H
hyokkose
Gast
Wobei mir nicht ganz klar ist, ob die Annahme, dass es sich um das älteste germanische Schriftdenkmal oder dass es sich um ein germanisches Schriftdenkmal handelt, "heute weitgehend aufgegeben wurde".
Zusammenfassung eines Zeitschriftenbeitrags (1995) von Dr. Robert Nedoma, Uni Wien FB Skandinavistik.
Peter Ernst, Professor für Germanistik an der Universität Wien, behandelt die Inschrift jedenfalls - trotz aller ungeklärter Details - als ältestes germanisches Sprachzeugnis, wenn er unter dem Zwischentitel "Die ältesten germanischen Inschriften" schreibt:
Die Deutung und Datierung von HARIGASTITEIVA /// IP (oder (IL) auf dem Helm B von Negau (heute Steiermark) sind umstritten. Zwar sind die einzelnen Elemente durchsichtig (Harigasti ist ein Name, 'Heergast', und Teiva bedeutet 'Gott', vgl. deus, Tiw, Ziu), aber der Zusammenhang wird nicht klar: Stellt die Inschrift eine Anrufung dar, oder werden die im Kampf zu tötenden Feinde dem Gott geweiht? Die Zeichen /// und IP oder IL sind nie überzeugend gedeutet worden, man hat sie z. B. als Abkürzung für eine römische Legion gesehen. Zu berücksichtigen ist auch die zeitliche Entwicklung der Runenzeichen aus dem etruskischen Schriftsystem. Wenn man davon ausgeht, dass die Germanen die etruskische Schrift im 1. Jh. v. Chr. kennen gelernt haben, kann man die Inschrift (je nach Interpretation) um die Zeitenwende oder ca. 100 n. Chr. datieren, sie ist damit die bei weitem älteste germanische Inschrift überhaupt. Manche gehen sogar so weit, den Helm mit dem Untergang der Kimbern etwa 100 v. Chr. in Verbindung zu bringen.
Peter Ernst, Deutsche Sprachgeschichte, Wien 2005, S. 62