Sprechen die dann klassiches oder Vulgärlatein?
Fand es letztens etwas befremdlich, als man in einer Doku Actium wie Akzium und Maxentius wie Makzenzius aussprach.
Es wäre ja langweilig, wenn es innerhalb der Lateinfreunde keine Flügelkämpfe gäbe ...
:winke:
Ich selbst hatte an der gymnasialen Oberstufe von Latein bald die Nase voll. Der Lehrer war eigentlich sehr gutmütig. Aber er war extrem pedantisch und was das schlimmste war : er sah alles, merkte alles. Und wenn man nicht wie angeschweißt auf seinem Stuhl saß, ohne eine Mine zu verziehen, nahm er einen gleich daran.
Meine Liebe zum Lateinischen kam dann übers Teütsche/Frühneuhochdeutsche. Um 1700 war eben Latein viel noch dominanter als die damalige Modesprache Französisch. Und da ich classische Bildung von je her mehr schätzte als Koketterie, wuchst meine Hochachtung vor dem Lateinischen, sowie gleichzeitig meine Liebe. Vor 4 Jahren belegte ich dann (mit schon über 40) 2 Lateinsemester Latein an einer VHS. Die Lehrerin war schon über 70 (pensionierte Lateinlehrerin) und natürlich ganz auf das classische Latein eingeschworen. Ja, sie schien mir hierin sogar gewisse Züge von Fundamentalismus aufzuweisen. Für Lateingesprächskreise hatte sie nur ein mitleidiges Lächeln übrig.
Nun hatte ich damals regen Contact zu einer jungen Blockflötistin, welche zufällig - kurz vor dem Referendariat - Latein studierte. Die war (obschon Händel- und Purcell-begeistert) ebenfalls strikt classisch eingestellt. Die schrieb mir lateinische eMail und quälte mich darin zuweilen mit grammaticalischen Formen, die ich noch gar nicht gehabt hatte (wobei der Ablativus Absolutus noch harmlos war). Naja, ich knobelte das gerne aus und antwortete ebenfalls lateinisch. Für lateinische Gespräche hatte sie aber auch kein Verständnis.
Eigentlich reizen mich diese Gesprächkreise seit Jahren, ich schaff das aber nicht. Und so mußte schweren Herzens einsehen, daß Latein bei mir nur ein Nebenfach sein kann. - Man muß im Teütschen ja perfect lateinisch declinieren können, um nicht als Depp da zu stehen
(die Professores, denen Professoribus ect.).
Bis jetzt lernte ich nur Lateinfreunde kennen, die mich gewissermaßen als 'arme Sünderin' betrachteten. Denn wo ich mich ja in der Frühneuzeit bewege, tendiere ich natürlich zum Spätlatein. Deshalb gehe ich mal davon aus, daß die Spätlateiner in der Minderheit sind und so wird es vermutlich wohl auch in den lateinischen Gesprächskreisen aussehen.
Die meisten Lateinfreunde erwärmen sich ja gleichzeitig für die Geschichte der römischen Antike. Ich fand diese Geschichte immer sehr beeindruckend und nett, betrachte sie aber stets als Vorgeschichte des hl. Röm.=Teütschen Reiches. Der Teütsche ist rechts stolz auf dieses Herrscherabkommen - über CAROLVS MAGNVS, bis hin zu Aeneas und jenen Trojanischen Helden, welche ja Rom gegründet haben sollen.
Eines aber vereint die Flügel der früh- und spät-Lateiner: Der Culturkampf wider jene Wotanfreaks, welche lieber das germanische Erbe betonen wollen. Ich hatte mal eine fast 90jährige Current-Brieffreundin, die sich als "deutschnational" bezeichnete und die mir eine Postkarte mit einen Germanenrecken schickte. Nun ist sicher nicht jeder Germanenfreund auf NPD-Curs - aber ich bin zunächst immer voller Argwohn.
Ich seh es halt auch so, daß die Germanen fasciniert von der Römischen Cultur waren und das sie eben elender lebten. Deshalb nahmen sie das Erbe der Cäsaren schließlich gerne an, sowie das ganze culturelle Vermächtnis der griechisch-römischen Cultur. Und deshalb war Latein im deutschen Sprachraum auch von so großer Bedeutung. Ansonsten gab es ja nix, denn die deutsche Sprache war noch sehr unterentwickelt und inhomogen.
In der DKS habe ich die Lateinhasser* darauf aufmerksam gemacht, daß Latein keine Sprache von deutschen Fremdworten ist, sondern eine urteutsche Sprache, die bei uns eine weit längere Tradition vorzuweisen hat, als Hochdeutsch:
"Imperium Caroli Magni origo patriae teutonicae est, eo tempore autem linguae germanorum et lingua latina origi linguae teutonicae evadebant, ergoque lingua latina etiam lingua teutonorum est."
Das war damals mein recht einfaches, dürftiges Latein, das die armen Deutschtümler fressen mußten.
:weinen:Und danach haben sie sich nicht mehr getraut ...
Will mit diesem meinen OPVS eigentlich nur sagen, daß nicht wir Spätlateiner der Feind sind, sondern die Pickelhauben (welche unsere altehrwürdigen Lateinbegriffe ja auch - per K - dudenisiert haben).
:motz:
* Jemand war im damaligen DKS-Forum, aufgrund einiger lateinischer Fachbegriffe, angepflaumt worden, man sei hier schließlich in Deutschland und solle daher deutsch schreiben.