Zitrusfrüchte auf Kreuzzügen

Hesperides

Neues Mitglied
Hallo,
weiß eigentlich jemand was davon, dass bei den Kreuzzügen auch Zitrusfrüchte (z.B. Orangen) mit nach Deutschland oder Italien gebracht wurden, und wenn dann welche???
 
Ob bei den Kreuzzügen - weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall gelangten Zitrusfrüchte und -bäume (sowie andere Obstsorten) über das muslimische Andalusien in den Rest Europas.
Einige Obstbezeichnungen, z.B. Orange, stammen deshalb ursprünglich aus orientalischen Sprachen.
 
Wobei die Orange (naranǧ) für die Araber nur die Bitterorange ist. Die Süßorange wurde erst in der Neuzeit bekannt, die Portugiesen brachten sie aus Ostasien mit, weshalb sie im arabischen Raum burtuqāl, in Griechenland Portokaliá heißt. Für die Niederländer ist es der 'chinesische Apfel' (Sinaasappel), was wir einfach zur Apfelsine umgedreht haben.
Auch die Limone (arab. laimūn) ist über das Arabische vermittelt worden. Um Althebräischen ist die Zitrone im Übrigen Etrog, die Frucht vom Baum der Erkenntnis. Etrog und Lulav (ein Zweigbündel aus Palme etc.) werden beim Laubhüttenfest verwendet, auf einigen Münzen Bar Kokhbas ist der Etrog mit dem Lulav abgebildet.
 
Vielen Dank an alle für die vielen interessanten Antworten!!! Ich versuche meine Frage nochmal etwas genauer zu fassen. An verschiedensten Stellen habe ich schon gelesen, die Kreuzfahrer hätten angeblich Zitrusfrüchte mit zurück nach Europa gebracht (und aus den Kernen möglicherweise Pflanzen gezogen). Wenn man im Google "Kreuzüge" zusammen mit "Zitrone" eingibt kommen etliche Einträge. Z. B. Daten-Blatt
Nur dummerweise werden nie Quellen genannt. Also: Ist das nur ein Gerücht, das sich durch mehrfaches Abschreiben voneinander hält oder ist wirklich was dran? Hat jemand von Euch eine Idee wo man in der Literatur wirklich quellenmäßig fündig werden kann oder gibt es womöglich sogar Bildquellen (Fresken etc.)? Das vierbändige Lexikon von Murray "The Crusades" habe ich schon vergeblich befragt...
:grübel:
 
Vielen Dank an alle für die vielen interessanten Antworten!!! Ich versuche meine Frage nochmal etwas genauer zu fassen. An verschiedensten Stellen habe ich schon gelesen, die Kreuzfahrer hätten angeblich Zitrusfrüchte mit zurück nach Europa gebracht (und aus den Kernen möglicherweise Pflanzen gezogen). Wenn man im Google "Kreuzüge" zusammen mit "Zitrone" eingibt kommen etliche Einträge. Z. B. Daten-Blatt
Nur dummerweise werden nie Quellen genannt. Also: Ist das nur ein Gerücht, das sich durch mehrfaches Abschreiben voneinander hält oder ist wirklich was dran? Hat jemand von Euch eine Idee wo man in der Literatur wirklich quellenmäßig fündig werden kann oder gibt es womöglich sogar Bildquellen (Fresken etc.)? Das vierbändige Lexikon von Murray "The Crusades" habe ich schon vergeblich befragt...
:grübel:

Rund 200 Jahre nach den Kreuzzügen brachte der württ. Graf und spätere Gründer der Uni Tübingen Eberhard im Bart wohl Palmensamen von einer Pilgerfahrt aus Jerusalem mit. Die anscheinend auch "aufgegangen" sind. (wird man wohl im "Stockhafen" je nach Wetterlage rein und rausgetragen haben)

Falls Dir diese Info weiterhilft.


Achso ja, Bildnachweise aus der Zeit im Uracher Schloss die Menge, aber nichts mehr mit Kreuzzügen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank an alle für die vielen interessanten Antworten!!! Ich versuche meine Frage nochmal etwas genauer zu fassen. An verschiedensten Stellen habe ich schon gelesen, die Kreuzfahrer hätten angeblich Zitrusfrüchte mit zurück nach Europa gebracht (und aus den Kernen möglicherweise Pflanzen gezogen). Wenn man im Google "Kreuzüge" zusammen mit "Zitrone" eingibt kommen etliche Einträge. Z. B. Daten-Blatt
Nur dummerweise werden nie Quellen genannt. Also: Ist das nur ein Gerücht, das sich durch mehrfaches Abschreiben voneinander hält oder ist wirklich was dran? Hat jemand von Euch eine Idee wo man in der Literatur wirklich quellenmäßig fündig werden kann oder gibt es womöglich sogar Bildquellen (Fresken etc.)? Das vierbändige Lexikon von Murray "The Crusades" habe ich schon vergeblich befragt...
:grübel:
Ja, ja, die Quellen bei solchen Interneteinträgen. :pfeif:
Einfach so aussäen kann man übrigens Zitronenkerne schon, aber zu fruchttragenden Bäumen kommt man nur durch Veredelung, weil die selbstgezogenen Pflanzen steril sind. Das Einführen von Zitrusfrüchten und -bäumen muß also mit dem nötigen Fachwissen einhergehen. Deshalb halte ich es für wahrscheinlicher (und habe es bisher auch nur so kennengelernt), daß der Weg nach Europa über Andalusien und wahrscheinlich auch Sizilien führte. Dort gab es unter muslimischer Herrschaft eine sehr hochentwickelte Gartenbaukunst und agrarische Wissenschaften. Gerade die andalusischen Gelehrten waren bekannt für ihre hervorragenden Werke zu diesen Themen, und sie haben wohl auch viel Neues hervorgebracht.
Ich kann mal schauen, ob ich in der Encyclopedia of Islam etwas dazu finde (oder in anderen einschlägigen Werken). Das ist dann sicher belastbarer als das, was man im Netz findet.
 
Ohne dem Verfasser der HP zu nahe treten zu wollen: Dass Kolumbus die Zitrone in die USA gebracht haben soll, macht seine Ausführungen nicht gerade glaubwürdiger.
 
Also für die Sache mit Columbus gibt es ausnahmsweise (woanders) mal eine Quelle, die freilich nachzuprüfen wäre:

"Columbus is believed to have brought lime (C. aurantifolia, commonly known as Key limes) seeds from the Canaries to Hispaniola (now Haiti and the Dominican Republic) on his second voyage (1493-1496), planting them at La Isabela, the first Spanish settlement in the New World (Seelig 1977). Historic journals indicate that Columbus also brought seeds of sour oranges (C. aurantium), lemons (C. limon), and citrons (C. medica) on this voyage (Seelig 1966)."
Citrus spp.

Dass Columbus Zitrusfrüchte an Bord hatte wäre auch aus einem anderen Grund denkbar, denn sie lösten das leidige Problem mit der Skorbut auf langen Schiffsreisen.

Was im übrigen die Aussaat und das Fruchten anlangt scheint das so zu sein, dass das schon funktioniert, dauert bei Wildkeimlingen anscheinend nur länger und produziert nicht die heute meist gewohnte Qualität an Früchten, weshalb man eben veredelt.
Citrus - Anzucht aus Samen

Die Herren Kreuzritter hätten theoretisch also schon ein "grünes Andenken" von ihrem Ausflug in das Gelobte Land mit nach Hause bringen können - wenn nur eben die leidige Quellenfrage nicht wäre...
:weinen:
 
Also für die Sache mit Columbus gibt es ausnahmsweise (woanders) mal eine Quelle, die freilich nachzuprüfen wäre:

"Columbus is believed to have brought lime (C. aurantifolia, commonly known as Key limes) seeds from the Canaries to Hispaniola (now Haiti and the Dominican Republic) on his second voyage (1493-1496), planting them at La Isabela, the first Spanish settlement in the New World (Seelig 1977). Historic journals indicate that Columbus also brought seeds of sour oranges (C. aurantium), lemons (C. limon), and citrons (C. medica) on this voyage (Seelig 1966)."
Citrus spp.

Dass Columbus Zitrusfrüchte an Bord hatte wäre auch aus einem anderen Grund denkbar, denn sie lösten das leidige Problem mit der Skorbut auf langen Schiffsreisen.

Was im übrigen die Aussaat und das Fruchten anlangt scheint das so zu sein, dass das schon funktioniert, dauert bei Wildkeimlingen anscheinend nur länger und produziert nicht die heute meist gewohnte Qualität an Früchten, weshalb man eben veredelt.
Citrus - Anzucht aus Samen

Die Herren Kreuzritter hätten theoretisch also schon ein "grünes Andenken" von ihrem Ausflug in das Gelobte Land mit nach Hause bringen können - wenn nur eben die leidige Quellenfrage nicht wäre...
:weinen:


Warum sollen Kreuzritter nicht ein paar Samen mit nach Hause genommen haben? siehe dem bärtigen Eberhard.

Aber Spanien, und kürzer, auch Teile Süditaliens und Siziliens waren doch recht lange unter Muslimischer Herrschaft. Da liegt die Einführung in dieser Zeit auf dieser Schiene doch näher, und würde ich für wahrscheinlicher halten.

In Italien ist doch bis heute so bei Terracina (wo der schlimme Karl den Konradin erwischt hat) Schluss mit Südfrüchten, wird es ja auch damals nördlicher nicht viel Sinn gemacht haben.
 
Zitrusfrüchte waren jedoch schon lange vor den Kreuzzügen in Europa bekannt.
Karl der Große empfiehlt in seiner Landgüterordnung Capitulare de villisden Anbau von Pomeranzen.
Folglich wurden schon im 9. Jahrhundert Pomeranzenbäume zumindest in den mediterraneren Gegenden des Frankenreiches angebaut.:pfeif:
 
Zitrusfrüchte waren jedoch schon lange vor den Kreuzzügen in Europa bekannt.
Karl der Große empfiehlt in seiner Landgüterordnung Capitulare de villisden Anbau von Pomeranzen.
Folglich wurden schon im 9. Jahrhundert Pomeranzenbäume zumindest in den mediterraneren Gegenden des Frankenreiches angebaut.:pfeif:

Ich nehme mal aufgrund der Auswahl des Smilies an, dass Du weißt, dass der pomario der Apfelbaum ist.
 
Leider überschätzt du mich da.
Danke für den Hinweis. Mein Stowasser meint zwar Pomarius heißte Obsthändler oder Obstgarten, aber wenigstens sind bei mir nun alle Klarheiten beseitigen. (Aber im 9. Jahrhundert ist der Stowasser ohnehin veraltet.)
Vielleicht ist die Alitteration pomarios... pirarios... prunarios... der wahre Grund der Wortwahl.:D
 
Leider überschätzt du mich da.
Danke für den Hinweis. Mein Stowasser meint zwar Pomarius heißte Obsthändler oder Obstgarten, aber wenigstens sind bei mir nun alle Klarheiten beseitigen. (Aber im 9. Jahrhundert ist der Stowasser ohnehin veraltet.)
Vielleicht ist die Alitteration pomarios... pirarios... prunarios... der wahre Grund der Wortwahl.:D

Hier ist in der Tat schon das Romanische bzw. Französische durchscheinend. Pommier ist der Apfelbaum im modernen Französisch. Ursprünglich war Pomus nur die 'Baumfrucht', der Apfel hieß im klass. Latein malus.
 
Also vielleicht noch mal kurz zum Thema "Andalusien-Connection": Freilich hat es Zitrus schon weit vor den Kreuzzügen in (Süd-)Europa gegeben, nämlich schon zu römischen Zeiten (aber nur bestimmte Arten). Die Araber haben diese Kulturen im Kontext mit den verbesserten Bewässerungstechniken die sie mitgebracht haben "wiederbelebt":

"The orange, like the noria, is associated in popular or semilearned history with the Arabs, to whom its importation to the West from India in the tenth century was almost universally ascribed by historians of the nineteenth century and before. Like so many other elements of Islamic horticulture, it was present in Roman times, in Italy as early as the first century A.D. Citriculture was revived by the Arabs, and under their rule it spread from Persia to Spain. (It should be pointed out that, according to ibn Khaldûn the fourteenth-century Arab historian, oranges were considered inedible and were planted only for appearance.) The Patio de los Naranjos of the Córdoba mosque remains a symbol of Islamic devotion to the orange. Al-Shakund, a thirteenth-century Andalusí, wrote in his famous Risâla that "most of the houses of Seville, not to say all, were abundantly planted with fruit trees, such as the orange, the lemon, the lime, and the citron."
Chapter 9: Irrigation and Society in Medieval Valencia

Es scheint nur so zu sein, dass bis zur Reconquista diese Zitruskultur von Andalusien aus in nördlicheren Gefilden in größerem Maße keine Bekanntheit und Verbreitung gefunden hat. Zumindest gibt es dafür keine Nachweise.

Anders dagegen über den Levantehandel, der über Venedig nach Mitteleuropa ging. Hier wurden spätestens ab dem 14. Jahrhundert angeblich neben Gewürzen etc. auch Südfrüchte wie Zitrus gehandelt. Dazu folgender schlauer Text:
"Die Kreuzfahrerstaaten bildeten im Vergleich dazu [gemeint ist im Vergleich zu Spanien und Sizilien] – wenn man von kärglichen Resten des Königreichs Jerusalem und der Hafenstadt Akkon als letztem Stützpunkt absieht – nur eine kurze Episode. Aber gerade dort hatten Adelige und Kaufleute aus Mitteleuropa Gelegenheit, mit der reichen Kultur islamischer Staaten in unmittelbaren Kontakt zu treten und selbst Herrschaft über arabische bzw. türkische Bevölkerung auszuüben. Die Vielfalt dessen, das auf dem Gebiet von Ackerbau und Gartenkultur, an Nahrungs- und Genussmitteln, an Gewürzen, an feinen Stoffen, erlesenen Waffen und Luxusartikeln aber auch an Handelsbeziehungen aus dem Orient übernommen wurde, ist kaum vollständig nachzuzeichnen. Bis heute erinnern daran eine Fülle von Lehnworten aus dem Arabischen. Die Kreuzfahrer und Händler aus Europa erwiesen sich als gelehrige Schüler der orientalischen Kultur. Die Kreuzzüge brachten nicht nur blutige Gemetzel, Zerstörung und Not, sondern auch einen enormen kulturellen Aufschwung für das christliche Europa. Den Fernhandel, den bis dahin jüdische Kaufleute beherrscht hatten, übernahmen nun die Mitteleuropäer selbst, während die Juden auf das lukrative Geldgeschäft auswichen."
Index of /ger/samson/rvws2002-03dopsch2002.doc

Mit anderen Worten der Handel u. a. mit Zitrus ausgerechnet von dort aus wo die Kreuzfahrer kurz vorher waren... was uns wieder zum Quellenproblem mit den Kreuzzügen zurück führt.
:weinen:
 
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