Welche Folgen hatte die Reformation?

treppenwitz

Mitglied
Das die eine und einigende Kirche gespalten wurde ist klar: aber welche weitere Folgen hatte die Reformation?

Oder anders gefragt: Welche Ereignisse konnten nur stattfinden weil die Reformation stattfand?
 
Ich denke der Aufstieg Europas hätte sich mindestens verzögert. Als Stichworte nehme ich mal "Protestantisches Arbeitsethos" oder "Individualisierung". Letzteres vielleicht eher indirekt. Ich denke es war kein Zufall, daß die Industrialisierung im anglikanisch bzw. protestantisch geprägten Raum zuerst durchsetzte.

Eine ergänzende Frage hätte ich auch noch. Wäre die Reformation ähnlich erfolgreich gewesen, hätten Erfindung des Buchdrucks und Reformation nicht zeitlich und räumlich eng beieinander gelegen?

Edit: Mercys Beitrag folgend, möchte ich noch gern wissen, ob du nur direkte Folgen oder auch die späteren meinst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das die eine und einigende Kirche gespalten wurde ist klar: aber welche weitere Folgen hatte die Reformation?

Oder anders gefragt: Welche Ereignisse konnten nur stattfinden weil die Reformation stattfand?

Wäre zwar zu verkraften, aber mich gäbe es nicht. Einer meiner Vorfahren war Hugenotte und musste hier her. Delorme hiess der.
 
Vermutlich:
wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern [...] man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss.

Sollte wohl ein Treppenwitz sein.
 
Ich werde hier verwirrt.
Ich habe nur was von 95 Thesen gehört. Da war aber von Reformation keine Rede, als der die Zettel am Tor angenagelt hat.
 
Ohne Luther - kein Bauernaufstand,oder?
...
... denn erst seine Reformation legt den Grundstein für die 12 Thesen, oder?
Ich steh jetzt auf den Schlauch. Welche 12 Thesen?
Vermutlich:
wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern [...] man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss.
Ich werde hier verwirrt.
Ich habe nur was von 95 Thesen gehört. Da war aber von Reformation keine Rede, als der die Zettel am Tor angenagelt hat.

Ich schätze, daß damit die Zwölf Artikel gemeint waren.
Inwieweit diese durch die Reformation eine Art höhere Legitimation erhielten, kann man auf historicum.net: Der "Deutsche Bauernkrieg" - Einführung unter Punkt 2.4. nachlesen.
Wie bspw. Luther darauf reagierte, hat Mercy dankenswerterweise bereits angesprochen :hoch:



Abschließend noch zwei Anmerkungen zur Kirchenspaltung respective Glaubensspaltung und zum Dreißigjährigen Krieg...
Historisch exakt spricht man beim erstgenannten Punkt von Konfessionsbildung oder Konfessionalisierung.
Zum zweiten Punkt ist dabei unbedingt zu sagen, daß die konfessionellen Gegensätze sicher den Dreißigjährigen Krieg in der Form haben verlaufen lassen wie er verlief, die beiden sich gegenüberstehenden Bündnisse der Habsburgischen Koalition und der Antihabsburgischen Koalition jedoch keineswegs alle jeweils konfessionsverwandten Stände und Territorien vereinen noch überhaupt konfessionell homogen waren - die bekannten Beispiele: Kursachsen gehörte zur Habsburgischen Koalition, Frankreich zur Antihabsburgischen Koalition. Zumindest darf ohne besonders gewagte Spekulation o. dgl. getrost davon ausgegangen werden, daß zumindest wegen der Machtgegensätze zwischen Habsburg und Frankreich, zwischen Spanien einerseits und Frankreich, England, Niederlande andererseits sowie zwischen dem Heiligen Römischen Reich einerseits und Dänemark, Schweden andererseits kriegerische Auseinandersetzungen größeren Ausmaßes ehedem ausbrechen würden.

Ich hatte mich in http://www.geschichtsforum.de/334118-post2.html bereits an einem diesbezüglichen Überblick versucht.
 
:yes:Merke: Zettel keine Diskussion an, um dann ins Bett zu gehen:yes:

Ja, ich meinte die 12 Artikel, die doch wesentlich von der Lehre Luthers beeinflußt waren.
 
Diese These [Ich denke es war kein Zufall, daß die Industrialisierung im anglikanisch bzw. protestantisch geprägten Raum zuerst durchsetzte] wurde vor allem von Max Weber vertreten, von anderen Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern aber nicht geteilt.
Mein Vorschlag wäre, ein wenig abzuschichten:

  • Der Begriff "anglikanisch" wird vermutlich nicht benötigt. Der Anglikanismus ist entstanden als ein "Katholizismus in einem Land" (England), der sich dem Papsttum nicht verpflichtet sieht. Gemeint ist vermutlich, wie auch Weber im Askese-Kapitel (Ethik, S. 166) schreibt, "der aus dem Calvinismus hervorgewachsene englische Puritanismus".
  • Kapitalismus und Industrialisierung hängen zwar begrifflich zusammen, wirtschaftsgeschichtlich jedoch weniger: Der "Geist des K." entwickelt sich bereits in der Renaissance und, worauf Weber besonderen Wert legt, in der Reformationszeit des 16. Jh.; die I. beginnt erst im England des ausgehenden 18. Jh., und man darf den Vorsprung des "protestantischen" England z. B. vor dem "katholischen" Frankreich nicht zu hoch veranschlagen.
Als wirtschaftsgeschichtliche Studie, so meint - neben vielen anderen - auch Richard Sennett (Der flexible Mensch, S. 141), steckt Webers Ansatz "voller Irrtümer". Er ist aber wichtig zur Beschreibung eines Charakterbildes und auch der Entwicklung des Glaubens. In Sennetts Worten kreiiert die Reformation - hier am Beispiel Calvins - folgendes Szenario (S. 140), an dessen Ursprung der Sündenfall steht:
Calvin erklärt in der Institutio, nur Gott wisse, ob eine Seele nach dem Tode gerettet und verdammt sei; wir dürften uns keine Vorwegnahme der göttlichen Vorsehung anmaßen. Von ihrer Sündenlast gebeugt, leben die Menschen somit in permanenter Unsicherheit, sie können nicht wissen, ob ihr Leben zu ewiger Höllenqualen führen wird. Dies ist das unglückliche Los der Protestanten, sie müssen sich ihren moralischen Rang verdienen, können aber niemals zuversichtlich sagen: 'Ich bin gut', nicht einmal: 'Ich habe Gutes getan'; einzig die Aussage 'Ich meine es gut' ist erlaubt. Calvins Gott antwortet: 'Mühe dich stärker. Was immer ist, ist nicht genug.'
Das Resultat: Dem Protestanten wird (ebd.)
statt des Balsams der Rituale [samt Ablaßhandel, wie bis dahin in der vorreformatorischen Katholika üblich] eine bittere Medizin angeboten: unbarmherzige, auf die Zukunft ausgerichtete Arbeit. Die eigene Lebensgeschichte mittels harter Arbeit zu organisieren, kann als kleines Licht in der Dunkelheit dienen, ein 'Zeichen der Gnadenwahl', daß man zu den vor der Hölle Geretteten zählen könnte.
Was, so Weber, der Protestant dem Kapitalisten vererbt, ist der Wille (wieder Sennett, S. 140 f.),
als Akt der Selbstdisziplin und Selbstverleugnung lieber zu sparen als zu genießen. Derselbe Übergang gebar eine neue kulturelle Figur: Es ist der getriebene Mensch, der seinen moralischen Wert durch die Arbeit zu beweisen sucht.
 
@ jschmidt
Was die Anglikaner angeht, nimmst du mir das Wort aus dem Mund.
Zu den Puritanern gab es einen Vortrag in der Teleakademie des SWR, der Weber widerspricht. Leider gibt es nur noch ein kleines Relikt im Web. Wenn sich jemand brennend dafür interessiert, gibt es vielleicht noch das Manuskript beim SWR.
SWR Fernsehen Tele-Akademie
 
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