Wer erfand die Keilspalttechnik?

Gegenkaiser

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An die Experten: Wer erfand die Keilspalttechnik?

Es gibt ja bekanntlich drei Verfahren, um einen Baustein im Steinbruch vom anstehenden Fels abzulösen:

- Steinhammerklopftechnik: Hauptmethode im alten Ägypten, nachweisbar vor allem in den berühmten Granitsteinbrüchen von Assuan (Stichwort: Dolerithämmer)
- Steinsägen: auch schon im pharaonischen Steinbrüchen angewendet; seit der Spätantike auch wassergetriebene Sägemühlen für Marmor (Ausonius)
- Keilspalttechnik: bei Griechen und Römern üblich und wohl mit Abstand die effizienteste Abbaumethode, was den Zeitaufwand und den Arbeitseinsatz anbelangt

Meine Frage lautet: War letztere Technik bereits vorgriechischen Kulturen bekannt?
 
An die Experten: Wer erfand die Keilspalttechnik?


Meine Frage lautet: War letztere Technik bereits vorgriechischen Kulturen bekannt?

Wenn man den Faustkeil als Erstling der Stein-Werkzeugnutzung betrachtet ,
dann wurden Keiltechniken so früh bekannt , das man wohl keinen
exakten Ursprung festmachen kann.

Ich hätte aber eine ergänzende Frage :

Ist etwas über Steinabbau mittels Ausdehnungstechniken bekannt ?
Also Wassser einbringen in Spalten /Löcher und erhitzen bzw.
Eisbildung ausnutzen ?
 
Die Technik ergab sich doch von selbst.
Wer seine Augen aufmachte und nachdenkt, kommt alleine vom gefrohrenen Wasser zum Keil oder eben die Krafteinwirkung von aussen.
 
Die Technik, bei der der Stein mittels nasser, sich ausdehnender Holzkeile vom anstehenden Stein abgesprengt wird, nennt man Keilspalttechnik. Der manuelle, muskelkraftbetriebene Abschlag mittels Stein-, Kupfer-, Bronze-, Eisenwerkzeugen usw. dagegen fällt wohl unter die Klopftechniken.

Die Ägypter, die unbestrittenen Großmeister der Steinverarbeitung, scheinen die Keilspalttechnik nicht gekannt zu haben. Dafür sprechen Untersuchungen in den Assuan-Steinbrüchen, in denen sämtliche Keilspaltspuren auf die hellenistische und römische Zeit datiert wurden. (Quellen: Klemm, R. & Klemm, D.D. - Steine und Steinbrüche im Alten Ägypten, Heidelberg 1992, S. 320-324; Ägypten. Land der Pharaonen, Könemann Verlag, S.413)

Wer hat also die Keilspalttechnik erfunden?
 
Um die Diskussion wiederzubeleben (und einer Antwort zuzuführen!) stelle ich drei kurze Überblicke über die altägyptischen Steinbruchtechniken zusammen. Die ersten beiden gehen davon aus, dass den ägyptischen Steinmetzen die Keilspalttechnik (und sogar das Steinsägen) bekannt war, aber die dritte meldet Zweifel an diesem Befund an.

Wer hat denn nun Recht und was sagen anderen Autoren über dieses Thema?

Colin O’Connor: Roman Bridges, 1993, S. 51

Building stone was quarried as early as 2800 BC (Singer et al., 1954-84, vol. 1: 569). The Egyptians successfully quarried not only soft rocks like limestone, but also harder materials like sandstone, serpentine, basalt and granite (Forbes, 1965, vol. 7: 163, 168-71), using only wood, stone and bronze tools. An unused but completely quarried obelisk at Aswan, 42 m long, and other similar stones, have provided evidence of their methods. The upper horizontal face was initially formed by pounding with balls of dolerite. The same technique was then used to cut trenches 1 m wide and 2.75 m deep around the obelisk, forming it to its correct shape on all but the bottom face. It was then split off the parent rock, using pounders to cut horizontal holes for wedges around the base. The wedges were either of wood between plates of metal, expanded by wetting, or metal between flat metal plates. The Egyptians were also able to saw limestones using copper blades fed with sand or set with emery teeth. This technology was passed on to the Greeks and then to the Romans.
Der Neue Pauly - Marmor

Die Technik des M.-Abbaus durchlief verschiedene Stadien [32. 47-72]. In Ägypten wurden etwa seit 3000 v.Chr. die weicheren Sand- und Kalksteine erstmalig durch Schrotgräben vom übrigen Gestein getrennt und durch Keilspaltung vom Untergrund gelöst (oft Holzkeile; die frühen Kupferkeile wurden später durch solche aus Bronze, dann aus Eisen ersetzt; zugleich wurde die Spalttechnik durch differenziertere Spurenfolge der Keillöcher weiterentwickelt); die extremen Hartgesteine wie Granit hat man wohl mit Hilfe scharfkantiger Steinhämmer aus Dolorit durch das Ausschlagen etwa mannsbreiter Spurrillen extrahiert. Nach der Einführung von Eisenkeilen im 1. Jt.v.Chr. setzte sich die Keillochspaltung mehr und mehr durch (in griech. M.-Brüchen seit der Zeit um 600 v.Chr., in den äg. Hartgesteinbrüchen spätestens seit Beginn der Prinzipatszeit). In der Spätant. geschah der Abbau gelegentlich auch durch Sägen [44. 31].
Klemm, R. & Klemm, D.D. - Steine und Steinbrüche im Alten Ägypten, Heidelberg 1992, S. 320-324

Erstaunlicherweise wurden trotz der einfachen Zugänglichkeit des Aswaner Granitgebietes bisher nur relativ wenig detaillierte Untersuchungen über die Abbautechniken in diesem Gebiet und ihre Entwicklung während der Antike angestellt. Als erster hat De Roziere (1809) die römischen Spaltspuren im Aswangebiet erkannt und als solche auch richtig eingeordnet. Auf ihn beziehen sich wohl auch die meisten späteren Darstellungen der altägyptischen Steinbearbeitung, die häufig mit abwegigen Deutungsversuchen angereichert wurden. Eine erste Karte des Steinbruchgebietes von Aswan wurde von De Morgan et al. (1894b) publiziert. Allerdings hält De Morgan die von ihm beschriebenen römischen Abbauspuren der mittleren Kaiserzeit für altägyptisch. Auch Platt (1909) hält die Erfindung des Keilspaltverfahrens für altägyptisch, stellt dagegen richtig fest, daß die heute im Aswaner Granitgebiet überall deutlich sichtbaren Keilspaltspuren römisch seien. Erst durch die grundlegenden Arbeiten von Engelbach (1922), der den unvollendeten Obelisken hat freilegen lassen, wurden die entscheidenden Dokumente zum Studium der altägyptischen Steinhammerklopftechnik in einem besonders schönen und bis ins Detail nachvollziehbaren Beispiel erkennund deutbar. Allerdings hat Engelbach die massenhaften Spuren anderer Abbautechniken, vorwiegend der ptolemäischen und vor allem der römischen Keilspaltverfahren in der unmittelbaren Umgebung des unvollendeten Obelisken weniger beachtet.

Die beste und in ihren wesentlichen Abschnitten heute noch zutreffendste Dokumentation und Aufklärung der verschiedenen historischen Bearbeitungsspuren im Aswaner Granitgebiet stammt von Röder (1965). Dieser Forscher hat nicht nur im Aswaner Granitgebiet die dort vorhandenen antiken Bearbeitungsspuren eingehend untersucht, sondern darüber hinaus auch Untersuchungen in den ausschließlich römischen Steinbruchgebieten des Mons Claudianus, des Mons Porphyrites (Gebel Dokhan) und im Wadi Hamma- mat im Gebiet der dortigen Grauwacken (»bekhen-Stein") angestellt. Dadurch konnte er gut datierbare Bearbeitungsspuren aus dem Gebiet der Ostwüste insbesondere vom Mons Claudianus im Vergleich mit Aswaner Abbaubeispielen in einer zeitlichen Abfolge erkennen und somit, jedenfalls für die römische Kaiserzeit, eine Datierungsgrundlage festlegen.

Allerdings kann die von Röder festgestellte zeitliche Abfolge der Keilspalten nicht unwi- dersprochen hingenommen werden. Es stellte sich vielmehr heraus, daß sämtliche römischen Keilspaltungstechniken, nachdem sie einmal entwickelt waren, auch später immer wieder parallel verwendet wurden, wobei sich die Wahl des jeweiligen Keilspaltungsverfahrens nach dem in Aussicht genommenen Werkstück richtete. Dies gilt gleichermaßen für Steinbrüche in den übrigen römischen Provinzen (Ward-Perkins 1971 u. 1973). Ohne Zweifel hat auch Röder die altägyptische Steinhammerklopftechnik richtig gesehen und technisch richtig erläutert.
Leider drücken sich Klemm & Klemm nicht mit absoluter Klarheit aus, aber so wie ich es lese, argumentieren sie dafür, dass die bislang als altägyptisch gedeuteten Spuren der Keilspalttechnik in pharaonischen Steinbrüchen in Wirklichkeit erst aus der hellenistischen und römischen Epoche stammen. Kurz gesagt:

Ägypter: Steinklopftechnik
Griechen und Römer: Keilspalttechnik

Ist das so?
 
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