Die slawischen Heere - vom 4. Jahrhundert bis zum Ende des Mittelalters

In Buch XI, ΠΕΡΙ ΤΩΝ EKAΣTOY ΕΘΝΟΥΣ ΕΘΩΝ TE KAI TAΞEΩN - 'Über Gewohnheiten und Taktik jeden Volkes' des Strategikon des Pseudo-Maurikios steht in Kapitel δ’ (4) Πῶς δεῖ Σϰλάβoῖς ϰαἰ Άνταις ϰαἰ τoῖς τoιoύτoις άϱμóξεσϑαι - 'Wie man sich den Slawen, Anten und solchem Völkern anpassen muss' unter anderem:
Sie wohnen in Wäldern, Flüssen, schwer zugänglichen Seen und Sümpfen und legen vielfach geteilte Zugänge zu ihren Behausungen an wegen der ihnen womöglich zustoßenden Fährnisse; [...] Weil sie ein Räuberleben führen, machen sie gerne im waldigen, engen und gebirgigen Gelände Angriffe auf die Feinde. Sie benützen geeignete Anschläge, plötzliche und überraschende Angriffe bei Tag und bei Nacht und erfinden dabei viele Mittel. Sie sind beim Überqueren von Flüssen erfahrener als alle Menschen und halten tapfer im Wasser aus; einige von ihnen tauchen im eigenen Gebiet, überrascht durch die Umstände, im Wasser tief unter und halten zu diesem Zweck angefertigte lange, durchgehend ausgehöhlte Schilfrohre im Mund, die bis zur Wasseroberfläche reichen. So liegen sie rücklings in der Wassertiefe und atmen durch diese Rohre und halten viele Stunden aus, so dass kein Verdacht entsteht. Wenn auch die Rohre fallweise von außen sichtbar werden, glauben die Unerfahrenen, dass sie im Wasser gewachsen sind. Die Erfahrenen aber erkennen das Rohr am Schnitt und an der Lage und stechen damit in den Mund oder ziehen es heraus und treiben sie aus dem Wasser, da sie nicht mehr dort bleiben können.
Weiter schreibt Pseudo-Maurikios über Bewaffnung und Taktik der Slawen, Anten und ihnen ähnlichen Völker:
Jeder Mann ist mit zwei kleinen Wurfspießen bewaffnet, einige auch mit starken, transportierbaren Schilden. Sie verwenden auch hölzerne Bogen und kleine, vergiftete Pfeile, was wirksam ist, wenn der davon Getroffene sich nicht vorher mit einem tierischen Gegengift geschützt hat oder mit anderen Hilfsmitteln, die den kundigen Ärzten bekannt sind, oder die Wunde sofort ausgeschnitten wird. [...] Sie sind ohne Herrschaft und hassen einander, kennen auch keine Taktik und versuchen auch nicht, im Verband zu kämpfen oder sich im ebenen und offenen Gelände zu zeigen. Wenn sie es aber in der Schlacht wagen, schreien sie und bewegen sich zugleich nach vorne; wenn die Feinde diesem Geschrei nachgeben, greifen sie heftig an. Wenn aber nicht, wenden sie sich auf demselben Weg zurück [...] und eilen in die Wälder [...] da sie im engen Raum geeignet zu kämpfen verstehen.
Der Verfasser Pseudo-Maurikios gilt als militärisch erfahren, insofern sind wohl die meisten seiner Äußerungen glaubwürdig. Trotzdem weiß ich nicht, ob die Geschichte mit den Schilfrohren nicht ein cäsarischer Elch oder ein dürer'sches Rhinozeros ist...
 
Und wenn es stimmt bezweifle ich trotzdem das diese Schilfrohr-Taktik zum Standard-Reportoire der slawischen Krieger gehörte. Vielleicht nutzte man es hin und wieder, z.B. als Spähtrupp, um sich zu verstecken, aber man setzte es nicht ständig ein.
Eine Frage an El Quijote: Zu welcher Zeit ist dieses Strategikon entstanden? Die Wurfspeere und Waldkampftaktik erinnern eher an die antike Kampfweise, ich würde das Buch ins Frühmittelalter verlegen, da im 7. Jahrhundert ja die Protobulgaren und im 9. Jahrhundert die Magyaren, beides Reitervölker, in den Balkan einwanderten, und dann würden wir im Strategikon wohl auch etwas über Pferde in der slawischen Kriegsführung lesen.
 
Wenn ich das richtig verstehe, wird damit kein Angriff vorbereitet, sondern sie verstecken sich auf diese Weise vor dem Feind, weil sie "überrascht durch die Umstände" sind.
 
Und wenn es stimmt bezweifle ich trotzdem das diese Schilfrohr-Taktik zum Standard-Reportoire der slawischen Krieger gehörte. Vielleicht nutzte man es hin und wieder, z.B. als Spähtrupp, um sich zu verstecken, aber man setzte es nicht ständig ein.
Deshalb cäsarischer Elch (Elche haben keine Knie, deshalb lehnen sie sich zum schlafen an Bäume. Wenn die Germanen einen Elch fangen wollen, sägen sie seinen Schlafbaum an) oder dürer'sches Rhino (Das Horn des Rhinos ist dazu da, Elefanten den Bauch aufzuschlitzen). Es sind keine eigentlichen Lügen, die hier verbreitet werden, die Verfasser glaubten selber daran.

Eine Frage an El Quijote: Zu welcher Zeit ist dieses Strategikon entstanden? Die Wurfspeere und Waldkampftaktik erinnern eher an die antike Kampfweise, ich würde das Buch ins Frühmittelalter verlegen, da im 7. Jahrhundert ja die Protobulgaren und im 9. Jahrhundert die Magyaren, beides Reitervölker, in den Balkan einwanderten, und dann würden wir im Strategikon wohl auch etwas über Pferde in der slawischen Kriegsführung lesen.
Das Buch wird in die Zeit zwischen 570 und 628 datiert. Araber kommen noch nicht vor, die Perser gelten aber als besiegt (ich hab das Buch grad nicht zuhand, heute Abend kann ich noch mal genauer reinschauen). Die Protobulgaren würden sicher nicht in die ethnische Kategorie Slawen gesteckt werden. Ich habe beim überschlagen des Inhaltsverzeichnisses gesehen, dass auch Reitervölker behandelt werden. Ich schaue später mal nach.
 
Und wenn es stimmt bezweifle ich trotzdem das diese Schilfrohr-Taktik zum Standard-Reportoire der slawischen Krieger gehörte. Vielleicht nutzte man es hin und wieder, z.B. als Spähtrupp, um sich zu verstecken, aber man setzte es nicht ständig ein.
Eine Frage an El Quijote: Zu welcher Zeit ist dieses Strategikon entstanden? Die Wurfspeere und Waldkampftaktik erinnern eher an die antike Kampfweise, ich würde das Buch ins Frühmittelalter verlegen, da im 7. Jahrhundert ja die Protobulgaren und im 9. Jahrhundert die Magyaren, beides Reitervölker, in den Balkan einwanderten, und dann würden wir im Strategikon wohl auch etwas über Pferde in der slawischen Kriegsführung lesen.


Die Kriegsführung der Bulgarischen Slawen änderte sich erst spät, so zur Zeit Zar Boris I, der nicht nur unter dem Christentum Slawen und Bulgaren vereinte, sondern auch eine Armeereform durchführte, so das man die Protobulgarischen Ausrüstung und Kampftaktiken einführte, aber auch einige Anleihen bei den Slawen nahm.
 
Das Buch wird in die Zeit zwischen 570 und 628 datiert. Araber kommen noch nicht vor, die Perser gelten aber als besiegt (ich hab das Buch grad nicht zuhand, heute Abend kann ich noch mal genauer reinschauen).

Der Herausgeber schreibt:
Im allgemeinen stimmen die Gelehrten in der Bestimmung der Daten überein, zwischen denen die Entstehung des Strategikon anzusetzen ist: 573, d.h. die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten mit den Persern, und 628, das Jahr des endgültigen Siegs über die Perser. Das Fehlen jeder Erwähnung der Araber weist darauf hin, dass das Werk vor den 30er Jahren des 7. Jahrhunderts [...] anzusetzen ist.
Und er selbst schränkt die Datierung weiter ein:
Das Strategikon verwendet keine modernen Namen, erwähnt aber drei Ereignisse der jüngsten Vergangenheit: Zunächst die Anspielung auf die Vergiftung des Getreides für die Pferde durch die Perser. Das könnte sich auf den Befehl des Chosraus II. im Jahre 591 beziehen, [...] Drittens beschriebt der Verfasser die Kriegslist des Awarenchagans vor Herakleia, die in das Jahr 592 datiert werden kann. All das verweist auf eine Entstehungszeit nach 592. [...] Es ist zwar nicht sicher, aber unwahrscheinlich, dass ein Autor eines Militärhandbuches während der Herrschaft des Herakleios es versäumt hätte, die Fehler des Phokas zu erwähnen. [Herrschaft des Phokas 602 - 610] Nach Betrachtung aller Elemente scheint es plausibel [...] das Strategikon sei währen der Spätzeit der Herrschaft des Maurikos (nach 592) oder während der Regierung des Phokas (vor 610) verfasst worden.

da im 7. Jahrhundert ja die Protobulgaren und im 9. Jahrhundert die Magyaren, beides Reitervölker, in den Balkan einwanderten, und dann würden wir im Strategikon wohl auch etwas über Pferde in der slawischen Kriegsführung lesen.
Die Protobulgaren würden sicher nicht in die ethnische Kategorie Slawen gesteckt werden. Ich habe beim überschlagen des Inhaltsverzeichnisses gesehen, dass auch Reitervölker behandelt werden. Ich schaue später mal nach.
Ich habe genau eine Erwähnung der Bulgaren gefunden - und die ist äußerst indirekt. In dem Kapitel über die Bekleidungsvorschriften für Infanteristen - Πoῖα δεῖ φoϱεῖν ιμάτια τoύς πεζoύς - schreibt der Verfasser des Strategikon:
Sie müssen entweder die gotische Tunika oder kurze Bekleidung bis zum Knie tragen; gotische Schuhe mit Sohlen, ohne Schnabel, einfach genäht, mit zwei Laschen und nicht mehr. Sie müssen aber auch mit einigen kleinen Nägeln zu besseren Verwendung verstärkt sein. Man braucht nämlich weder Sandalen noch Gamaschen, weil diese für den Marsch nicht geeignet, sondern beschwerlich zutragen sind. Außerdem tragen die Soldaten schmale Gürtel, aber keine bulgarischen Mäntel.* Der Haarschnitt muss kurz sein, und es ist nicht zweckmäßig, lange Haare zu tragen.
*Zωνάϱια δὲ λιτά ϰαἰ οὐ Βουλγαριϰά σαγἰα.[FONT=&quot][/FONT]
 
@Sascha: Hier das WErk, das ich bisher gelesen habe und auf dem meine Beiträge in diesem Thread basieren.

Karger, M. K.; Tichanow, M. A.; Woronin, N. N. (Hg.): Geschichte der Kultur der alten Rus. Die vormongolische Periode, Berlin 1959.

Ist ein Sammelband mit Aufsätzen zu diversen Aspekten, u. a. auch Bewaffnung, Kriegführung und Befestigungsanlagen, allerdings wie schon vorher erwähnt in diesem Thema erwähnt eher mit Vorsicht zu genießen.

Danke,
war mal etwas im Urlaub und kann deshalb erst jetzt antworten.
 
Das Heer der Polen?

So, wird Zeit das mal der Thread reaktiviert wird ;)

Ich hab da mal was im Netz gefunden, es handelt sich um Zeichnungen der polnischen Armee.

Leider kann ich nicht alle Bilder auf einmal hochladen, daher werde ich das auf 2 Beiträge verteilen müssen.

Zuerst

Das Heer der Polen zwischen 960 und 1335 (Quelle: DBA Online Wargame)
 

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Das Heer der Polen? 1335 bis 1510

So, die fortsetzung

Das Heer der Polen 1335 bis 1510 (Quelle: DBA Online Wargame)

Sind die Darstellungen halbwegs authentisch? Kann ich mir so das Heer der Polen vorstellen?
 

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Als Wargamer möchte ich gern erfahren, ob hier noch Leute mitlesen. Für die strategischen Spiele, an denen ich mitmache, bevorzuge ich slawische Armeen. Bisher war hier von Russen, Bulgaren, Serben & Polen die Rede. Da ich sehr an Böhmen & Kroaten interressiert bin, vermisse ich Beschreibungen dieser Armeen. Konktet: Haben Petschenegen als Verbündete in böhmischen Heeren mitgekämpft?
 
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