Danach tat sie das zwar auch, aber nicht mehr allein. Deswegen kann man sagen: Das Christentum war wichtig für die Entstehung heutiger Moralvorstellungen.

* Antimodernisteneid mussten katholische Priester bis zum II. Vatikanum ablegen.
 
Ich sehe durchaus, dass es in der langen Geschichte des Christentums für die katholische Kirche (Haupträgerin des Christentums) und ihr Personal Rückschläge gegeben hatte.
Hauptträgerin des Christentums, hab ich was verpasst?
Das dürften die Orthodoxen irgendwie anders gesehen haben.

Trotzdem war diese Kirche bis zur Reformation tonangebend in Sache Moral
Sie beaspruchte das zu sein, der Nachweis, dass sie es tatsächlich auch war, der wäre zu erbringen.
Mir fallen da so einige Themenbereiche ein, z.B. das Fehdewesen, bei dem die Kirche mit ihrem ablehnenden moralischen Standpunkt zetern konnte, wie sie wollte, dass beeindruckte die entsprechenden Akteure herzlich wenig.

Nach der Reformation gab es neben der katholischen mehrere Strömungen, die aber alle auch die Fahne des Christentums weitertrugen und bis heute tragen.
Die gab es auch voher schon.
Und das deren Interpretation des Christentums eine etwas andere ist, als die Katholische, muss dir hoffentlich nicht noch einzeln benannt werden.

Die katholische Kirche hat sie in der Gegenreformation noch einmal berappelt und sich auf das eigentliche Geschäft besonnen. Aber letztlich hat sie damit keinen Erfolg gehabt,
Ich halte die Gegenreformation in Österreich, Bayern, Böhmen/Mähren und auch Westfalen für nachhaltig erfolgreich.
Auch wenn zum Teil die Durchsetzung von Habsburg und Wittelsbach mit rabiaten Mitteln erfolgte blieben diese Gegenden auch nachdem religiöse Toleranz eingeführt wurde weiterhin überwiegend katholisch.

Aber letztlich hat sie damit keinen Erfolg gehabt, denn die Aufklärung ist mit Napoleon über Europa geschwappt
Die Aufklärung ist mit Napoléon über Europa geschwappt..............Junge Junge.

Die Aufklärung als Gesamtphänomen war bereits 100 Jahre vor Napoléon vorhanden und nicht nur in Westeuropa. Selbst in Gebieten, die man heute eher zu Osteuropa zählen würde, wie Ostpreußen (Kant) oder Lettland/Riga (Herder) wirkten Persönlichkeiten, die der Aufklärung durchaus zuzuordnen sind, deutlich vor Napoléon.

Und nun ausgerechnet Napoléon, der sich mit der Widerzulassung der Sklaverei in Westindien und auch anderen Dingen im Sinne der Aufklärung nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert hat, zu deren Vorkämpfer machen zu wollen, ist inhaltich schon ziemlich provokant.

und war trotz der Restauration (Wiener Kongress) nicht mehr wegzubekommen.
Und warum genau hätte irgendjemand auf dem Wiener Kongress oder sonst wo die Aufklärung selbst wieder weghaben wollen sollen?

Ein guter Teil der Monarchen am Ende des 18. Jahrhunderts verstand die eigene Herrschaft explizit als System des aufgeklärten Absolutismus.
Heißt sie waren durchaus bereit dass in ihr Heerrschaftsverständnis zu inkorporiern.
Und genau das, die fürstliche Herrschaft nach Maßgabe der Aufklärung und Vernunft, war auch das Ideal, dem die Monarche des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, einschließlich Nasen wie KWII. mit seiner Vorstellung des "persönlichen Regiments" verhaftet blieben. Ebenso führende Machtpolitiker wie Bismarck, mit seiner "Revolution von oben" und der konservativen Bismarck-Verfassung von 1871, die genau diesem Ideal, der persönlichen Herrschaft des Fürsten auf Basis der Vernunft, so weit als möglich Rechnung trug.

Du verwechselst Aufklärung mit Demokratisierung.

Im Übrigen waren es die bösen restaurativen Mächte, die abgesehen vom Kirchenstaat in Mittelitalien die weltlichen Herrschaften der katholischen Kirche im Norden eben nicht restaurierten, sondern auf dem Wiener Kongress die ehemaligen Füstbistümer schön als Beute unter den Siegermächten aufteilte.

Salzburg, Trient, Brixen und Teile des Hochstifts Freising gigen an Österreich, Augsbrug, Eichstätt, Freising, Passau, Bamberg und Würzburg wurden Bayern bestätigt, Fulda und Teile des alten Erzstifts Mainz gingen an die hessischen Fürstentümer, Osnabrück ann das Königreich Hannover, mehr oder minder alles was die katholische Kirche am Rhein und in Westfalen besessen hatte, ging an Preußen, (sofern nicht an Bayern oder die Hessischen Staaten), Lüttich an die Vereinigten Niederlande.
Wären die pösen restaurativeen Mächte tatsächlich so restaurativ gewesen, hätten sie den Status Quo ante wieder hergestellt. Waren sie aber nicht, sondern mit der weitgehenden Beendigung der weltlichen macht der Kirche waren die ganz einverstanden.



In dieser Situation hatte die katholische Kirche die Wahl, bei der Aufklärung mitzumachen oder dagegen zu arbeiten. Sie entschied sich für das letztere und verfiel in einen Konservatismus

Kannn man so stringent nich sagen, es gab eine Menge Kleriker, auch Katholische, die sich z.B. für die Beendigung und das Verbot der Sklaverei einsetzten.
In Europa begannen die Kirchen im Allgemeinen spätestens ab der Mitte des Jahrhunderts und der Revolution von 1848 und der Änderungen, die sie zeitigte, einen stark konservativen Einschlag annzunehmen, für Lateinamerika, kann man das nicht unbedingt behaupten, da waren Kleriker mitunter Träger des sozialen Protests.

für den das Unfehlbarkeitsdogma und der Antimodernisteneid* exemplarisch stehen.
Das Unfehlbarkeitsdogma ist als Reaktion auf den Untergang der weltlichen Macht der Kirche zu sehen.
Das hat nichts mit der Aufklärung oder Napoléon zu tun, sondern war vor allem eine Reaktion darauf, dass der Kirchenstaat zwischen 1859 und 1871 unter die Räder kam, und das Papsttum selbst auf einmal nichts anderes mehr war, als eine im neuen Königreich Italien gduldete Institution ohne weltliche Machtmittel.

Um ein Fazit aus meiner Sicht zu ziehen: Europa ist christlich geworden, weil bis ca. 1500 die katholische Kirche die Moral prägte.
Europa ist in erster Linie deswegen christlich geworden, weil die mächtigen ehemals heidnischen Fürsten Europas, zu der Überzeugung kamen, dass das Christentum an und für sich eine praktische Einrichtung sei und es deswegen einführten.

In Teilen Europas, die seit römischer Zeit christlich waren oder die wie das Prussenland gewaltsam unterworfen wurden, mag das anders gewesen sein, aber vor allem letzteres waren eher vereinzelte Sonderwege.
 
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