Wo ist das föderale System Besser?

Griffel

Mitglied
Ich finde es man interessant, einen echten Vergleich anzustellen! Die Überschrift, dürfte schon verraten haben, was ich meine.;) Sowohl Westdeutschland als auch Österreich, wurden nachdem 2. WK als föderal organisierte Staaten (wieder)gegründet! Deutschland und Österreich waren mehr als 500 Jahre lang, ein Ganzes! Man kann zu Recht von einer föderalen Tradition sprechen.

Natürlich war die Situation nach dem Krieg, nur bedingt vergleichbar. Es gab Gemeinsakeiten und Unterschiede. Ich möchte nun einmal der Frage nachgehen, welcher der beiden Staaten "besser" das heißt effizienter ist? Manchmal schaue ich 3sat und somit auch österreichische Nachrichten. Dabei bin ich schon häufiger auf Aussagen gestoßen, in denen behauptet wurde, dass es einen echten Förderalismus in Österreich gar nicht gäbe. Und sich manche Menschen in Österreich wünschten, es wäre mehr wie in Deutschland.

Da ich nicht in Österreich wohne, kann ich solche Aussagen, natürlich nicht beurteilen. Hierzu müsste man das Grundgesetz und die österreichische Staatsverfassung vergleichen. Und dann ist da auch noch der Punkt, dass Gesetze, erst einmal Theorie sind. Die Praxis ist wieder etwas anderes.
https://de.wikipedia.org/wiki/Grundgesetz_für_die_Bundesrepublik_Deutschland
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesverfassung_(Österreich)
 
Woran machst Du fest, ob ein System "besser" bzw. "effizienter" ist? Und was verstehst Du unter "echtem" Föderalismus? (Und inwieweit ist das überhaupt ein Geschichtsthema?)

Um das Thema einmal historisch zu betrachten, ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Deutschland und Österreich, dass in Österreich die meisten Bundesländer historisch gewachsen sind und als territoriale Einheiten (wenngleich mit sich verändernden Grenzen) zum Teil seit über 1000 Jahren existieren, während in Deutschland die meisten Bundesländer erst nach dem 2. WK geschaffen wurden. Daher gibt es in Österreich in manchen Bundesländern eine recht ausgeprägte Bundesland-Identität mitsamt Bundesland-Patriotismus. Alle (immer wieder auftauchenden) Vorschläge, Bundesländer zusammenzulegen oder neu zuzuschneiden, verlaufen entsprechend rasch im Sande.

In Österreich gibt es übrigens den Begriff der "schleichenden Gesamtänderung" der Bundesverfassung. Grundsätzlich gilt nämlich, dass gravierende Eingriffe in eines der Grundprinzipien der österreichischen Bundesverfassung (wozu das sog. "bundesstaatliche Prinzip" gehört) einer Volksabstimmung bedürfen. Im Laufe der Jahrzehnte wurden immer wieder Kompetenzen von den Bundesländern auf den Gesamtstaat (den "Bund") übertragen. Eine Ansicht besagt, wären all diese Übertragungen auf einmal vorgenommen worden, hätte das als "Gesamtänderung" einer Volksabstimmung bedurft. Aber indem sie "schleichend" erfolgten, sparte man sich das. Tatsächlich haben die Bundesländer immer wieder Kompetenzen verloren, weswegen der Sinn der Föderalismus immer wieder in Frage gestellt wird.

Ob Föderalismus gut oder schlecht ist, ist aber natürlich eine politische Frage, keine historische. Ob ein föderaler Staat "effizient" ist, hängt von der Sichtweise ab: Gegen Föderalismus spricht natürlich, dass er mit seinen Landesparlamenten und Landesregierungen teuer ist, außerdem wird gerne hinterfragt, ob es (in Österreich) in manchen Materien neun verschiedene Landesgesetze geben muss statt eines einheitlichen Bundesgesetzes. (Unausgesprochen wird dabei gerne unterstellt, der "Bund" würde "bessere" Gesetze machen als die Länder.) Aber Demokratie kostet eben etwas, und Dezentralisierung hat auch ihre guten Seiten.
 
Und sich manche Menschen in Österreich wünschten, es wäre mehr wie in Deutschland.

Da ich nicht in Österreich wohne, kann ich solche Aussagen, natürlich nicht beurteilen.

Wer in Österreich wohnt und sich wünscht, es wäre "mehr wie in Deutschland", kann doch gar nicht beurteilen, ob das besser wäre, da er ja nicht in Deutschland wohnt.

Ich war allerdings kürzlich in Österreich und kann berichten, dass der Apfelstrudel besser und das Benzin billiger ist.
 
Vor allem schütten wir in Österreich keine "Tunke" über Paniertes.
(Allein der Gedanke ...)
Du willst ja wohl nicht behaupten, dass solche Pommesbuden- und Kantinensünden wie Schnitzel mit Jägersauce oder ungarischer Sauce eine gesamtdeutsche Unsitte seien. ;)

Um das Thema einmal historisch zu betrachten, ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Deutschland und Österreich, dass in Österreich die meisten Bundesländer historisch gewachsen sind und als territoriale Einheiten (wenngleich mit sich verändernden Grenzen) zum Teil seit über 1000 Jahren existieren, während in Deutschland die meisten Bundesländer erst nach dem 2. WK geschaffen wurden.
Das ist richtig, allerdings war diese Neuschaffung nun auch nicht willkürlich, sondern orientierte sich zumindest an historisch gewachsenen Grenzen. Bayern verlor exterritoriales Gebiet, aber im Prinzip ist der Freistaat Bayern mit dem Königreich Bayern deckungsgleich. Das preußische Wilhelmshaven wurde Niedersachsen, das weitgehend dem Königreich Hannover entsprach, zugeschlagen, in Nordrhein-Westfalen wurden Westfalen, das Rheinland und das Fürstentum Lippe zusammengefasst. Die Zersplitterung des Gebiets, dass durch Eroberungen, Verluste und Heiraten in den Besitz verschiedener Herrscherfamilien gelangte (oder daraus verschwand), das von Griffel so schön euphemistisch als protoföderales System interpretiert wird, wurde schlicht und ergreifend sinnvoll gekittet. Das mag nicht immer allen gefallen haben, gerade dann nicht, wenn man seit dem Augsburger Religionsfrieden mit dem fehlgläubigen Nachbardorf nicht unter einer Herrschaft gelebt hatte.
 
Deutschland und Österreich waren mehr als 500 Jahre lang, ein Ganzes!

Nö. Österreich und die Deutschen Länder waren insgesamt Teile des Heiligen Römischen Reiches, aber das wiederrum war kein "Staat" im eigentlichen Sinne.
Die einzigen Territorien, die tatsächlich historische Überschneidungen mit beiden beiden Konstrukten, sowohl mit Österreich, als auch mit dem heutigen Deutschland haben, dürfte der territorial zersplitterte Streubesitz der Habsburger im Besonderen im Breisgau und im Schwäbischen sein, der bis zu den napoleonischen Kriegen unter der Bezeichnung "Vorlande" oder "Vorderösterreich" firmierte.

Dafür hatte das heute unter der Bezeichnung "Burgenland" firmierende Territorium im Prinzip seit der ottonischen Zeit nichts mehr mit dem "Heiligen Römischen Reich" zu tun, insofern es im frühen 10. Jahrhundert an das Königreich Ungarn kam und sowohl über das Mittelalter als auch die Zeit der Habsburger Monarchie dort verblieb und erst im Gefolge der Verträge von St. Germain und Trianon (Praieser Vorortverträge betreffend das ehemalige Habsburgerreich) qua Volksabstimmung an Österreich kamen (allerdings ohne Sopron/Ödenburg).


Man kann zu Recht von einer föderalen Tradition sprechen.
Wäre ich ehrlich gesagt in beiden Fällen skeptisch.

Im Hinblick auf Österreich muss ich hierzu sagen, dass ich mich mit der Zeit der 1. Republik nicht so gut auskenne, bis zum Ende des Habsburgischen Österreich, würde ich mich schwer damit tun, von einem tatsächlichlichen, modernen Föderalismus zu sprechen.
Zwar wurden die verschiedenen historisch gewachsenen Kronländer im Laufe des 19. Jahrhunderts über die Nomenklatur hinaus zu tatsächlichen Verwaltungseinheiten mit Befugnissen auf Regionaler Ebene, in denen Teilweise (Sprachregelungen etc.) recht unterschiedliche Bestimmungen galten, allerdings von einem tatsächlichen politischen Einfluss der Verwaltungen der Kronländer auf die Gesamtpolitik der Monarchie, lässt sich, meine ich kaum sprechen, jedenfalls nicht auf dem Weg des Wiener Parlaments.
Ungarn wäre vielleicht noch ein Sonderfall, gehörte aber technisch gesehen seit 1867 nicht mehr in Form einer irgendwie untergeordneten Gliederung zu Österreich, sondern stellte eine im Prinzip gleichberechtigte staatliche Einheit dar, so dass die Habsburger Gesamtmonarchie in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts eher denn Charakter eines Staatenbunds annahm.

Auch im Hinblick auf Deutschland könnte man das durchaus an Hand der Frage diskutieren, inwiefern den Gliedstaaten eine tatsächliche gleichberechtigte Teilhabe an der Politik beschieden war.
Das war zwar auf dem Papier eine Föderation, in der sich auf dem preußischen Staat allerdings enorme Vorrechte vereinigten, alleine schon durch die preußische Sperrminorität in Bundesrat in Verfassungsfragen, aber auch ganz konkret dadurch, dass die Kanzler und Regierungenn Deutschlands bis 1918 allein vom Kaiser, also vom Preußischen König ernannt waren und diesem gegenüber verantwortlich zeichneten, nicht allerdings den Oberhäuptern der anderen Gliedstaaten, die darauf wenig Einfluss hatten.

Insofern, daran ob man hier von einem wirklich entwickelten Föderalismus sprechen kann, was die Tradition betrifft, da kann man, denke ich ein Fragezeichen drann machen.

Ich möchte nun einmal der Frage nachgehen, welcher der beiden Staaten "besser" das heißt effizienter ist?

Woran sollte man das festmachen?
Die Frage ist doch eher ob diese Einteilung grundsätzlich ihren Zweck erfüllt oder ob sie von ihren Bewohnern als überholt empfunden wird.
Ich denke, was Österreich betrifft, gibt es z.B. recht gute Argumente dafür die Millionenstadt Wien vom umgebenden eher ländlich geprägten Niederösterreich getrennt zu regieren/verwalten und auch z.B. die "Alpenprovinzen" Voralberg, Tirol, Kärnten, Steiermark und Salzburg mit denn Eigenarten, die sie als Gebirgsregionen einmal haben anders zu verwalten, als die, nennen wir es mal "Donauprovinzen" Ober- und Niederösterreich, Wien und Burgenland, die landschaftlich weit weniger durch Gebirgsregionen geprägt sind (sofern wir den Wienerwald mal ignorieren) und in er Folge auch ganz andere gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen aufweisen.

Historisch machte der Föderalismus möglicherweise auch Sinn im Hinblick darauf das Land zusammen zu halten.
Ich weiß nicht, ob es im Burgenland jemals Tendenzen gab, sich wieder stärker an Ungarn orientieren zu wollen (spätestens nach dem 2. Weltkrieg wahrscheinlich nicht mehr), mindestens in Voralberg gab es nach dem 1. Weltkrieg ja durchaus mal den Wunsch sich an die Schweiz anzuschließen und ich weiß nicht, wie lange sich diese Vorstellung hielt, aber sicherlich ist eine föderale Einteilung und Regierungsform geeignet solchen Tendenzen die Spitze zu nehmen.

Ansonsten lässt sich im Hinblick auf Österreich sicherlich hinterfragen, ob man für ein so kleines Land so viele Gliedstaaten und Regierungsapparate mit entsprechenden Kosten braucht, aber das sind ja durchaus Diskussionen, die wir im Hinblick etwa auf Bremen und das Saarland in Deutschland ja auch haben, wo in einiger Regelmäßigkeit hinterfragt wird, welchen Sinn diese Bundesländer eigentlich machen und ob es nicht sinnvoller wäre sie Niedersachsen bzw. Rheinland-Pfalz zuzuschlagen.

Das ist richtig, allerdings war diese Neuschaffung nun auch nicht willkürlich, sondern orientierte sich zumindest an historisch gewachsenen Grenzen. Bayern verlor exterritoriales Gebiet, aber im Prinzip ist der Freistaat Bayern mit dem Königreich Bayern deckungsgleich.

Also das würde ich eher verneien, das war schon ziemlich willkürlich, mit Ausnahme von Bayern und Schleswig-Holstein in Gestalt der früheren preußischen Provinz.

Das preußische Wilhelmshaven wurde Niedersachsen, das weitgehend dem Königreich Hannover entsprach, zugeschlagen

Naja, dem Königreich Hannover, den Ghzm Oldenburg, dem Hzm. Braunschweig und einem Teil des ehemaligen Kurhessen, so wie Schaumburg-Lippe.

Die großräumige Ordnung "Niedersachsen" ist politisch sicherlich sinnvoll, aber ob das in diesem Sinne "natürlich gewachsen" genannt werden kann, kann man doch hinterfragen, zumal ja bereits das Ehemalige Königreich-Hannover ein Kunstprodukt des Wiener Kongresses war, mindestens was seinen westlichen Teil betrifft, der mit dem alten Braunschweig-Lüneburg herzlich wenig zu tun hatte.

in Nordrhein-Westfalen wurden Westfalen, das Rheinland und das Fürstentum Lippe zusammengefasst.
Vor allen Dingen wurde aber auch die historische Preußische Rheinprovinz zu Gunsten der Schaffung von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz geteilt.
Auch das, was Nordrhein-Westfalen angeht sicherlich schon allein wegen des Ruhrgebiets und der Ausdehnung seines wirtschaftlichen Zuammenhangs über Teile der alten Rheinprovinz und Westfalens sicherlich ein sinnvoller Vorgang, allerdings, es bedeutete den seit 130 Jahren einigeraßen Zusammenwachsenden Raum am Rhein zu Gunsten einer Vereinigung mit Westfalen (und ggf. auch, damit Frankreich in Rheinland-Pfalz seine eigene Besatzungszone bekommen konnte) zu zerteilen.
 
Ich finde es man interessant, einen echten Vergleich anzustellen! Die Überschrift, dürfte schon verraten haben, was ich meine.;) Sowohl Westdeutschland als auch Österreich, wurden nachdem 2. WK als föderal organisierte Staaten (wieder)gegründet! Deutschland und Österreich waren mehr als 500 Jahre lang, ein Ganzes! Man kann zu Recht von einer föderalen Tradition sprechen.

Natürlich war die Situation nach dem Krieg, nur bedingt vergleichbar. Es gab Gemeinsakeiten und Unterschiede. Ich möchte nun einmal der Frage nachgehen, welcher der beiden Staaten "besser" das heißt effizienter ist? Manchmal schaue ich 3sat und somit auch österreichische Nachrichten. Dabei bin ich schon häufiger auf Aussagen gestoßen, in denen behauptet wurde, dass es einen echten Förderalismus in Österreich gar nicht gäbe. Und sich manche Menschen in Österreich wünschten, es wäre mehr wie in Deutschland.

Da ich nicht in Österreich wohne, kann ich solche Aussagen, natürlich nicht beurteilen. Hierzu müsste man das Grundgesetz und die österreichische Staatsverfassung vergleichen. Und dann ist da auch noch der Punkt, dass Gesetze, erst einmal Theorie sind. Die Praxis ist wieder etwas anderes.
https://de.wikipedia.org/wiki/Grundgesetz_für_die_Bundesrepublik_Deutschland
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesverfassung_(Österreich)

Welchen Erkenntniswert haben denn solche völlig sinnfreien Vergleiche? Wie soll denn auch bitteschön die Über- oder Unterlegenheit eines föderalen System gemessen werden?

Wenn es um einen "echten" oder auch nur um einen halbwegs sinnvollen Vergleich gegen soll, dann kann man sich doch nur auf Kriterien festlegen, die auch messbar sind, die vergleichbar sind.

Wer entscheidet auch, was "gut" oder was "schlecht" ist.

Wenn Wähler Leute wie Viktor Orban, Donald Trump, Silvio Berlusconi u. a. in verantwortungsvolle Positionen wählen, dann nützt das beste föderale System auch nichts.

Die Verfassung der Weimarer Republik war vermutlich die freiheitlichste Verfassung, die je in Deutschland erlassen wurde- die WR ist trotzdem gescheitert.


Je nach politischer Couleur werden auch die Antworten was politisch gut/ schlecht ist sehr unterschiedlich ausfallen.

Auch in Deutschland gibt es Leute, die das Erstarken von rechtspopulistischen und rechtsradikalen Parteien und Politikern begrüßen.

Ein föderales System funktioniert oder es funktioniert nicht (mehr).

Welches besser oder schlechter ist- darüber werden die Meinungen je nach politischer Couleur sehr unterschiedlich ausfallen.

Ein politisches System mag Unzeitgemäßes, Archaisches oder gar skurrile Bestimmungen enthalten, und dennoch kann ein politisches System damit funktionieren, funktionieren aufgrund seiner gewachsenen Traditionen- mündlichen checks and balances während ein anderes politisches System mit einer freiheitlichen Verfassung, mit modernen Gesetzen scheitern kann.

Eine Verfassung, ein politisches System kann man daher allenfalls daran messen, ob es in der politischen Praxis funktioniert oder eben nicht. Man kann über Vor- und Nachteile von politischen Systemen sprechen, man kann vielleicht Defizite ausmachen, man kann Tatsachen, die einem missfallen oder gefallen aufzählen,

Aber es ist die Frage, welches föderale System "besser" ist, überhaupt nicht sinnvoll zu beantworten. War Boticelli ein "besserer" Maler, als Albrecht Dürer? Wer konnte besser zeichnen, Diego Velasquez oder Rembrandt van Rjin?

Genauso gut hättest du auch fragen können, ob es in Deutschland oder in Österreich die hübscheren Frauen gibt, oder die gesündere Luft zum Atmen?

Selbst wenn einer zum Schluss kommt, dass die Österreicherinnen viel hübscher oder die österreichische Küche schmackhafter ist- das Urteil wäre ein subjektives, und ein Anderer würde zu einem anderen gelangen.


Ein Historiker oder Soziologe kann vielleicht empirische, belastbare, nachprüfbare Daten über Vorzüge und Nachteile eines föderalen Systems aufzählen- aber wirklich beweisbar kann er niemals sagen: Dieses und kein anderes ist das bessere Modell.

Im nächsten Bierzelt ist die (historische) Wahrheit ohnehin eine andere. Die steht im Bierzelt auch ohne nachprüfbare Fakten so fest als sei sie für alle Zeiten in Fels gemeißelt.
 
Wer in Österreich wohnt und sich wünscht, es wäre "mehr wie in Deutschland", kann doch gar nicht beurteilen, ob das besser wäre, da er ja nicht in Deutschland wohnt.

Ich war allerdings kürzlich in Österreich und kann berichten, dass der Apfelstrudel besser und das Benzin billiger ist.

Grundsätzlich stimme ich dem Tenor ja zu.

Aber Deutsche, die ein dringend benötigtes Medikament in der BR nicht erhielten und deswegen in die Niederlande fahren mussten oder Deutsche, die wegen eines Schwangerschaftsabbruch in die Niederlande fahren mussten, weil der Freistaat Bayern sich den Schutz des ungeborenen Lebens auf die Fahnen geschrieben hatte, die wünschten sich sehnsüchtig, es möge doch so sein wie in den Niederlanden.

Sicher konnten die meisten nicht beurteilen wie die Lebensverhältnisse in den Niederlanden waren, dafür fehlten bei den meisten Kenntnisse der Sprache, der Kultur und des politischen Systems der NL.

Aber zu erkennen, dass in der BR einiges schief lief und dass es sicher nicht schaden konnte, wenn man sich die NL als Vorbild nahm, wenn man sich auch in der BR am Pragmatismus, an der Liberalität der NL orientierte, aber auch an der gelebten humanen Gesinnung wie die Niederlande mit dem Problem harter Drogen umgingen. Auch wie sie mit sehr unbequemen Menschen umgingen.

Auch ohne fundierte Kenntnis des föderalen Systems der BR könnte ein Österreicher doch begrüßen, dass in der BRD die Legalisierung von Cannabis beschlossen wurde. Oder er könnte sich entsetzt von so etwas distanzieren.

Vor 2015 gab es zahlreiche deutsche Suchtpatienten die wünschten sich, es möge in der BR ein bisschen sein wie in Österreich wo retardiertes Morphin seit langem zugelassen war auch für Suchtpatienten. 2015 war es in der BRD auch soweit. Das "Reichsdope" Substitol von Mundipharma war aber wegen Corona von Mitte 2021-2022 nicht mehr lieferbar. Da wünschte man wieder es möge ein bisschen sein wie in Österreich. Der österreichische Hersteller Gerrot Lannach Pharma hatte keinen Lieferengpass und war auch in der Lage, problemlos den deutschen Markt während des Lieferstopps zu versorgen. Über ein Jahr bestand der Lieferengpass.



Ebenso könnte ein Deutscher die Ösis beneiden, die auch ohne Sonderlaubnis im Garten etwas Schlafmohn ziehen dürfen für die leckeren Mohnstrudel, Germknödel und Mohnsemmeln und den gar nicht leckeren, aber sehr wohltuenden Mohntee.


Über Vor- und Nachteile über unterschiedliche Sichtweisen kann man streiten sicher aber nicht darüber, welches System das bessere ist. Die Frage lässt sich nicht beantworten.
 
Ansonsten lässt sich im Hinblick auf Österreich sicherlich hinterfragen, ob man für ein so kleines Land so viele Gliedstaaten und Regierungsapparate mit entsprechenden Kosten braucht, aber das sind ja durchaus Diskussionen
Dieses Argument wurde und wird auch gerne in Österreich gebracht, wobei gerne darauf verwiesen wird, dass Bayern allein mehr Einwohner als ganz Österreich habe. Dabei wird aber ausgeblendet, dass es erstens auch in Deutschland wesentlich kleinere (nicht nur territorial, sondern auch an Bevölkerung) Bundesländer gibt, und zweitens, dass es in Österreich zwischen den Bundesländern und der kommunalen Ebene keine Selbstverwaltungen, keine gewählten Vertreter gibt. Die österreichischen Bundesländer sind zwar in "Bezirke" geteilt, aber das sind reine Administrativeinheiten mit einem ernannten Bezirkshauptmann an der Spitze. So etwas wie etwa Kreistage und gewählte Landräte gibt es in Österreich nicht.
Im Übrigen sind die meisten österreichischen Bundesländer allemal deutlich größer als die Masse der Schweizer Kantone.
 
Zwar wurden die verschiedenen historisch gewachsenen Kronländer im Laufe des 19. Jahrhunderts über die Nomenklatur hinaus zu tatsächlichen Verwaltungseinheiten mit Befugnissen auf Regionaler Ebene, in denen Teilweise (Sprachregelungen etc.) recht unterschiedliche Bestimmungen galten, allerdings von einem tatsächlichen politischen Einfluss der Verwaltungen der Kronländer auf die Gesamtpolitik der Monarchie, lässt sich, meine ich kaum sprechen, jedenfalls nicht auf dem Weg des Wiener Parlaments.
Warum sollte Föderalismus bedeuten bzw. voraussetzen, dass die Gliedstaaten Einfluss auf die Gesamtpolitik des Staates haben müssen? Meines Erachtens reicht es, dass ihnen selbst Freiräume eingeräumt sind, in denen sie mit vom Gesamtstaat unabhängigen eigenen Organen eigenständig aktiv werden können, möglichst auch legislativ.

Nebenbei: Anfangs wurden die Abgeordneten zum österreichischen Abgeordnetenhaus nicht vom Volk (zunächst eher einem kleinen Teil des Volkes) gewählt, sondern von den Landtagen. Da hatten die Länder also tatsächlich eine Art Einfluss, der ihnen später verlorenging.
Inwieweit sich das im Stimmverhalten niederschlug, ist freilich eine andere Frage. Heutzutage werden die Abgeordneten des österreichischen Bundesrats, der zweiten Parlamentskammer, zwar von den Bundesländern entsendet, stimmen in der Praxis aber brav nach Parteizugehörigkeit.
 
Grundsätzlich stimme ich dem Tenor ja zu.

Aber Deutsche, die ein dringend benötigtes Medikament in der BR nicht erhielten und deswegen in die Niederlande fahren mussten oder Deutsche, die wegen eines Schwangerschaftsabbruch in die Niederlande fahren mussten, weil der Freistaat Bayern sich den Schutz des ungeborenen Lebens auf die Fahnen geschrieben hatte, die wünschten sich sehnsüchtig, es möge doch so sein wie in den Niederlanden.

Sicher konnten die meisten nicht beurteilen wie die Lebensverhältnisse in den Niederlanden waren, dafür fehlten bei den meisten Kenntnisse der Sprache, der Kultur und des politischen Systems der NL.

Eigentlich habe ich nur die Unlogik des Eingangsbeitrags aufs Korn genommen.
 
Dieses Argument wurde und wird auch gerne in Österreich gebracht, wobei gerne darauf verwiesen wird, dass Bayern allein mehr Einwohner als ganz Österreich habe.

Naja, wäre allerdings zu hinterfragen, ob Bayern in dieser Größenordnung und Zusammensetzung eine besonders gelungene Verwaltungseiheit darstellt, ich denke manch einer in Frankren und Schwaben ist da etwas anderer Meinung.

Dabei wird aber ausgeblendet, dass es erstens auch in Deutschland wesentlich kleinere (nicht nur territorial, sondern auch an Bevölkerung) Bundesländer gibt

Was im Übrigen in Deutschland auf der Ebene des Bundesrates zu ganz massiven Verwerfungen führt, was die Machtverteilung angeht.

Die vier größten Bundesländer Nordrhein-Westfalen (ca. 18.000.000 Einwohner), Bayern (ca. 13.000.000 Einwohner) und Baden-Würtemberg (ca. 11.000.000 Einwohner) und Niedesachsen ( ca. 8.000.000 Einwohner) verfügenn im Bundesrat jeweils über 6 Stimmen.
Bremen, mit ca. 700.000 Einwohnern und das Saarland mit einer Knappen Million als die kleinsten Bundesländer jeweils über drei Stimmen, der Rest liegt dazwischen.

Wenn das dazu führt, dass die 1,7 Millionen Einwohner von Bremen und vom Saarland zusammen im Bundesrat genau so strak vertreten sind, wie die das fast 18 Millionen Einwohner starke Nordrhein-Westfalen, dann lässt sich schon irgendwo die Frage stellen, ob das in dieser Form sauber austariert ist oder nicht.
Addiert man Bevölkeerungszahlen und Stimmen auf, kommen die 4 großen Bundesländer auf einen Anteil von an die 60% an der Gesamtbevölkerung, aber nur auf etwas mehr als 1/3 der Stimmanteile im Bundesrat.

Ich denke solche Gefälle wird man im österreichischen System mit den in ihrer Größe wesentlich ähnlicheren Bundesländern eher nicht haben (außer villeicht mit Voralberg?).

und zweitens, dass es in Österreich zwischen den Bundesländern und der kommunalen Ebene keine Selbstverwaltungen, keine gewählten Vertreter gibt. Die österreichischen Bundesländer sind zwar in "Bezirke" geteilt, aber das sind reine Administrativeinheiten mit einem ernannten Bezirkshauptmann an der Spitze. So etwas wie etwa Kreistage und gewählte Landräte gibt es in Österreich nicht.

Wobei auch in Deutschland die Regierungsbezirke der einzelnen Bundesländer und die Kreistage in der Regel in der Regel keine besonders großen Kompetenzen haben und auf den meisten Feldern der Politik kaum wahrnehmbar sind, die Entscheidungen werden mehr oder weniger fast alle auf Kommunal, Landes- und Bundesebene getroffen.
Die Gliederungen zwischen den Bundesländern und den Kommunen gibt gibt es zwar, aber ich glaube kaum jemand hat eine Vorstellung davon, wozu die eigentlich gut sind, außer als ausführende Organe der Landespolitik in bestimmten Feldern wiee dem Bildungswesen etc.

Im Übrigen sind die meisten österreichischen Bundesländer allemal deutlich größer als die Masse der Schweizer Kantone.

Ja, mit Ausnahme von Bern, Wallis und Graubünden evt. Wobei ich mich da auch in der Schweiz fragen würde ob das mit der doch sehr unterschiedlichen Größe der Kantone nicht auch zu gewissen Verwerfungen bei der Repräsentation führt.

Warum sollte Föderalismus bedeuten bzw. voraussetzen, dass die Gliedstaaten Einfluss auf die Gesamtpolitik des Staates haben müssen? Meines Erachtens reicht es, dass ihnen selbst Freiräume eingeräumt sind, in denen sie mit vom Gesamtstaat unabhängigen eigenen Organen eigenständig aktiv werden können, möglichst auch legislativ.

Naja, gab es da einen Gesamtstaat?
Insofern das Kgr. Ungarn ja durchaus seit 1867 einen eigenen Staat bildete, der mit dem Österreichischen nur durch die Monarchie, die drei gemeinsamen Ministerien und den Ministerrat verklammert war, würde ich meinen nein.

Und insofern die Regierungen von Cisleithanien und Transleithanien durch die gemeinsamen Ministerien an Kompromisse umd Aushandlungen mit der anderen "Reichshälfte" gebunden waren, konnten sie auch ohne Berücksichtigung der Eigenheitenn der Kronländer nicht einfach zentralistisch aggieeren.

Von dem her würde mir im Bezug auf die Donaumonarchie die Unterscheidung von Föderalismus und übergeordnetem Staatenbund recht schwer fallen, wenn man Föderalismus lediglich als Reservatsrechte unterstaatlicher Gliderungen definirte.
 
Der Vergleich zwischen föderalen Systemen, wie sie in Deutschland und Österreich existieren, kann sehr interessant sein, da beide Länder in ihrer föderalen Struktur einige Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede aufweisen. Hier sind einige Punkte, die bei einem Vergleich berücksichtigt werden können:

  1. Historische Hintergründe: Deutschland und Österreich haben eine gemeinsame historische Vergangenheit, da sie einst Teil des Heiligen Römischen Reiches waren und später Teil der Habsburger Monarchie. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden diese Gebiete getrennt und nach dem Zweiten Weltkrieg wieder unabhängige Staaten.

  2. Verfassung und Bundesländer: Beide Länder haben föderale Verfassungen, die die Aufteilung der Macht zwischen Bund und Ländern regeln. Deutschland hat 16 Bundesländer, während Österreich 9 Bundesländer hat. Die Bundesländer haben in beiden Ländern weitreichende Befugnisse, insbesondere in den Bereichen Bildung, Kultur und Gesundheit.

  3. Gesetzgebung: In Deutschland gibt es den Bundesrat, in dem die Länder vertreten sind und der an der Gesetzgebung auf Bundesebene beteiligt ist. In Österreich gibt es den Bundesrat und den Nationalrat, wobei der Bundesrat die Länder vertritt und der Nationalrat das Hauptgesetzgebungsorgan ist.

  4. Finanzausgleich: Beide Länder haben Finanzausgleichssysteme, die sicherstellen sollen, dass finanzielle Ressourcen zwischen den Bundesländern fair verteilt werden. Der Finanzausgleich ist jedoch in beiden Ländern sehr komplex und oft Gegenstand politischer Debatten.

  5. Gesundheitswesen und Bildung: Die Zuständigkeit für das Gesundheitswesen und das Bildungssystem liegt weitgehend bei den Bundesländern in beiden Ländern. Dies führt zu regionalen Unterschieden in der Gesundheitsversorgung und im Bildungswesen.

  6. Verwaltung: In Österreich wird oft argumentiert, dass der Föderalismus weniger effizient ist, da es viele kleinere Verwaltungseinheiten gibt. In Deutschland hingegen sind die Bundesländer oft größer und haben eine höhere Bevölkerungsdichte.
Der Vergleich zwischen den föderalen Systemen von Deutschland und Österreich ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile, und es gibt keine eindeutige Antwort darauf, welches System "besser" ist. Es hängt von den jeweiligen Zielen und Prioritäten ab, die ein Land in Bezug auf die Aufteilung der Macht und die regionalen Unterschiede hat.
 
Ich denke solche Gefälle wird man im österreichischen System mit den in ihrer Größe wesentlich ähnlicheren Bundesländern eher nicht haben (außer villeicht mit Voralberg?).
Ja, in Österreich ist das ausgewogener, wenngleich nicht ganz.

Art. 34 des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes bestimmt, dass die Sitze im Bundesrat proportional zu verteilen sind, wobei das Bundesland mit den meisten Bürgern 12 Sitze erhält, jedes aber mindestens 3.
Das Burgenland (3) mit knapp über 300.000 Einwohnern kommt so auf ein Viertel der Sitze von Niederösterreich (12) mit ca. 1,7 Mio. Einwohnern und ist gleichauf mit Vorarlberg (3; ca. 400.000 Einwohner).

Wobei auch in Deutschland die Regierungsbezirke der einzelnen Bundesländer und die Kreistage in der Regel in der Regel keine besonders großen Kompetenzen haben und auf den meisten Feldern der Politik kaum wahrnehmbar sind, die Entscheidungen werden mehr oder weniger fast alle auf Kommunal, Landes- und Bundesebene getroffen.
Die Gliederungen zwischen den Bundesländern und den Kommunen gibt gibt es zwar, aber ich glaube kaum jemand hat eine Vorstellung davon, wozu die eigentlich gut sind, außer als ausführende Organe der Landespolitik in bestimmten Feldern wiee dem Bildungswesen etc.
In Österreich wird gegen die Landtage und Landesregierungen auch gerne mit deren Kosten argumentiert. Kosten für Organe fallen an, egal ob die Organe auch Kompetenzen haben.
 
Also das würde ich eher verneien, das war schon ziemlich willkürlich, mit Ausnahme von Bayern und Schleswig-Holstein in Gestalt der früheren preußischen Provinz.

Also es gibt schon wesentlich mehr Bundesländer, die sich an historischen Grenzen orientieren, wenn auch nicht immer zu 100 Prozent.

Mecklenburg-Vorpommern entspricht z. B. im Kern dem früheren Mecklenburg (Schwerin + Strelitz) plus den bei Deutschland verbliebenen Teilen Pommerns, für die sich ein eigenes Bundesland nicht gelohnt hätte.

Sachsen war auch früher schon Sachsen.

Baden-Württemberg entspricht in etwa den früheren Ländern Baden und Württemberg.

Hamburg und Bremen sind alte freie Reichs- (und Hanse-) Städte.

Das Saarland besteht spätestens seit 1920 als politische Einheit.

Naja, dem Königreich Hannover, den Ghzm Oldenburg, dem Hzm. Braunschweig und einem Teil des ehemaligen Kurhessen, so wie Schaumburg-Lippe.

Die großräumige Ordnung "Niedersachsen" ist politisch sicherlich sinnvoll, aber ob das in diesem Sinne "natürlich gewachsen" genannt werden kann, kann man doch hinterfragen, zumal ja bereits das Ehemalige Königreich-Hannover ein Kunstprodukt des Wiener Kongresses war, mindestens was seinen westlichen Teil betrifft, der mit dem alten Braunschweig-Lüneburg herzlich wenig zu tun hatte.

Ich denke, es hätte wenig Sinn gemacht, sich einfach vollständig an den ehemaligen Teilstaaten des Deutschland Bundes oder gar an denen des HRR zu orientieren.

Die heutigen Bundesländer sind ein Kompromiss aus historisch gewachsen politischen Einheiten und dem Bestreben, Bundesländer mit einer sinnvollen Größen und abgerundeten Grenzen zu erhalten. Imho ist das insgesamt auch ganz gut gelungen.
 
Deutschland und Österreich haben eine gemeinsame historische Vergangenheit, da sie einst Teil des Heiligen Römischen Reiches waren und später Teil der Habsburger Monarchie. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden diese Gebiete getrennt und nach dem Zweiten Weltkrieg wieder unabhängige Staaten.
Welcher Teil Deutschlands war denn Teil der Habsburger Monarchie, abgesehen von Vorderösterreich, das spätestens ab 1803 nicht mehr habsburgisch war? Daher verstehe ich auch nicht, auf was für eine Trennung nach dem 1.Weltkrieg du hinaus willst. Es gab vor dem 1.Weltkrieg zwei Staaten das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn. Nach dem Verfall der Habsburger Monarchie durch den 1.Weltkrieg wurden alle Bestrebungen (Deutsch-)Österreich mit Deutschland zusammenzuschließen durch den Versailler Vertrag, bzw. den Vertrag von Saint-Germain-en-Laye untersagt. Von einer Trennung nach dem 1. Weltkrieg kann man daher mMn nicht reden.
 
Deutschland und Österreich waren mehr als 500 Jahre lang, ein Ganzes!

Genaugenommen waren sie das aber nur in dem halben "Jahrtausend zwischen 1938- 1945 und da war nicht mehr von Österreich, sondern von der "Ostmark" die Rede.

Wenn im 17. 18. und 19. Jahrhundert von Austria oder Österreich die Rede war, so hatte das doch eine sehr verschiedene Gestalt von der Republik Österreich. Da gehörte Böhmen und Mähren dazu und der Breisgau, User @Brissotin betont ja gerne, dass er in "Vorderösterreich" wohnt. Tirol und ein gutes Teil des Trentinos gehörten dazu, gehörten dazu, die Herzogtümer Krain und die östliche Steiermark, heute Teil von Slowenien. Das Burgenland dagegen gehörte vor 1919 zu Ungarn.

"Deutschland" als ein Ganzes tauchte in den Köpfen deutscher Intellektueller seit dem späten 18. Jahrhundert und vor allem seit den Befreiungskriegen auf. Das war aber eher so etwas wie eine Gemeinsamkeit der Sprache und Kultur über Staatsangehörigkeit als Bayern, Preußen oder Hessen Als politisches Gebilde gab es "Deutschland" aber nicht, was es gab, das war das Heilige Römische Reich, und das waren zahlreiche deutsche Länder und später der Deutsche Bund Bund und das Deutsche Reich.

Deutsche und Österreicher sind verbunden, durch gemeinsame Sprache und Kultur, durch eine gemeinsame Reichsgeschichte. Einige deutsche Regionen wie etwa der Breisgau haben auch eine lange Zeit zum gleichen Staatenverband gehört, aber "ein Ganzes" waren Deutschland und Österreich nicht. Das Heilige Römische Reich war auch seit dem Westfälischen Frieden 1648 eher ein Staatenbund, als ein Einheitsstaat.
 
Mecklenburg-Vorpommern entspricht z. B. im Kern dem früheren Mecklenburg (Schwerin + Strelitz) plus den bei Deutschland verbliebenen Teilen Pommerns, für die sich ein eigenes Bundesland nicht gelohnt hätte.

Sachsen war auch früher schon Sachsen.

Es war allerdings explizit von Westdeutschland die Rede, zumal die historischen Territorien in der DDR ja völlig anders gegliedert waren, bevor sie nach dem Beitritt zur Bundesrepublik wieder zu den jetztigen Bundesländern umgegliedert wurden.

Baden-Württemberg entspricht in etwa den früheren Ländern Baden und Württemberg.
Und eben der ehemaligen hohenzollernschen Fürstentümer Siegmaringen und Hechingen, die 1849 und 1850 zu Preußen kamen.
Allerdings hatten Baden und Würtemberg historisch vor 1945 herzlich wenig miteinander zu schaffen, so dass man da von "historisch gewachsen" kaum sprechen kann.

Betrachtet man sich im entsprechenden Gebiet selbst als "Baden-Würtemberger"? Kann nicht sagen, dass ich in der Gegend schon groß herum gekommen wäre, aber so weit mir bekannt herrschen da doch bis heute ähnliche regionale Konkurrenzen, was die Identitäten betrifft, wie in NRW, wo Westfalen und Rheinländer eher nebeneinander vor sich hin wursteln, aber kaum auf die Idee kämen sich als "Nordrhein-Westfalen" zu betrachten.

Da würde ich schon eher Hessen, als noch einigermaßen natürlich gewachsen betrachten, wo das trotz Zusammenstückelung mit dder gemeinsamenn Identität, glaube ich besser funktioniert und wo sich auch behaupten ließe, dass das einigermaßen der historischen Landschaft Hessen entspricht.

Hamburg und Bremen sind alte freie Reichs- (und Hanse-) Städte.
Ich hatte die Stadtstaaten rausgelassen, weil man bei diesem Modell nicht allzu viel zusammenlen oder trennen kann, es sei denn man möchte anfanngenn das gesamte 19. Jahrhundert und die Weimarer Zeit von der Gründung Bremerhavens, über das Groß-Berlin-Gesetz in der Weimarer Zeit, bis zur Eingemeindung von Altona und anderer Ortschaften nach Hamburg hinein zu schwadronieren.

Das Saarland besteht spätestens seit 1920 als politische Einheit.
Als politische Einheit ja, aber nicht in Form eines deutschen Bundesstaates, sondern in Form eines zum französischen Zollraum gehörenden Gebiets ohne bis 1935 leztendlich geklärten Status.

Als es 1935 zurück nach deutschland kam, wurde mal kurzfristig ein "Reichsgau Saarland" geschaffen geschaffen, aber die Reichsgaue der NS-Zeit waren ja nun alles andere als einigermaßen autonome Gliederungen in einem föderale System, denn den Föderalismus und die alten Länder hatten die Nazis ja bereits abgeschafft.
Zudem wurde das Gebiet bereits 1940 mit der bennachbarten ehemaligen bayerischen Pfalz bereits zum "Reichsgau Westmark" zusammengeschlossen.
Eine tradierte gewachsene politische Einheit innnerhalb der föderalen politischen Systems Deutschlands kann ich da nicht erkennen.

Ich denke, es hätte wenig Sinn gemacht, sich einfach vollständig an den ehemaligen Teilstaaten des Deutschland Bundes oder gar an denen des HRR zu orientieren.

Das hat ja auch niemand behauptet.

Der Unterschied zu den Österreichischen Verhältnissen ist einfach nur, dass die heutigen österreichische Bundesländer eben tatsächlich in ihren Grenzen weitgehend den ehemaligen Habsburgischen Provinzen und Kronländern entsprechen, wie sie über Jahrhunderte Bestand gehabt haben und spätestens im 19. Jahrhundert (Salzburg, Voralberg) entstanden sind, die einzige Ausnahme davon ist das Burgenland und eben der Stadtstaat Wien, der wenn ich mich nicht täusche Produkt der 1. Republik in Österreich und Vorbild für das Groß-Berlin-Gesetz in der Weimarer Zeit gewesen ist.

Sonst hat sich da an dem Zuschnitt nicht viel geändert, abgesehen davon das Tirol, der Steiermark und Kärnten in Folge des 1. Weltkriegs Teile der historischen Provinzen abhanden gekommen sind.

Verglichen damit sind die meisten deutchen Bundesländer seit der Weimarer Zeit (Thüringen) und seit dem Ende des 2. Weltkriegs (Baden-Würtemberg, NRW, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Saarland, Mecklenburg-Vorpommen, Schasen-Anhalt) schon Konstrukte, die entweder über größere Gebiereformen zustande gekommen sind oder vollkommene Neuschöpfungen darstellen, während man bei den aus den DDR-Bezirken wieder zusammeengesetzten Ländern Brandeburg und Sachsen durchaus hinterfragen kann, ob dass noch eine ungebrochene Kontinuität ist, insofern diese Länder de facto fast 60 Jahre lang, vom Beginn der NS-Zeit bis zum Ende der DDR faktisch nicht mehr existiert hatten und beim Modell Stadtstaat außer Eingemeindungen nicht viel Spielraum für Änderungen ist.

Beschränkt man sich wie oben auf Westdeutschland sind es eigeentlich nur Bayern und Schleswig-Holstein (und die Stadtstaaten), die schon vor der NS-Zeit gewachsene Einheiten gebildet hatten, der Rest wurde in der Regel aus der Konkursmasse Preußens und umliegender Territorien ehemaliger kleinerer Länder zusammengeschustert.
 
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