Daß man mit Sueben oder den Sueben zugehörig viele Völker zu verschiedensten Zeiten bezeichnen kann, ist mir bekannt. Die ich hier meine, nämlich die zwischen Ostharz und Altmark, sind aber noch im 13. Jahrhundert als solche bezeichnet worden. Da hatte sich schon keiner mehr an den früheren Zusammenhang Thüringer-Sueben erinnert.
Ich finde, Du widersprichst Dir: fehlende Ordnungsmacht auf der einen, Herzöge mit zahlreichen Be- und Umsiedlungsaktionen auf der anderen Seite. Von welchen Zeitraum sprichst Du da? 531 gab es noch keine Slawen längs der Elbe-Saale-Linie. Von organisierten Umsiedlungen in den Ostharz höre ich das erste Mal. Welchen Zweck sollen die gehabt haben? Welche Quelle hast Du benutzt?
Ich rede auch nicht so sehr von Thüringen und Sachsen innerhalb fester Grenzen, sondern von Einflußbereichen. Und nach meiner Literatur erstreckte sich der Thüringische Einflußbereich noch nach der Einwanderung der Slawen bis in den Unterhavelbereich zu den dort verbliebenen Semnonen. Dazu bedurfte es keines Königreichs, sondern es reichten bestehende Strukturen. Sachsen hat ein paar Kriege verloren, aber unter fester Kontrolle des Frankenreichs? Das seh ich auch anders. Immerhin regierten noch lange nach der Angliederung Sachsens an das Frankenreich sächsische Herzöge. Und deren Macht war beträchtlich.
Also das würde mich mal interessieren, in welcher Quelle du etwas von Sueben im 13. Jh. im Ostharzraum gelesen hast ? Da bin ich gespannt.
Die fehlende Ordnungsmacht bezieht sich auf den Zeitraum nach 531, da nach dem Wegfall der "thüringischen Gefahr" aus dem Osten nun das Interesse der fränkischen Könige wieder den südlichen und westlichen Reichsgrenzen galt. Kurz nach 531 kam es zu intensiven Umsiedlungsaktionen, doch im Laufe des 6. Jh. verloren dann die fränkischen Könige das Interesse an dem Gebiet.
Zweck der Umsiedlungen war, die alteingesessenen Strukturen des Königreiches der Thüringer zu zerbrechen, die ja mit dem Tod des letzten Königs nicht aufgehört haben zu existieren. Diese Vorgänge sind in allen Gebieten zu beobachten, die die Franken eroberten. Quellen dazu gibt es eine ganze Menge. Eine umfassende Darstellung der Ereignisse und der hier zur Anwendung kommenden Quellen speziell auch für das Ostharzvorland bietet die Dissertation von Dr. Hermann Stöbe (UNI Jena).
Die
Origo gentis Swevorum :
Nordschwaben u.
Sachsen in d.
merowing.
Reichsgründg.
1. Die
Sachsengeschichte und der
zweite Abschnitt der
Origo gentis Swevorum. - Jena, 1951
Erst am Ende des 7. Jh., als es zu zahlreichen Aufständen in diesem Gebiet kam, wurde das Interesse kurzzeitig wieder größer und es kam zur Einrichtung eines Herzogtums im ehemaligen mittleren und nördlichen Thüringen. Das südliche Thüringen kam relativ kurz nach 531 in die engere fränkische Verwaltungsstruktur, was wir heute ja als die Landschaft "Franken" kennen. Daß sich dann genau diese Herzöge wiederum verselbständigten, mal gegen die Sorben, mal mit ihnen gemeinsam gegen die fränkische Zentralgewalt kämpften, ist ja nichts neues.
Genau in diesem Zeitraum, in der die östliche Grenze vernachlässigt wurde, gelang es den Slawen sich west- bzw. südwärts von der Elbe aus auszubreiten. Das Einflußgebiet Thüringens ging ja bis 531 bis in die Gebiete östlich der Elbe, sogar ins böhmische Becken hinein.
Im Zeitraum nach Festigung des fränkisch-thüringischen Herzogtums im 7. und 8. Jh. kam es dann wiederum zu planmäßigen slawischen Ansiedlungen in Thüringen.
Zur Existenz der Semnonen im 6. Jh. gibt es keine Nachweise. Diese waren vor allem im Havel und Spree-Gebiet ansässig. Die Masse dürfte im Verband der Sueben nach Süden abgewandert sein. Die Restbevölkerung der Senmonen, sowie zahlreiche anderer Stammesteile von Burgundern, Vandalen usw., die im Havelgebiet hängenbliegen und nicht mit weiter nach Süden zogen, kamen im 5. Jh. unter thüringischen Einfluß.
In manchen aktuellen wissenschaftlichen Arbeiten wird sogar die Ansicht vertreten, daß alle rechtsrheinischen Stämme mehr oder weniger in thüringische Abhängigkeit gelangten. Gerade daraus ergab sich ja überhaupt eine Bedrohung für das Frankenreich und die Notwendigkeit hier einzugreifen. Sonst hätte es überhaupt keinen Thüringischen Krieg gegeben, wenn Franken nicht in direkten Kontakt mit Thüringen geraten wäre.
Übrigens, die "sächsichen" Herzöge waren fränkische Herzöge in Sachsen, völlig unabhängig von deren genealogischer Herkunft, waren sie seit dem 8. Jh. zumindest eindeutig nachweisbar fränkische Beamte. Desweiteren gibt es zur genealogischen Herkunft der "sächsischen Herzöge", der Liudolfinger, später auch Ottonen genannt, mehrere Ansichten. Manch renomierter Historiker sieht hier sogar eine Herkunft aus dem Thüringischen. Aber gerade das zeigt ja, daß es ansich völlig untergeordente Bedeutung hatte, welcher Abstammung ein Herzog war, vielmehr war es entscheidend, wessen Herr ihm die Befehle gab.
Sogar Widukind scheint ein fränkischer Herzog in einem Teil Sachsens gewesen zu sein, der wie die thüringisch-fränkischen Herzöge ihre eigenen Machtinteressen verfolgten und sich gegen die Zentralgewalt stellten, der sie es ursprünglich verdankten, daß sie diese Position erhielten. Warum sollte sonst Karl an seinem Fernbleiben auf den fränkischen Hoftagen etwas auszusetzen gehabt haben.
Das die Liudolfinger im 10. Jh. eine Schlüsselstellung in der fränkischen Reichspolitik einnahmen hat allerdings wieder ganz andere innerfränkische Ursachen.