Warum ist die lateinische Sprache eigentlich ausgestorben?

Renard schrieb:
Zwar gibt es auch im Französischen viele verschiedenen Endungen bei Verben z.B. aber 60 % davon spielen bei der Aussprache keine Rolle mehr und sind ein rein historisches Relikt.

Ja, bei der Aussprache spielen sie keine Rolle mehr, aber mitschreiben musst dus trotzdem. Deshalb sicherlich mehr als ein "rein historisches Relikt".
Und selbst ohne die Ausssprache gegebener Endungen ist die franzoesische Konjugation schwer und reichhaltig genug.

Und was das lateinische als Diplomatiesprache betrifft so wurde mir kuerzlich mitgeteilt, dass man in Finnland wieder anfaengt, wichtigere Dokumente auf Latein zu verfassen.

Penseo schrieb:
Lieber Nuntius,
der Wikipedia Artikel deckt sich aber mit einer Definition meines Lateinlehrers, wonach eine Sprache nur dann wirklich lebt, wenn man auch in ihr denkt, und zwar dauernd. Gedanken übersetzen gilt nicht.
Das finde ich wenig stichhaltig. Zunaechst einmal gibt es sicherlich auch ein paar Menschen, deren Anzahl sich gewiss in Grenzen haelt, die lateinisch zu denken in der Lage sind und dies wohl auch nutzen. Und wenn man mehrere Sprache beherrscht, kann man die sich ja abwechseln lassen in seinem Denken.
Bei mir wechseln sich zur Zeit deutsch und franzoesisch ununterbrochen ab, aber gut, das ist wohl..öh...hors de thème :rolleyes:

Ich habe ja auch inzwischen eingesehen, dass Latein per definitionem tot ist, aber ob sich Realitaet und Definition wirklich decken ist eine andere Frage und ich bin weiterhin der Meinungn dass Latein noch recht lebendig ist.
Und wie Rovere schon andeutete wuerde es ja reichen, wenn sich zwei Lateinfreaks zusammenfinden, ein Maennlein und ein Weiblein und dann ziehen sie Lateinmuttersprachler auf und zack ist Latein per definitionem wieder lebendig. Vielleicht nicht auf die Dauer, gut, dazu muesste das Ganze schon in groesserem Umfang geschehen, aber an sich stuende da nichts greosseres im Wege.
 
Zuletzt bearbeitet:
Na, unsere Gedankengaenge scheinen sich ja mal wieder zu ueberschneiden ;)
Nene, das waere fuer mich nichts, aber ich habe das schon wem anders vorgeschlagen, mal sehen, ob es was wird...:rolleyes:
 
Audi-Werbung von 1965/66

Novus Audi in officina venit iam septem milibus Germanicarum marcarum et sescentis nonaginta. Audi. Hoc est sermone Latino: Aures tuas praebeas. Ergo audi.
Audi est currus novissimus, quem Automobilium Unio construere est ausa.
Nomen eius sit vetus, et ipse rotas per anteriores propellitur: Quae res autem adhuc est nova. Duodetriginta anni sunt, ex quibus hodie primum in Unitis Civitatibus Americanis constructum esse tale vehiculum audimus, rotas per anteriores propulsum.
Qua in raeda autem non cuncta sunt vetera, quae nova sunt: Multa videbis, quae nova esse negare non audebis: Nova est forma, nova interiorum partium ornamenta, novus est motor.
Compressorius medii ordinis motor quaternis ictibus vehiculum propellit. Deductus est ex Mercede Benz, in officina Popularium Vehiculorum approbatus: Construxit eum Automobilium Unio.
Duorum et septuaginta vi equorum impulsus centena milia passuum - vel CXLVIII chiliometra - singulis horis pervolare potest. Atqui olei non nisi octo litra per centum chiliometra consurnenda sunt et quattuor partes: Quem plus praestare, consumere minus ergo invenies.
Haec cuncta secundis auribus audis, etiamsi voce tam summissa ipse susurrat, ut vix audiri possit.
 
Die lateinische Sprache ist nicht ausgestorben, auch wenn das die Auffassung des Großteils der Bevölkerung ist.
Ich persönlich lerne es seit 6 Jahren in der Schule und außerdem stammen unglaublich viele französische Wörter von dem Vulgärlateinischen -dem etwas vereinfachten Latein- ab.
 
Das Thema Latein wurde in der letzten Woche bei uns in der Lokalen Tageszeitung aufgefasst.
Wenn man den Recherchen des Reportes glauben darf ist Latein wieder groß im kommen. Ob es sich dabei um eine Modeerscheinung handelt kann jedoch nicht gesagt werden.

Aber irgendwas muss drann sein. Ich auf meine alten Tage lerne jetzt seid 2 Jahren "Hobbymäßig" Latein, - und ich muss sagen es macht riesigen Spaß.
Schade das wir das damals bei uns in der Volksschule nicht lernen konnten.
 
Novus Audi in officina venit iam septem milibus Germanicarum marcarum et sescentis nonaginta. Audi. Hoc est sermone Latino: Aures tuas praebeas. Ergo audi.

Kleine Anmerkung, was die Firma vermutlich mit zu dieser Werbung veranlasst hat. Der Gründer hieß August Horch. Er hatte zunächst eine Autofirma, die seinen Namen Horch trug. Als er aus dieser Firma ausschied, durfte er den Namen nicht mehr für seine neue Firma verwenden. Deshalb verwendete er die lateinische Übersetzung Audi.
 
Kleine Anmerkung, was die Firma vermutlich mit zu dieser Werbung veranlasst hat. Der Gründer hieß August Horch. Er hatte zunächst eine Autofirma, die seinen Namen Horch trug. Als er aus dieser Firma ausschied, durfte er den Namen nicht mehr für seine neue Firma verwenden. Deshalb verwendete er die lateinische Übersetzung Audi.

Horch baute den ersten deutschen Vierzylinder- und den ersten Sechszylindermotor.
Köln war erster Firmensitz von 1899-1902. Dann gings nach Reichenberg (keine Ahnung welches Reichenberg) und dann nach Zwickau.
1909 gründete er eine neue Autofirma, Audi. In Zwickau. 1932 fusionierte Audi dann mit Horch zur Auto-Union in Zwickau (bestand bis 1945). Die Auto-Union wurde 1948 in Ingolstadt neu gegründet.
Aus den Resten der Autobetriebe in Zwickau wurden nach dem 2.Weltkrieg ab 1949 wieder Autos hergestellt, erst der DKW weiter, dann später der Trabant. Erst 1958 wurden die Zwickauer DDR-Autobetriebe "Horch" und "Audi" zusammengelegt zum VEB Sachsenring.
 
In dem Maße, wie alte Weltmächte zurücktreten, sowie neue auf die Weltbühne, verändern sich auch die Gewichtungen von Weltsprachen. Wir stehen ja weitestgehend in der Tradition des alten römischen Reiches - nicht allein dem der alten Römer, sondern auch des Heiligen Römisch-Teutschen Reiches.

Bezeichnenderweise empfindet sich die Weltmacht USA heute als gegenwärtige Nachfolgerin des alten römischen Reiches. Und das entspringt nicht allein einem patriotischen Pathos, sondern ist durchaus auch an dem Einfluß dieser neuen Macht abzulesen: Politisch, culturell, mitlitärisch ect. ... Jazz, Coca Cola, Lifestyle - das sind Accente, die unsere abendländische Cultur umgekrempelt haben.

Im 20.Jahrhundert wurde die US-Cultur eine Weltmode, die auch Deutschland sehr veänderte. Selbst unsere Bundesrepublikanischen Politiker sprechen heute von "Jobs". Denken wir auch an die Modebranche "Eventagentur", wo man ständig nach geeigneten "Locations" sucht. Und findet ein jüngerer Mensch etwas auß der Maßen artig [frühneuhdts.], so nennt man's C00l [neudts, engleutsch bzw. denglisch]. Unsere "Bands" machen ihren "Soundcheck" und vergessen wir nicht die Computersprache. Diese US-Cultur hat das Latein weit zurück gedrängt.

Anstelle der alten Weltsprache Latein, ist die heutige Weltsprache Englisch getreten und dies liegt vor allem an der neuen Weltmacht USA.

Aber den ersten Todesstoß verpaßte man dem Latein bei uns eigentlich mit Einführung des Duden. Von da an wurden traditionelle Lateinbegriffe im Deutschen mit k geschrieben, was uns der lateinischen Sprache entfremdet hat. Wenn unsere heutigen Schüler erstmalig an Latein heran geführt werden, sind ihnen diese Originalschreibungen fremd. Besonders problematisch finde ich dies bei der alten Ligatur ct (victorisieren, October ect.), weil diese Buchstabencombination im Lateinischen sehr typisch ist.

Zum Trost: In der heutigen Weltsprache Englisch sind die alten c-Schreibweisen des Lateinischen noch erhalten. Und ich kann sagen, daß ich zum Englischen ein positives Verhältnis habe.

Facit: Die alte Weltsprache Latein lebt in der heutigen Weltsprache Englisch durchaus fort.

Übrigens: Es gibt heute Gesprächskreise, welche ausschließlich in lateinischer Sprache discurieren. Viele Lateinlehrer lächeln darüber, weil sie sich Latein nur als tote Sprache vorstellen können. Man lernt eine lebende Sprache aber nunmal viel schneller und gründlicher, als eine tote.
Insofern kann man auch sagen, daß Latein neuerdings nicht mehr tot ist, sondern von einigene 'Freaks' wieder zum Leben erweckt wurde.
:) :) :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Sprechen die dann klassiches oder Vulgärlatein?
Fand es letztens etwas befremdlich, als man in einer Doku Actium wie Akzium und Maxentius wie Makzenzius aussprach.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sprechen die dann klassiches oder Vulgärlatein?
Fand es letztens etwas befremdlich, als man in einer Doku Actium wie Akzium und Maxentius wie Makzenzius aussprach.

Es wäre ja langweilig, wenn es innerhalb der Lateinfreunde keine Flügelkämpfe gäbe ...
:winke:
Ich selbst hatte an der gymnasialen Oberstufe von Latein bald die Nase voll. Der Lehrer war eigentlich sehr gutmütig. Aber er war extrem pedantisch und was das schlimmste war : er sah alles, merkte alles. Und wenn man nicht wie angeschweißt auf seinem Stuhl saß, ohne eine Mine zu verziehen, nahm er einen gleich daran.
Meine Liebe zum Lateinischen kam dann übers Teütsche/Frühneuhochdeutsche. Um 1700 war eben Latein viel noch dominanter als die damalige Modesprache Französisch. Und da ich classische Bildung von je her mehr schätzte als Koketterie, wuchst meine Hochachtung vor dem Lateinischen, sowie gleichzeitig meine Liebe. Vor 4 Jahren belegte ich dann (mit schon über 40) 2 Lateinsemester Latein an einer VHS. Die Lehrerin war schon über 70 (pensionierte Lateinlehrerin) und natürlich ganz auf das classische Latein eingeschworen. Ja, sie schien mir hierin sogar gewisse Züge von Fundamentalismus aufzuweisen. Für Lateingesprächskreise hatte sie nur ein mitleidiges Lächeln übrig.

Nun hatte ich damals regen Contact zu einer jungen Blockflötistin, welche zufällig - kurz vor dem Referendariat - Latein studierte. Die war (obschon Händel- und Purcell-begeistert) ebenfalls strikt classisch eingestellt. Die schrieb mir lateinische eMail und quälte mich darin zuweilen mit grammaticalischen Formen, die ich noch gar nicht gehabt hatte (wobei der Ablativus Absolutus noch harmlos war). Naja, ich knobelte das gerne aus und antwortete ebenfalls lateinisch. Für lateinische Gespräche hatte sie aber auch kein Verständnis.

Eigentlich reizen mich diese Gesprächkreise seit Jahren, ich schaff das aber nicht. Und so mußte schweren Herzens einsehen, daß Latein bei mir nur ein Nebenfach sein kann. - Man muß im Teütschen ja perfect lateinisch declinieren können, um nicht als Depp da zu stehen (die Professores, denen Professoribus ect.).

Bis jetzt lernte ich nur Lateinfreunde kennen, die mich gewissermaßen als 'arme Sünderin' betrachteten. Denn wo ich mich ja in der Frühneuzeit bewege, tendiere ich natürlich zum Spätlatein. Deshalb gehe ich mal davon aus, daß die Spätlateiner in der Minderheit sind und so wird es vermutlich wohl auch in den lateinischen Gesprächskreisen aussehen.
Die meisten Lateinfreunde erwärmen sich ja gleichzeitig für die Geschichte der römischen Antike. Ich fand diese Geschichte immer sehr beeindruckend und nett, betrachte sie aber stets als Vorgeschichte des hl. Röm.=Teütschen Reiches. Der Teütsche ist rechts stolz auf dieses Herrscherabkommen - über CAROLVS MAGNVS, bis hin zu Aeneas und jenen Trojanischen Helden, welche ja Rom gegründet haben sollen.

Eines aber vereint die Flügel der früh- und spät-Lateiner: Der Culturkampf wider jene Wotanfreaks, welche lieber das germanische Erbe betonen wollen. Ich hatte mal eine fast 90jährige Current-Brieffreundin, die sich als "deutschnational" bezeichnete und die mir eine Postkarte mit einen Germanenrecken schickte. Nun ist sicher nicht jeder Germanenfreund auf NPD-Curs - aber ich bin zunächst immer voller Argwohn.

Ich seh es halt auch so, daß die Germanen fasciniert von der Römischen Cultur waren und das sie eben elender lebten. Deshalb nahmen sie das Erbe der Cäsaren schließlich gerne an, sowie das ganze culturelle Vermächtnis der griechisch-römischen Cultur. Und deshalb war Latein im deutschen Sprachraum auch von so großer Bedeutung. Ansonsten gab es ja nix, denn die deutsche Sprache war noch sehr unterentwickelt und inhomogen.

In der DKS habe ich die Lateinhasser* darauf aufmerksam gemacht, daß Latein keine Sprache von deutschen Fremdworten ist, sondern eine urteutsche Sprache, die bei uns eine weit längere Tradition vorzuweisen hat, als Hochdeutsch:

"Imperium Caroli Magni origo patriae teutonicae est, eo tempore autem linguae germanorum et lingua latina origi linguae teutonicae evadebant, ergoque lingua latina etiam lingua teutonorum est."

Das war damals mein recht einfaches, dürftiges Latein, das die armen Deutschtümler fressen mußten.
:weinen:Und danach haben sie sich nicht mehr getraut ...

Will mit diesem meinen OPVS eigentlich nur sagen, daß nicht wir Spätlateiner der Feind sind, sondern die Pickelhauben (welche unsere altehrwürdigen Lateinbegriffe ja auch - per K - dudenisiert haben).
:motz:

* Jemand war im damaligen DKS-Forum, aufgrund einiger lateinischer Fachbegriffe, angepflaumt worden, man sei hier schließlich in Deutschland und solle daher deutsch schreiben.
 
Legite. Operae pretium erit.
Lies. Du wirst es nicht bereuen.

... von dem Fernsehinterview, das der damalige bayerische Kultusminister Hans Maier am 23. Oktober 1986 auf Lateinisch gab...

Bildung - Literatur - Kultur - ZEIT online

Der Vergleich Latein-Sex möge die Jugend auf den rechten Pfad bringen ...

Ich war immer ganz anders drauf - für mich war immer das Geistige importanter als das Leibliche. Die Germanen erscheinen mir cörperlicher, als die Römer. Und die meisten Germanenfans beeindruckt ja eigentlich auch das Urwüchsige, 'Wilde' an einem Germanenrecken.
Die Römer waren nun auch nicht die reinen Philosophen, ohne alle Befleckung, aber sie bieten eben doch mehr Geist (die Germanen haben ja auch kaum etwas zu bieten, bei dem unterentwickelten Schriftwesen).

Es ist eben das Kennzeichen für einen Bildungsfreund, einen rechten Freund des Buches, ja ich möchte sagen : für einen Philosophen, daß er eben nicht mit in die Disco will. So ist's bei mir in den 70er/80ern gewesen - ich wollte das andere; nicht das tosen und wallen, brausen und sausen - ich wollte das Geistige.

Deshalb liebe ich Latein. Bei den Lateinbüchern stehen eben keine germanischen und keltischen Trunkenbolde - eben keine Hooligans. Nein, die findet man in der Bibliothek mehr an jenen Borten, wo die Fußballlitteratur steht.

Latein ist für mich die Wahl von Cultur, Civilisation, Rechtsdenken und Friedensliebe.
 
Der Vergleich Latein-Sex möge die Jugend auf den rechten Pfad bringen ...
Der Vergleich ist ersteinmal geklaut. Eigentlich ist nämlich Mathe wie Sex. Zwar irgendwie nützlich, aber in erster Linie eine Freude
“Mathematics is like sex: sure, it may give
some practical results, but that is not the reason why we do it.” (stammt zwar von einem Physiker - Richard Feynman, aber ein bisschen Ahnung haben auch die von Mathe)
Es ist eben das Kennzeichen für einen Bildungsfreund, einen rechten Freund des Buches, ja ich möchte sagen : für einen Philosophen, daß er eben nicht mit in die Disco will.
Wenn das Epikur hört...
 
Zurück
Oben