Heidentum

Hallo Jürgen,

bei uns heisst es auch so, aber da wir hier Vertreter aus ganz Deutschland haben, wollt ich es ins Neuhochdeutsche übersetzen.

LG
Fog
 
Hallo Glory,
bis vor einiger Zeit war ich auch noch so blauäugig, zu denken, dass sich meine Suche nicht so schwierig gestaltet.
Zu den Riten hat Cäsar ein bißchen was geschrieben in seinem "Gallischen Krieg", andere zitieren Tacitus und neuerdings bin ich Lucan auf der Spur.

Cäsar beschreibt keine Riten...

ich möchte Andreas Hofeneders Quellensammlung hier empfehlen:
Rez. AG: A. Hofeneder (Hg.): Die Religion der Kelten I - H-Soz-u-Kult / Rezensionen / Bücher

Als Kriegsherrn interessierte sich Cäsar natürlich nicht so dolle für das Brauchtum der Gallier; Tacitus hat seine Germania von alten Frontsoldaten und hat sie auch noch deshalb geschrieben, um die Tugend der Barbaren zu loben im Gegensatz zu seinen "dekadenten" Mitbürgern.

von "alten Frontsoldaten"?

Tacitus stammte IIRC möglicherweise aus Gallien, eventuell aus der Belgica...

Man weiss nicht woher Tacitus seine Informationen genau hatte.

Das Heidentum ist ein Sammelbegriff von den Juden für Andersgläubige.
Ich habe keine Infos darüber, wie sich die Kelten, bzw. ihren Glauben bezeichneten.

DIE Juden, nennen Angehörige anderer Religionen Gojim, nicht Heiden.

„Heiðinn“ ist ein germanisches Wort unbekannter Bedeutung.

Zur Übernahme:
manche Herrscher kamen in Kontakt mit Römern und Griechen und übernahmen das Christentum, wenn sie einen Vorteil darin sehen konnten.
Im späteren Verlauf der Geschichte wurde vom Volk der Glaube des Herrschers übernommen (daher das Sprichwort: "Wie der Herr, so's Geschirr).
Teilweise wurden auch ganze Stämme zwangsgetauft: man denke nur an Karl den Großen und die Sachsen.

nö, christliche Mission gab es in Gallien spätestens im 2. Jahrhundert. Unter Mac Aurel soll es in Lugdunum und Vienna zu Christenverfolgungen gekommen sein, die Christianisierung war also zunächst wahrscheinlich eher ein Phänomen der grossen Städte.

Die Ausbreitung wird im ersten Jahrhundert begonnen haben und ab ca. dem 2. Jahrhundert wird es in Gallien und Britannien merkliche Gemeinden gegeben haben.

Im 4. Jahrhundert war dann ja Konstantin ´dran und das Christentum
wird sich in Gallien und Britannien endgültig durchgesetzt haben.
 
Christianisierung

Hallo,

vielen Dank für den Literaturtipp.


Christinisierung:
die Herrscher sahen, dass Konstantin ("In diesem Zeichen wirst Du siegen") unter dem Schutz einer gewaltigen Gottheit stand und werden dementsprechend beeindruckt gewesen sein.
Das war unter anderem ein Grund Christ zu werden.

Tacitus:
das (alte Frontsoldaten) habe ich aus einem Fernsehbericht. Den genauen Titel kann ich allerdings nicht mehr zitieren.

Cäsar:
im Moment lese ich den "gallischen Krieg", werde mich also zu den Einwänden später noch äussern.

LG
Fog
 
Zum Begriff Goi, pl. Gojim: Ursprünglich für Volk sowohl auf Israel als auch auf heidnische Völker bezogen. (Müsste dafür jetzt die Bibel genauer bemühen, wozu ich aber zu faul bin, das Buch ist so schrecklich dick!!!)

Der Goi speziell als Nichtjude ist eine spätere, europäische "Erfindung". Die Gojim verband man vor allem in Osteuropa auch mit großen Ängsten, man denke nur an die vielen Pogrome...

Dann gab es noch den sogenannten "Schabbesgoi", einen Nichtjuden, der am Sabbat, der am Freitagabend beginnt, die Arbeiten übernahm, die der strenggläubige Jude nicht verrichten durfte.

Goi bedeutet also Nichtjude.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Gibt es bei Cäsar im gallischen Krieg nicht eine Stelle, wo er von einem anthropomorphen Holzkäfig berichtet, in welchem die Eburonen(?) ihre Kriegsgefangenen gefangen hielten, um sie zu opfern (Brandopfer)?
 
Cäsar beschreibt keine Riten...

Cäsar hält sich zwar mit Details zurück, aber im Buch VI, Kap. 11 ff. beschreibt er Gebräuche der Gallier, auch religiöse. Die Frage ist nur, wie glaubwürdig er ist.

Zu dem oben beschrieben Ritus, den ich in meiner Erinnerung den Eburonen zugeordnet hatte (allerdings sind die laut Cäsar Germanen, und der Ritus wird den Galliern zugeordnet), was wohl daran liegt, dass hier ein Einschub vorliegt, schreibt Cäsar folgendes:

De Bello Gallico schrieb:
Natio est omnis Gallorum admodum dedita religionibus, atque ob eam causam, qui sunt adfecti gravioribus morbis quique in proeliis periculisque versantur, aut pro victimis homines immolant aut se immolaturos vovent administrisque ad ea sacrificia druidibus utuntur, quod, pro vita hominis nisi hominis vita reddatur, non posse deorum immortalium numen placari arbitrantur, publiceque eiusdem generis habent instituta sacrificia. Alii immani magnitudine simulacra habent, quorum contexta viminibus membra vivis hominibus complent; quibus succensis circumventi flamma exanimantur homines. Supplicia eorum qui in furto aut in latrocinio aut aliqua noxia sint comprehensi gratiora dis immortalibus esse arbitrantur; sed, cum eius generis copia defecit, etiam ad innocentium supplicia descendunt.

Übersetzung schrieb:
Alle gallischen Völker sind sehr religiös und aus diesem Grund opfern diejenigen, die von schwerer Krankheit betroffen sind oder sich in Krieg und Gefahr befinden, Menschen anstelle von Opfertieren oder geloben solche Opfer. Die Druiden führen diese Opfer durch, denn die Gallier glauben, der Wille der unsterblichen Götter könne nur besänftigt werden, wenn für das Leben eines Menschen ein anderes eingesetzt werde. Auch von Staats wegen haben sie Opferbräuche von der gleichen Art. Andere Stämme besitzen Opferbilder von ungeheurer Größe, deren Glieder durch Ruten zusammengebunden sind. Diese füllen sie mit lebenden Menschen aus. Dann werden die Götterbilder von unten angezündet, so dass die Menschen in den Flammen umkommen. Sie glauben zwar, dass die Tötung von Menschen, die bei Diebstahl, Raub oder einem anderen Verbrechen gefasst wurden den unsterblichen Göttern angenehmer ist, wenn es ihnen jedoch an solchen fehlt, gehen sie auch dazu über, unschuldige zu opfern.
 
Zuletzt bearbeitet:
okay ungenau ausgedrückt.

Also er erwähnt kurz die Wickermann-Geschichte die auch von Poseidonius bekannt ist, aber er beschreibt nicht genauer was es damit auf sich hat.

die Herrscher sahen, dass Konstantin ("In diesem Zeichen wirst Du siegen") unter dem Schutz einer gewaltigen Gottheit stand und werden dementsprechend beeindruckt gewesen sein.
Das war unter anderem ein Grund Christ zu werden.

aber wie gesagt gab es da schon ca. zweihundert Jahre christliche Missionierung in den Provinzen.

Ich hätte aber auch gern mehr Informationen über die christianisierung der "Kelten" (Gallo-romanen/Romano-Briten) in der Spätantike.

Bin auf den Thread dazu schwer gespannt!
 
Zur Christianisierung der antiken Kelten empfehle ich Paulus "Brief an die Galater" aus dem Neuen Testament.
Ich geb zu, dass sind wahrscheinlich eher Gallo-Hellenen als Gallo-Romanen.:pfeif:
In Gallien ist eine Kontinuität zwischen Matronenverehrung und Marienkult teilweise ziemlich hoffensichtlich.
 
Ich halte mich ungern an "Offensichtlichkeiten"...

da vertut man sich so leicht bei oberflächlichen Ähnlichkeiten.

Wenn in Britannien christliche Gemeinden gegründet wurden dann müssen sie nachweisbare Sachkultur hinterlassen haben, die uns dann auch erzählen könnte zu welchen Bevölkerungsschichten die frühen Christen gehörten.

Ich hab bei Miranda Green "the gods of roman Britain" gefunden ,daß britische Christen von Tertullian und Origen erwähnt werden... ab Constantin gab es britische Bischöfe.

drei britannische Prälaten nahmen am konzil von Arles 314 teil.

Unter Julian kam es in den 360ern zu einem Wiedererstarken des Heidentums, auch in Britannien wurden im 4. Jahrhundert wieder vermehrt heidnische Tempel erbaut oder wieder aufgebaut.

Laut Nennius soll St. Germanus den britannischen König Vortigern exkommuniziert haben weil dieser an der Lehre des Pelagius festhielt... keine Ahnung wie ernst man diese Bemerkung Nennius´hier nehmen kann!

Ich nehme an ,daß das Christentum sich von Gallien aus spätestens ab dem 2. Jahrhundert nach Britannien herüber verbreitet hat, wahrscheinlich zuerst ebenso in den grossen Städten, eventuell kann man von Nennius Bemerkung aus schließen ,daß die romano-britische Herrscherschicht im 4. Jahrhundert zu großen Teilen christlich war und die Katholiken versuchten den Einfluss des Pelagius u.a. mit dem Mittel der Exkommunizierung seiner Anhänger zu begegnen.
 
Zuletzt bearbeitet:
hast recht, ursi, mit den Heiden habe ich eigendlich die keltischen Gottheiten gemeint^^

bei wikipedia stehen zwar die Gottheiten, aber die anderen Fragen beantwortet es nicht.

Da empfehle ich Dir das "Lexikon der keltischen Mythologie" von Paul und Sylvia Botheroyd. Zwar nicht brandaktuell, aber gut und untendentiös.
 
Nun, während meiner Recherchen über die Kelten und Gallorömer, fand ich es sehr spannend regional auf Entdeckungsreisen zu gehen. Regional stösst man auf Götterstatuen und Weihetäfelchen, von denen man nur in speziellen Quellen liest.

In Bonn zum Beispiel wurde ein Weihetäfelchen zu Ehren der Rheingöttin "Renahanae" gefunden. Der einzige Beweis, dass ihr einst gehuldigt wurde.

In der Schweiz wäre da die Aare, ein Fluss, deren Gottheit Nariae hiess.

Das ist spannend und vor allen auf ziemlich seriöser Basis. Soviel ich weiss, hatten die Kelten soviel Götter, wie ein Hund Flöhe. Für alles irgendwen. Regional hat man wenigstens ein paar Anhaltspunkte durch die Funde.

Gruss Federmesser
 
In der Schweiz wäre da die Aare, ein Fluss, deren Gottheit Nariae hiess.
Gruss Federmesser

Hm, ich glaube, das ist nicht ganz so:

- der Fluss hiess Aror bzw. Arur (nantaror = Aaretal, nant wortwörtlich Ursprung, Quelle, vergleiche mit französisch nant, naissance etc.). Du meinst wohl die Weihinschrift an Gobannus, Brenodor. Die Schreibweise Arur kommt von der Weihinschrift an die dea artio (keltische Bärengöttin), regio arurensis, (Fund von Muri, Kanton Bern)

- eine Inschrift Nariae Nousantiae fand man auch in La Neuveville (Kanton Bern, am Bielersee). Dort fliesst die Aare aber nicht durch, auch zu keltischer Zeit nicht.

Von Aror bzw. Arur auf Naria (oder umgekehrt) zu schliessen ist auch in sprachlicher Hinsicht sehr problematisch...
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

ich finde es interessant, wie die Inschriften interpretiert werden.

In der Nähe von Landau, meiner Heimatstadt wurde ein Drei-Aren-Stein gefunden. Was bedeutet dieser Begriff?
Weiß da jemand etwas darüber?

LG
Fog
 
Narius ist ein keltischer Gott, der Name wird als "Herr" übersetzt...
(gibts z.B. auch im kymrischen und irischen noch ähnlich Ner,)

Naria wäre dann die Herrin... kann einfach eine Anrede für eine Gottheit sein ohne einen eigentlichen Name darzustellen.
 
Hallo,

ich finde es interessant, wie die Inschriften interpretiert werden.

In der Nähe von Landau, meiner Heimatstadt wurde ein Drei-Aren-Stein gefunden. Was bedeutet dieser Begriff?
Weiß da jemand etwas darüber?

LG
Fog

Ich kann Dir leider nur mit Vermutungen antworten:

Aren = Altäre, Göttersteine (soviel habe ich im Internet gefunden)

Ar bedeutet meines Erachtens hingewandt.

Eine Oesterreichische Keltenforscherin (deren Namen mir leider entfallen ist) behauptet, dass Orts- und Flurnamen Arni auf ein keltisches Heiligtum hindeuten.

Das Wort Arier, arisch bedeutet Edler, edel seiend, wobei es vermutlich im unsprünglich (den Göttern) hingewandt bedeutet. Was ja auch wiederum eine edle Gesinnung ist.
 
hmm...

wenn es so ein Wort gab (Arier) bei den Kelten dann am ehesten Ariax, was wohl Fürst, Edler hiess...

Are%, Ara%, *Aro- heisst auf keltisch Ackerland...

Quelle:
http://www.teutatesnet.de/

ich habe meine Aeusserungen als Vermutung deklariert.

Keltische Uebersetzungen sind schwierig: man muss die Bedeutung vielfach erst im Kontext sehen.

Xavier Delamarre übersetzt mit (ich zitiere) "devant, près de, à l'est de" was auf deutsch soviel wie "vor, nahe von, östlich von" bedeutet.

Es gab eine Landschaft an der Küste Westfrankreichs Aremorica (was in etwa der heutigen Bretagne entspricht). Der Name wird mit 'dem Meer zugewandt' übersetzt (Xavier Delamarre: qui habite devant la mer). Was de facto auch stimmt.

are = zugewandt
mori = Meer
ica = Adjektivierung, vergleichbar mit -ig (z.B. ständig)

Du müsstest schon erklären, was denn in diesem Kontext Ackerlandsteine bedeuten soll (Es sind ja Arensteine, d.h. Göttersteine). Teutatesnet.de bezieht sich auf Alfred Holder (ein Buch, das 1896 erschienen ist, teilweise als überholt, falsch aber teilweise auch richtig bezeichnet wird).
 
hab´nur versucht zu helfen!

Da ich selbst keine Ahnung von sowas hab´zitier ich also von Seiten...

also das (s.u.) etymologische Lexikon fürs proto-keltische kennt
*arawar / *arawen- 'Korn, Getreide (Seitenangabe bei Pokorny: 63)

denke das dieser Stamm auch bei Teutates/Holder gemeint sein wird
Database query to An etymological lexicon of Proto-Celtic (in progress) [Matasovic]'


das are- in aremorica leitet die Seite von protokeltisch Wurzel *fare ab, beides sind also verschiedene Wörter.

An Etymological Dictionary of the Gaelic Language von Alexander MacBain kennt aber auch z.B. arinca "Korn, Getreide"
http://www.smo.uhi.ac.uk/gaidhlig/faclair/macbain/macbain.txt

es muss also so ein Wort im altkeltischen existiert haben...

zurück zu Arier...

die proto-celtic Seite kennt auch *aryo- 'freier mann' und nennt die Personennamen Ario-manus und Ario-vistus. Das genannte altirisch Dictionary von MacBain kennt
airidh "Edelmann".

Also wird es auch da ein ähnliches Wort im altkeltischen gegeben haben, wohl aber weder verwandt mit are- nah, bei noch mit dem Wort für Getreide.
 
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