Welche entscheidenen Fehler hatte Deutschland im Ersten Weltkrieg begangen?

[Mod] :räusper: Ich möchte die Diskutanten darum bitten, den gewählten Tonfall im zweifelsfrei höflichen Bereich anzusiedeln. Danke. [/Mod]
 
Allerdings hatte ÖU eben diese Unterstützung nicht geleistet und daher auch keinen Anspruch auf die Annektion Bosniens. Wobei am Berliner Kongress ja nicht nur Russland beteiligt war, Österreich braucht also nicht nur Russlands Zustimmung, um Bosnien zu annektieren.

ÖU hat diese Unterstützung durchaus geleistet. Leider leider ohne Erfolg.


Diese liefen aber über Serbien und waren daher militärisch nicht nutzbar.

Na sowas aber auch.:mad:
Wie haben wir uns also dieses bahnbrechende Projekt einer strategischen Eisenbahnlinie, das du beliebst "eine Bagdadbahn" zu nennen, vorzustellen?

Der "Fischer Wolkendübel" ist bis heute nicht erfunden.:winke:
 
Oha, schau an. Spielt die Leberwurst, nur weil man ihm die Passagen nicht rauskopiert.:rofl:

Nun, wenn Dich die Gründe nicht überzeugen (nicht einmal Repos sehr wichtiger Beitrag Nr. 107), solltest Du das wenigstens begründen können. Der Behauptung, das Parlament wäre nur schwer zu überzeugen gewesen, stehen konkrete Planungen für den Fall eines Krieges zwischen Frankreich und Deutschland gegenüber. Selbst wenn der offizielle Kriegseintritt verzögert worden wäre, gibt es keinen Grund, warum nicht bereits die Vorbereitungen getroffen worden wären. Da teile ich Tekkers Zweifel und Du bist in der Pflicht, überzeugend zu begründen, warum sich die Briten das seelenruhig und tatenlos angeschaut haben sollten, zumal das Thema auch moralisch problematisch (gute Beziehungen zwischen Frankreich und GB!) war. Deine Beiträge bieten hierzu überhaupt keine Aussage.
Dass Du das von mir vorgeschlagene Buch gelesen hast, darf ich wohl bezweifeln.
Ansonsten haben Repo und Turgot die vielen, vielen, vielen Fehler Deiner Beiträge, an denen ich mich ja orientieren soll, bereits offengelegt.:fs::pfeif:

Nun, da du an einer sachlichen Diskussion offensichtlich nicht interessiert bist, enthalte ich mich mal weiterer Kommentare. Ich will ja Ingeborg nicht reizen. :cool:
 
An einer sachlichen Diskussion bin ich immer interessiert.
Und sobald Du Dich auf die sachliche Ebene zurückbegibst und auch inhaltlich verwertbare Antworten gibst, können wir die Debatte gerne weiterführen.
 
EL_Mercenario schrieb:
Das heißt aber nicht im Umkehrschluß, dass der Generalsstab sich von Hollweg hätte dreinreden lassen, wenn er sich mausig gemacht hätte. Die Admiralität hat sich jedenfalls nicht ins Handwerk pfuschen lassen. Als GB ein Bündnisangebot für den Fall machte, dass Deutschland seinen Flottenbau drosselt, wollte der Kanzler auf das Angebot eingehen. Tirpitz hat sich aber schlicht geweigert, das Bautempo zu senken und damit war die Sache vom Tisch. Ich glaube kaum, dass die Generalität da viel kooperativer gewesen wäre.

Nicht von Bethmann, sondern vom Kaiseer.
Bethmann Ansprechpartner wäre ja nach Lage der Dinge wohl auch der Kaiser gewesen. Und so ganz ohne Möglichkeiten, wie du es darstellst, war er ganz bestimmt nicht. Das hat Bethmann im Verlauf des Krieges mehrfach gezeigt. Einmal hatte er aktiv am Sturz von Falkenhayn mitgewirkt und dann hat er sehr lange den unbeschränkten U-Bootkrieg erfolgreich verhindert. Und das mit gutem Grunde.

Bethmann hätte einfach den Chef des Militärkabinetts des Kaisers involvieren und entsprechend überzeugen müssen, denn Lynker war auch nicht ohne Einfluss bei Wilhelm. Wenn der Generalstabschef vom Kaiser eine entsprechende Direktive erhält, hat dieser gar keine Wahl außer zu gehorchen.

Diese Methode hat Bethmann jaauch beim Sturz von Falkenhayn erfolgreich praktiziert.
 
...Der Behauptung, das Parlament wäre nur schwer zu überzeugen gewesen, stehen konkrete Planungen für den Fall eines Krieges zwischen Frankreich und Deutschland gegenüber. ...

Naja,

derartige Planungen - ohnehin üblich, vom Militär jeder Nation für nahezu jeden Fall angefertigt, siehe zB Schlieffen ab 1892 - sollen ernsthaft als Indiz herhalten? Wie wäre demnach die Interpretation der Planungen für 1892?

Noch dazu in diesem Fall 1914, vor dem Hintergrund einer langjährigen Entwicklung/Zuspitzung und Kriegserwartung in Europa? Eine Überraschung?

Wenn überhaupt, könnte man umgekehrt dem Fehlen einer solchen Planung eine Bedeutung beimessen.
 
Naja,

derartige Planungen - ohnehin üblich, vom Militär jeder Nation für nahezu jeden Fall angefertigt, siehe zB Schlieffen ab 1892 - sollen ernsthaft als Indiz herhalten?
Da habe ich auch meine Zweifel. Die Aufgabe des Militärs besteht nun einmal darin, für jede Eventualität gerüstet zu sein. So erstellte z.B. Österreich-Ungarn zu Zweibundzeiten eine Planung für den "Fall D", d.h. für den Fall eines Krieges mit dem Deutschen Reich. Obwohl es diesen Plan gab, bedeutet dies aber nicht, dass die Regierung von ÖU einen Krieg mit Deutschland in Erwägung zog oder sich gar auf diesen vorbereitete.
 
Naja,

derartige Planungen - ohnehin üblich, vom Militär jeder Nation für nahezu jeden Fall angefertigt,.....


Genau, das ist ja eben die Hauptaufgabe des Generalstabchefs, nämlich die planmäßige Vorbereitung des Einsatzes der Streitkräfte mit den damit verbundenen Führungsmaßnahmen im Falle eines Krieges.
 
@Gandolf, Silesia, Turgot
Die besagten Pläne entstanden in Zusammenarbeit zwischen den britischen und französischen Militärs mit dem Hintergrund der Entente. Diese Pläne wurden natürlich immer wieder neu beraten und überarbeitet. Diese beständige Zusammenarbeit indiziert sehr wohl den britischen Willen, Frankreich in einer Auseinandersetzung mit Deutschland zu unterstützen. Im konkreten Kriegsfall werden solche Pläne dann selbstredend relevant.
Die mehrjährigen gemeinsamen Planungen, die guten britisch-französischen Beziehungen, irrationale Elemente, die traditionelle balance-of-power-Politik, die neben der causa Belgien auch als Kriegsgrund und -ziel angegeben wurde, vorausgehende schwerwiegende Irritationen im britisch-deutschen Verhältnis indizieren in der Summe, dass Großbritanniens Kriegseintritt ohne eine Besetzung Belgiens bestenfalls kurzfristig verzögert worden wäre. Dagegen halte ich es für unwahrscheinlich, dass Großbritannien nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen hätte, um sich Kurzfristig entscheiden zu können. Oder anders gesagt: die den Plänen gemäßen Vorbereitungen wären vorsorglich eingeleitet worden.
 
Die besagten Pläne entstanden in Zusammenarbeit zwischen den britischen und französischen Militärs mit dem Hintergrund der Entente. Diese Pläne wurden natürlich immer wieder neu beraten und überarbeitet. Diese beständige Zusammenarbeit indiziert sehr wohl den britischen Willen, Frankreich in einer Auseinandersetzung mit Deutschland zu unterstützen. Im konkreten Kriegsfall werden solche Pläne dann selbstredend relevant.

Selbstredend wurden die Pläne relevant.

Wieso indiziert das nun den "Willen"? ... Siehe die deutsch-italienischen Planungen gegen Frankreich mit den fest eingebauten italienischen Korps in den früheren Schlieffen-Planungen, verfrachtet über die Eisenbahnen?

Denn erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Die Kontextualisierung ergibt sich erst aus dem Verhältnis von Militär (inkl. seiner Blaupausen) und der Politik.

Dagegen halte ich es für unwahrscheinlich, dass Großbritannien nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen hätte, um sich Kurzfristig entscheiden zu können.

Wieso?
 
Die beiden Sachverhalte weisen erhebliche Unterschiede auf.
Im frühen Schlieffenplan war vorgesehen, dass das Elsass von den Italienern (mit)verteidigt werden sollte, falls diese in einen Krieg eintreten. Dies war 1897, also noch bevor sich Italien und Frankreich 1900 durch ein Kolonialabkommen annäherten.
Bereits dieser Plan war aber nicht durch eine Zusammenarbeit des italienischen und des deutschen Generalstabs entwickelt worden. Auf sein weiteres Schicksal nahmen die Italiener nicht ansatzweise Einfluss. Es ist bezeichnend, dass Moltke 1909 das Kräfteverhältnis von 7 zu 1 auf 3 zu 1 zugunsten des linken Flügels änderte.
Wir haben es also mit einem deutschen Plan zu tun, bei dem bestenfalls eine italienische Beteiligung vorgesehen ist.
Dagegen entwickelten die Briten und die Franzosen ihre Pläne partnerschaftlich und wiederholten regelmäßig ihre Treffen. Das hat eine andere Qualität.

Dein "Wieso?" kann man leicht beantworten:
Großbritannien sah seine Sicherheitsbedürfnisse (balance-of-power, etc.) durch Deutschland durchaus gefährdet. Nachzulesen bei Churchill (World Crisis, Bd. I) und Grey (Twenty-Five Years, Bd. II). Warum also hätte GB bitte bei Kriegsausbruch die Hände untätig in den Schoß legen sollen, statt sich darauf vorzubereiten, gegebenenfalls die eigenen Interessen zu wahren? Ein siegreiches Deutschland war für die Briten so verlockend wie einst die Herrschaft der Franzosen auf dem Kontinent unter Napoleon.
Großbritannien wollte Frankreich nicht untergehen und die Deutschen nicht am Ärmelkanal stehen sehen. Egal ob auf dem belgischen Teil oder dem französischen (vgl. Asquith in Brock, Britain Enters the War).
 
Zuletzt bearbeitet:
Dein "Wieso?" kann man leicht beantworten:
Großbritannien sah seine Sicherheitsbedürfnisse (balance-of-power, etc.) durch Deutschland durchaus gefährdet. Nachzulesen bei Churchill (World Crisis, Bd. I) und Grey (Twenty-Five Years, Bd. II). Warum also hätte GB bitte bei Kriegsausbruch die Hände untätig in den Schoß legen sollen, statt sich darauf vorzubereiten, gegebenenfalls die eigenen Interessen zu wahren? Ein siegreiches Deutschland war für die Briten so verlockend wie einst die Herrschaft der Franzosen auf dem Kontinent unter Napoleon.
Großbritannien wollte Frankreich nicht untergehen und die Deutschen nicht am Ärmelkanal stehen sehen. Egal ob auf dem belgischen Teil oder dem französischen (vgl. Asquith in Brock, Britain Enters the War).
Einen Sieg über Franreich und damit eine weitere Schwächung Frankreichs konnte GB in der Tat nicht akzeptieren. Das signalisierten die britischen Regierungen Berlin seit der der Krieg-in-Sicht-Krise bis in die letzten Friedenstage des Jahres 1914 hinein beständig. Bei einem französischen Angriff auf Deutschland wäre GB wohl kaum zu Gunsten Frankreichs in den Krieg eingetreten. Auch das wurde in London immer wieder gegenüber Berlin und Paris hervorgehoben.

Schwierig wäre es für die britische Regierung geworden, wenn sich Deutschland in einem Krieg mit Russland defensiv an seinen Westgrenzen verhalten hätte und Frankreich zur Erfüllung seiner Bündnispflichten zu Gunsten Russlands in den Krieg eingetreten wäre. Solange sich Deuchland in einer solchen Konstellation im Westen defensiv verhalten hätte, soll heissen mit der deutschen Armee am Ärmelkanal nicht zu rechnen war, wäre es der britischen Regierung sehr schwer gefallen, in den Krieg einzutreten.

Der Einmarsch in Belgien , um Frankreich auszuschalten, erleichterte und beschleunigte den Kriegseintritt ungemein. Allerdings entsprach der Zug durch belgien auch dem Kult der Offensive, der damals nicht nur in Deutschland - dort aber besonders - gepflegt wurde. Ein Deutschland, das sich unermüdlich bis zu letzt diplomatisch um den Friedenserhalt bemüht, statt sich als erste Großmacht in das Abenteuer Krieg zu stürtzen, um mit dem Schwert seine Sicherheitsprobleme endgültig zu lösen, wäre allerdings auch ein anderes Deutschland gewesen, als das des Kaiser Wilhelm II.
 
Schwierig wäre es für die britische Regierung geworden, wenn sich Deutschland in einem Krieg mit Russland defensiv an seinen Westgrenzen verhalten hätte und Frankreich zur Erfüllung seiner Bündnispflichten zu Gunsten Russlands in den Krieg eingetreten wäre. Solange sich Deuchland in einer solchen Konstellation im Westen defensiv verhalten hätte, soll heissen mit der deutschen Armee am Ärmelkanal nicht zu rechnen war, wäre es der britischen Regierung sehr schwer gefallen, in den Krieg einzutreten.

Sehe ich auch so. Siehe dazu auch folgenden Beitrag von mir in diesem Thread:

http://www.geschichtsforum.de/354207-post101.html
 
Einen Sieg über Franreich und damit eine weitere Schwächung Frankreichs konnte GB in der Tat nicht akzeptieren. Das signalisierten die britischen Regierungen Berlin seit der der Krieg-in-Sicht-Krise bis in die letzten Friedenstage des Jahres 1914 hinein beständig. Bei einem französischen Angriff auf Deutschland wäre GB wohl kaum zu Gunsten Frankreichs in den Krieg eingetreten. Auch das wurde in London immer wieder gegenüber Berlin und Paris hervorgehoben.

Schwierig wäre es für die britische Regierung geworden, wenn sich Deutschland in einem Krieg mit Russland defensiv an seinen Westgrenzen verhalten hätte und Frankreich zur Erfüllung seiner Bündnispflichten zu Gunsten Russlands in den Krieg eingetreten wäre. Solange sich Deuchland in einer solchen Konstellation im Westen defensiv verhalten hätte, soll heissen mit der deutschen Armee am Ärmelkanal nicht zu rechnen war, wäre es der britischen Regierung sehr schwer gefallen, in den Krieg einzutreten.

Der Einmarsch in Belgien , um Frankreich auszuschalten, erleichterte und beschleunigte den Kriegseintritt ungemein. Allerdings entsprach der Zug durch belgien auch dem Kult der Offensive, der damals nicht nur in Deutschland - dort aber besonders - gepflegt wurde. Ein Deutschland, das sich unermüdlich bis zu letzt diplomatisch um den Friedenserhalt bemüht, statt sich als erste Großmacht in das Abenteuer Krieg zu stürtzen, um mit dem Schwert seine Sicherheitsprobleme endgültig zu lösen, wäre allerdings auch ein anderes Deutschland gewesen, als das des Kaiser Wilhelm II.


Dem kann man zustimmen.
Die deutschen Militärs sahen wohl, da die Russen erst jenseits der Weichsel aufmarschieren wollten, im Osten keine "schnelle Siegchance", und haben dies deshalb nicht weiterverfolgt.
Man ist 1914 noch von der "Überlegenheit" des Angriffs ausgegangen. wie stark mit MG´s bestückte Feldstellungen waren, wußten die Militärs alle noch nicht.

Seit der 2. Marokkokrise war ja auch klar, dass England bei einem Angriff auf Frankreich in jedem Fall eingreifen würde.

Bei der Konstellation des Jahres 1914 kann ich verstehen, dass Moltke schlaflose Nächte hatte.
Als unbedarfter Laie kann man doch sagen, "das Ding ist überhaupt nicht zu gewinnen."
 
Schwierig wäre es für die britische Regierung geworden, wenn sich Deutschland in einem Krieg mit Russland defensiv an seinen Westgrenzen verhalten hätte und Frankreich zur Erfüllung seiner Bündnispflichten zu Gunsten Russlands in den Krieg eingetreten wäre. Solange sich Deuchland in einer solchen Konstellation im Westen defensiv verhalten hätte, soll heissen mit der deutschen Armee am Ärmelkanal nicht zu rechnen war, wäre es der britischen Regierung sehr schwer gefallen, in den Krieg einzutreten.

Jain. Ein rein defensives Verhalten an der Westfront hätte den Kriegseintritt in der Tat hinausgezögert.
Allerdings wäre auf lange Sicht der Kriegsbeitritt wohl nicht zu verhindern gewesen, es sei denn, Frankreich hätte sich nach einem erfolgreichen deutschen Ostfeldzug zum Frieden bereit erklärt. Andernfalls hätte Deutschland irgendwann angreifen müssen. Und spätestens dann wäre das britische Sicherheitsbedürfnis erwacht. Gegebenenfalls auch schon vorher, wenn man in London im Kriegsverlauf von einem baldigen Angriff ausgegangen wäre und sich lieber früher als später daran machen wollte, die Truppen aufs Festland an die Seite der Franzosen zu bringen.
Der Einmarsch in Belgien , um Frankreich auszuschalten, erleichterte und beschleunigte den Kriegseintritt ungemein. Allerdings entsprach der Zug durch belgien auch dem Kult der Offensive, der damals nicht nur in Deutschland - dort aber besonders - gepflegt wurde. Ein Deutschland, das sich unermüdlich bis zu letzt diplomatisch um den Friedenserhalt bemüht, statt sich als erste Großmacht in das Abenteuer Krieg zu stürtzen, um mit dem Schwert seine Sicherheitsprobleme endgültig zu lösen, wäre allerdings auch ein anderes Deutschland gewesen, als das des Kaiser Wilhelm II.

Erleichtern ja, beschleunigen m.E. nicht ungemein.
Zustimmen möchte ich auch, dass die Diplomatie in Deutschland wie im Rest Europas seinerzeit nicht gewillt war, einen Krieg unter mit Macht zu verhindern. Die Behauptung deutscher Unschuld ist deshalb mit gutem Grund widerlegt.
Das deutsche Motiv war der Präventivkrieg aus Angst, zukünftig zwischen Frankreich und Rußland zerrieben zu werden. Erinnert ein bisserl an die Position der Bourbonen gegenüber den Habsburgern bis etwa 1700.
Rückblickend muss man meiner Meinung nach konstatieren, dass das deutsche Verhalten geradezu panisch anmutet.
Allerdings muss man anmerken, dass Deutschland sich nicht unbedingt als erste Großmacht in das Abenteuer stürzte. Dieses Privileg blieb m.E. ÖU und Russland vorbehalten.
 
An einer sachlichen Diskussion bin ich immer interessiert. Und sobald Du Dich auf die sachliche Ebene zurückbegibst und auch inhaltlich verwertbare Antworten gibst, können wir die Debatte gerne weiterführen.
Ja, das ist mir auch aufgefallen. Wobei natürlich "sachliche Ebene" und "verwertbare Antworten" variable Größen sind.

Warum also hätte GB bitte bei Kriegsausbruch die Hände untätig in den Schoß legen sollen, statt sich darauf vorzubereiten, gegebenenfalls die eigenen Interessen zu wahren?
Weil ein schneller Zusammenbruch Frankreichs ohne den Marsch durch Belgien nicht zu erwarten war, England also hoffen konnte, die Lage würde sich ohne sein Eingreifen bereinigen - etwa durch einen Vergleichsfrieden.

@Gandolf, Silesia, Turgot
Die besagten Pläne entstanden in Zusammenarbeit zwischen den britischen und französischen Militärs mit dem Hintergrund der Entente... Dagegen halte ich es für unwahrscheinlich, dass Großbritannien nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen hätte, um sich Kurzfristig entscheiden zu können. Oder anders gesagt: die den Plänen gemäßen Vorbereitungen wären vorsorglich eingeleitet worden.

Der Knackpunkt ist aber, dass die Militärabsprachen hinter dem Rücken des Kabinetts und des Parlaments durchgeführt wurden. Und das eben nicht aus Jux und Dollerei, sondern weil Grey ganz genau wusste, dass das Parlament da nicht mitgemacht hätte. Er hat ja vor dem Belgien-Einmarsch verzweifelt rumlaviert, um nicht zugeben zu müssen, wie weit er sich mit den Franzosen schon eingelassen hatte. Ohne den Belgieneinmarsch wären da äußerst peinliche Enthüllungen auf ihn zu gekommen.
Notwendige Vorbereitungen - also allgemeine Wehrpflicht und immense Steuererhöhungen - hätten auch durchs Parlament gemusst und das wäre nicht einfach geworden, solange keine Kriegserklärung vorlag.

Andernfalls hätte Deutschland irgendwann angreifen müssen.
Die Planung Moltkes d.Ä. und Bismarcks sah vor, den Russen einige schwere Niederlagen zuzufügen, während man im Westen defensiv blieb und anschließend einen Ausgleichsfrieden anzustreben. Das waren nunmal die beiden wesentlichen Optionen - Moltke/Bismark vs Schieffen/Ludendorff.
Strebt Deutschland einen Ausgleichfrieden unter Erhalt des Europäischen Gleichgewichts an, kann GB ev. neutral gehalten werden.
Versucht Deutschland die Hegemonie an sich zu reißen, Frankreich und Russland zu überrennen, dann wird GB in jedem Fall in den Krieg eintreten.

Da das Deutsche Reich seine Karten sofort auf den Tisch gelegt hat, mit dem Einmarsch in Belgien, wussten die Briten natürlich auch gleich woran sie sind.

Das deutsche Motiv war der Präventivkrieg aus Angst, zukünftig zwischen Frankreich und Rußland zerrieben zu werden.
Das war aber bestenfalls das halbe Motiv. Hier muß man sich die Frage stellen, warum Russland überhaupt so scharf darauf war, an der Seite Frankreichs gegen das Reich vorzugehen, wo es doch keinerlei territoriale Interessenskonflikte mit Deutschland gab.

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Nicht von Bethmann, sondern vom Kaiseer.
Bethmann Ansprechpartner wäre ja nach Lage der Dinge wohl auch der Kaiser gewesen. Und so ganz ohne Möglichkeiten, wie du es darstellst, war er ganz bestimmt nicht. Das hat Bethmann im Verlauf des Krieges mehrfach gezeigt. Einmal hatte er aktiv am Sturz von Falkenhayn mitgewirkt und dann hat er sehr lange den unbeschränkten U-Bootkrieg erfolgreich verhindert. Und das mit gutem Grunde.
Ja, aber du weisst sicherlich wie Willhelm II in Sachen Militär drauf gewesen ist. Ich verweise hier nurmal auf die Zabern-Affaire, wo er sich schlicht geweigert hat, den Standpunkt seines Kanzlers zur Kenntnis zu nehmen, denn schließlich war das eine reine "Militärangelegenheit", wo Zivilisten nicht mit reinzureden haben. Ich hätte Willy Zwo nicht erklären mögen das und warum der Schlieffenplan aus politischen Gründen undurchführbar war. Falls er überhaupt geistig in der Lage war, das Problem zu begreifen, ich bin mir bei dem nicht so ganz sicher.
Was den Sturz Falkenhayns angeht so hatte Hollweg da Ludendorff und Hindenburg auf seiner Seite und den U-Bootkrieg wollte der Kaiser aus irgendeinem Grund nicht.

Bethmann hätte einfach den Chef des Militärkabinetts des Kaisers involvieren und entsprechend überzeugen müssen, denn Lynker war auch nicht ohne Einfluss bei Wilhelm.
Warum nicht gleich Moltke überzeugen? Wenn die Militärs auf vernünftige Argumente gehört hätte, dann hätte sich da Problem ja nicht gestellt. So wie ich die preußischen Halbgötter einschätze, hätte Lynker dem Kanzler geraten sich um seinen Kram zu kümmern und die Militärplanung den Leuten zu überlassen die was davon verstehen.

Ein wirklich integerer Mann als Kanzler hätte sich auf den Standpunkt gestellt: "eine Kriegserklärung gegen Belgien unterschreibe ich nicht. Das kann ich nicht verantworten." Und ohne Gegenzeichnung des Kanzlers, keine Krieg gegen Belgien. Worauf andererseits das Militär flugs seine Entlassung beim Kaiser durchgesetzt hätte.
 
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Weil ein schneller Zusammenbruch Frankreichs ohne den Marsch durch Belgien nicht zu erwarten war, England also hoffen konnte, die Lage würde sich ohne sein Eingreifen bereinigen - etwa durch einen Vergleichsfrieden.

Welchen Erfolg ein alternativer Offensivplan hätte haben können, ist höchst spekulativ. Sicher ist, dass die Kräfte nicht gereicht haben, den Plan erfolgreich durchzuführen. Von einem schnellen Ende kann m.E. keine Rede sein.

Ansonsten sehe ich zwei kritische Punkte.

1. Ich teile die Auffassung, dass jede deutsche Offensive im Westen den Kriegseintritt Großbritanniens zur Folge gehabt hätte, weil hierdurch die britischen Interessen berührt würden. Es erscheint mir nicht schlüssig, dass die Briten abwarten sollten, statt für diese Interessen in den Ring zu steigen.

2. Die Position Frankreichs muss man sich auch vor Augen führen. Frankreich wollte Rache für 1870. Partner in diesem Streben war Russland. Wie sollte eine Verhandlungslösung zwischen Frankreich und Deutschland ausgesehen haben, wenn Deutschland Russland niedergeworfen haben sollte? Für Frankreich ist das noch mächtiger gewordene Deutschland auf Dauer inakzeptabel und für Deutschland hätte es in diesem Moment doch wenig Grund gegeben, sich nicht nun auch gegen Frankreich zu wenden.

Der Knackpunkt ist aber, dass die Militärabsprachen hinter dem Rücken des Kabinetts und des Parlaments durchgeführt wurden. Und das eben nicht aus Jux und Dollerei, sondern weil Grey ganz genau wusste, dass das Parlament da nicht mitgemacht hätte. Er hat ja vor dem Belgien-Einmarsch verzweifelt rumlaviert, um nicht zugeben zu müssen, wie weit er sich mit den Franzosen schon eingelassen hatte. Ohne den Belgieneinmarsch wären da äußerst peinliche Enthüllungen auf ihn zu gekommen.
Notwendige Vorbereitungen - also allgemeine Wehrpflicht und immense Steuererhöhungen - hätten auch durchs Parlament gemusst und das wäre nicht einfach geworden, solange keine Kriegserklärung vorlag.

Einzelnes müsste ich nochmal nachlesen. Wichtig ist aber, dass viele der erforderlichen Maßnahmen nicht diesselbe Intensität aufweisen und somit auch ohne das Parlament hätten durchgeführt werden können. Aufgrund der geringeren Eskalationsstufe dürften diese "Vorsichtsmaßnahmen zur Sicherung britischer Interessen" auch durchs Kabinett gehen können.
Dass diese britischen Interessen von einigem Gewicht waren, mag man an verschiedenen Äußerungen führender britischer Politiker festmachen. Oder an der Aussage eines Königlichen, der lange vor dem Krieg meinte, dass bei einem Konflikt zwischen Deutschland und Russland, an dem sich dann Frankreich beteilige, es Großbritannien unmöglich sein dürfte, unbeteiligt zu bleiben.

Die Planung Moltkes d.Ä. und Bismarcks sah vor, den Russen einige schwere Niederlagen zuzufügen, während man im Westen defensiv blieb und anschließend einen Ausgleichsfrieden anzustreben.

Dieser Standpunkt ist mir militärisch und diplomatisch sympathischer, aber ich habe meine Zweifel, dass Frankreich zu einem Ausgleichsfrieden bereit gewesen wäre.
Eine Randbemerkung zu Bismarck: ich vermute, mit Bismarck als Reichskanzler wäre dieser Krieg entweder diplomatisch solide vorbereitet worden und Deutschland hätte kaltblütig abgewartet, wie die anderen reagieren oder Bismarck hätte ganz pragmatisch deutsche Interessen verneint und das Reich aus diesem Krieg herausgehalten.

Versucht Deutschland die Hegemonie an sich zu reißen, Frankreich und Russland zu überrennen, dann wird GB in jedem Fall in den Krieg eintreten.

Man kann auch den Standpunkt vertreten, dass Deutschland nach 1870 kontinentaleuropäisch durchaus eine hegemoniale Stellung innehatte, die 1914 quasi in letzter Sekunde gerettet werden sollte, bevor sie durch die Entwicklung der verbündeten Russen und Franzosen verloren geht.

Das war aber bestenfalls das halbe Motiv. Hier muß man sich die Frage stellen, warum Russland überhaupt so scharf darauf war, an der Seite Frankreichs gegen das Reich vorzugehen, wo es doch keinerlei territoriale Interessenskonflikte mit Deutschland gab.

Was soll denn die andere Hälfte des deutschen Motivs sein?
Aus russischer Sicht bestand insofern ein Interesse an einem Konflikt mit Deutschland, als dass ÖU als direkter Gegenspieler auf dem Balkan erheblich von der deutschen Unterstützung profitierte. Indem Frankreich und Russland Deutschland ausschalten, wird der Weg auf dem Balkan frei.


Ich hätte Willy Zwo nicht erklären mögen das und warum der Schlieffenplan aus politischen Gründen undurchführbar war. Falls er überhaupt geistig in der Lage war, das Problem zu begreifen, ich bin mir bei dem nicht so ganz sicher.

Mir ist nur eine körperliche Behinderung bekannt, nicht aber eine geistige.
Woran machst Du bei ihm die angeblich fehlende Intelligenz fest?
 
Zuletzt bearbeitet:
El Mercenario schrieb:
Warum nicht gleich Moltke überzeugen?

Weil der Kaiser nun einmal, bei sollchen bedeutenden Vorgängen, der Entscheidungsträger gewesen war. Moltkes Aufgabe war es, stark verkürzt und vereinfacht ausgedrückt, die entsprechenden Pläne für den Kriegsfall auszuarbeiten. Der Generalstabschef wurde erst im Kriege zur überragenden Figur.


El Mercenario schrieb:
So wie ich die preußischen Halbgötter einschätze, hätte Lynker dem Kanzler geraten sich um seinen Kram zu kümmern und die Militärplanung den Leuten zu überlassen die was davon verstehen.

Admiral Müller, Chef des Marinekabinetts, hat beispielsweise lange Zeit, ich meine über 2 Jahre, in der Frage des uneingeschränkten U-Bootkrieges mit Bethmann zusammengearbeitet.


El Mercenario schrieb:
Ja, aber du weisst sicherlich wie Willhelm II in Sachen Militär drauf gewesen ist. Ich verweise hier nurmal auf die Zabern-Affaire, wo er sich schlicht geweigert hat, den Standpunkt seines Kanzlers zur Kenntnis zu nehmen, denn schließlich war das eine reine "Militärangelegenheit", wo Zivilisten nicht mit reinzureden haben.

Du kannst doch die Torheiten der Zaberanaffäre nicht mit dem vermeitlichen "Siegesrezept" für den Kriegsfall vergleichen. Das sind doch zwei ganz unterschiedliche, gelagerte Vorgänge.
 
Zuletzt bearbeitet:
...England also hoffen konnte, die Lage würde sich ohne sein Eingreifen bereinigen - etwa durch einen Vergleichsfrieden.
England war mit Sicherheit daran interessiert, die Deutsche Hochseeflotte, die sich ja noch im Aufbau befand, zu beseitigen. Da hätte ein Vergleichsfrieden nicht genügt. Für England war es schon wichtig, in diesen Krieg einzugreifen, um dadurch an einem späteren "Friedensvertrag" mitwirken zu können. Für Großbritannien waren die deutschen Schiffe eine existenzielle Gefahr, die mit der Zeit durch das Flottenwettrüsten auch noch zunahm.
Auch wenn es nur Spekulation ist, aber eine Seeschlacht, wie die vor dem Skagerrak mit annähernd gleichen Kräften hätte den Untergang der Grand Fleet bedeutet. Ich denke mal, das hatten die Briten, mal ganz salopp gesagt, im Urin. Deutschland auf See musste weg. Das hätte eine französische und schon gar keine russische Flotte geschafft. Da musste man also selber rann, bevor der Gegner zu stark werden würde.
 
Welchen Erfolg ein alternativer Offensivplan hätte haben können, ist höchst spekulativ. Sicher ist, dass die Kräfte nicht gereicht haben, den Plan erfolgreich durchzuführen. Von einem schnellen Ende kann m.E. keine Rede sein.
Genauso sicher ist, dass die Kräfte ebensowenig reichten, um den Schlieffenplan durchzuführen. Ein schnelles Ende war also so oder so nicht zu erreichen. Es wäre also angebracht gewesen, den politisch günstigeren Plan auszuwählen, wobei der Knackpunkt ist, welche politschen Ziele man überhaupt verfolgte.

Wie sollte eine Verhandlungslösung zwischen Frankreich und Deutschland ausgesehen haben, wenn Deutschland Russland niedergeworfen haben sollte?
Russland war aber nicht niederzuwerfen, sonst hätte der Generalsstab ja nicht den irrwitzigen Schlieffenplan ausbaldowert. Eine Kriegführung aus der strategischen Defensive hätte natürlich auf Status-quo-Frieden abgezielt.

Wichtig ist aber, dass viele der erforderlichen Maßnahmen nicht diesselbe Intensität aufweisen und somit auch ohne das Parlament hätten durchgeführt werden können.
Das bezweifle ich. Ohne allgemeine Wehrpflicht und massive Umstellung der Wirtschaft auf Rüstung, war 1914 kein Krieg mehr zu gewinnen. Ohne das Parlament konnte Grey höchstens etwas Kosmetik betreiben, aber kaum eine Armee aufstellen, die beim drohenden französischen Zusammenbruch in die Bresche springt.

Dieser Standpunkt ist mir militärisch und diplomatisch sympathischer, aber ich habe meine Zweifel, dass Frankreich zu einem Ausgleichsfrieden bereit gewesen wäre.
Nur war Frankreich alleine zu schwach, um gegen das Deutsche Reich und ÖU Krieg zu führen. Wenn Russland und England auf Verhandlungen drängen, hätte Frankreich wohl keine große Wahl gehabt. Man beachte wie leicht die USA und GB selbst nach dem Sieg Frankreichs Ambitionen auf die Rheingrenze abgebogen haben.

Man kann auch den Standpunkt vertreten, dass Deutschland nach 1870 kontinentaleuropäisch durchaus eine hegemoniale Stellung innehatte, die 1914 quasi in letzter Sekunde gerettet werden sollte, bevor sie durch die Entwicklung der verbündeten Russen und Franzosen verloren geht.
Das ist aber ein Standpunkt, den ich so noch nie gelesen habe. Wieso hatte Bismarck die "le cauchemar des coalitions", wenn er doch Kanzler des europäischen Hegemons war?


Was soll denn die andere Hälfte des deutschen Motivs sein?
Imperialer Machtzuwachs. Die deutsche Weltmachtstellung und die Hegemonialstellung in Europa. Die Ausschaltung Russlands und Frankreichs als Großmächte. Das was Ludendorff und seine Alldeutschen Anhänger in Brest-Litowsk, in Belgien, in Frankreich und an der Kanalküste durchsetzen wollten. Wofür sie bis zum letzten gekämpft haben.

Aus russischer Sicht bestand insofern ein Interesse an einem Konflikt mit Deutschland, als dass ÖU als direkter Gegenspieler auf dem Balkan erheblich von der deutschen Unterstützung profitierte.
Absolut korrekt. Aber warum hat Deuschland sich den Russen auf dem Balkan mit Hilfe ÖUs und der Türkei in den Weg gestellt? Das deutsch-russische Verhältnis war ja erst sehr gut.

Woran machst Du bei ihm die angeblich fehlende Intelligenz fest?
Hauptsächlich an seinen verbalen Ergüssen. Wenn man etwa das Daily-Telgraph-Interview liest, fragt man sich schon, was im Kopfe des Schreibers eigentlich vorgegangen ist. Und Wilhelm hat das ja zugeschickt bekommen, durchgelesen und für gut befunden.

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Weil der Kaiser nun einmal, bei sollchen bedeutenden Vorgängen, der Entscheidungsträger gewesen war. Moltkes Aufgabe war es, stark verkürzt und vereinfacht ausgedrückt, die entsprechenden Pläne für den Kriegsfall auszuarbeiten. Der Generalstabschef wurde erst im Kriege zur überragenden Figur.
Aber der Kaiser hat sich in die Militärplanung konkret weder vor noch während des Krieges eingemischt. Der Schlieffenplan ist einzig und allein auf dem Mist des Generalsstabs gewachsen, niemand hat Wilhelm gefragt, was er davon hält. Ich bezweifle das der Kaiser die Planung für den Ernstfall überhaupt gekannt hat.

Admiral Müller, Chef des Marinekabinetts, hat beispielsweise lange Zeit, ich meine über 2 Jahre, in der Frage des uneingeschränkten U-Bootkrieges mit Bethmann zusammengearbeitet.
Keine Frage. Ludendorff hat auch mit Bethmann zusammengearbeitet, solange der Kanzler wollte, was Ludendorff wollte. Wenn Lynker also ein Gegner des Schlieffenplanes war, dann war er die richtige Ansprechadresse für den Kanzler.

Du kannst doch die Torheiten der Zaberanaffäre nicht mit dem vermeitlichen "Siegesrezept" für den Kriegsfall vergleichen. Das sind doch zwei ganz unterschiedliche, gelagerte Vorgänge.
Wieso? Wilhelm hat die jahrelang mühsam ausgearbeiteten Pläne des Kanzlers (neue Verfassung für Elsaß-Lothringen) zu klump gehauen, weil irgendein bornierter und belangloser Militär ihm was ins Ohr geblasen hat. Die Folgen waren natürlich nicht so verheerend wie im Falle des Schlieffenplans, aber das Prinzip war genau das gleiche.

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England war mit Sicherheit daran interessiert, die Deutsche Hochseeflotte, die sich ja noch im Aufbau befand, zu beseitigen. Da hätte ein Vergleichsfrieden nicht genügt.
Deutschland hätte nach einem teuren und verlustreichen Krieg wohl kaum mehr die Finanzkraft gehabt, das Flottenwettrüsten fortzusetzen. Es hat ja schon vor Kriegsausbruch die nötigen Mittel nicht mehr zusammengekriegt.

Auch wenn es nur Spekulation ist, aber eine Seeschlacht, wie die vor dem Skagerrak mit annähernd gleichen Kräften hätte den Untergang der Grand Fleet bedeutet... Da musste man also selber rann, bevor der Gegner zu stark werden würde.
Nur war schon 1914 klar, dass der Gegner nie zu stark werden würde. Die Doppelbelastung, Landrüstung gegen Russland und Frankreich, Seerüstung gegen England, war nunmal nicht zu stemmen. Deutschland hat beides versucht und ist folgerichtig an beidem gescheitert. Schwerpunktbildung, das A und O jeder Militärstrategie, daran hat es gefehlt.
 
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