Ernennung zum Präfekten von Ägypten: Beförderung oder Beleidigung?

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In L. Schumachers "Römische Inschriften" lese ich, dass der
Präfekt von Ägypten als der ranghöchste posten galt, den ein
römischer ritter erreichen konnte. Die karriere dorthin führte oft
über den Prätorianerpräfekten oder den Praefectus Annonae. Warum wird
es dann als tödliche kränkung für den Prätorianerpräfekten Sutorius
Macro bezeichnet, dass Caligula ihn zum Präfekten von Ägypten
ernannte?

- Lalaith
 
Nun vielleicht mal zwei Ansätze:
1. das Amt des Statthalters von Ägypten war deshalb so begehrt, da Ägypten die reichste und damit eine der wichtigsten Provinzen überhaupt war. Eine Versetzung dorthin zeugte also auch von Vertrauen.

2. die Versetzung als Statthalter in eine ferne Provinz beinhaltete aber auch den Aspekt, dass manche Kaiser bestimmte Leute loswerden wollten - zumindest kurzfristig. So wurden diese nicht immer gleich umgebracht - gerade in Fällen von fähigen Leuten wäre dies eine Verschwendung. Also schickte man sie ans andere Ende des Reiches, um deren Einfluss in Rom zu minimieren.

s.d.caes.
 
Nun vielleicht mal zwei Ansätze:
1. das Amt des Statthalters von Ägypten war deshalb so begehrt, da Ägypten die reichste und damit eine der wichtigsten Provinzen überhaupt war. Eine Versetzung dorthin zeugte also auch von Vertrauen.

2. die Versetzung als Statthalter in eine ferne Provinz beinhaltete aber auch den Aspekt, dass manche Kaiser bestimmte Leute loswerden wollten - zumindest kurzfristig. So wurden diese nicht immer gleich umgebracht - gerade in Fällen von fähigen Leuten wäre dies eine Verschwendung. Also schickte man sie ans andere Ende des Reiches, um deren Einfluss in Rom zu minimieren.
s.d.caes.
Wenn ich aber jemanden loswerden will, dann vertraue ich ihm nicht unbedingt die wichtigste Provinz des Reiches an. Wenn die loszuwerdende Person dies nämlich so empfindet - als Abschiebung, könnte sie ja gekränkt sein und dann könnte es sich als sehr negativ auszahlen, dass man sie nach Ägypten geschickt hatte.

Frage an Lalaith: Wo wird erwähnt, dass dies eine tödliche Kränkung war?
Vielleicht lag die Kränkung nicht in dem Posten, sondern darin, dass Macro aus der direkten Umgebung des Kaisers entfernt wurde, dass er die Prätorianerpräfektur als die höchste Ehre empfand, die er persönlich erreichen konnte und deswegen die Präfektur von Ägypten nicht so toll fand? :grübel:
 
Wenn ich aber jemanden loswerden will, dann vertraue ich ihm nicht unbedingt die wichtigste Provinz des Reiches an. Wenn die loszuwerdende Person dies nämlich so empfindet - als Abschiebung, könnte sie ja gekränkt sein und dann könnte es sich als sehr negativ auszahlen, dass man sie nach Ägypten geschickt hatte.

Genau das habe ich versucht zu erläutern. Für die Person A (z.B. der Kaiser), mag es darum gegangen sein jemanden abzuschieben. Für die Person B wäre das nicht unbedingt schlecht gewesen. Schließlich wäre sie an einen hohen Posten gelangt. Außerdem konnte man sich ja an einer so reichen Provinz wie Ägypten auch selbst bereichern.
Dass es Einzelfälle gegeben haben mag, wo eine Abschiebung "erkannt" wurde und eine Kränkung auslöste mag natürlich stimmen. In Macros Fall ist es sogar durchaus realistisch, dass er dem Kaiser so nah wie möglich sein wolte, auch um selbst Einfluss üben zu können.

s.d.caes.
 
War Marco nicht jener Prätorianerprefekt welcher nach dem Tod des Tiberius sich für die Nachfolge des Caligula eingesetzt hatte?
Wenn dem so ist, wäre seine Kränkung nachzuvollziehen. Als "Königsmacher" wird er sich eine aktive Beteiligung an der Macht im Reich erhofft haben. Die Statthalterschaft fern der Hauptstadt in der Provinz, wenn auch eine sehr reiche, hätte ihn jedoch davon ausgeschlossen.
 
War Marco nicht jener Prätorianerprefekt welcher nach dem Tod des Tiberius sich für die Nachfolge des Caligula eingesetzt hatte?

Richtig, das war der.

Wenn dem so ist, wäre seine Kränkung nachzuvollziehen. Als "Königsmacher" wird er sich eine aktive Beteiligung an der Macht im Reich erhofft haben. Die Statthalterschaft fern der Hauptstadt in der Provinz, wenn auch eine sehr reiche, hätte ihn jedoch davon ausgeschlossen.
Vor allem eben hatte er als Prätorianerpräfekt den direktesten Zugang zum Kaiser und war eben definitiv die wichtigste Machtperson nach dem Kaiser. Von dieser Position aus konnte man nur noch verlieren - oder man stieg selbst zum Kaiser auf, was dann aber doch nicht wirklich zu erwarten gewesen wäre.

Mich würde immer noch die Quelle interessieren, aus der die Kränkung hervorgeht. Die Caligula Jahre sind ja Quellenmäßig jetzt nicht so perfekt abgedeckt. Flavius Josephus, Cass. Dio(?), Seneca. Wer käme sonst noch in Frage? :grübel:
 
Ich hätte eine, allerdings ist die eher unrealistisch und mehr unterhaltsam zu nennen ist.
Ich, Claudius Gott und Kaiser. ein Theaterstück was verfilmt wurde in 4 Teilen. Hochinteressant weil man so die gesamte Familiengeschichte der Augustiner-Claudier erleben kann. Es wurde gut recherchiert aber als historische Quelle taugt es nicht. Aber unterhaltsam ist es alle mal. Ein Historienschinken als Theater, mal was neues.
 
Kleiner Einwurf: Wenn ich mich richtig erinnere, dann standen in Ägypten vergleichsweise wenige Truppen.
D.h. wer dorthin versetzt wurde, konnte sich zwar bereichern, aber miltärisch wenig Ärger machen.
 
Oder aber Rom von seiner Kornkammer abschneiden.

Möglicherweise ist dies der Grund dafür, dass dort sowenige Truppen waren.
Ursurpierte jemand gegen Rom und stoppte dessen Getreideversorgung, so hatte er zumindest keine Truppen zu Verfügung, um sich sehr schnell eine Machtbasis zu errichten. Zudem konnte er von den anderen Statthaltern mit einer Vielzahl an Legionen so auch schneller zur Räson gebracht werden.

s.d.caes.
 
Richtig, das war der.


Vor allem eben hatte er als Prätorianerpräfekt den direktesten Zugang zum Kaiser und war eben definitiv die wichtigste Machtperson nach dem Kaiser. Von dieser Position aus konnte man nur noch verlieren - oder man stieg selbst zum Kaiser auf, was dann aber doch nicht wirklich zu erwarten gewesen wäre.

Mich würde immer noch die Quelle interessieren, aus der die Kränkung hervorgeht. Die Caligula Jahre sind ja Quellenmäßig jetzt nicht so perfekt abgedeckt. Flavius Josephus, Cass. Dio(?), Seneca. Wer käme sonst noch in Frage? :grübel:

Philo zum beispiel. Aber die ernennung zum Praefekten von Ägypten ist auch in Cassius Dio 59 zu finden; Schumacher z. b. bezeichnet in "Römische Inschriften" diese versetzung als versuchte abschiebung.

- Lalaith
 
Mich würde jetzt ja doch mal interessieren, woher ihr das habt, dass in Ägypten wenige Truppen waren.
Nach dtv-Atlas Weltgeschichte (sorry, habe gerade keine RE oder so zur Hand), waren zur Zeit des Augustus in Syrien 4 Legionen stationiert, in Ägypten 2 und in Tunesien 1 Legion.
Zu Zeiten Vespasian ändert sich das nach P. Connolly - Die Römische Armee - so, dass nun auch in Jerusalem 3 Legionen sind. In Ägypten verbleiben 2 Legionen.
Und auch im 3. Jh. - wieder nach dtv-Atlas - sowohl in Judäa (3) als auch in Ägypten (1) Legionen anzutreffen. Unter Diokletian finden sich dann wieder Legionslager in Syrien (6) und Ägypten (6).

Man kann also nach Ausweis dieser beiden Bücher nicht sagen, dass in Ägypten ein besonderes Vacuum an Militär vorhanden gewesen ist.

Und es wäre auch ziemlich verantwortungslos gewesen, die wichtigste Provinz des Reiches nicht auch mit einem vernünftigen militärischen Schutz zu versehen.

@Lalaith: Danke für die Quellen!
 
Man kann also nach Ausweis dieser beiden Bücher nicht sagen, dass in Ägypten ein besonderes Vacuum an Militär vorhanden gewesen ist.
Vakuum wäre in der Tat falsch gewesen, aber ich hatte ja auch nur "vergleichsweise wenig" gesagt.

Und zwei Legionen (Diokletian ist deutlich später, das meinte ich nicht mehr) ist angemessen, aber zu wenig für einen Marsch auf Rom. Ist m. W. auch nie vorgekommen - um erfolgreich Ärger machen zu können, brauchte man schon 3-4 Legionen, das hatten nur die militärisch wichtigen Kommandanten in Britannien, Germanien, auf dem Balkan und in Syrien/Judäa.
 
Für einen Marsch auf Rom waren 2 Legionen mit Sicherheit nicht ausreichend. Um aber Rom von der notwendigen Getreideversorgung aus Ägypten abzuschneiden, hätten sie schon ausreichen können.
 
Um Rom von der Getreideversorgung abzuschneiden, hätte ja schon die Hafenpolizei in Alexandria gereicht.
Aber das alleine ist zu passiv, damit erreicht man nichts.
Bei den diversen Auseinandersetzungen um die Macht in Rom haben m. W. immer nur die Kommandeure der großen Legionsprovinzen (und natürlich der Prätorianerchef in Rom selber) eine Rolle gespielt. Ägypten war maximal unterstützend.
 
Um Rom von der Getreideversorgung abzuschneiden, hätte ja schon die Hafenpolizei in Alexandria gereicht.

Aber nur so lange, bis die 2 Legionen in Ägypten in Alexandria angekommen wären. :autsch:

Aber das alleine ist zu passiv, damit erreicht man nichts.
Bei den diversen Auseinandersetzungen um die Macht in Rom haben m. W. immer nur die Kommandeure der großen Legionsprovinzen (und natürlich der Prätorianerchef in Rom selber) eine Rolle gespielt. Ägypten war maximal unterstützend.
Vespasian hat 69 mit 3 Legionen in Syrien angefangen. Das ist jetzt auch nicht so viel mehr als 2 Legionen in Ägypten.
Fakt ist jedenfalls, dass Ägypten Potentiale bessesen hat, die es zu einem gefährlichen Gebiet gemacht haben (2 Legionen, Zentrum der Getreideversorgung Roms und allgemeiner Reichtum), die es für den Kaiser als notwendig erscheinen ließ, in diese Provinz keinen Senator kommen zu lassen. Wenigstens bis zu den Severern war es undenkbar, dass von Rittern eine Usurpation ausgehen konnte.
Deswegen wurden Ritter mit dieser Provinz betraut und aufgrund der Bedeutung der Provinz war dies das höchste Amt in der Reichsverwaltung, das Ritter erreichen konnten.
Nur vom Standpunkt des Prätorianerpräfekten konnte man dies als Abstieg empfinden.
 
Die frage nach der militärischen macht eines ägyptischen präfekten
geht freilich an der fragestellung vorbei. Macros macht am Nil
dürfte Caligulas geringeres problem gewesen sein - auf die ernennung
hin stiftete Macro seiner heimatstadt Alba Fucens ein amphitheater (AE
1957, 250) und beging danach selbstmord (Cassius Dio, Josephus)!
Die übliche darstellung der historiker lautet, dass Macro das amt des
präfekten niemals antrat; aber dem steht möglicherweise die von Kaiser
Claudius attestierte verwicklung des Isidoros von Alexandria in Macros
untergang entgegen (Acta Isidori)?

- Lalaith
 
Aber nur so lange, bis die 2 Legionen in Ägypten in Alexandria angekommen wären.
Grmpf - Dir ist schon klar, daß wir hier letztlich vom selben Oberbefehlshaber reden?
Fakt ist, daß der Präfekt Ägyptens die Getreidezufuhr blockieren konnte. Und daß er zu wenig Legionen hatte, um aktiv groß was zu machen.

Das ist jetzt auch nicht so viel mehr als 2 Legionen in Ägypten.
Aber offenbar genug - Vespasian ist Kaiser geworden.
Und andere Generäle haben es auch mit drei Legionen probiert.
Während m. W. Ägypten nie Ausgangspunkt eines Aufstands- /Nachfolge-Versuchs war.
 
Die frage nach der militärischen macht eines ägyptischen präfekten
geht freilich an der fragestellung vorbei. Macros macht am Nil
dürfte Caligulas geringeres problem gewesen sein - auf die ernennung
hin stiftete Macro seiner heimatstadt Alba Fucens ein amphitheater (AE
1957, 250) und beging danach selbstmord (Cassius Dio, Josephus)!
Die übliche darstellung der historiker lautet, dass Macro das amt des
präfekten niemals antrat; aber dem steht möglicherweise die von Kaiser
Claudius attestierte verwicklung des Isidoros von Alexandria in Macros
untergang entgegen (Acta Isidori)?

- Lalaith
Kannst du das mal etwas genauer ausführen?
 
Grmpf - Dir ist schon klar, daß wir hier letztlich vom selben Oberbefehlshaber reden?
Fakt ist, daß der Präfekt Ägyptens die Getreidezufuhr blockieren konnte. Und daß er zu wenig Legionen hatte, um aktiv groß was zu machen.


Aber offenbar genug - Vespasian ist Kaiser geworden.
Und andere Generäle haben es auch mit drei Legionen probiert.
Während m. W. Ägypten nie Ausgangspunkt eines Aufstands- /Nachfolge-Versuchs war.

Na ja, während Trajans Partherkrieg verursachte ein Aufstand der Juden in Ägypten und der Cyrenaica letztlich das Scheitern des Projekts das Imperium vom Euphrat bis nach Mesopotamien und das kaspische Meer vorzuschieben scheiterte. Zur Zeit Marc Aurels ließ sich der Kommandeur der Orientarmee Avidius Cassius in Ägypten zum Imperator ausrufen, wurde aber bald darauf von den eigenen Truppen ermordet.
 
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