Wurden die Menschen damals unter dem Hitlerregime zum Jubeln gezwungen?

Wer in alten Filmen sieht, wie alle Häuser mit Hakenkreuzfahne behangen sind, wann immer Hitler durch eine Stadt fährt – im "Triumph des Willens" von Leni Riefenstahl ist das in Nürnberg sehr augenfällig –, und denkt, die Menschen wären wirklich begeistert vom Dritten Reich, der muss bedenken, was auf dem Spiel stand für denjenigen, der nicht mitspielte bei diesen Äußerlichkeiten, auf die aber das Regime größten Wert legte, weil es der (ausländischen) Öffentlichkeit zeigte: Das deutsche Volk steht geschlossen hinter ihrem Führer.
Um das mal ganz klar festzuhalten, so traurig das auch ist: es ist keineswegs so, dass ein paar hunderttausend ein Volk von 70 Millionen geknechtet und zur Beflaggung genötigt hätten. Gleichwohl wir uns das aus der Rückschau wohl wünschen würden. Die Nazis hatten durchaus einen Zuspruch von mindestens einem Drittel der Bevölkerung, zeitweise höher, wenn auch dieser Zuspruch nicht zwangsläufig mit ideologischer Übereinstimmung einhergeht. Man konnte etwa den Antisemitismus ablehnen und trotzdem dem Gesamtpaket zustimmen.

Man kann das auch an manchen, sich hartnäckig haltenden Legenden (etwa Autobahnbau) sehen. Die Legende besagt, Hitler sei mit 6 Millionen Arbeitslosen in die Regierung eingestiegen und habe mit dem Autobahnbau ein Konjunkturpaket aufgesetzt. Tatsächlich ist der Autobahnbau bereits in der Weimarer Republik eingestielt worden, Hitler profitierte also von Maßnahmen der von ihm verachteten Vorgängerregierungen und die paar Hunderttausend, die im Autobahnbau beschäftigt waren, machten auch nicht das Gros der 6 Millionen Arbeitslosen weg. Dennoch ist das im kollektiven Gedächtnis so verankert, dass es teilweise sogar als Entlastungsargument angeführt wird: „Hitler hat ja auch die Autobahnen gebaut.“ Das ist Bullshit, zeigt aber, wie nationalsozialistische Propaganda nachwirkt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Um nicht aufzufallen, hissen vielfach auch Juden diese Flagge. Aber ab 1935 war ihnen das per Gesetz verboten – Strafe: bis zu 12 Monate Gefängnis –, so dass nun jeder an der Nichtbeflaggung sehen konnte: Da wohnen Juden.

Ein Jahr später duften auch Arier, die mit einem jüdischen Ehepartner verheiratet waren, ihre Wohnung oder ihr Haus nicht beflaggen. So geht Ausgrenzung.

Juden wurden ja schon lange vor Einführung des gelben Sterns kenntlich und sichtbar für die Bevölkerung gemacht. Viele Holocaustüberlebende berichten, dass Nachbarn und Freunde sich zurückzogen, dass sie nicht mehr gegrüßt wurden. Juden waren von Anfang an aus der "Volksgemeinschaft" ausgegrenzt.

Nationalsozialistische Symbole zu zeigen, mit dem "deutschen Gruß" zu grüßen- das war ja gerade nicht geeignet, "nicht aufzufallen". Es fiel auf, wenn sie es taten- da konnte man auch ziemlich sicher sein, dass irgendein Nazi-Arsch es mitbekam, der davon dann enorm getriggert wurde. Es gibt zahlreiche Beispiele, dass es eben nicht funktionierte, so zu tun, als ob man Teil der Volksgemeinschaft war. Es war kein Mittel, um in der Volksgemeinschaft unsichtbar zu werden, um nicht aufzufallen.

Die Juden sollten auffallen, die Juden gehörten nicht zur Volksgemeinschaft, sie sollten in der Bevölkerung sichtbar sein. Zu versuchen, sich dem anzupassen, zu versuchen, so zu tun, als ob- das funktionierte nicht. Das machte eher alles noch viel schlimmer. Das war auch schon der Fall, bevor Juden mit den Nürnberger Gesetzen ausdrücklich verboten wurde, zu flaggen oder mit Heil Hitler zu grüßen.


Zu versuchen, sich anzupassen, zu versuchen, in der "Volksgemeinschaft" mitzuschwimmen, um nicht aufzufallen, mit "deutschem Gruß" zu grüßen, ging viel zu leicht nach hinten los, machte eher alles noch viel schlimmer. Die Juden waren seit 1933 Bürger zweiter Klasse, sie wurden sichtbar gemacht, sie gehörten nicht dazu.

So zu tun, als ob, zu versuchen unsichtbar in der Masse der Volksgenossen zu werden- das funktionierte nicht. Juden waren kein Teil der Volksgemeinschaft, im Gegensatz zu "arischen" Gegnern des NS konnten Juden nicht durch Mitmachen, durch Ruhe und durch Lippenbekenntnisse Teil der Volksgemeinschaft werden. Es half ihnen nichts, wenn sie mitjubelten, sich unterhakten. Auch mit Hakenkreuzfähnchen und deutschem Gruß konnten sie nicht der Volksgemeinschaft beitreten. Mit so plumpen Methoden wurde man nicht unsichtbar als Jude werden. Hakenkreuzfähnchen und "Heil Hitler" waren kein Mittel, um nicht aufzufallen. Es war offensichtlich, dass Anpassung es eher noch schlimmer machte. Das war auch schon der Fall, bevor 1935 Juden gesetzlich das Zeigen nationaler Symbole und der deutsche Gruß verboten wurde.
 
In dem Haushalt meiner Urgroßeltern und Großeltern wurde auch nach 1933 immer die Flagge des Großherzogtums Oldenburg "rausgehängt".
Eine Hakenkreuzfahne gab es nicht, diese hätte ich in meiner Neugier gefunden?
Die Oldenburger Farben habe ich schon als kleiner Junge immer raushängen müssen, bei jedem Schützenfest, jedem Aufmarsch der Veteranen beider Weltkriege. Es gab einen Raum hinter dem Dachfirst des Hauses, einen langen Mast mit mit einer Vorrichtung, und ein kleines Fenster, und dann hing die Fahne tagelang dort.

Leider besitze ich die sehr große Fahne nicht mehr, sie ist Ende der 1960er Jahre spurlos verschwunden. Ich wünschte, die Fahne heute noch zu besitzen, es sollte nicht sein...

Micha

PS Ich kann mir vorstellen, wer diese Fahne an sich genommen hat, aber es macht keinen Sinn, über all das zu spekulieren.
 

Anhänge

  • Oldenburg Fahne.PNG
    Oldenburg Fahne.PNG
    4,4 KB · Aufrufe: 21
Bis 1936 wird der Beitritt zu den verschiedenen Jugendbünden - auch zur HJ - mehr oder weniger freiwillig vollzogen. Zur HJ seit 1933 vielleicht auch aus Opportunismus. Man wird klären müssen, ob man Opportunismus für Freiwilligkeit hält, oder nicht, ich denke da können sehr gegensätzliche Einstufungen bei herauskommen.

Tw. wird der Beitritt zu einem Jugendbund auch gegen den Willen der Eltern erkämpft worden sein. Das schließt nicht aus, dass in Einzelfällen auch Jugendliche von ihren Eltern gedrängt wurden, irgendwo beizutreten. So wie Eltern ihre Kinder bei Sportvereinen oder zum Musikunterricht anmelden, quasi also Anstuppser.

Ab 1936 war der Beitritt zur HJ für als "arisch" eingestufte Jugendliche verpflichtend und Konkurrenzveranstaltungen wurden peu a peu verboten. Als "nichtarisch" eingestufte Jugendliche war man gleichzeitig von dem Beitritt in die HJ ausgeschlossen und damit für jeden Sichtbar außerhalb der Volksgemeinschaft stehend.

Die Erinnerungen an BdM und HJ sind bei den meisten damaligen Jugendlichen vorwiegend positiv, da HJ und insbesondere BdM den Jugendlichen Freiheiten erlaubten, die sie zuhause oft nicht hatten (Zeltlager anstatt Hilfe im Haushalt oder gar Mitarbeit im elterlichen Betrieb). Hierbei ist natürlich q-kritisch anzumerken, dass die Erinnerung an emotional stark besetzte Dinge bessere ist, als an emotional nur schwach besetzte Dinge, gleichzeitig werden positive Erinnerungen von unserem Hirn oft stärker gewichtet, als negative Erinnerungen.

Die NS-Jugendorganisationen kopierten das was attraktiv war von anderen Jugendorganisationen. Sie nutzten rebellische Tendenzen und jugendliches Aufbegehren zuweilen recht geschickt aus, um sich als Erziehungsinstitution neben Schule und Elternhaus zu etablieren. Da gab es durchaus auch Fälle, wo die Mitgliedschaft in der HJ mehr oder weniger gegen die Opposition der Eltern ertrotzt und durchgesetzt wurde.

Es gab Eltern, die eher oppositionell zum NS standen, die aber ihren Kindern erlaubten, zur HJ zu gehen, um sie nicht unter Jugendlichen auszugrenzen. Der Anspruch der HJ, dass "Jugend von Jugend geführt" werde, war natürlich Propaganda.

Allerdings hatte die HJ schon einiges, was sie attraktiv machte, und sie bot durchaus auch Aufstiegschancen für Jugendliche, die nicht den alten Eliten angehörten. Ausflüge, Reisen, Geländespiele- das war in den 1930er Jahren noch etwas Ungewöhnliches, nur wenige Leute waren in der Lage, eine Urlaubsreise zu unternehmen.
 
Es gibt zahlreiche Beispiele, dass es eben nicht funktionierte, so zu tun, als ob man Teil der Volksgemeinschaft war.
Ja, die gibt es - aus eher kleineren Städten und ländlichen Gegenden, wo jeder jeden kannte. Aber in den Großstädten war dem nicht so - da war man genauso anonym wie heute. Und da fiel schon auf, wenn aus dem Fenster einer bestimmten Wohnung keine Hakenkreuzfahne hing. Also machte man mit Beflaggung als Jude mit und grüßte ggf. auch mit Hitlergruß zurück, wenn man so gegrüßt wurde.

Was man nicht vergessen darf: Es gab keine offizielle Anordnung, Hakenkreuzfahne bei bestimmten Anlässen aus dem Fenster einer Wohnung zu hängen, schließlich war diese anfangs nur eine Parteifahne. Erst ab 1935 ersetzte Hakenkreuzfahne die schwarz-weiß-rote Reichsflagge, womit die Verschmelzung von Staat und Partei auch nach außen vollzogen war. Es gab auch jetzt keine Anordnung, doch die Leute machten freiwillig mit - und zwangen so auch alle anderen, sich als Anhänger des neuen Staates zu outen.
 
Der Verlobte der älteren Schwester meiner Großmutter, war ein deutscher Kommuniist, der Mann verschwand spurlos nach 1933 in den Emslandlagern.
Ich erinnere den Namen "Willi Körber" aus den Erinnerungen meiner Großmutter. Ich habe noch ein altes Photos des jungen Mannes hier, aber ich weiß nicht, ob das Photo mit dem Mann etwas zu tun hat?
Die Fotos wurden leider nicht beschriftet, viele Fragen werden niemals beantwortet werden...

Micha
 
Menschen verschwanden einfach, sie waren einfach "weg", als ob sie niemals existiert hatten...
Nur noch einige Photos...
Das waren die Nazis, überall, in jedem Haus, in jedem Dorf, unsere Vorfahren...
 
Seit 1933 gab es ein Konformitätsdruck auf die Bevölkerung, Flagge zu zeigen – in wörtlichem Sinn. Anfangs konnte man bei den Feiertagen oder politischen Festen noch die Reichsflagge (schwarz-weiß-rot) zusammen mit der Hakenkreuzfahne zeigen, doch ab 1936 war nur noch die letztere erlaubt und ein Muss auch für private Häuser.

Dieses flagge-zeigen-müssen war keine behördliche Anordnung, aber wer sie nicht zeigte, machte sich verdächtigt. Auch die sog. Hausbeauftragten, vulgo Blockwart genannt, konnten unangenehm werden und Fragen stellen. Die Blockwarte haben für diese und ähnliche Fälle ein spezielles Formular gehabt, in dem sie nur noch den Namen und die Adresse des betreffenden Haushalts eintragen mussten. Darin stand auch vorgefertigt, dass die Nichtbeflagger gleichgültige bzw. halbherzige Deutsche seien und ev. mit den Juden sympathisieren. Das war schon heftig, weil es Nachforschungen seitens Gestapo nach sich ziehen konnte. Also zeigten die Hakenkreuzfahne auch jene, die mit dem Regime gar nicht sympathisierten. So funktioniert institutionalisierte soziale Kontrolle.

Um nicht aufzufallen, hissen vielfach auch Juden diese Flagge. Aber ab 1935 war ihnen das per Gesetz verboten – Strafe: bis zu 12 Monate Gefängnis –, so dass nun jeder an der Nichtbeflaggung sehen konnte: Da wohnen Juden.

Ein Jahr später duften auch Arier, die mit einem jüdischen Ehepartner verheiratet waren, ihre Wohnung oder ihr Haus nicht beflaggen. So geht Ausgrenzung.

Wer in alten Filmen sieht, wie alle Häuser mit Hakenkreuzfahne behangen sind, wann immer Hitler durch eine Stadt fährt – im "Triumph des Willens" von Leni Riefenstahl ist das in Nürnberg sehr augenfällig –, und denkt, die Menschen wären wirklich begeistert vom Dritten Reich, der muss bedenken, was auf dem Spiel stand für denjenigen, der nicht mitspielte bei diesen Äußerlichkeiten, auf die aber das Regime größten Wert legte, weil es der (ausländischen) Öffentlichkeit zeigte: Das deutsche Volk steht geschlossen hinter ihrem Führer.
Oje, das war ja schon sehr extrem.
Welche Befugnisse hatte so ein Blockwart überhaupt?
Durfte der auch, wie die Blockwarte in Nordkorea, jederzeit in die Häuser gehen und dort alles anschauen?
Konnte ein Blockwart die Menschen drangsalieren, unterstützt vom Regime?
Und ist in der heutigen Zeit eigentlich noch feststellbar, wie viele Menschen wirklich mit dem Regime sympathisierten und wie viele nur so taten damals?
In meinem Heimatdorf war es ungefähr halbe halbe, also das halbe Dorf bestand aus strammen Nazis oder opportunistischen Mitläufern, die andere Hälfte waren kritische Menschen, die das Regime nicht mochten, aber aus Angst niemals offen ihre Meinung zeigten.
Kann man das aus diesem einen Dorf auf ganz Deutschland übertragen, dass es etwa halbe halbe war, also eine kritische Hälfte und eine Hälfte, die begeistert oder aus Opportunismus mitmachte?
 
Es gibt hinreichend Egozeugnisse (Briefe (privat und an Behörden adressiert), Tagebücher etc.), die keinerlei Anlass geben, zu glauben, die Nazis seien bloß eine kleine verkorkste Gruppe gewesen.
 
Oje, das war ja schon sehr extrem.
Welche Befugnisse hatte so ein Blockwart überhaupt?
Durfte der auch, wie die Blockwarte in Nordkorea, jederzeit in die Häuser gehen und dort alles anschauen?
Konnte ein Blockwart die Menschen drangsalieren, unterstützt vom Regime?
Und ist in der heutigen Zeit eigentlich noch feststellbar, wie viele Menschen wirklich mit dem Regime sympathisierten und wie viele nur so taten damals?
In meinem Heimatdorf war es ungefähr halbe halbe, also das halbe Dorf bestand aus strammen Nazis oder opportunistischen Mitläufern, die andere Hälfte waren kritische Menschen, die das Regime nicht mochten, aber aus Angst niemals offen ihre Meinung zeigten.
Kann man das aus diesem einen Dorf auf ganz Deutschland übertragen, dass es etwa halbe halbe war, also eine kritische Hälfte und eine Hälfte, die begeistert oder aus Opportunismus mitmachte?

So wie @Dion das schildert, klingt es fast, als hätte es hätte es einen Zwang zum Jubeln, zum Mitmarschieren, zum Mitklatschen gegeben, und es hätten alle-sogar die Juden- nur aus Angst, aus Opportunismus die Lappen aus dem Fenster gehalten.

Natürlich gab es viel Opportunismus, viele Leute, die auf Seite der Sieger sein wollten, die sich auf Seite der Nazis schlugen.

Es waren die Nazis keine Aliens, die wie eine Naturgewalt über Deutschland und das deutsche Volk kamen. Sie wurden vom deutschen Volk gewählt, die überwältigende Mehrheit der Deutschen hat sich mit der Diktatur arrangiert, und ein gar nicht so geringer Teil des Volkes hat sich im 3. Reich sehr wohlgefühlt.

Zu Blockwarten:

Blockwarte waren keine Menschen, vor denen irgendjemand innerlich oder äußerlich stramm gestanden hätte. Blockwarte, das waren die ganz kleinen Arschlöchelchen ohne die eine Diktatur nicht auskommt. Hohe Entscheidungskompetenz oder viel zu sagen hatten die nicht.

Grundsätzlich galten auch di alten Grundrechte weiterhin, die Nazis haben sich ja nicht mal die Mühe gemacht, die Weimarer Verfassung abzuschaffen. Grundsätzlich galt auch die Unverletzlichkeit der Wohnung weiterhin, und Blockwarte hatten keineswegs das Recht, einfach in eine fremde Wohnung einzudringen, Leute festzunehmen oder sich Polizeibefugnisse anmaßen.

Tatsächlich aber konnten sie natürlich schon Leute erheblich drangsalieren. Es gibt Klagen von Gestapobeamten, die sich beklagten, dass sie mit der Arbeit nicht nachkamen, weil Volksgenossen sich gegenseitig denunzierten, weil Leute versuchten, die Nazis einzuspannen, um alte Rechnungen zu begleichen. Wenn die Polizei, Gestapo usw. Hinweise bekamen, dass XY ein "Judenfreund" ist, dann guckten sie sich den mal genauer an. Es bedeutete noch nicht, dass alle Denunziationen üble Folgen hatten, dass Leute verhaftet wurden oder im KZ landeten, nur weil sie angeschwärzt wurden.
Sie wussten aber, dass Schlimmes und das Allerschlimmste passieren konnte, wenn man als Gegner der Nazis mal erfasst war.

Das Modell Korea funktioniert nur durch Repression. Das Verhalten der Bürger wird nur durch Zwang, durch ständige Übergriffe am Leben erhalten. So funktionierte NS-Diktatur nicht. Da wird natürlich auch brutalste Gewalt angewendet- gegen politische Gegner und Oppositionelle Sozialdemokraten, Kommunisten und gegen Feinde, die nicht Teil der Volksgemeinschaft sind (Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle.

Die übrigen, die Teil der Volksgemeinschaft sind oder sein könnten, kann man wirksamer beherrschen, als durch Terror: Die können irgendwo mitmachen, in die Partei, in die Frauenschaft, die HJ oder den BDM,

Wenn du keinen Ärger willst, dann hält man den Mund oder macht mit. Dann sagt man nichts mehr gegen die Nazis, dann hängt man auch sein Fähnchen raus, bzw. in den Wind.

Dann tritt man eben auch in die Partei ein, und schon hat man keine Probleme mehr. Den Blockwart, wenn er den Hals aufreißt, dann pöbelt man eben zurück, als Parteigenosse, als Volksgenosse, als kriegswichtiger Betrieb- und dann geht dem Blockwart schnell die Luft aus.

Das Schöne im Dritten Reich, es konnte jeder irgendwo mitmachen, wenn er arisch war, es gab für jeden die richtige Organisation und auch schicke Uniformen (die der SS hat Hugo Boss entworfen). Man konnte dem Druck, dem Terror leichter entgehen, als dem stalinistischen Terror (sofern man nicht Jude oder "Zigeuner", rassisch oder auch sonst minderwertig war). Selbst Sozis und Kommunisten konnten, wenn sie sich ruhig verhielten, wieder in die Volksgemeinschaft aufgenommen werden.

Julius Streicher z. B., der Judenhetzer, hatte den Fimmel, dass er jedes Jahr zu Weihnachten einen Kommunisten oder Sozi freiließ und beschenkte.

Drangsalieren konnte ein Blockwart aber schon Menschen, besonders wenn sie eben nicht zur "Volksgemeinschaft" gehörten. Blockwarte waren dafür verantwortlich, den Hausfrieden im Sinne des NS-Systems zu wahren, sie konnten aber schon Menschen drangsalieren. Ein Jude, der mit Heil Hitler grüßte, den Aufzug benutzte, ein Schwimmbad, einen Park besuchte, eine "arischen" Hausangestellte beschäftigte, ein KFZ hielt, oder Haustiere, der den deutschen Wald betraf. Der verstieß gegen Gesetze und wenn das ein Blockwart mitbekam und meldete, konnte er richtig Ärger verursachen.

Das System Korea ist im Prinzip extrem primitiv. Es basiert einzig auf Gewalt und Terror. Der Terror schlägt ständig auf das Volk ein.
Das NS-System basiert natürlich auch auf Terror, es schlägt auch ständig auf seine Feinde bzw. die es dafür hält ein, aber diese werden von der Gesellschaft getrennt und das einschlagen macht man nicht in der Öffentlichkeit.

Es erzwingt Gehorsam von den Bürgern durch Terror einerseits, andererseits indem es die Beherrschten korrumpiert, indem es ihnen in einem kleinen Bereich Teilhabe an der Herrschaft gewährt. Jeder kann irgendwo mitmachen, gehört dazu- alles ist easy, solange man dazugehört, solange man ruhig sich verhält. Jeder kann dazugehören, kann mitmachen. Er braucht nur deutlich Ja zu sagen.

Das ist der Hintergrund. Es waren längst nicht alle Deutschen mit allem einverstanden, was die Nazis taten. Die Mehrheit des deutschen Volkes haben sie selbst mit massiver Wahlbeeinflussung nie hinter sich gebracht. Das brauchten sie auch nicht. Es genügte, dass die Mehrheit es hingenommen hat.

Eindeutige politische Meinungsbekundungen, demoskopische Umfragen- das gab es nach 1933 in Deutschland nicht mehr. Die Deutschen hatten nur noch das laute öffentliche Jas zu bekunden.
 
Wenn du keinen Ärger willst, dann hält man den Mund oder macht mit. Dann sagt man nichts mehr gegen die Nazis, dann hängt man auch sein Fähnchen raus, bzw. in den Wind.

Dann tritt man eben auch in die Partei ein, und schon hat man keine Probleme mehr. Den Blockwart, wenn er den Hals aufreißt, dann pöbelt man eben zurück, als Parteigenosse, als Volksgenosse, als kriegswichtiger Betrieb- und dann geht dem Blockwart schnell die Luft aus.
Mein Großvater war Lehrer. Er weigerte sich dem NSLB beizutreten. Das Schlimmste was meinem Großvater passierte (bis er 1945 zum Volkssturm eingezogen wurde) war, dass er zwischen 1933/45 nie befördert wurde. Allerdings war der Bruder von meiner Großmutter ein Braun- (und nach dem Krieg ein Schwarz-)-Kehlchen. Ich weiß nicht, wie viel Opportunismus und wie viel Überzeugung das bei meinem Großonkel war, ich habe ihn nie kennengelernt. Es kann natürlich sein, dass er über seinen Schwager (also meinen Großvater) die schützende Hand hielt, aber ich glaube eigentlich nicht, dass das notwendig war. Im Krieg hat mein Großvater offenbar schön die Klappe gehalten, jedenfalls hat meine Mutter ihn immer als glühenden Pazifisten beschrieben (wegen seiner Erfahrungen aus dem WKI), es scheint also nirgends hingedrungen zu sein, dass mein Großvater "defätistisch" dachte, wenn das denn so stimmt, was meine Mutter über ihn erzählt hat. Dass er nie in einer NS-Organisation Mitglied war, weiß ich aber sicher.
 
Es waren längst nicht alle Deutschen mit allem einverstanden, was die Nazis taten. Die Mehrheit des deutschen Volkes haben sie selbst mit massiver Wahlbeeinflussung nie hinter sich gebracht. Das brauchten sie auch nicht. Es genügte, dass die Mehrheit es hingenommen hat.
Anders als im WKI ging es den Deutschen im WKII materiell recht gut, was natürlich daran lag, dass rigoros Nahrungsmittel und Güter ins Reich gebracht wurden, teilweise sogar mit der Inkaufnahme oder Absicht, dass die Produzenten elendig zugrunde gingen. Auch das (also dass es immer genug zu Essen gab) hat die Zustimmung bis weit in den Krieg hinein gesichert.

Oft waren die Deutschen mit irgendetwas nicht einverstanden, aber wenn das Gesamtpaket passte, dann störte das eben nicht. Und viel spielt sich ja auch im Paradoxen ab: Es gab glühende Antisemiten und Nazis, die den Holocaust als das Verbrechen anerkannten, das er war und andere, die eigentlich mit den Nazis und dem Antisemitismus ideologisch nichts zu tun hatten und dennoch in der Mordmaschinerie mitwirkten. Und andere haben die logischen Konsequenzen der Nazi-Ideologie und diese selbst voneinander geschieden "Wenn das der Hitler wüsste..."
 
Mein Großvater war Lehrer. Er weigerte sich dem NSLB beizutreten. Das Schlimmste was meinem Großvater passierte (bis er 1945 zum Volkssturm eingezogen wurde) war, dass er zwischen 1933/45 nie befördert wurde. Allerdings war der Bruder von meiner Großmutter ein Braun- (und nach dem Krieg ein Schwarz-)-Kehlchen. Ich weiß nicht, wie viel Opportunismus und wie viel Überzeugung das bei meinem Großonkel war, ich habe ihn nie kennengelernt. Es kann natürlich sein, dass er über seinen Schwager (also meinen Großvater) die schützende Hand hielt, aber ich glaube eigentlich nicht, dass das notwendig war. Im Krieg hat mein Großvater offenbar schön die Klappe gehalten, jedenfalls hat meine Mutter ihn immer als glühenden Pazifisten beschrieben (wegen seiner Erfahrungen aus dem WKI), es scheint also nirgends hingedrungen zu sein, dass mein Großvater "defätistisch" dachte, wenn das denn so stimmt, was meine Mutter über ihn erzählt hat. Dass er nie in einer NS-Organisation Mitglied war, weiß ich aber sicher.

Mein Urgroßvater war noch vor dem Hitlerputsch in die NSDAP eingetreten, und er trat 1938 nach den Novemberpogromen demonstrativ aus. Soweit ich weiß hat er deswegen niemals Probleme und wohl auch keinen radikalen Karriereknick- er war später im Forstdienst. Er hätte vermutlich mit niedriger Parteinummer noch rasanter Karriere machen können.

Ich habe ihn leider nie kennengelernt, aus Erzählungen, Briefen Dokumenten lässt sich einigermaßen rekonstruieren wie er drauf war. Es gab wohl gar nicht mal wirklich eine Fundamental-Opposition gegen Gedankengut des NS, Es gab da durchaus auch nach seinem Austritt Übereinstimmungen mit Zielen des NS und Loyalität zur Regierung, und es gab durchaus auch ein gewisses Maß an Antisemitismus. Die Nürnberger Gesetze stießen durchaus auf ein gewisses Maß an Zustimmung, oder es hielt sich zumindest die Empörung darüber in Grenzen.

Das was dann 1938 vorging, muss ihn dagegen ehrlich empört und angewidert haben.

In meiner Heimatstadt gab es einen Arzt, der war ebenfalls schon vor 1933 in die NSDAP und in die Allgemeine SS eingetreten. Auch bei ihm wird man eine Akzeptanz für NS-Gedankengut annehmen, er leistete sich aber Extravaganzen im Umgang mit NS-Prominenz, und er war einer der wenigen, der Juden nach 1933 freundlich behandelte. Das war nicht selbstverständlich.

Ich habe mal einen Brief gelesen vom Vater eines Mädchens, der sich beschwerte, dass seine kleine Tochter gemobbt und misshandelt wurde und zwar zum Teil von Leuten, die früher freundschaftliche Kontakte pflegten.
 
Allerdings war der Bruder von meiner Großmutter ein Braun- (und nach dem Krieg ein Schwarz-)-Kehlchen. Ich weiß nicht, wie viel Opportunismus und wie viel Überzeugung das bei meinem Großonkel war, ich habe ihn nie kennengelernt. Es kann natürlich sein, dass er über seinen Schwager (also meinen Großvater) die schützende Hand hielt, aber ich glaube eigentlich nicht, dass das notwendig war. Im Krieg hat mein Großvater offenbar schön die Klappe gehalten, jedenfalls hat meine Mutter ihn immer als glühenden Pazifisten beschrieben (wegen seiner Erfahrungen aus dem WKI), es scheint also nirgends hingedrungen zu sein, dass mein Großvater "defätistisch" dachte, wenn das denn so stimmt, was meine Mutter über ihn erzählt hat.
Ich denk mal, dass solche Dinge durchaus eine Rolle spielten, um Leute zum schweigen zu bringen. Ein solcher "Beschützer" konnte vielleicht bei kleinen Dingen regeln, dass das nicht eskalierte, aber auch vermitteln "Halt dich zurück, oder ich kann nichts für dich tun". Menschen, die keinen hatten, waren im Ungewissen, was jetzt zu Problemen führen konnte und was nicht, und hielten sich noch eher schon aus Angst und Ungissheit zurück, abseits des eigenen Küchentischs irgendwas zu sagen, was falsch ausgefasst werden konnte. Und je mehr öffentlich schweigen, desto weniger wussten die, die im Grunde unzufrieden waren, wieviele sie eigentlich waren, und wem man sich mit welchen Meinungen anvertrauen konnte. Und je mehr aus Opportunismus oä in irgendwelchen Organisationen waren, obwohl sie nicht mit voller Überzeugung dabei waren, desto schwieriger wurde es für die anderen, da man ja nie wissen konnte, ab das Partei- oder Organisationsabzeichen am Kragen für jemand stand, der einen verpfiff, oder für jemand, der va den eigenen Vorteil im Sinn hatte oder das machte, um sich opportunistisch selbst abzusichern.

Ohne jetzt NS und DDR auf eine Stufe stellen zu wollen: So funktionierte zu guten Teilen die DDR; die Ungewissheit, was zu Problemen oder Sanktionen führen konnte, sorgte dafür, öffentlich einfach nichts groß zu sagen. So sind zumindest meine Erinnerungen aus Kindheitstagen. Von meinen näheren Verwandten im Osten war keiner von Staat und SED begeistert, und im engeren Familienkreise wurde da sehr viel kritisiert und gewitzelt. Aber nach außen sollte das denn doch besser nicht dringen; man konnt ja nie wissen. Und einige waren Mitglied in Blockparteien, wenn auch als Karteileichen, weil es, ebenfalls nach außen, den "richtigen" Eindruck vermittelte, der doch eigentlich der falsche war. Konnte grad mit dem ständigen und den Behörden bekannten Kontakt zur Westverwandschaft zumindest nicht schaden...
 
Das Modell Korea funktioniert nur durch Repression. Das Verhalten der Bürger wird nur durch Zwang, durch ständige Übergriffe am Leben erhalten. So funktionierte NS-Diktatur nicht. Da wird natürlich auch brutalste Gewalt angewendet- gegen politische Gegner und Oppositionelle Sozialdemokraten, Kommunisten und gegen Feinde, die nicht Teil der Volksgemeinschaft sind (Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle.

Ich würde das etwas anders ausdrücken wollen:

Der maßgebliche Unterschied zwischen dem NS Regeime und Sowjetunion oder auch Nordkorea ist der, dass das NS-Regime in einer weitgehend modernen Gesellschaft realisiert wurde, in der es Infrastruktur gab, in der es einen vernünftig funktionierenden staatlichen Apparat gab und wo auch eine funktionierende Zivilgesellschaft (z.B. Vereinswesen) vorhanden war, die für den Einzelnen bindende und zum Teil auch disziplinierende Funktion hatte.
Das machte es für das Regime möglich, sich dieses Apparates zu bedienen und auf grobschlächtige Gewaltaktionen nach innen hin zwecks Absicherung der eigenen Herrschaft und durchsetzung der eigenen politischen Vorstellungen (abgesehen von der rassistischen Ideologie) weitgehend zu verzichten.

Die Bolschewiki in der Sowjetunion, trafen auf keinen funktionierenden Apparat, den sie für ihre Zwecke einsetzen konnte. Sie traf auf eine in Teilen analphabetische Bevölkerung, tausende von Km über das Land verstreut, mit einer lausigen Infrastruktur und somit waren weite Teile der Bevölkerung durch Proklamationen, Manifest o.ä. überhaupt nicht zu erreichen.
Da es auch kein flächendeckendes modernes Vereinswesen gab und der staatliche Apparat nicht bis in die Dörfer reichte, war so mit das Einzige dass die Landbevölkerung organisiertee di jeweilige Religionsgemeinschaft und mit der standen die Bolschewiki auf Kriegsfuß.
Was aber bedeutete, den einzigen organisatiorischen Draht zu weiten Teilen der Bevölkerung zu kappen.


Die ostentativen Gewaltmaßnahmen nach innen hin wird man weitgehend als Mittel verstehen können, Macht und Präsenz zu demonstrieren um Gehorsam durchzusetzen.
Das hatte das NS-Regime nicht nötig. Es gab Infrastruktur, es gab in seinen Anfängen den Rundfunk, es gab, es gab Zeitungen (die In Deutschland tatsächlich auch mehr oder weniger lesen konnte), es gab Eingeetragene Vereine, an die sich das Regime wenden konnte, wenn es bestimmte Lebensbereiche regulieren konnte etc. etc.
Das Regime konnte sich mitteilen und Demonstration von Omnipräsenz und Macht waren in einem Land, in dem jeder Punkt binnen einiger Stunden erreichbar war, wo es geregelte Verwaltung und geregeltes Polizeiwesen, Meldewesen etc. bereits vor den Nazis gab, nicht notwendig. Die Bevölkerung war an die Allgegenwart des modernen Staates bereits gewöhnt.
Da gab es keine staatsfernen Räume mehr, die dem Staat erst unterworfen hätten werden müssen.

In der Sowjetuinion oder auch in Nordkorea sah dass, als diese Regims aufgerichtet wurden anders aus.
Da war der Umstand, dass so etwas wie ein Staat in das Leben vor Ort eingriff in Teilen eine neue Erfahrung, die sicherlich nicht immer goutiert und akzeptiert wurde, etwas was man durchaus im 18. und 19. Jahrhundert auch in Mittel- und Westeuropa noch gesehen hat.

In der Sowjetunion hat man unter Chrustschow verstanden, dass sich die Dinge inzwischen geändert hatte und man extreme ausufernde Gewalt gegen die eigene Bevölkerung auskam.

In Nordkorea spielt denke ich noch die Problematik mit der de facto Kim-Dynastie eine Rolle.
Chruschtschow konnte mit Stalins Methoden brechen, weil er seine Legitimität aus dem Apparat einer Partei bezog und eine partei kann ihre Linie oder wenigstens ihre Strategie ändern.
Aber Kim II. und Kim III. beziehen/bezogen ihre Legitimität nicht daraus irgendwen zu vertreten, sondern dadurch wer sie sind und aus dem Umstand Abkömmlinge von Kim Nr. 1.
Wenn der verbrecherische Vorfahr die einzige Legitimation ist, die man besitzt, dürfte es um so schwerer fallen mit diesem oder dessen Methoden zu brechen.
 
Musste man denn damals wirklich alles und jeden mit Heil Hitler grüßen? Also wenn man in einem Laden einkaufte, musste man da Heil Hitler sagen? Oder wenn man dem Nachbarn auf der Straße begegnete, sagte da damals niemand mehr guten Tag oder guten Abend?
In Filmen sagen die Leute ja immer und überall Heil Hitler zueinander und es erweckt den Eindruck, als hätten sich alle nur noch so grüßen dürfen.
War das wirklich so, dass man den ganzen Tag ständig, wohin man auch kam, mit Heil Hitler grüßen musste?
Stelle ich mir doch etwas gruselig vor, wenn die Leute ständig diesen dummen Gruß wiederholen mussten.
 
Musste man denn damals wirklich alles und jeden mit Heil Hitler grüßen? Also wenn man in einem Laden einkaufte, musste man da Heil Hitler sagen? Oder wenn man dem Nachbarn auf der Straße begegnete, sagte da damals niemand mehr guten Tag oder guten Abend?
In Filmen sagen die Leute ja immer und überall Heil Hitler zueinander und es erweckt den Eindruck, als hätten sich alle nur noch so grüßen dürfen.
War das wirklich so, dass man den ganzen Tag ständig, wohin man auch kam, mit Heil Hitler grüßen musste?
Stelle ich mir doch etwas gruselig vor, wenn die Leute ständig diesen dummen Gruß wiederholen mussten.

Nein! Es wurde niemand gezwungen. Ich würde sogar die Prognose wagen, dass die Mehrzahl der Deutschen weiterhin mit "Guten Tag", Guten Abend oder auch Grüß Gott sich begrüßte, und der deutsche Gruß eher für Behörden oder notorische Nazis reserviert war.

Mit deutschem Gruß grüßen, das konnte sogar nach hinten losgehen. Es wurde Juden der deutsche Gruß verboten, und es sind mancherorts Juden sanktioniert worden, wenn sie es taten. Es gab etliche Leute, die das bis zuletzt nicht mitmachten. Es hätte auch wenig Sinn gemacht so etwas mit Zwang durchzusetzen, der Staat hätte sich ja lächerlich gemacht, wenn er das versucht hätte. Das wäre in der Tat gruselig gewesen.

Die Realität war eher noch gruseliger. Einer, der sich dem konsequent verweigerte, der sich ausschloss, der kam leicht in den Ruf, eben nicht auf Linie zu liegen, und der konnte sich dadurch bei dem ein oder anderen Volksgenossen verdächtig machen, und er konnte sich bei der lokalen Nazi-Nomenklatura verdächtig machen. Da kam es vor, dass dann vielleicht mal der Gestapo von einem Volksgenossen etwas gesteckt wurde. Es gab in bestimmten Jahren regelrechte Beschwerden von Gestapobeamten über die Denunziations-Sucht der Deutschen, die gerne die Nazis einspannen wollten, um alte Rechnungen zu begleichen.

Es musste aber nicht gleich so dramatisch sein. Aber Leute, die nicht "freudig mitmachten", die bekamen weniger Aufträge, weniger Gäste, Klienten, wurden bei Beförderungen übergangen. Es war, sofern man "Biodeutscher" war, relativ einfach, Teil der "Volksgemeinschaft zu werden. Um es zu bleiben, setzte das aber öffentliche Zustimmung zum Nationalsozialismus voraus, und eine Zustimmung musste immer wieder erneuert und bekräftigt werden.

Aus der Volksgemeinschaft konnte man aber auch schnell verstoßen werden- und dem konnte man entgehen, wenn man mitmachte, öffentlich Zustimmung zeigte.

Natürlich gab es keine schriftlichen Richtlinien, die vorschrieben: Der deutsche Volksgenosse muss mit deutschem Gruß grüßen, es gab keine Behörde, die so etwas kontrollierte. Das war auch nicht nötig, man hatte die Menschen entsprechend konditioniert, sie hatten verinnerlicht, was man erwartete. Das deutsche Volk hatte gelernt, zwischen den Zeilen zu lesen. Es gab keine Vorgaben wie man zu sprechen, zu schreiben, zu grüßen hatte,

Es gab Journalisten und Wissenschaftler, die gingen in die innere Emigration, die schrieben zu unverfänglichen Themen so wie sie früher geschrieben hatten, die hatten Leser, die ihnen die Treue hielten. In vielem ging der Alltag weiter wie bisher.

Wenn du dir die Mehrzahl der Filme ansiehst die 1933-45 produziert wurden, da war das meiste Revuefilme, Komödien, Musikfilme, und in etlichen Filmen kommt das Dritte Reich nicht einmal vor.
 
Nach der Machtübernahme 1933 wurde bei der Feldherrenhalle in München ein "Ehrenmal" für die "Blutzeugen der Bewegung" errichtet und im November 1935 wurde dieser Kult auf den Königsplatz ausgeweitet, wo die Särge in einen "Ehrentempel" aufgebahrt wurden. Hier mussten Passanten unter Strafandrohung den SS-Posten mit dem "Hitler-Gruss" huldigen.
Im NS-Dokumentationszentrum in München gibt es dazu Fotos. In Erinnerung ist mir ein Foto einer Fahrradfahrerin die an der Feldherrenhalle vorbei fährt und den "Hitler-Gruss" machte.

Das NS-Dokumentationszentrum findest du an dieser Adresse: Max-Mannheimer-Platz 1, 80333 München

Lohnt sich, da mal vorbei zu schauen.
 
Musste man denn damals wirklich alles und jeden mit Heil Hitler grüßen? Also wenn man in einem Laden einkaufte, musste man da Heil Hitler sagen? Oder wenn man dem Nachbarn auf der Straße begegnete, sagte da damals niemand mehr guten Tag oder guten Abend?
In Filmen sagen die Leute ja immer und überall Heil Hitler zueinander und es erweckt den Eindruck, als hätten sich alle nur noch so grüßen dürfen.
War das wirklich so, dass man den ganzen Tag ständig, wohin man auch kam, mit Heil Hitler grüßen musste?
Stelle ich mir doch etwas gruselig vor, wenn die Leute ständig diesen dummen Gruß wiederholen mussten.

In dem Drama "Des Teufels General" trifft sich in Ottos Restaurant die Nomenklatura, einige wie Direktor von Mohrungen oder Baron Pflunck stammen noch aus dem Kaiserreich, andere wie Dr. Schmidt Lausitz hat die Machtergreifung hochgespült:

Otto: Heil Hi.. äh Guten Abend, Herr Direktor! Guten A, äh Heil Hitler, Herr Doktor.

Darauf der General Harras: Sagen Sie doch "Guten Adolf", das trifft jeden Geschmack."

Der deutsche Gruß oder überhaupt die Sprache des Nationalsozialismus wurde im Volksmund durchaus häufig ironisiert.
 
Zurück
Oben