Das vorkoloniale Afrika: Sprachen und Strukturen

Klaus

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"Die Völker Afrikas" sind aber eng miteinander verwandt. Vor ca. 1500 Jahren expandierten die Bantus aus dem Hochland von Kamerun und nahmen den größten Teil des Kontinents südlich der Sahara in Besitz- mit entsprechenden Folgen für die jeweiligen Ureinwohner. Übrig blieben nur die Niloten im Nordosten und ein paar kümmerliche Restexemplare von Pygmäen, Khoi und San.

Diese Verwandtschaft zeigt sich auch in der Sprache - "Bantu" ist eine linguistische Klassifizierung. Bantu (Wantu, Watu,...), Mehrzahl von Mutu (Mtu,...), heißt "Menschen". Ein Bantu ist also einer, in dessen Sprache der Mensch mit dem Wort B/M(u)(n)tu bezeichnet wird.

Man kann also durchaus Afrika (sub-Sahara, Minderheiten ausgenommen) als ziemlich homogen ansehen.
 
"Die Völker Afrikas" sind aber eng miteinander verwandt. [...]
Man kann also durchaus Afrika (sub-Sahara, Minderheiten ausgenommen) als ziemlich homogen ansehen.

Das ist nicht richtig. Das bantu-sprechende Afrika beginnt erst ein paar tausend Kilometer südlich der Sahara. Die Verwandtschaft zwischen den Bantusprachen und den übrigen sog. "Niger-Kongo-Sprachen" ist bislang nicht geklärt:

Ob diese Sprachgruppen oder Phyla genetisch definierte Sprachfamilien bilden, wird in der Afrikanistik nach wie vor zum Teil strittig diskutiert.
Afrikanische Sprachen ? Wikipedia

Eine weitläufige Verwandtschaft wäre also immerhin möglich, eine "enge" Verwandtschaft liegt keineswegs vor.

* * *

Die bisherigen Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf die Sprachverwandtschaft. Was die genetische Verwandtschaft betrifft, so ist Afrika der uneinheitlichste Kontinent unseres Planeten. Auch kulturell ist Afrika (sub-Sahara) keineswegs homogen.
 
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In Wiege der Menschheit und der Sklaven

wird einiges über die Vorkolonialzeit berichtet, auch über Reiche, die ähnlich strukturiert waren, wie die mittelalterlichen Feudalländer.

Ich halte den Artikel für einen schönen Einstieg ins Thema vorkoloniales Afrika. Daher mal ein kurzes Zitat:

Dass die frühe Geschichte Afrikas ein blinder Fleck auf der Landkarte der Historiker ist, hat, wie gesagt, eine Reihe von Gründen. Das allgemeine Desinteresse an der Geschichte Afrikas zählt dazu. Ein weiterer Grund: die ideologische Voreingenommenheit und das immer noch wirkende Vorurteil von der Geschichtslosigkeit Afrikas. Schließlich kommt die extrem schwierige Quellenlage dazu. Doch ist hoffentlich deutlich geworden, ein Blick in die faszinierende vorkoloniale Zeit Afrikas lohnt sich. Und die Vielfalt dieser frühen Zeit zu kennen, ist auch notwendig, um die Geschichte Afrikas im 19. und 20. Jahrhundert verstehen zu können.


EDIT: Auch der Artikel von Gero Erdmann scheint empfehlenswert:

http://www.bpb.de/themen/17KIXT,1,0,Vorkoloniale_politische_Organisationsformen.html#art1
 
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Aus meiner Erinnerung:

(1) Es gab verschiedene Untersuchungen über die Ausbreitung Sub-Saharenischer Kultur entlang des Renfrew Modells (Landwirtschaft = Sprachfamike = "Niger-Saharanisch Kongo"); Keramiktraditionen, Kunst, später Verbreitung der Eisenverhütung (u.a. auch im Spektrum der Wissenschaft)

(2) Die afrikanische Auffassung über Reichtum und Ansehen war und ist sicherlich anders entwickelt als im landwirtschaftlich bevorzugten Europa: Der Boden hat wenig Wert sondern wird gewechselt, sobald er nicht mehr genug hergibt. Grund und Boden ist ein schwankender Wert, Eigentum an ihm ohne viel Bedeutung. Macht und Ansehen definiert sich über den Einfluss auf Menschen, was im Extremfall Sklaverei einer Militärdiktatur, im günstigeren Fall die Faszination eines Demagogen ist: Politik statt Ackerbau.

Ein Afrikaner wird immer "ora" (Zauberei) über "labora" (Technik) stellen. Die alten afrikanischen Staaten sind Menschenmassen, weniger Flächenstaaten.

Hiermit will ich nur eine Tendenz in den Raum stellen, keinen absoluten Unterschied!
Sorry, keine konkreten Historikerquellen hierzu :)
 
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EDIT: Auch der Artikel von Gero Erdmann scheint empfehlenswert:

Vorkoloniale politische Organisationsformen - Dossier Afrika

Ja, stimmt. Es ist für mich auch kaum vorstellbar, dass ein so riesiger Kontinent, der noch dazu kleinräumig besiedelt war, belegt durch die vielen Sprachen, Herrschaftsstrukturen nach einheitlichem Muster gehabt haben soll. Wahrscheinlich gab es die ganze Palette außer vielleicht großen Nationalstaaten mit einer Nationalsprache, die gibt es in Europa aber auch noch nicht lange.

Warum sollte es nicht beide im Erdmann-Artikel genannten Formen und noch mehr gegeben haben?
Aus dem Kopf fällt mir Ashante in Westafrika ein, ein ziemlich kompliziert gegliedertes Häuptlingssystem, was als Beispiel für demokratisch legitimiert gelten könnte.
Und Shakas Zulu-Reich könnte man als Militärdiktatur bezeichnen, ob die länger angedauert hat oder sich nur in der Auseinandersetzung mit den Buren so darstellte, müsste ich nachlesen.
 
Aus meiner Erinnerung:

(1) Es gab verschiedene Untersuchungen über die Ausbreitung Sub-Saharenischer Kultur entlang des Renfrew Modells (Landwirtschaft = Sprachfamike = "Niger-Saharanisch"); Keramiktraditionen, Kunst, später Verbreitung der Eisenverhütung (u.a. auch im Spektrum der Wissenschaft)

Dieses Modell bezieht sich (nach meiner Erinnerung) auf die Bantu-Familie.

Eine Sprachfamilie "Niger-Saharanisch" gibt es nicht, Du bringst hier vermutlich zwei völlig verschiedene Makrofamilien durcheinander, Nilo-Saharanisch und Niger-Kongo.
 
Aus meiner Erinnerung:
(2) Die afrikanische Auffassung über Reichtum und Ansehen war und ist sicherlich anders entwickelt als im landwirtschaftlich bevorzugten Europa: Der Boden hat wenig Wert sondern wird gewechselt, sobald er nicht mehr genug hergibt. Grund und Boden ist ein schwankender Wert, Eigentum an ihm ohne viel Bedeutung. Macht und Ansehen definiert sich über den Einfluss auf Menschen, was im Extremfall Sklaverei einer Militärdiktatur, im günstigeren Fall die Faszination eines Demagogen ist: Politik statt Ackerbau.

Ein Afrikaner wird immer "ora" (Zauberei) über "labora" (Technik) stellen. Die alten afrikanischen Staaten sind Menschenmassen, weniger Flächenstaaten.

Hiermit will ich nur eine Tendenz in den Raum stellen, keinen absoluten Unterschied!
Sorry, keine konkreten Historikerquellen hierzu :)

Sehr pauschal, sollte wohl mehr eine provokante These sein.

Afrika ist riesig mit unterschiedlichsten klimatischen und geographischen Bedingungen (oh, welch Allgemeinplatz)

Es gab und gibt Viehzucht, je mehr Vieh desto höheres Prestige, Handwerk und sehr wichtig Handel, je erfolgreicher desto mehr Prestige. Und dem wertlosen Land würde ich so auch nicht zustimmen. Der Brandroder wird sein mühsam urbar gemachtes Land wertgeschätzt und verteidigt haben. Vorratswirtschaft mußte in Gebieten mit Regen- Trockenzeitwechsel ebenso betrieben werden.

Link zu dem Ashante-Beispiel von oben Ashanti (Königreich) ? Wikipedia
 
Sooo provokant wollte ich gar nicht sein...
Ich gebe noch zwei Dinge zu bedenken. Nomadische Viehzucht ist etwas anderes, als was ein mitteleuropäischer Bauer mit seinen Haustieren macht. Die (spät)europäische Symbiose von Rind, Schwein, Acker und Pflug ist ziemlich einmalig. Man hat öfter schon bemerkt, dass der europäische Bauer seinen Ackerboden praktisch selbst geschaffen hat.

Handel und Handwerk war in Afrika mobil, wie im europäischen Frühmittelalter ("Hausierer und Kesselflicker" - das meine ich nicht abwertend)
 
Im GF-Afrika-Forum scheint es außer Linksammlungen kaum spannende Diskussionen zu geben, wahrscheinlich fehlen die engagierten Thesen-Vetreter aus den Balkan und Germanen-Threads. Dabei lassen sich Parallelen dazu finden........
Bei Reich von Ghana ? Wikipedia mußte ich schmunzeln, kommt mir die Nkrumah-Taktik in den 50er/60er Jahren doch aus anderen GF-Gebieten sehr bekannt vor. Er hatte damit für eine gewisse Zeit Erfolg, wahrscheinlich weil die afrikanische Geschichte weniger "unangreifbare" Quellen hat und die Leute andere Probleme.
 
Im GF-Afrika-Forum scheint es außer Linksammlungen kaum spannende Diskussionen zu geben, wahrscheinlich fehlen die engagierten Thesen-Vetreter aus den Balkan und Germanen-Threads. Dabei lassen sich Parallelen dazu finden...
Was Schwarz-Afrika betrifft - zur Kolonialgeschichte gibt's ja einiges -, so ist das auch bei mir ein beinahe blinder Fleck; ausser Handbuchartikeln und wenigen Monographien (Ki-Zerbo 1981, Büttner 1979 usw.) habe ich auch nichts nachzulesen.:rotwerd:
Aber wenn Du bereits "Parallelen" gefunden hast, dann starte doch mal einen Versuchsballon!
 
Wem es an Lesestoff mangelt, der kann sich ja hier ein paar Anregungen holen:
http://www.geschichtsforum.de/f216/bibliographie-zur-geschichte-afrikas-10174/
Ist schon klar, danke! Wenn ich im bayerischen Bibliotheksverbund "Afrika Geschichte" eingebe, kriege ich exakt 5000 Titel genannt... Ich weiß nicht, ob ein Afrika-Spezialist im GF ist, aber vielen dürfte es ähnlich gegangen sein wie mir: der Erdteil lag/liegt nicht im Zentrum des Interesses, auch nicht "anschaffungsmäßig", was den Bücherschrank betrifft.

Und weil ich nicht gern schreiben möchte "Ich will jetzt sofort alles Mögliche über Afrikas Geschichte wissen", suche ich nach einem Packende.:)
 
Höchstens Pope - wenn es um das vorkoloniale Afrika geht und mit ¿Fragezeichen? versehen - aber der hält sich z.Zt. leider etwas bedeckt.
 
Ich kann da ja mal meine unverbindliche und simplifizierte Version zum besten geben. Sehr viel mehr als Listen von Herrschernamen, einige meist schwarz ergrabene Kunstfunde und Berichte arabischer Reisender ist aber oft nicht bekannt.

Um 50.000 Auswanderungen des HSS

seit 10.000 Besiedlung der damals fruchtbaren Sahare
Ab 5.000 Klimaumschwund, Besiedlung des Nilgebiets (Kulturen von Fayyum, Omari, Badari)
Ab 3000 Klassisches Ägypten

Im ersten Jahtausend BC bilden sich südlich Ägyptens (Nubien) Reiche wie Kusch, Meroe, Aksum

Nordafrika gerät unter den Einfluss der Phönizier, später Römer
Es beginnt der fast 2000 Jahre lang florierende Transsahara-Handel zwischen den Salzliefernden Nordafrikanischen Gebieten und der goldreichen Sub-Saharazone

Die Niger-Kongo sprechende Bevölkerung Westafrikas breitet sich ab ca 500 BC mit Kunst (Nok) Keramik und Ackerbau über Ostafrika nach Südafrika aus (Bantu); etwas später wird ohne eine vorausgehende Bronzekultur Eisen in Rennöfen verhütet

Ab 500 CE werden die berühmten Westafrikanischen Reiche zwischen Niger, Senegal und Tschad-See fassbar
- Ghana
- Mali
- Kanem -Bornu
- Songhai
Der Sahara-Handel verlagert sich ostwärts, es werden jetzt Pferde, Waffen und Sklaven gehandelt.

Der Islam verbreitet sich

Um 1100 wird die westafrikanische Kultur noch einmal durch die Almoraviden angeregt; Handel und Reiche brechen aber ab dem 15. Jh. zusammen

Um diese Zeit ist die Bantuausbreitung über ganz Südafrika abgeschlossen (Zulus und Portugiesen erreichen praktisch gleichzeitig das Kap!)

Es bilden sich für wenige Jahrhunderte in Zentral-Afrika die Reiche Kongo, Luba, Lunda

An der Ostküste findet seit dem 8. Jh. arabische Handelstätigkeit statt
Die Ruinen von Groß-Simbabwe aus dem 12. Jh. bleiben weiterhin rätselhaft; ab 1300 hier dann das Reich des Monomotapa
 
@deSilva: Um diese Zeit ist die Bantuausbreitung über ganz Südafrika abgeschlossen (Zulus und Portugiesen erreichen praktisch gleichzeitig das Kap!)
Eben nicht. Am weitesten drangen die Xhosa nach Süden vor, das Kap erreichten sie aber nicht. Das "klassische Zululand" ist Natal. Bis zur Ankunft der Europäer lebten am Kap Khoisan.

Eigentlich kam man mit den Bantu Südafrikas erst durch die Burentrecks in Kontakt oder besser in Konflikt.
 
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Um 1100 wird die westafrikanische Kultur noch einmal durch die Almoraviden angeregt; Handel und Reiche brechen aber ab dem 15. Jh. zusammen.
Die Almoraviden gelten in der arabischen Historiographie als alles andere, als die großen Kulturbringer... Es handelte sich bei ihnen eher um Wüstenkrieger [Almoravide < al-Murābi < Ribā, 'Festung'] die von den Arabern seinerzeit aufgrund ihrer mangelhaften Bildung verlacht wurden. Ihr Erfolg war der Rubel *räusper* das Gold, im spanischen Herrschaftsraum gab es noch bis ins 19. Jahrhundert den maravedí, im Mittelalter auch mancuso, wenn dieser auch später keine Goldmünze mehr war.
 
Die Almoraviden gelten in der arabischen Historiographie als alles andere, als die großen Kulturbringer... Es handelte sich bei ihnen eher um Wüstenkrieger [Almoravide < al-Murābi < Ribā, 'Festung'] die von den Arabern seinerzeit aufgrund ihrer mangelhaften Bildung verlacht wurden. Ihr Erfolg war der Rubel *räusper* das Gold, im spanischen Herrschaftsraum gab es noch bis ins 19. Jahrhundert den maravedí, im Mittelalter auch mancuso, wenn dieser auch später keine Goldmünze mehr war.
Das deckt sich doch mit dem weiter oben verlinkten wiki-Ghana Artikel, da scheinen die Almoraviden eher Goldjäger aus dem arabischen Bereich zu sein, die am lukrativen tradtionellen Gold/Salzhandel interessiert waren. Dem Ghanareich werden Naturreligionen und matriarchale Thronfolge zugeschrieben. Erst nach dem Ende von Ghana ist dann das Reich von Mali islamisch.

Die bisher genannten "Reiche" befanden sich überwiegend in der heutigen Sahelzone, die früher wasserreicher gewesen sein muß.
Hat jemand gute Karten über Klimaentwicklung seit 50000, damit wir wissen, wo und wann überhaupt ein größerer Ort zu erwarten ist.
Tropischer Regenwald erlaubt nur eine geringe Bevölkerungsdichte und in waldreichen Gebieten wird aus Holz gebaut, hinterläßt wenig eindrucksvolle Spuren, das kennen wir ja von den alten Germanen.:winke:
 
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