Die Schlacht von Las Navas de Tolosa - Anfang vom Ende Al-Andalus'

Leider gibt es diese Tendenz teilweise auch in der Fachliteratur (siehe Heeresstärke Alexanders der Großen), wenn natürlich auch nicht so stark wie bei Wikipedia.

Schon im Delbrück ist analysiert worden , welche Nacherzähler-Fantasien
immer wieder angestrengt wurden , was die Truppenstärken betrifft.
Sehr schön widerlegt er die Überhöhungen an Hand der möglichen
Entsendungsstärken aus den Lehensgebieten und von jeweiligen Verbündeten.
Mittelalterliche Fürstenheere kamen selten über 20.000 Mann.

Warum sollten es während der reconquista anders gewesen sein ?
 
Diese Zahlen sind unter Garantie falsch. ... Es würde mich nicht wundern, wenn man bei beiden Zahlen jeweils eine Null zu streichen hätte.
Mindestens genauso ärgerlich sind bei Schlacht bei Las Navas de Tolosa ? Wikipedia die Abweichungen zwischen Text und Info-Kasten und der fast völlige Verzicht auf Literaturnachweise.

Auch neueste Literatur, z. B. The Battles That Changed History - Google Buchsuche (2000!), bietet keine seriöseren Zahlen, die über "es waren viele" hinausgehen - man weiss einfach nicht mehr. In der älteren finden man immerhin die einzelnen Varianten nebeneinander gestellt, z. B. bei Aschbach (Geschichte Spaniens und Portugals ..., Teil 2, S. 326) und Hurter (Geschichte Papst Innocenz des Dritten ..., Bd. 2, S. 412). Das Minimum bei Verluste der "Saracenen" wird mit 60.000 angegeben, das Maximum mit 500.000; ein hoher fünfstelliger Verlust ist aber durchaus möglich, denn auch die Angaben auf arabischer Seite werden als sehr hoch bezeichnet. Als gesichert ist anzusehen, dass der überwiegende Teil dieser Verluste nach der Schlacht eintrat, nachdem sich ein großer Teil bereits ergeben hatte bzw. auf wilder Flucht befand.
 
Bei Ambrosio Huici Miranda, spanischer Historiker und Orientalist, der viele der arabischen Quellen in seiner Reihe Crónicas Árabes de la Reconquista der spanischen Welt zugänglich gemacht hat, schreibt in einem Beitrag über die Schlacht von Las Navas de Tolosa über die Menge nur, dass nach Jiménez de Rada 60.000 Lastesel mit Zelten und Versorgungsgütern das christliche Heer begleiteten und, dass trotz der Einnahme von einigen Burgen das christliche Heer aufgrund von Versorgungsengpässen Hunger litt. De Alarcos a las Navas de Tolosa im Sammelband Las grandes batallas de la Reconquista durante als invasiones africanas. Madrid 1956.
 
vielleicht sollten wir in der Wiki einfach Fragezeichen einfügen.... :devil: Dann gibt es sicher einen Sturm der Entrüstung...:D
Das Google-Buch von jschmidt habe ich auch schon durchgesehen.
Niente, Nada, nichts genaues weiß man nicht. Aber die Lastesel-Angabe ist interessant. Fragt sich nur, wieviele Lastesel pro Soldat zu rechnen ist.
 
Aber die Lastesel-Angabe ist interessant. Fragt sich nur, wieviele Lastesel pro Soldat zu rechnen ist.

Ich hatte da mal eine Quelle, allerdings 130 Jahre früher, die ich zur Datierung eines Ereignisses brauchte. Alfons VI. gibt darin einem Kloster das Privileg, den fonsado (von lat. fossa, 'Graben', also ursprünglich die Heranziehung zu Schanzarbeiten, hat sich aber zu Kriegsdienst/Steuer weiterentwickelt) nicht mehr leisten zu müssen. Der bestand für das Kloster darin, im Kriegsfall eine bestimmte Menge an Eseln und Eselführern (also Nichtkombattanten) zur Verfügung zu stellen. Vielleicht kann ich in diesem Diplom eine Angabe finden.
 
Nichts Neues an der Zahlenfront, aber noch ein paar interessante Seiten:

Für die Almohaden unter uns: Es gibt sowohl Brett- wie Computerspiele zur Schlacht, wo man es nochmal versuchen kann - Corrigez la fortune!

*Dort manchmal Schlacht von Alacaub genannt (vgl. Conde, History of the dominion of the arabs in Spain, Bd. 3, S. 71 ff.).
 
Ich habe gestern mal versucht, Quellen zur Schlacht querzulesen. Aber außer Jiménez de Rada war ich nicht erfolgreich, da ich mir aus den arabischen Quellen die entsprechenden Stellen nicht mitkopiert habe.
Die anonyme al-Ḥulāl al-Mawšiyya habe ich mir bis S. 161kopiert, die enstprechende Stelle fände ich auf den Seuten 190 ff. :motz: Bei einer anderen Quelle ist es noch schlimmer: Hier habe ich nur ein Kapitel und das Inhaltsverzeichnis, weiß aber nicht einmal, um welche Quelle es sich handelt. Ich weiß nur, dass die Ereignisse des Feldzuges ca. 10 Seiten einnehmen. Vermutlich handelt es sich um al-Bayān al-Mughrib von Ibn 'Idārī al-Marrākušī.

Also, wer Spanisch kann, Interesse und vereinfachten Zugang zu diesen Übersetzungen hat (Herausgeber Ambrosio Huici Miranda), kann ja auf Basis dieser Infos schon mal versuchen näheres herauszufinden.
 
Nach der Lektüre des Rodrigo Jiménez de Rada hatten die Christen in Las Navas de Tolosa nur 25 Mann Verlust, die Mauren aber um die 200.000 Mann (der Toledaner Erzbischof spricht hier explizit von Schätzungen). Er behauptet auch, dass die Christen nach der Eroberung des feindlichen Feldlagers kein Feuerholz hätten zu sammeln brauchen, weil sie die Pfeile und Speere der Gegner dafür verwendeten, deren Hälfte sie nicht gebraucht hätten, als sie am dritten Tag der Schlacht ausrückten.

Leider gibt Jiménez de Rada keine Gesamtangaben der Heere preis sondern zählt nur die Reiter (Almohaden 80.000). Das Fußvolk fällt unter ferner liefen. Die einzige halbwegs verlässliche Zahlenangabe ist die, dass nach der Eroberung Calatravas, als die Mehrheit der Ultramontanen, also derjenigen Kämpfer, die nicht von der iberischen Halbisnsel stammten, sich zurückzog (nach Angabe des Herausgebers der spanischen Übersetzung war ein Streit, wie mit Kriegsgefangenen zu verfahren sei - die Franzosen waren für Enthauptung, die Spanier für Schonung - die Ursache dieses Rückzugs). Danach seien noch 130 Reiter und einige Fußsoldaten vor allem aus Südfrankreich beim Heer geblieben. Er weist aber immer wieder auf die Versorgungsprobleme des Heeres in, die auch mit der erfolgreichen Eroberungen von Burgen nicht wirklich gelöst werden.
 
Unter den Ultramontanen, die Rodrigo nennt, tauchen meist nur Franzosen auf, unter ferner liefen erwähnt er auch mal Italiener. Dass es sich aber um einen europaweiten Kreuzzug handelt, mag man daran erkennen, dass nach der Rückkehr von der Eroberung der Städte Baeza (Bewohner geflohen) und Úbeda (nach Übergabeverhandlungen) und einiger Burgen der Umgebung von Las Navas de Tolosa und der genannten Städte, die sich zurückziehenden Heere bei Calatrava auf den Grafen von Österreich stoßen, den Rodrigo aber nicht näher benennt. Ihm zufolge sei er mit Pedro von Aragón verschwägert gewesen und mit diesem zurück nach Aragón gezogen. Es müsste sich hierbei um Leopold VI. den Glorreichen handeln (der spanische Herausgeber löst das nicht auf), der auf dem Albingenserkreuzzug war. (Ich hoffe, dass Joinville hierbei behilflich sein kannn). Das Kurisose ist, das Pedro ein Jahr später, 1213 auf Seiten der Albingenser gegen die Kreuzfahrer in der Schlacht von Muret fiel.
 
Lieber zu spät als nie...:schau:

Es müsste sich hierbei um Leopold VI. den Glorreichen handeln (der spanische Herausgeber löst das nicht auf), der auf dem Albingenserkreuzzug war. (Ich hoffe, dass Joinville hierbei behilflich sein kannn).

Herzog Leopold VI. von Österreich hatte 1210 das Kreuz zum Albigenserkreuzzug genommen, sich zunächst aber erst auf die Ketzerbekämpfung im eigenen Land konzentriert. 1212 erschien er schließlich im Languedoc, allerdings zu einer Phase des Kreuzzuges, in der kaum nennenswerte Kampfhandlungen stattfanden. Da habe er sich spontan entschlossen über die Pyrenäen zu ziehen, nachdem er vom Kreuzzug der iberischen Könige gegen die Almohaden erfuhr. Das Pech verfolgte ihn aber auch hier, da er es nicht mehr rechtzeitig zur großen Schlacht von Las Navas de Tolosa schaffte. Er schloss sich aber dem Gefolge Pedros II. von Aragón an, dessen Schwester mit König Friedrich II. dem Staufer verheiratet war, und beteiligte sich an der Eroberung von Calatrava.

Später nahm Leopold VI. ja auch am Kreuzzug von Damiette (bzw. den Fünften, 1218) teil.

Leider habe ich keine Primärquellen dazu gefunden, sondern nur Sekundäres.

(1) Christopher Tyerman: God’s War (London, 2007)
(2) Heinz Dopsch, Karl Brunner, Maximilian Weltin: Länder und das Reich, In: Österreichische Geschichte 1122-1278 (Wien, 2003)
 
Joinville schrieb:
Leider habe ich keine Primärquellen dazu gefunden, sondern nur Sekundäres.

Bezüglich einer Primärquelle zur Anwesenheit Leopolds VI. von Österreich in Spanien 1212 war ich übrigens fündig geworden. [Ist schon länger her] Einer seiner Ritter hatte dem Autor der Continuatio Lambacensis die Abschrift eines Briefes des Almohadenkönigs an Peter II. von Aragón zukommen lassen, indem der Maure seine Kriegsentschlossenheit gegen die Christen kund getan hatte. MGH SS9, S. 557f.
 
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