Hallstatt = Kelten?

Skald

Mitglied
Hallo,

Ich habe gerade eine ziemlich dämliche Frage, auf die ich spontan keine Antwort finde. Woher wissen wir, dass die Leute in der Hallstattzeit in Süddeutschland Kelten waren? Haben wir sprachliche Hinweise?

Besten Gruß,

Skald
 
Nein, das wissen wir nicht. Ich z.B. halte die Hallstatt nicht für keltisch, wenn auch ohne weiteres für nahe verwandt.
 
So weit ich weiss nein.

Wir haben aber eine direkte materielle Kontinuität zur Frühlaténe.Zumindest der Westhallstattkreis ist also eigentlich recht sicher frühkeltisch oder protokeltisch...

der osthallstattkreis wurde früher oft als möglicherweise illyrisch eingeschätzt, ich weiss aber nicht wie aktuell das ist.

IIRC gibt es da aber neue Funde die gerade in Deutschland sogar eine Kontinuität von der Urnenfelderkultur zur Laténe als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen... das hab ích sogar hier am Board in einem Thread gelesen... ich bin mir sicher die Kollegen aus der Archäologie werden uns da weiterhelfen können.
 
Um es vielleicht genauer auszudrücken, seit der Gründung von Massilia war den Griechen das Hinterland bekannt. Die Bevölkerung die hinter den Ligurern saß waren Kelten. Zu dieser Zeit waren weite Teile Frankreichs und Deutschlands Teil der Hallstatt, daher setzt man beide gleich. Wenn ich also meine, die Hallstatt-Leute waren keine Kelten, so steht das in gewisser Weise im Gegensatz zu den Quellen. Ich trenne Hallstatt-Leute und LaTene-Leute und nutze den Keltenbegriff nur für letztere. Aus gleichem Grund könnte ich also auch deine Frage bejaen und Hallstatt und Kelten gleichsetzen und dann für die LaTene-Gruppen ein Keltentum verneinen.
 
Gerade West- und Osthallstatt lassen das Keltentum für die Hallstatt halt zweifelhaft werden. Eine gewisse Kontinuität von der Urnenfelder- bis zur LaTene-Zeit sehe ich auch, da stimme ich völlig überein, aber eine gewisse Kontinuität gibt es auch zwischen Germanen und Deutschen ohne das wir heute noch Germanen sind oder noch deutlicher, eine gewisse Kontinuität gibt es auch vom Römischen Reich bis zur BRD (siehe römisches Rechtssystem) und dennoch sind wir keine Römer.
Der Grund der mir zu denken gibt, ist das Auftreten der frühesten LaTene gerade in Gebieten, die eher am Rand oder sogar außerhalb der Hallstatt liegen, z.B. Hunsrück-Eifel
 
Unbestritten wird von der Geschichtswissenschaft die La-Tène-Zeit mit den Kelten in Verbindung gebracht. Aber was ist mit der davorliegenden Hallstattzeit?

Da gehen die Meinungen schon auseinander. Vielfach spricht man von "Kelten" bereits ab 800 v. Chr. (Hallstatt C). Immerhin siedelten sie unbestritten bereits um 650 v. Chr. (Hallstatt D) in einem Raum, der von Ostfrankreich bis Süddeutschland reichte. Es ist also mehr als wahrscheinlich, dass sie dort auch schon in Hallstatt C um 800 v. Chr. saßen.

Anders sieht das freilich bei der vorangehenden Urnenfelderkultur aus. Hier halte ich es für verfehlt, für den ostfranzösisch-süddeutschen Raum bereits von "Kelten" zu sprechen, obwohl selbst das zuweilen geschieht. Manche sprechen dabei von "Proto-Kelten", die es ja gegeben haben mag - doch grenzt deren Verortung zur Urnenfelderzeit an Kaffeesatzleserei.

Im übrigen unterscheiden wir bekanntlich zwischen einem Westhallstattkreis, der Ostfrankreich, Süddeutschland, das Mittelrheingebiet, Böhmen und Oberösterreich umfasst, und einem Osthallstattkreis, der sich über Niederösterreich, Mähren, Slowenien, Kroatien und Teile Ungarns erstreckt.

Während man den Westkreis gern den Kelten und uns heute unbekannten Volksgruppen zuschreibt, wurde der Osthallstattkreis früher gern den Illyrern zugerechnet. Das ist in der Forschung nicht ohne Widerspruch geblieben, sodass die Identität "Osthallstatt = Illyrer" vielfach heute bestritten oder zumindest differenzierter gesehen wird.
 
Begriff ist schwierig zu definieren

Ein altes Problem.
Meiner Ansicht nach leidet es aber vor allem unter einer unterschiedlichen Definition dessen, was jeweils mit „Kelten“ oder „keltisch“ gemeint ist.
Deshalb auch die unterschiedlichen Meinungen und anhaltenden Diskussionen.

Alles folgende ist meine Ansicht, im Fach herrschen, wie gesagt, höchst unterschiedliche Auffassungen...

A) Den Begriff „keltisch“ (oder römisch, germanisch etc...) analog zu den heute gebräuchlichen Begriffen deutsch, italienisch etc. zu verstehen, wäre nicht richtig. Das Problem ist, dass wir heute gewohnt sind, bestimmte kulturelle Gemeinsamkeiten (Sprache etc.) als Merkmale einer Nation zu sehen. Verstärkt wurde dies in der Zeit der Gründung der europäischen Nationalstaaten Mitte 19.Jh., in der gleichzeitig, quasi als Legitimation der herrschenden Gebietsverteilung seine jeweiligen „Wurzeln“ bis in die Vorgeschichte projiziert wurden. Deshalb die Geschichten von Vercingetorix als Franzosen, Arminius als Deutschen und Arthur/Artus als Brite. (Alles drei übrigens latinisierte Namen.....)

B) Die Aufteilung der europäischen Sprachen, ebenfalls Mitte des 19.Jh. brachte die Sprachhauptgruppen Latein, Germanisch und eben Keltisch für Westeuropa. Hier ist „Keltisch“ letztlich nur ein Hilfsbegriff der Sprachwissenschaft für die weder als Lateinisch oder Germanisch zu definierenden Sprachen Nordwesteuropas wie z.b. Bretonisch, Manx, Gälisch (Das „inselkeltische“ eben).
Über die eisenzeitliche keltische Sprache wissen wir nichts. Ein paar Namen und Ortsbezeichnungen vielleicht, aber das war´s auch schon.

C) Genealogische/biologische Betrachtungen sind Unsinn. Einfach deswegen weil schlicht kein Zusammenhang zwischen der DNS und der Kultur besteht.....

D) Der historische Begriff. Nun, da wäre die Entscheidung schnell getroffen. Als „celtoi“ taucht der Begriff erst um 500 v.Chr. auf, eben im Zusammenhang mit den Nachbarn Massilias.
Da er vorher nicht erwähnt wird, kann man/frau eben fordern, dass er eben erst auch ab 500 verwandt wird.

E) Der archäologische Begriff. Dass eindeutig eine Kulturkontinuität vorliegt, zeigt am besten das Gräberfeld von Hallstatt selbst. Da geht die Datierung von Hallstatt B bis La-Téne A.
Dies wird auch von anderen Gräberfeldern im Süddeutschen Sprachraum bestätigt.
Bestimmte Form- oder vor allem Schmuck- und Verzierungselemente leiten ohne Unterbrechung von Hallstatt B zu Hallstatt C und von Hallstatt D zu LT A über.
Da auch dieselben Gräberfelder weiter genutzt werden und dort die jeweiligen Gräber in ihrer Lage aufeinander Rücksicht nehmen, fand auch kein Bevölkerungsaustausch statt.

Wenn man also LT A (ca. 500 v.Chr.) als „keltisch“ bezeichnet spricht im archäologischen Sinne nichts gegen Bezeichnung „keltisch“ für die Zeit von HA B –LT D.

Kurz: Archäologisch kann man die Hallstattzeit durchaus keltisch nennen. Über alles andere kann man trefflich streiten.

Wobei ich mich persönlich schon schwer tue, mit den anderen keltischen Begriffen A-C zurecht zu kommen. Sie sind nicht definiert, sie stammen aus dem 19.Jh., sind Hilfsbegriffe oder gar national angehaucht.
Mir erscheinen die Begriffe D und E die vernünftigsten. Deshalb gehe ich für mich wirklich vom Begriff "Keltisch" für die Hallstattzeit aus.

Eines vielleicht noch zum Schluss. Die Begriffe Ost-/Westhallstattkreis sind Hilfsbegriffe. Sie nur schwammig, viele Definitionspunkte fallen zunehmend weg. Der einzige Punkt ist offenbar der, dass im südwestlichen Bereich die Importgüter wohl westlich an den Alpen vorbei kamen und im südöstlichen Bereich eben eher über Slowenien etc. Deshalb der unterschiedliche Fundniederschlag an Importwaffen und Luxusgütern. Das bedeutet nicht, dass die Hallstattkultur in sich selbst nicht „geschlossen“ war.
Und zu den Illyrern. Ich wüsste nicht, wo das z.Zt. noch diskutiert wird. Wenn im Grab Ha D-Güter liegen, ist es ein HA-Grab, wenn Illyrische Güter vorliegen eben Illyrisch. Das ist keine Aussage über die „ethnische Zugehörigkeit“, über die die Archäologie eh nie Aussagen macht. Zumindest seit äh..1945 nicht mehr...

Thomas
 
Ich möchte mich gern vergewissern- deshalb:

ist es also richtig , das man die Zuordnung "keltisch " als kulturelle
Ordnungsgrösse verstehen muss - keineswegs jedoch als ethnische ?

Die geografischen Zuordnungen zum " keltischen " Siedlungsbereich sind
sicherlich aus archäologischen Fundlagen heraus getroffen - sie scheinen
jedoch immer wieder eine Ausdehnungs/Wanderungs- Bewegung "keltischer"
Gruppen / Sippen / Stämme zu vermitteln.

Ist es vielmehr richtig , das immer weitere bereits ortsansässige Gruppen /
Sippen / Stämmen immer weiter ausgreifend "keltische " Kulturelemente
assimilierten und damit dann unter Kelten subsummiert werden ?
Sprich - die " Kelten " kommen überhaupt nicht irgendwoher innerhalb
einer indoeuropäischen Wanderungsbewegung sagen wir während 5000-
2000 v. Chr. , sondern sind in ihrer Masse sozusagen kulturell aufsteigende
Ur- Europäer ?

Nach Süden / Südosten Europas hin ist eine spätere Wanderungsbewegung
keltischer Stämme ja wohl auch belegt ( Noriker , Galater ua.) - aber ob es
eine West -Nord - Nordwest Wanderungsbewegung überhaupt
gegeben hat ?

Und falls ja - erfolgte dies aus einem Druck aus der germanischen
Wanderungsbewegung heraus ?
Wobei diese germanischen Stämme ihrerseits wiederum unter Druck
der Skythen / Kimmerier oder anderer ethnischer Verbände standen ?
 
Inwiefern ist denn der Name Vercingetorix, wie du schreibst, latinisiert? Wie würde das Original lauten?
 
Das Volk, dass aus dem Dunkeln kam....

Ich versuch´s mal:

Remo: Vercingetorix ist wegen der Endung „rix“ wohl Latein. (rix = rex, der Herrscher, der König)
Ebenso Brennus, Artus, Arminius mit „us“ als sogar sehr typische Lateinische Männernamen.
Wie Vercingetorix wirklich hieß – keine Ahnung. Ich wüsste nicht, wie sich das rekonstruieren ließe....
Wie er aussah, weiß eigentlich auch keiner. Das Denkmal in Alesia stammt von 1859. Witzigerweise sind seine Gesichtszüge die von Napoleon III.....

Treibsand:
Zitat: ist es also richtig , das man die Zuordnung "keltisch " als kulturelle
Ordnungsgröße verstehen muss - keineswegs jedoch als ethnische ?


Sehr richtig. Wir haben da im Verständnis immer noch ein Problem. Nämlich die humanistische Bildung des ausgehenden 19.Jh., die sich doch immer noch im „Lehrerwissen“ bis heute findet.
Aufgrund der von den Humanisten bevorzugten griechischen/römischen Überlieferungen und auch den Erfahrungen der Neuzeit und dem Wunsch nach nationalstaatlicher Unabhängigkeit setzte sich die Vorstellung durch, dass die durch die Griechen/Römer benannten „Völker“, wie auch die Griechen/Römer/Etrusker selbst analog zu „Deutsch, Englisch, Französisch“ etc. zu sehen wären.
Ebenso wurden aus politisch motivierten oder rassistischen Gründen, aber auch aufgrund des unsäglichen „Sozialdarwinismus“, (eine Beleidigung Darwins ohnegleichen) diese Völkern ethnische Homogenität und gegenseitige Über- oder Unterlegenheit zugeordnet.
Da man sich jedoch nicht mit dem Gedanken anfreunden wollte/konnte, dass sich Kultur aus sich selbst entwickelt, keine Kultur für sich alleine steht und immer gegenseitige Beeinflussung stattfindet, stellte sich dauernd die Frage des „Woher“ und des „Wohin“.
Und die neuzeitliche, aber tragischerweise auch die antike Geschichtsschreibung gaukelte ja solche „Wanderungen“ dauernd vor. Das geht von den „Seevölkern“ bis zu den „Doriern“, von den „Indoeuropäern“ bis zu den „Kelten“, von den „Germanen“ zu den „Römern“.
Aber sieht man genau hin, ist dieses Geschichtsbild nichts anderes als eine Wunschübertragung national/rassistisch/sozialdarwinistischer Ideen auf die Vergangenheit.
Die Franzosen (Kelten mit römischer Verweichlichung) sind den Deutschen (standhafte Germanen, die sich immer weigerten, sich der römischen Dekadenz zu unterwerfen) halt einfach unterlegen. Basta. Gilt auch umgekehrt. Auf dem berühmten Bild von Vercingetorix bei dem er vom Pferd herab dem Cäsar die Waffen vor die Füße wirft, ist neben ihm ein gefesselter Gallier.
Eine Allegorie des dem Cäsar (= Kaiser) gegenüber standhaften Galliers, auch wenn Elsaß-Lothringen (der gefangene) unter der Knute steht, ohne gleichen....
Das 19.Jh. war offenbar besessen von seiner Identitätssuche, von seine Rivalitäten.
Abgesehen davon, dass wir alle wissen worauf das hinauslief, nichts könnte in seiner Übertragung auf die Vorgeschichte falscher sein.
Die Kelten/Etrusker/Römer/Germanen und sonst wer kamen nicht von irgendwo her und gingen irgendwo hin, wurden auch nicht „verdrängt“ oder ähnliches.

Eine Kultur auszubilden ist ein komplexer Vorgang. Sieht man sich die Entwicklung von Bronzezeit über die Urnenfelderzeit zu Hallstatt und La Téne an, bemerkt man zum einen eine Kultur- und Siedlungskontinuität, zum anderen aber auch laufende Veränderungen. Zum Teil scheinen diese Veränderung intern (z.b. Religionswechsel) zum Teil durch veränderte Moden, die intern oder extern beeinflusst waren bedingt zu sein.
Das Ganze war jetzt nicht statisch, es veränderte sich sicher laufend. Aber eben keine Völkerwanderung mit Unterdrückung, Kampf und Beherrschung. Das gab´s auch, aber war oder ist eben nur ein Teil eines Veränderungsprozesses, der oft auch wieder revidiert wurde.
Jedenfalls eines: Die „Kelten“ (als gemeinsamer Kulturausdruck) kamen nicht irgendwo her und gingen auch nicht irgendwo hin. So einfach ist das nicht. Es ist vielmehr ein komplexer Vorgang. Wirtschaft, Wetter, Politik, Religion, auch Krieg, verändern Kulturen. Sogar soweit, dass man sie in sehr kurzer Zeit nicht mehr „wiedererkennt“, sie sich auflösen. Ohne jedoch dabei sich „ethnisch“ zu verändern.
Wir sind gelernte Deutsche, keine Geborenen.

Was jetzt die beobachtbare Verbreitung keltischen Kulturausdrucks angeht:
„Kernland“ scheint Baden-Württemberg und Bayern zu sein. Danach Verbreitung bis nach Westfrankreich und Slowenien, die Mittelgebirge werden berührt, jedoch nicht überschritten. Im Norden schließt die HEK (Hunsrück-Eifel-Kultur) an.
Während La-Tène werden Norditalien und Frankreich erreicht. Die eigentlichen Keltenwanderungen nach Süden finden statt, hinterlassen aber keinen spürbaren Eindruck.
Ob sie die Britischen Inseln erreichen, muss dahingestellt bleiben. In der dortigen Eisenzeit (ab 450 v.Chr.) vermischen sich dortige Bronzezeitliche und „Keltische“ Kultur derart, dass zu Erklärung auch intensive Handelskontakte ausreichen. Echte „Übersiedlung“ ist nicht nötig, um das gleiche Ergebnis zu erzielen. (Bsp sind die berühmten „Keltischen“ Rundhäuser Britanniens, die aber in eindeutiger Bronzezeittradition stehen....

Ganz simpel:
Wenn ich eine Coke trinke, bin ich kein US-Amerikaner. Und die Flasche muss mir auch kein US-Amerikaner direkt verkaufen....

Keine Wanderungen, keine ethnischen Einheiten. Nur kulturelle Veränderungen....

Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
Deshalb die Geschichten von Vercingetorix als Franzosen, Arminius als Deutschen und Arthur/Artus als Brite. (Alles drei übrigens latinisierte Namen.....)

Inwiefern ist denn der Name Vercingetorix, wie du schreibst, latinisiert? Wie würde das Original lauten?

Ich versuch´s mal:

Remo: Vercingetorix ist wegen der Endung „rix“ wohl Latein. (rix = rex, der Herrscher, der König) [...] Wie Vercingetorix wirklich hieß – keine Ahnung. Ich wüsste nicht, wie sich das rekonstruieren ließe....

Cäsar unterwirft zwar die Namen auf -rix einer lateinischen Deklination, aber es ist eben -rix und nicht -rex was wir hier vorliegen haben. Im germanischen begegnen wir der Endung im gotischen -reiks wieder. Ich würde daher davon ausgehen, gerade auch weil Cäsar zum sogenannten goldenen Zeitalter der lateinischen Klassik gehört und er - hätte er den Namen wirklich latinisiert - ihn auf -rex hätte enden lassen, dass der Name so die gallische Form wiedergibt.



B) Die Aufteilung der europäischen Sprachen, ebenfalls Mitte des 19.Jh. brachte die Sprachhauptgruppen Latein, Germanisch und eben Keltisch für Westeuropa. Hier ist „Keltisch“ letztlich nur ein Hilfsbegriff der Sprachwissenschaft für die weder als Lateinisch oder Germanisch zu definierenden Sprachen Nordwesteuropas wie z.b. Bretonisch, Manx, Gälisch (Das „inselkeltische“ eben).

Nein, das Keltische ist mehr als nur ein paar indoeuropäische Dialekte in Westeuropa neben dem Germanischen und dem Lateinischen.

Über die eisenzeitliche keltische Sprache wissen wir nichts. Ein paar Namen und Ortsbezeichnungen vielleicht, aber das war´s auch schon.

Ich würde das nicht unterbewerten: Immerhin haben wir zwischen dem österreichisch-slowakischen Raum bis nach Portugal udn auf den britsichen Inseln eingermaßen viele Siedlungen die auf -dunum oder -briga enden. Die Romanistik sieht die Lenisierung der lateinischen /p, t, k/ zu /b, d, g/ in der Westromania als keltsiches Substrat an.

D) Der historische Begriff. Nun, da wäre die Entscheidung schnell getroffen. Als „celtoi“ taucht der Begriff erst um 500 v.Chr. auf, eben im Zusammenhang mit den Nachbarn Massilias.
Da er vorher nicht erwähnt wird, kann man/frau eben fordern, dass er eben erst auch ab 500 verwandt wird.

Viel früher beginnt aber auch die phokaiische Kolonisation nicht. Die Schlacht von Alalia (Korsika), bei welcher Die Phokaier sich mit den Karthagern um Siedelplätze und Absatzmärkte im Westmittelmeer prügelten, fand 537 v. Chr. statt. Vorher war man den Kelten noch nicht wirklich begegnet.

Ebenso Brennus, Artus, Arminius mit „us“ als sogar sehr typische Lateinische Männernamen.
Der Name des Brennus (bzw. der Brennus) ist uns zunächst einmal griechisch überliefert: Brennon. Da es mehrere sind, die so heißen, hat man diskutiert, ob es sich dabei tatsächlich um einen Eigennamen oder nicht doch um einen Titel handelt.
 
vercingetorix hiess wahrscheinlich wirklich so...

uer- gross
cinges - krieger
rix - könig/Herrscher

ich würde das Wissen über die altkeltische Sprache das wir heute haben nicht unterbewerten... da kommt doch insgesamt einiges zusammen so ,daß wir einen grossen Haufen an Vokabeln haben, was uns fehlt ist umfassendes Wissen über die Grammatik und genaue Wortbedeutungen, da die erhaltenen Texte zumeist sehr kurz sind.

die -us endungen sind zumeist wahrscheinlich latinisierte -os endungen aus dem Keltischen. Es gab aber auch im Keltischen -us Endungen z.B. ist Esus (Aisus) ein original auf -us endender u-stamm.
 
Sehr spannend, danke. Cinges ist singular, oder? .... cingetos [os = keltische endung, plural] wäre mehrzahl, also Ver-cingeto-rix - Herr der Krieger. Ver-rix demnach = Grosskönig.

Dass Brennus, Artus, Arminius etc. latinisierte Namen sind, ist mir schon klar, obwohl ich las, dass "Brennus" doch eher eine Titelbezeichnung als ein Name sei.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich weiss nicht ob das so funktioniert... man muss natürlich immer aufpassen ,daß man nicht anfängt wortwörtlich zu übersetzen so ,daß keine "egglying-wool-milk-sow" dabei rauskommt...
 
Ein altes Problem.
Meiner Ansicht nach leidet es aber vor allem unter einer unterschiedlichen Definition dessen, was jeweils mit „Kelten“ oder „keltisch“ gemeint ist.
Deshalb auch die unterschiedlichen Meinungen und anhaltenden Diskussionen.

Genau, Archäologe definieren die Kelten überdie Kultur, Hallstatt oder La-Tene, teilweise beides, Linguisten über die Sprache und Historiker über die schriftlichen Quellen.


C) Genealogische/biologische Betrachtungen sind Unsinn. Einfach deswegen weil schlicht kein Zusammenhang zwischen der DNS und der Kultur besteht.....
Diesen Satz kann ich nur unterstreichen

D) Der historische Begriff. Nun, da wäre die Entscheidung schnell getroffen. Als „celtoi“ taucht der Begriff erst um 500 v.Chr. auf, eben im Zusammenhang mit den Nachbarn Massilias.
Da er vorher nicht erwähnt wird, kann man/frau eben fordern, dass er eben erst auch ab 500 verwandt wird.

Vorher fehlte wohl der Kontakt. Daher kann über die Entstehung des Namens auch nichts ausgesagt werden. Schlimmer noch, ich bezweifele, daß die Germani ethnisch ohne weiteres gleichzusetzen sind mit den kaiserzeitlichen Germanen. Die Germanen tragen also eigentlich einen Namen, der ihnen nicht zusteht. Ich will das jetzt nicht für die Kelten behaupten, denkbar wäre das auch.

E) Der archäologische Begriff. Dass eindeutig eine Kulturkontinuität vorliegt, zeigt am besten das Gräberfeld von Hallstatt selbst. Da geht die Datierung von Hallstatt B bis La-Téne A.
Dies wird auch von anderen Gräberfeldern im Süddeutschen Sprachraum bestätigt.
Bestimmte Form- oder vor allem Schmuck- und Verzierungselemente leiten ohne Unterbrechung von Hallstatt B zu Hallstatt C und von Hallstatt D zu LT A über.
Da auch dieselben Gräberfelder weiter genutzt werden und dort die jeweiligen Gräber in ihrer Lage aufeinander Rücksicht nehmen, fand auch kein Bevölkerungsaustausch statt.

Wenn man also LT A (ca. 500 v.Chr.) als „keltisch“ bezeichnet spricht im archäologischen Sinne nichts gegen Bezeichnung „keltisch“ für die Zeit von HA B –LT D.

Kurz: Archäologisch kann man die Hallstattzeit durchaus keltisch nennen. Über alles andere kann man trefflich streiten.

Wobei ich mich persönlich schon schwer tue, mit den anderen keltischen Begriffen A-C zurecht zu kommen. Sie sind nicht definiert, sie stammen aus dem 19.Jh., sind Hilfsbegriffe oder gar national angehaucht.
Mir erscheinen die Begriffe D und E die vernünftigsten. Deshalb gehe ich für mich wirklich vom Begriff "Keltisch" für die Hallstattzeit aus..


Die Frage nach Siedlungskontinuität und ethnischer Zugehörigkeit ist sehr schwierig. Sie gibt z.B. keinen Auffschluß über politische Verbände. Wir wissen z.B. aus schriftlichen Quellen über "germanische" Einwanderung ins Elsaß und an den Oberrhein, können diese aber archäologisch gar nicht nachweisen.
 
Keine Wanderungen, keine ethnischen Einheiten. Nur kulturelle Veränderungen....

Thomas

Nicht jeder kulturelle Wandel ist durch einen Zuzug großer fremder Elemente bedingt oder gar durch einen Austausch von Ethnien. Doch wir haben zu viele Berichte über Wanderungen von Verbänden, um kulturellen Wandel durch Wanderungen generell auszuschließen.
 
Wenn man also LT A (ca. 500 v.Chr.) als „keltisch“ bezeichnet spricht im archäologischen Sinne nichts gegen Bezeichnung „keltisch“ für die Zeit von HA B –LT D.

Das würde ich nicht ganz so sehen. Die Stufe Ha B gehört ja archl. zu der Urnenfelderkultur, zwar gibt es bestimmte materielle Dinge die sich dann noch in der Stufe Ha C (ab hier wird das ganze als Hallstattzeit definiert) aber es gibt doch deutliche Unterschiede u.A. im Bestattungsbrauch.
Die Stufe Ha C hat eine materielle Kontinuität die sich dann in die Stufe Ha D1/2 (unscharf) weiter verfolgen läßt.
Aber die Frühlatènezeit bringt einiges an Neuerung mit sich. Insbesondere das Entstehen des sog. Latènestils scheint daraufhin hinzudeuten, das sich in kultureller Sicht einiges entwickelt.
Hier werden eben auch wieder zwei doch unterschiedliche Dinge in einen Topf geworfen. Einmal die sprachw. Definition (Keltisch) und die archäol. Definition (Hallstattzeit, Latènezeit).
Als Archäologe würde ich ab der Stufe Ha D m.E. von mglw. Kelten sprechen, das ganze in die Stufe Ha B zu ziehen halte ich für nicht überzeugend.

Ansonten kann ich mich den Ausführungen von Thomas nur anschließen, klasse Beiträge:yes:.
 
@El Quijote, Hearangil – danke für das Weiterführen. Das mit der „rix“ Endung als Lateinisch ist einfach mein Kenntnisstand.
Abgesehen von den eher mauen Detailkenntnissen im Bereich Sprachwissenschaft (ich musste dreimal gucken, bevor ich die beiden nicks richtig schrieb ;), ) wollte ich halt einfach nur auf die Problematik „keltisch“ als Sprachbegriff aufmerksam machen.

@beorna :
Nicht jeder kulturelle Wandel ist durch einen Zuzug großer fremder Elemente bedingt oder gar durch einen Austausch von Ethnien. Doch wir haben zu viele Berichte über Wanderungen von Verbänden, um kulturellen Wandel durch Wanderungen generell auszuschließen.“


Es tut mir leid, wenn mein Schlusssatz zu einfach ausgedrückt war. Ich will auch keinesfalls den Eindruck erwecken, dass ich glaube, dass ich recht habe. Das liegt immer nur an der in einem Forum notwendigen Verkürzung. Vielleicht klingt das dann zu oft „absolut“ bei mir...

Natürlich gab es Wanderungen, die teilweise sogar einschneidende Veränderungen bewirkten. Die Neolithiker sind nach Europa wohl sicher eingewandert etc.
Es ging mir nur um diese Jahrzehnte alte Problematik bei den Kelten, so á la dem bekannten Buchtitel: Das Volk, das aus dem Dunkeln kam.

Die "Kelten" haben sich wohl wirklich „vor Ort“ aus der vorhandenen Kultur entwickelt....

@dergeist: Klar, kann man so sehen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich sowieso ein Problem mit der Bezeichnung von „Stämmen“ oder „Völkern“.
Aber Kelten ist halt mal so schön...prägnant.
Und verständlich. Deshalb hatte ich auch kein Problem mit dem damaligen Titel „1000 Jahre Kelten“ 1991 in Rosenheim.
„Eisenzeitlicher Kulturausdruck Zentraleuropas unter Berücksichtigung der spätbronzezeitlichen Wurzeln“ ist ein wenig....lang.
Allerdings nehme ich für mich persönlich schon die Wurzeln in der UK wahr. Da liegen HA B Räderteile zusammen mit HA C Schwertern im Grab, da gibt´s Schaukelfußringe, Graphitkeramik mit Abrollverzierung und eben gemeinsame Gräberfelder.
Aber ich gebe zu: den Begriff "Kelten" zu übernehmen ist nicht ganz...na ja, einfach mit den arch. Fakten zu begründen. Es ist wohl schon mehr eine "Geschmacksfrage"..:winke:

Thomas

PS: Edit:
Jetzt fällt mir im Nachhinein doch noch ein Zitat von El Quijote auf:


Vorher war man den Kelten noch nicht wirklich begegnet.

(Vor der Gründung Massilias..)

Na ja, eigentlich schon... Zumindest Ha D ist ja voll von Funden aus der Magna Graecia....
Da wird mir jetzt ein Problem bewusst...
Was glaubten die Großgriechen eigentlich, an wen sie ihre Sachen schon seit ca 80-90 Jahren verkauften....?
Ein Beleg für Zwischenhandel ?

Rätselnd in Nürnberg...

Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Kelten haben sich ohne Zweifel innerhalb der Urnenfelder- oder Hallstatt oder zumindest an ihren Rändern gebildet, je nachdem wie alt man sie sein läßt. Das steht wohl außer Frage. Nur so ein paar vereinzelte Stimmen mögen das anders sehen.
Wo genau die ältesten Funde sind ist immer problematisch, da eine Datierung aufs Jahr natürlich nahezu unmöglich ist. Es ist jedoch zu bemerken, daß der Schwerpunkt der La-Tene A bzw. die ältesten Funde nicht im Herzen der Hallstatt liegen, sondern am Rand und zwar von der Marne bis zur Hunsrück-Eifel-Kultur. Allerdings folgt das Oberrheingebiet nicht viel später. Wir kennen eine Reihe von keltischen Wanderungen, im östlichen Mitteleuropa löst die La-Tene die älteren nachlausitzer Kulturen ab. Dies alles deutet daraufhin, daß Sprache und Kultur dieser Völker nicht nur durch Handel und kulturelle Beeinflussung entstanden ist, sondern aus der Wanderung keltischer Gruppen resultiert.
 
Die Kelten haben sich ohne Zweifel innerhalb der Urnenfelder- oder Hallstatt oder zumindest an ihren Rändern gebildet,

Ich würde eher sagen die Hallstattkultur hat sich aus der Urnenfelderkultur entwickelt und die Latènekultur aus der Hallstattkultur.

Die Zuschreibung zu bestimmten Ethnien, also in unserem Fall den Kelten, funktioniert doch erst mit der schriftl. Erwähnung des Namens (Keltoi).
Ich würde hier ganz klar eine Trennung zwischen der materiellen Kultur und einer Ethnischen Deutung vorschlagen.

Allerdings nehme ich für mich persönlich schon die Wurzeln in der UK wahr. Da liegen HA B Räderteile zusammen mit HA C Schwertern im Grab, da gibt´s Schaukelfußringe, Graphitkeramik mit Abrollverzierung und eben gemeinsame Gräberfelder.
Das sich die materielle Kultur z.T.aus den vorgehenden Kulturen entwickelt hat bleibt ja unbestritten.
 
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