Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Das ist jetzt zwar ein bisschen OT, aber ich bin im Web auf die britische TV-Serie "Time commanders" gestoßen und da ist auch der Varusschlacht eine Folge gewidmet.
Sicher nicht besonders realistisch (basierend auf "Rome - Total War"), aber doch ganz interessant, wenn man sieht wie sich Stammtischstrategen anstellen, gemäß dem Motto "Was wäre wenn..."
YouTube - Time Commanders s2e1 Teutoburg Forest 1/5

Hübscher Film. Da waren Leute mit richtig viel Ahnung am Werk :D. Aber ich will das nicht ins Lächerliche ziehen. Ich denke, dass der Ansatz, der mit der Aktion verfolgt wurde, richtig ist. Ich glaube nicht, dass die Grabungen bei Kalkriese noch revolutionäre neue Erkenntnisse bringen und ich glaube auch nicht, dass neue Schriftquellen (z.B. die Plinius-Bücher) gefunden werden. Wenn man einigermaßen sicher nachvollziehen will, was sich bei Kalkriese abgespielt hat, wird man "ausprobieren" müssen - am Computer oder mit Methoden der experimentellen Archäologie.

@Maelo: Über die Frage der nicht vorhandenen germanischen Funde ist hier schon länger diskutiert worden. Mir ist gar nicht klar, warum. Wir wissen doch drei Dinge:

Erstens: Bei Kalkriese sind nicht nur keine germanischen sondern auch fast keine römischen Waffen gefunden worden. Waffen wurden nicht einfach liegen gelassen. Sie wurden geplündert. Bei den Ausgrabungen sind fast nur kleine Gegenstände gefunden worden, die beim Plündern abgerissen sind und übersehen wurden.

Zweitens: Legionäre hatten eine umfangreiche persönliche Schutzausrüstung, die Germanen hatten die nicht. Folglich konnten die Römer an dem Ort mehr Kleinteile verlieren als die Germanen. Und was ein gefallener Germane verlieren konnte, war überwiegend aus vergänglichem Material. Nur Fiebeln zum Beispiel hätten sich bis heute erhalten.

Drittens: Die Germanen haben den Kampf gewonnen. Folglich wurden nur römische Leichen geplündert. Die gefallenen Germanen werden "in Ehren" geborgen und bestattet worden sein.

Zu den Hiebverletzungen an den Schädeln: Richtig ist, dass die Germanen bezüglich Metallbearbeitung technologisch rückständig waren. Die keltische Kultur war das deutlich fortgeschrittener (Rennöfen etc.). Zum Zeitpunkt der Schlacht hatten die Germanen aber bereits keltische Technologien übernommen. Sie hatten wenige Metallwaffen, aber sie konnten durchaus welche herstellen. Sie waren nur nicht in der Lage, jeden Krieger mit einem Schwert auszurüsten. Glaubt man Tacitus, konnten sie nichtmal jedem Krieger einen Speer mit Eisenspitze in die Hand geben. Aber es gab Krieger, die solche Speere hatten, und es gab Krieger, die Schwerter besaßen. Die haben diese Waffen auch benutzt, und deshalb gibt es Knochen, die Spuren dieser "Benutzung" aufweisen. Was wundert Dich daran?

Zu den Schriftquellen: KEINER der Geschichtsschreiber, die über das Ereignis berichten, war Augenzeuge. ALLE haben sich auf Berichte Dritter gestützt. KEINER hatte die Absicht, eine Ausarbeitung der taktischen Situation für ein Militärhandbuch zu verfassen. Und ALLE haben für ein römisches Publikum geschrieben. Wenn man schreibt, dann achtet man zwangsläufig darauf, dass das Geschriebene für den Leserkreis verständlich und plausibel ist. Dabei unterliegt auch der Autor selbst dem Einfluss der Prägung durch die eigene Kultur. Also waren all die römischen Schriftquellen dem römischen Geschmack angepasst und haben auf den "Informationen" aufgebaut, die ALLE Römer über die Germanen hatten. Das ist in der hier laufenden Diskussion unter dem Begriff "Topos" vielfach angesprochen worden. Diesbezüglich weiß ich übrigens sehr gut, wovon ich rede, denn ich bin Journalist. Schau Dir nur mal an, wie klischeehaft heutige Berichte über die arabische Welt sind. Trotz der Geschwindigkeit, der Masse, und der Durchdringung in der Nachrichtenverbreitung.

Zu den einzelnen Autoren: Ich würde weder Tacitus noch Cassius Dio noch Florus unterstellen, dass sie bewusst gelogen haben. Bei Velleius Paterculus halte ich das für möglich, weil der sein Idol Tiberius vergöttlichen wollte. Aber selbst seine Darstellung wird im großen und ganzen dem entsprochen haben, was er für die Wahrheit hielt. Deshalb darf man die Texte dieser Leute auch nicht wie Tatsachenberichte lesen. Man muss sie "bereinigen", indem man zum Beispiel die erkannten Klischeebilder wegkürzt oder zumindest nicht so wichtig nimmt.

Danach erscheinen dann manche Autoren glaubwürdiger als andere. Meinem Eindruck nach gehört Tacitus zu den Glaubwürdigeren. Cassius Dio ist Deiner Meinung nach unglaubwürdig. Aber ist er das wirklich? Dio galt vor allem deshalb als unglaubwürdig, weil er von Stadtgründungen in Germania magna berichtet hat. Als unglaubwürdig galt dieser Bericht, bis in Waldgirmes (Hessen, zwischen Wetzlar und Gießen) eine Stadtgründung nachgewiesen wurde. Dio liefert uns die umfangreichste Beschreibung der Varusschlacht. Und man muss ihm zugute halten, dass er die römischen Klischeevorstellungen über Germanen nicht bedient, sondern geradzu bricht. Nichts vom "furor teutonicus", nichts von wildem Anstürmen übermächtig-körperkräftiger Barbaren. Er beschreibt kluge "politische" Vorbereitung, einen heimtückisch-zielgerichteten Hinterhalt und eine Gefechtstaktik, die gerade NICHT auf wildes Anstürmen setzt (ich zitiere gerade Argumente aus dem schon erwähnten Buch von Boris Dreyer). Ist Dio also vielleicht der glaubwürdigste der uns bekannten Geschichtsschreiber?

MfG
 
Hallo Tib. Gabinus,

um noch einmal verständlicher zu werden. Ich versuche einzig und allein durch die Ortsangaben und die nüchternen Handlungsbeschreibungen die Tacitus angibt, den Ort der Varusschlacht zu lokalisieren. Die persönlichen und politischen Wertungen, die er über bestimmte Handelnde abgibt, interessieren mich dabei nur am Rande.

Tacitus konnte sich bei seiner Recherche mit Sicherheit auf eine weit größere Quellenvielfalt zurückgreifen, als Cassius Dio in einem Provinznest weitab von Rom.

Tacitus war für seine Zeit ausgezeichnet über die Germanen und Germanien informiert. Die Germania, die er vor den Annalen geschrieben hat beweist diesen Umstand. Wenn Tacitus von der Lippe, Ems und Weser schrieb, dann wusste er um welche Flüsse es sich handelte und wo sie flossen. Wenn Tacitus vom Gebiet der Brukterer, der Marser, der Chatten und der Cherusker schrieb, dann wusste er wo diese Stämme siedelten. Wenn Tacitus von den Örtlichkeiten Drususaltar, Drususkanal, Aliso, Varusschlachtfeld, Pontes Longi, Idistaviso und Angrivarierwall geschrieben hat, dann konnte er sie über sein Wissen lokalisieren. Es gab in diesem Zusammenhang für ihn keinen Grund, über diese Ortsangaben Unwahrheiten zu verbreiten. Trotzdem wurde immer versucht diese Aussagen in Zweifel zu ziehen um seinen favorisierten Schlachtort zu begründen. Dann liest man immer wieder, „Tacitus hat es so nicht gemeint“ oder „an dieser Stelle hat sich Tacitus vertan“.

Wenn Tacitus bis aufs kleinste Detail auseinander gepflückt wurde um seinen Bericht anzuzweifeln, warum wurde dann der Diobericht nicht aus den gleichen Gründen, ob seiner offensichtlichen massiven Unwahrheiten, von der wissenschaftlichen Quellkritik in der Luft zerrissen. Das Gegenteil ist der Fall. Ich behaupte mal, dass in 99 Prozent aller Varusschlachttheorien Cassius Dios Angaben eine tragende Rolle spielen und sie weitgehend kritiklos übernommen wurden.

Ich verstehe nicht warum du immer Massada als Vergleich zum Erdwall von Kalkriese heranziehst. Wenn ich recht informiert bin, belagerten die Römer diese Festung über drei Jahre. Dass sie während dieser Zeit diese Festung massenhaft mit Geschossen bestrichen haben und sich davon Funde wieder finden lassen ist nicht von der Hand zu weisen. Die Beschießung des Angrivarierwalles bei Kalkriese war eine zeitlich begrenzte Aktion, in der unvergleichlich weniger Geschosse verschossen wurden.

Um es richtig zu verstehen, Du gehst davon aus, dass römische Legionäre innerhalb der Kampfhandlungen bei Kalkriese, in einer Gefechtspause die Münzhorte in der Nähe des Walles angelegt haben sollen?

Gruß Maelo
 
Aber auch "Personen vom Tross" kann man mit einem Holzschwert nicht den Schädel spalten.

Sagt wer?

Bevor Menschen fähig waren, Bronze oder Eisen zu bearbeiten, haben sie mit Waffen aus Holz (sowas nennt man Keule) und Stein (z.B. Faustkeil) aufeinander eingeschlagen. Wenn es darum geht, Schädel zu spalten, sind Menschen offensichtlich sehr erfinderisch und sehr kreativ bei der Auswahl der Materialien, die zum Schädelspalten taugen. Unlängst habe ich die Ergebnisse einer Studie gelesen, die auswies, dass Südländer bei Kneipenschlägereien gern Messer einsetzen, während Deutsche Werkzeuge wie Aschenbecher bevorzugen. Die Studie hat auch belegt, dass die "Wahl der Waffen" nicht entscheidend ist für die Frage über Sieg oder Niederlage. Sprich: Ein Aschenbecher ist - "richtig" eingesetzt - mindestens so tödlich wie ein Messer. Schädelspalten ist leicht. Das geht mit japanischen Katanas, Keulen, Nudelhölzern und Teflonbratpfannen. :winke:
 
Hallo Allerseits

Das Verhältnis zwischen römischen und germanischen Funden ist eklatant. Bei dem einzigen germanischen Fund handelt es sich übrigens um einen germanischen Reitersporn. Ich glaube kaum, dass während einer Varusschlacht bei Kalkriese germanische Reitereinheiten vor dem Wall gekämpft haben sollen. Übrigens spricht Tacitus in Verbindung mit der Schlacht am Angrivarierwall ausdrücklich vom Kampf der Reiterei, der keine Entscheidung brachte.

Natürlich waren germanische Kämpfer während der Varusschlacht weit weniger mit Rüstungen, Schilden, Helmen, und Schwertern ausgerüstet, (deswegen wundert es mich ja auch warum sie ausgerechnet an diesem Ort gewonnen haben sollen) aber dieses Missverhältnis, von etwa 5000 römischen Fragmenten zu einem Reitersporn, ist extrem auffallend. Kein Teil einer germanischen Speerspitze, kein Teil eines Schildbuckels, keine germanische Fiebel, keine Teil eines germanischen Helmes, keine abgesplitterten germanischen Waffenteile. Nichts!

Und dann ist es schon in diesem Zusammenhang von Belang, um welche Schlacht es sich gehandelt haben könnte (Varus, Caecina, Germanicus), wobei nur die beiden letztgenannten Schlachten dieses Fundspektrum erlauben würden, denn nur hier hätten germanische Krieger mit einer gleichartigen Bewaffnung wie die Römer kämpfen können. Bei einer Varusschlacht bei Kalkriese hätte das Fundspektrum ein anderes sein müssen.

Das Argument, dass sich die Hilfstruppen gegen die Römer gewandt haben könnten und so mit römischer Bewaffnung gekämpft haben, ist nicht schlüssig, denn Sueton schreibt davon dass drei Legionen plus Hilfstruppen vernichtet wurden (Sueton/Augustus/23:“ die Niederlage des Varus hätte fast das Ende bedeutet, waren doch drei Legionen und ihr Führer, die Legaten und alle Hilfstruppen niedergemacht worden.“)

Wen es interessiert, auf dieser Webseite unten rechts Die Knochengruben , sieht man eindeutig wie einer dieser Schädel mit einer scharfen Waffe gespalten wurde.

Gruß Maelo
 
Ich meine, dazu von Timpe mal einen längeren Beitrag gelesen zu haben, in dem dieser weitere Beispiele für solche Grenzmarkierungen nennt.
Hallo El Quijote,
bitte selber jetzt mal „Butter bei die Fische“ was den Timpe und den germanischen Grenzwall angeht.
Ich hab den Timpe noch mal überflogen, der war’s scheinbar nicht. Dann wird es in irgendeinem Sammelband der sich mit der frühkaiserzeitlichen Germanienpolitik auseinandersetzt gewesen sein.


Ich lese den Tacitus so wie er geschrieben hat.
Na wenn Du das für Dich in Anspruch nimmst, dann wirst Du aber aus dem Kalkrieser Wall kaum den Angrivarierwall machen können, denn er liegt a) nicht jenseits der Weser (ja nicht einmal in seiner Nähe) und b) ist er mit seinen 400 m ein wenig kurz für einen Grenzwall.
Es wäre im Übrigen fatal Tacitus mit seinen vielen kleinen Widersprüchen allzu ernst zu nehmen. Weiteres entnimm dazu bitte dem Beitrag von Tiberius Gabinius.

Er kann aus meiner Perspektive so gewertet werden wie es dort geschrieben steht, chronologisch erfassbar und in der Darstellung ohne irgendwelche übertriebenen Metaphern oder verschleiernden Topos.
Sicher ist Tacitus chronologisch erfassbar: Er zeichnet die Varusschlacht leserfreundlich nach, so wie er sich deren Verlauf vorstellt, nicht wie Germanicus das Schlachtfeld vorgefunden hat. D.h. durch seinen kleinen literarischen Kunstgriff lässt er Germanicus beim Betreten des Schlachtfeldes die Varusschlacht in ihrem chronologischen Verlauf nacherleben.

Florus hingegen erzählt eine sehr zusammengeraffte und als Gleichnis angelegte Geschichte. Unzweifelhaft haben die Germanen auch die Römerlager auf der rechten Rheinseite angegriffen. Die Schlacht selbst muss sich auch nach Florus in Sümpfen und Wäldern zugetragen haben. Paterculus ist über jeden Zweifel erhaben was seine Beschreibungen angeht, denn er gilt als Zeitzeuge des Geschehens.
Ein Zeitzeuge ist eben auch kein Augenzeuge! Über Zweifel erhaben ist Velleius eben leider auch nicht, da er im tiberischen Sinne schreibt. Er ist mehr Tiberius als der veritas verpflichtet.
Was aber alle Verfasser angeht, so beschrieben sie das Barbaricum natürlich in topoi, und dazu gehört eben, dass das Land unwirtlich und zivilisationsfeindlich sei. Die Archäobotaniker und Archäozoologen strafen aber die Römer Lügen. Gallien und Germanien waren in weiten Teilen Wirtschaftsräume, wenn auch – insbesondere Germanien - bei weitem nicht so entwickelt.
Im Übrigen: Wie Du es auch drehst und wendest: Kalkriese lag damals zwischen Wäldern und Sümpfen. Wenn man also die Texte wörtlich liest, dann deckt sich Kalkriese - "inclusis silvis, paludibus - eingeschlossen zwischen Wälder und Sümpfe" - genau mit den Schlachtbeschreibungen.

Tacitus war äußerst gut über Germanien, seine Bewohner und der Landschaft informiert. Er wusste wovon und worüber er schrieb.

Genau! Deshalb sind seine Germanen auch nicht viel mehr als Mettrinkende CouchBärenfellpotatoes; deshalb betreiben sie einerseits keinen Ackerbau, um aber andererseits als Ehregabe den Stammesführern einen Teil der Ernte zu überlassen etc.




Weder ist das Dammer Moor schmal, noch gibt es hier einen Fluss. Außerdem ist bei der von Dir zitierten Stelle von der Schlacht von Idistaviso die Rede, die an der Weser stattgefunden hat, die Germanen seien über die Weser geflohen, und schon bereit gewesen sich hinter die Elbe zurück zu ziehen, als sie doch noch mal am Angrivarierwall umkehrten. Sprich: der Angivarierwall ist zwischen Weser und Elbe zu suchen, vermutlich näher zur Weser hin, zumindest impliziert das Tacitus, wenn er als Grund für den erneut aufflammenden Kampfeswillen der Germanen die Errichtung eines Siegesmals beim Kampfplatz Idistaviso nennt.

Auch ist nach wie vor nicht erkennbar, wieso die Römer beim Angrivarierwall ihren Tross mitten ins Kampfgeschehen hätten schicken sollen.

Die Hunte fließt nur etwa 10 Kilometer von Kalkriese entfernt, und die Fundstreuung zielt in diese Richtung über mehrere Kilometer.
Dass sich die Beschreibung des Tacitus über die Schlacht am Angrivarierwall mit dem Ort in der Niewedder Senke deckt, ist schon ein schwerwiegendes Indiz für diese Theorie, und die Fundsituation widerspricht dieser Schlacht nicht in dem Maße wie hier behauptet wird. Tacitus schreibt von dem heftigen Kampf der an dem Wall stattgefunden haben soll, und das Ausgrabungsergebnis ergibt einen Wall der während einer heftigen Kampfsituation eingestürzt ist. Sollten die Römer die Germanen mit Pfeilen und Geschoßbolzen von dem Wall heruntergeschossen haben, dann konnten die Fehlschüsse nach der Schlacht wieder aufgelesen werden, denn sie steckten noch sichtbar im Boden.
Was deckt sich denn da? Im Text ist von einem Grenzwall die Rede, von einem schmalen Moor im Rücken der Germanen(sic!), was dem Kalkrieser Schlachtgeschehen widerspricht und einem Fluss (flumen), der die römische Reiterei behinderte, was für die Hunte, wenige km hinter ihrer Quelle, kaum zutreffen kann. Die hätte man wohl eher als rivus bezeichnet! Heute wird sie gebündelt unter dem Mittelandkanal durchgeführt und ist für einen Reiter immer noch kein Hindernis! Auch streift die Hunte das Schlachtgeschehen nur am Rande, die Fundschwerpunkte sind mehrere km von ihr entfernt! Du wirst überall in Deutschland einen Bach oder einen Fluss finden, der in der Nähe irgendeines Geschehens fließt.
In Kalkriese wurde die Anwesenheit von Frauen nachgewiesen. Das passt zur Varusschlacht, wo man repräsentative Aufgaben erledigte und sich in einem freundschaftlichen Verhältnis mit den Germanen wähnte, nicht aber zu den Rachefeldzügen von Germanicus, als man sich im offenen Krieg befand und schnell und von Ballast unbehindert marschieren musste.


Die Germanen waren nach der Schlacht von Idistaviso für die Römer besiegt und sie errichteten ein Siegesdenkmal aus den erbeuteten Waffen. Es war aus römischer Sichtweise alles erledigt was zu erledigen war. Also zogen sie zurück zur Ems als sie wiederum vom letzten Aufgebot der Germanen attackiert wurden.

Wenn Du Tacitus so liest "wie er geschrieben hat" (Deine Worte) wie kommst Du dann darauf, die Angrivarierwallschlacht an die Ems zu verlegen?!
Da ist die Rede davon, dass die Germanen bei Idistaviso flüchtend die Weser durchschwammen und dass die Römer sie auf zehn Meilen verfolgten. Und als die Römer ein Tropaion aufrichteten, dass dies die Germanen in Wut versetzte, dass solche, die eigentlich schon auf dem Weg waren, die Elbe zu überqueren (in wie weit diese Information, die uns Tacitus mitteilt, der Wahrheit entspricht, ist wiederum eine andere Frage), umkehrten und die Römer angriffen.


Mir geht es einzig darum, auch durch zu Hilfennahme der Quellen, den Ort der Varusschlacht zu lokalisieren. Dabei sind Paterculus als Zeitzeuge, und Tacitus etwa 90 Jahre später, wegen ihrer ausgezeichneten Kenntnis der germanischen Landschaft und ihrer Einwohner, die zuverlässigsten Gewährsmänner, zumal sich Tacitus aus den Senatsprotokollen, anderen Quellen, und nicht vollständig verblasstem Wissen über das Geschehen informieren konnte (Deswegen auch das Beispiel von meinem Opa).
Nur leider lässt sich die Varusschlacht aus den schriftlichen Quellen nicht genauer lokalisieren als "in der Nähe" von "zwischen Lippe und Ems". Topographisch ist noch von Wäldern und Sümpfen die Rede, was nach Zeugnis der antiken Autoren für das gesamte nordeuropäische Barbaricum gilt. Nimm doch den ersten Satz des 5. Kapitels der taciteischen Germania:
"Die Landschaft zeigt zwar im einzelnen eine gewisse Abwechslung, ist aber im ganzen doch schaurig durch ihre Wälder und durch Sumpfe entstellt..."

Die Sache ist die: Strabo (Zeitzeuge) schreibt nicht speziell über die Varusschlacht, sondern sagt, dass Wälder und Sümpfe die Schwierigkeit darstellt Germanien zu erobern. Paterculus (Zeitzeuge) schreibt speziell zur Varusschlacht, dass die Varuslegionen eingeschlossen in Sümpfen und Wäldern ihr Schicksal erleiden. Tacitus schreibt etwa 90 bis 100 Jahre nach der Varusschlacht davon, dass Caecina über das sumpfige Gelände und den trügerischen Moorboden Brücken und Dämme anlegen musste, um das Schlachtfeld zu erreichen, und Florus schreibt etwa zeitgleich mit Tacitus von dem grausamen Gemetzel in den Sümpfen und Wäldern, und von dem Standartenführer der sich im blutigen Sumpf verbirgt.

Und dann schreibt erst weitere 100 Jahre später Cassius Dio seinen Bericht über die Varusschlacht. Das wäre so, um bei dem Beispiel mit meinem Opa zu bleiben, als wenn ich innerhalb meines Bekanntenkreises Erkundigungen über die Schlacht von Waterloo einholen wollte. Mir könnte keiner etwas erzählen von jemandem der einen kannte, der einen kannte.

Warum diskutierst Du eigentlich gegen etwas an, was niemand verteidigt?


Diesem offensichtlich nicht wahrheitsgemäßen Varusschlachtbericht wurde in der Vergangenheit bei nahezu allen Lokalisierungsversuchen fast bedingungslos gefolgt, und ihm, gegenüber Tacitus und anderen Autoren, den Vorzug gegeben. Nur wegen Dio heißt der Osning heute Teutoburger Wald, nur wegen ihm steht dort ein Hermannsdenkmal.
Das ist wirklich witzig. Du versuchst den Cassius Dio kleinzureden, um Kalkriese als Schlachtort der Varusschlacht zu dementieren (wobei ich die Bedenken teile), Cherusker versuchte damals anhand von Cassius Dio zu beweisen, dass Kalkriese nicht der Schlachtort sein könne (weil der Kalkrieser Berg ja wohl kaum die Qualitäten eines echten Berges besitze, wie Dio ihn beschreibe). Letzte Tage erst schrieb jemand hier im Thread noch einmal von dem verbrannten Tross (auch so eine Eigenheit von Cassius Dio), was ja bewiese, dass Kalkriese nicht der Ort der Varusschlacht sein könne, weil man ja dort Überreste des Trosses gefunden habe. Allerdings schreibt Cassius Dio explizit, dass die meisten Wagen (πλείους ἁμάξας), also eben nicht alle verbrannt wurden – womit ich keineswegs den Cassius Dio als glaubwürdig anerkenne sondern damit nur auf die im Text wirklich enthaltene Information hinweise.
Im Übrigen liegt ja gerade Kalkriese gar nicht im ehemaligen Osning, Detmold war der Ort wo man die Schlacht quasi offiziell verortete!

Weiterhin schrieb Dio [...] Nichts von Numonius Vala, der mit seinen Reitereinheiten zum Rhein desertierte. Nichts von den Lagerpräfekten Eggius und Ceionius, die ihre Lager einerseits tapfer verteidigten, und andererseits feige den Feind übergaben.
Nun, diesen Vorwurf wirst Du auch allen anderen Verfassern machen müssen, die über die Varusschlacht schrieben, denn diese Namen kommen einzig Bei Velleius Paterculus vor. Warum also ist das Fehlen dieser Namen lediglich bei Cassius Dio als Beweis seiner Unglaubwürdigkeit zu bewerten?


Hätte bei Kalkriese die Varusschlacht stattgefunden, dann hätten die Römer sicherlich gleichfalls versucht, die Germanen von dem Wall herunter zu schießen. Auch für dieses Szenario konnte bei Kalkriese kein Nachweis gefunden werden, obwohl die Römer ungezielter geschossen hätten, denn sie waren ja schließlich bedrängt.

Offensichtlich hatten die Römer in Kalkriese nicht die Möglichkeit, ihre Ballisten einzusetzen.

Sage mir bitte einen anderen schlüssigen Grund warum das Fundspektrum in Kalkriese nur römische Fundstücke beinhaltet. Sich damit herauszureden, dass die Germanen nur mit Holzwaffen gekämpft haben sollen, ist abwegig. Mindestens zwei der Toten in den Knochengruben hatten einen sauber gespalteten Schädel (In der derzeitigen Ausstellung zu besichtigen). Ich kann mir nicht vorstellen, dass man derartige Kerben mit einem Holzschwert oder mit einer Waffe aus minderwertigem Metall hinkriegt. In diesem Zusammenhang ist auch zu fragen ob diese Skelette aus diesen Knochengruben tatsächlich getötete Legionäre waren. Denn die hatten ja in der Regel einen Helm auf dem Kopf, der diese Verletzungen vermeiden sollte.
Es ist ja nicht so, dass Die Varusschlacht die erste Auseinandersetzung von Römern und Germanen dargestellt hätte. Zudem ist ziemlich sicher, dass einige der Teilnehmer auf germanischer Seite im Vorfeld in römischen Diensten gestanden hatten, zum Teil bis unmittelbar vor Beginn der Schlacht. Da gibt es verschiedene plausible Möglichkeiten: Jemand hatte seinen Helm gerade in einer Kampfpause abgenommen, im Kampf verloren, es handelte sich nicht um einen Soldaten sondern um einen zivilen Teilnehmer des Trosses, es handelt sich um einen nach der eigentlichen Schlacht Erschlagenen, oder um jemanden, der schon wegen einer Kopfverletzung behandelt worden wäre. (Siehe Tac. ann. I, 61, 3 f.) Im Übrigen gilt, was Tib. schon schrieb:
In keinem Szenario, ob Varus, Caecina oder Germanicus macht der Mangel einen Sinn, das habe ich bereits mehrfach betont.


Die historische Forschung hat sich knapp 200 Jahre nach dieser Methode damit auseinandergesetzt und damit nur eine unglaublich große Zahl an Varusschlachtfeldern produziert. Ich denke nicht, dass es mit anderen Schlachtfeldern die weit weniger Funde versprechen besser funktioniert.

Über 700!


 
Hallo Maelonn,

Ich gebe einmal den Schlachtbericht von Cassius Dio wieder und meine Anmerkungen zu den einzelnen Behauptungen.

1."Das Gebirge war nämlich reich an Schluchten und uneben..." Es ist geradezu auffallend dass Dio der einzige Histograph ist, im Gegensatz zu allen anderen Beschreibungen der Varusschlacht (StraboGeo.1.17, Vell.Hist.119/2, Flor.Ep.36, Flor.Ep.38, Tac.Ann.I/61, Tac.Ann.I 63, Tac.Ann.I/65), der von Bergen und Schluchten, und nicht von sumpfigem Gelände als eine Ursache der Niederlage spricht. Durch diese Tatsache, dass in keiner der anderen Berichte auch nur in einem Nebensatz von bergigem Gelände gesprochen wird, macht sich Dio schon mit seinen ersten Worten unglaubwürdig. Cassius Dios Beschreibung der Clades Variana ist die detaillierteste aller Quellen, aber in seinem Detailreichtum erwähnt er eigenartiger Weise mit keiner Silbe den Umstand "Sumpf", der gerade für die anderen antiken Autoren Schlachtentscheidend war. Schon bei dieser Textstelle erkennt man, dass sich Cassius Dio bei seiner Varusschlachtbeschreibung nicht an vorhandene Quellen lehnt, auf die er seinerseits bei seiner Recherche etwa zweihundert Jahre nach der Varusschlacht zurückgreifen musste, sondern einen nach seinen Vorstellungen erdachten dramaturgischen Weg geht. Zudem ist zu erfragen warum Dio den Hinterhalt den die Germanen ausgearbeitet haben nicht näher beschreibt, denn diese Falle zählte sicherlich zum entscheidenden Faktor der Niederlage des Varus. Hier ist ein erstes gewichtiges Indiz für eine grundsätzliche Tendenz zur Dramatisierung der Ereignisse ohne auf vorhandene Aufzeichnungen Rücksicht zu nehmen. Zudem gibt es östlich des Rheines und nördlich des Main kein Gebirge welches nach seiner Darstellung als schluchtenreich zu bezeichnen ist. Auch der heutige Teutoburger Wald hat allenfalls eine eher gemäßigt bergig topographische Struktur, mit überwiegend flacheren Bodensenken. Dass hügelreiches Gelände der römischen Kampfweise nicht widersprach, macht zudem diese Textstelle bei Tacitus deutlich: (Tac.Ann.II.14)
2."die Bäume standen dicht und überhoch gewachsen, so dass die Römer schon vor dem feindlichen Überfall mit dem Fällen der Bäume, dem Bauen von Wegen und Brücken, wo es sich erforderlich machte, große Mühe hatten." Übergroße Bäume stehen nicht dicht beieinander, da ihre ausladenden Kronen andere Bäume in ihrem Wachstum behindern. Hier wird dem Leser eine Landschaft geschildert die das Klischee bedient, welches die Römer von der Landschaft Germaniens hatten (Gewaltige Bäume, unwirtlicher Urwald). Diese Passage vermittelt den Eindruck als würde sich das Heer des Varus durch einen schier undurchdringlichen Dschungel fortbewegt haben, und verkennt dabei die Tatsache, dass ein römisches Heer egal unter welcher Führung bei seinen Märschen, gerade durch unbekanntes Gelände, eine gründliche vorherige Geländeerkundung über den Marschweg hatte. Die Legionen wären niemals ohne eine vorherige Aufklärung einfach drauflos gezogen. Varus mag ein wenig unbedarft gewesen sein, seine Heerführer waren es mit Sicherheit nicht. Außerdem befanden sich die Römer nicht in einem ihnen unbekannten Land. Durch vorherige Expeditionen und Feldzüge besaßen die Römer eine gewisse Ortskenntnis auf die sie bei diesem Feldzug mit Sicherheit zurückgegriffen haben.
3."Sie führten auch viele Wagen und Lasttiere mit sich, wie mitten im Frieden. Dazu folgten ihnen nicht wenige Kinder und Frauen sowie der übrige riesige Tross, so dass sie schon deshalb weit auseinander gezogen marschieren mussten." Diese Textstelle liest sich als wären die Varuslegionen gutgelaunt zu einen Campingausflug aufgebrochen. Die XVII, XVIII und XIX Legion waren nach Paterculus die tapfersten und kriegserfahrendsten von allen Armeen der Römer (Vell.Hist.119/2). Gerade diese Legionen besaßen eine erfahrene Führung und ein Heer welches mit den landschaftlichen Gegebenheiten in Germanien vertraut war, und die eine derartig beschriebene lockere Marschzusammensetzung während eines Feldzuges nicht toleriert hätten.
4."Gleichzeitig brachen noch heftiger Regen und Sturm los und zersprengten sie noch mehr;" Das Wetter kann nicht geplant ursächlich für die Niederlage des Varus gewesen sein. Für Arminius stand der Ort und der Zeitpunkt des Überfalles schon lange fest, bevor überhaupt das Wetter in eine Schlachtplanung mit einbezogen werden konnte. Es mag während der Kämpfe geregnet haben, aber der Hinterhalt musste schon in der Planung bei jeder Wetterlage vernichtend und unausweichlich sein. An dieser Textstelle bedient Dio ein weiteres Klischee welches von Germanien vorherrschte (immerwährend regnerisches Wetter), während in den anderen Quellen zur Varusschlacht das Wetter keine Rolle gespielt zu haben scheint.
5."der Boden, um die Wurzeln und unten um die Baumstämme herum schlüpfrig geworden, machte jeden Schritt für sie zu einer Gefahr" Sollte der Boden wirklich schlüpfrig gewesen sein, dann waren die Römer mit ihren Sandalen mit genagelten Sohlen, gegenüber den Germanen die, wenn überhaupt, nur einfaches Schuhwerk hatten, aufgrund der besseren Standsicherheit klar im Vorteil.
6."abbrechende und herabstürzende Baumkronen schufen ein großes Durcheinander" Demnach muss ein gewaltiger Sturm geherrscht haben, denn in einem natürlichen Mischwald, der den Widrigkeiten des Wetters durch seinen Wildwuchs robuster gegenübersteht, brechen bei einem einfachen Sturm nicht Baumkronen in derartig großer Anzahl ab, um ein ganzes Römerheer in Verwirrung zu bringen. Ein Sturm in dieser geschilderten Dimension hätte sicherlich auch die Germanen, in gleichem Maße wie die Römer, während des Kampfes behindert.
Schon diese ersten vier Sätze in Cassius Dios Beschreibung über den Verlauf der Varusschlacht tendieren offensichtlich in die Richtung, dem Leser eine Rechtfertigung der Niederlage eines römischen Heeres zu bieten. Dabei ist es nicht der genial geplante und vernichtende Hinterhalt der Germanen, der eine Würdigung verdient hätte, oder die offensichtliche militärische Unterlegenheit der Legionäre in dieser Situation, sondern einzig widrige und unverschuldete Umstände versuchen das römische Debakel schon im Vorfeld zu entschuldigen.
Auch der weitere Verlauf der Clades Variana wird von ihm in der gleichen Erzählweise geschildert:
1."Anfangs schossen sie nur von weitem, dann aber, als sich keiner wehrte und viele verwundet wurden, begannen sie den Nahkampf." Diese Textstelle liest sich, als hätten sich die Römer schon bei den ersten germanischen Angriffen ihrem Schicksal ergeben, und sich wie die Kipphasen in einer Schießbude von den Germanen abschießen lassen. Die einzige Distanzwaffe der Germanen waren Speere, die sie nach Tacitus Angabe (Tac.Germ.6) weit schleudern konnten. Die römischen Legionäre jedoch waren durchaus in der Lage diese Speere mit ihren groß dimensionierten Schilden abzuwehren, zumal ihre Rüstung diese Wurfgeschosse, wenn sie auf den Körper auftrafen, in ihrer Wirkung stark abschwächten. Andererseits waren die Römer weit mehr in der Lage, die aus der Distanz angreifenden Germanen, ihre umso effektiveren Distanzwaffen auf überwiegend ungeschützte Körper entgegen zu schleudern. Mit dieser Strategie konnten die Germanen das römische Heer nicht in ernste Verlegenheit bringen.
2."dann verbrannten sie die Mehrzahl der Wagen und alles andere, was sie nicht unbedingt brauchten“, Die Erhaltung des Trosses mit der Verpflegung war überlebenswichtig für die Legionäre, die sich ja nach Dios Angaben weitab von jedem Versorgungsstützpunkt befanden.
3."oder auch über die Baumwurzeln stolperten." Schon wieder die Baumwurzeln. Davon abgesehen dass es so viele Baumwurzeln in einem durchschnittlichen seinerzeit vorherrschenden Mischwald gar nicht gegeben haben kann (Mann schaue sich nur einen durchschnittlichen, mit normalen Baumwuchs bewachsenen Eichen- und Buchenmischwald an), dann waren diese Baumwurzeln sicherlich auch für die Germanen gleichermaßen hinderlich.
4."als erneut ein starker Regen und ein furchtbarer Sturm sie überfielen," Und auch erneut das schlimme Wetter in germanischen Gefilden.
5."Denn Pfeile, Wurfspieße, sogar auch die Schilde waren, da alles völlig durchnässt war, kaum zu benutzen." Dass Pfeile nicht zu benutzen waren, weil die Sehnen der Bögen durch dauernde Nässe unbrauchbar wurden, lässt sich in gewissem Maße nachvollziehen, aber das römische Pilum (Wurfspieß) und das Scutum (Schild) sollten selbst bei Dauerregen ihre Funktionen erfüllt haben.
6."Dazu konnten sie, da ihre Zahl sich stark vergrößert hatte - denn von den übrigen, die vorher noch vorsichtig gewesen waren, eilten viele herbei, hauptsächlich um Beute zu machen,- jene, deren Zahl sich bereits verringert hatte - denn viele waren in den vorhergehenden Kämpfen gefallen -, leichter umzingeln und niederhauen." Arminius hatte sicher schon vor dem ersten Angriff eine Armee beisammen, die das römische Heer besiegen konnte. Dass sich gerade in dem Moment, als sich ein Sieg für die Germanen abzeichnete, vordem unentschlossene und abwartende Krieger anschlossen, und das von den Kämpfern die von Anfang an am Kampfgeschehen teilnahmen geduldet wurde, scheint eher unrealistisch zu sein. Es ging schließlich um eine gewaltige Menge an Beutegut welches unter den Siegern aufgeteilt wurde.
7."Die einen folgten dem Beispiel ihres Feldherrn, die anderen warfen ihre Waffen weg und ließen sich von dem ersten besten töten," Die absolute Resignation von den ersten bis zur letzten Minute. Kein Anzeichen von Siegeswillen oder Kampfbereitschaft. Römische Heerführer handelten nach einem gewissen Ehrenkodex wenn sie sich nach einer Niederlage selbst gerichtet haben, aber der normale Legionär hat sich sicherlich nicht wie auf der Schlachtbank abschlachten lassen. Dazu ist der Überlebenswille beim Menschen grundsätzlich zu stark ausgeprägt.
Und in diesem Text willst du keine Klischees finden die Cassius Dio bedient?

Die Sache mit Waldgirmes wird immer gerne herangezogen, wenn es darum geht die Glaubwürdigkeit von Dio zu unterstreichen. Wenn ich viele Behauptungen aufstelle, dann kann es sein, dass die eine oder andere zutrifft.

Gruß Maelo
 
Aber auch "Personen vom Tross" kann man mit einem Holzschwert nicht den Schädel spalten.
Das du darauf einsteigst und ausgerechnet nur die Polemik aufgreifst wirft mal wieder ein schlechtes Licht...
Dazu schrieb ich bereits:
Bitte keine Polemik. Ich habe zu keinem Zeitpunkt diese Behauptung aufgestellt noch sprach ich explizit von "Holzschwertern". Welche Waffe diese Spaltung verursacht hat, läßt sich vielleicht den Fundberichten entnehmen. Falls nicht, so läßt sich, unabhängig vom übrigen Fundbild eine ganze Reihe von Szenarien entwerfen, die uns alle nicht weiter führen als zu weiteren Spekulationen über den Verbleib germanischer Waffen.

Ansonsten Danke für die Infos - und wieder was gelernt
Auf der Basis immer gerne.

um noch einmal verständlicher zu werden. Ich versuche einzig und allein durch die Ortsangaben und die nüchternen Handlungsbeschreibungen die Tacitus angibt, den Ort der Varusschlacht zu lokalisieren. Die persönlichen und politischen Wertungen, die er über bestimmte Handelnde abgibt, interessieren mich dabei nur am Rande.
Zum dritten mal: ich habe dich zweifelsfrei verstanden. Aber du mich / uns anscheinend nicht. Du bewertest die Quellen extrem, verwirfst eine völlig und folgst der anderen nahezu wörtlich (wenn es dir paßt). DU ignorierst völlig die Bewertung durch die Fachwelt.

Du schreibst "nüchternen Handlungsbeschreibungen".
Die Fachleute sehen Tacitus als moralisierend an.

Du schreibst von großer Ortskenntnis und glaubst an realistische sowie detaillierte Beschreibung Germaniens und der Germanen.
Die Fachwelt schreibt von Barbarenklischees und moralisierender Verzerrung.

Du schreibst von exakten und stimmigen Ortsbeschreibungen entsprechend Zeugenaussagen.
Die Fachwelt spricht von prosaischer Arbeit und begrenztem Informationszugang.

Du kannst also gerne weiter postulieren: Tacitus gut und weise, Cassius Dio falsch und unwissend, aber das bleibt trotzdem falsch.

Was Cassius Dio angeht, so ist er genauso der Quellenkritik unterworfen und wurde genauso auseinander gepflückt wie Tacitus. Darum hat sich u.a. Quijote mehrfach auch kritisch gegenüber dessen Interpretationen geäußert.
Nickel schreibt bspw. "Er war kein wissenschaftlicher Geschichtsschreiber und ließ sich zu stark von seinen Quellen und seiner eigenen Anschauung beeinflußen."
Das die Arbeit an dieser Quelle dir vielleicht nicht so geläufig oder bekannt ist könnte daran liegen, dass es nunmal nicht mehr lateinische sondern griechische Philologie ist.

Tacitus konnte sich bei seiner Recherche mit Sicherheit auf eine weit größere Quellenvielfalt zurückgreifen, als Cassius Dio in einem Provinznest weitab von Rom.
Ich wiederhole mich eigentlich nicht so gerne, aber noch ein letztes Mal:
ja, in Rom gibt es jene Archive. Nein, wir wissen nicht ob und wenn ja wie stark Tacitus dazu Zugang hatte und wie stark der seine mögliche Zugangsberechtigung nutzte.
Ansonsten hat Cassius Dio zehn Jahre Recherche betrieben bevor er sich an die Niederschrift setzte. Wir kennen einige seiner Quellen, gehen aber davon aus das er noch viele weitere, uns z.T. nicht bekannte Quellen nutzte und wohl auch Tacitus Werk kannte.
Es dann also darstellen zu wollen, als sei Tacitus ein "nüchternerner, wahrheits- und deteailgetreuer Reporter" im Verhältnis zum griechischen Fabulisten gewesen geht weit an jeder ordentlichen Quellenbearbeitung vorbei.

Tacitus war für seine Zeit ausgezeichnet über die Germanen und Germanien informiert. Die Germania, die er vor den Annalen geschrieben hat beweist diesen Umstand.
Sie beweist, DASS er informiert war und in der Tat über einige Dinge gut Bescheid wußte. SIe beweist aber nicht die von dir postulierte "nüchterne" oder "detaillierte" oder "genaue" Beschreibung. Du sagst selbst vollkommen richtig "für seine Zeit". Dazu kann man auch noch schreiben: "für einen Stadtrömer".
Für sein Publikum spielte es nie eine Rolle, ob ein Hügelkamm links oder rechts in der ferne zu sehen ist, ob der Sumpf kahl oder mit hüfthohem Ried bewachsen war usw.
Folgende Passage macht es vielleicht klar:
Quotiens bella non ineunt, non multum venatibus, plus per otium transigunt, dediti somno ciboque: fortissimus quisque ac bellicosissimus nihil agens, delegata domus et penatium et agrorum cura feminis senibusque et infirmissimo cuique ex familia, ipsi hebent, mira diversitate naturae, cum idem homines sic ament inertiam et oderint quietem.

Das reine Klischeebild vom faulen Barbaren, von denen nicht etwa die Fürsten oder wohlhabendsten sich durch besondere Faulheit auszeichnen, sondern die Tapfersten. Und obwohl er selbst von einer gewissen Armut der Gesellschaft schrieb, in dieser Passage geht es um Völlerei.

Um es abzuschließen: Tacitus ist als Quelle gut, wichtig und wertvoll. Man kann sich auf viele seiner Informationen stützen und verlassen. Ihm blind zu folgen, ihn mit den von dir auserkorenen Attributen zu versehen und andere Quellen dafür kategorisch auszuschließen geht zu weit!

Ich verstehe nicht warum du immer Massada als Vergleich zum Erdwall von Kalkriese heranziehst.
Weil wir mit Vergleichen arbeiten müssen und ich die Vergleiche nicht pauschal sondern auf einzelne Aspekte beziehe, was du hier offensichtlich übersiehst.
Du hast geschrieben, dass die Reichweite begrenzt, der Einsatz auf 20 - 30 m erfolgte, so zeigen uns die Schriften des Flavius Josephus und die Situation in Masada selbst, dass die Reichweite der Geschütze bei weit mehr als 200 m lag (FI gibt vor Jerusalem sogar über 360 m an).
Wenn du schreibst, dass Kalkriese der Angrivarierwall war, dann muß man auch wissen, welche Spuren römische Artillerie an diesem Wall hinterlassen hat. Und die Spuren in Masada sind massiv, obwohl es sich um eine steinerne Festung handelte. In Kalkriese sind von diesem massiven Beschuß, der nach Tacitus ja auch Breschen schlug, keine Spuren vorhanden.
Darum der Vergleich.

Wenn ich recht informiert bin, belagerten die Römer diese Festung über drei Jahre.
Die Wikipedia-Angaben taugen wenig. Der Streit über die Datierung der Belagerung ist lange nicht beigelegt, die Dauer bei weitem nicht zu bestimmen. Drei Jahre ist m.E. in jedem Fall zu hoch gegriffen. F I berichtet sehr flüssig, wie die römischen Truppen den Ort erreichen, ummauern und dann mit dem Bau der Rampe beginnen.
Richtig bleibt trotzdem, dass der Beschuß auf eine(!) Stelle des Walles durchaus länger angedauert hat als einen Tag und sich darum ein direkter (!) Vergleich im Sinne von Fundmenge und Effektivität ausschließt, was ohnehin schon durch die Wallstruktur gegeben war.
Was aber trotzdem möglich bleibt ist der indirekte Vergleich, soll heißen: wenn die römischen Geschoße auf eine solidiere Festungsmauer einen derartigen Eindruck hinterließen, kann es auf keinen Fall keine Spuren davon an einem Holz-Erde Wall geben.
Wenn nach jahrelangen Aufräumarbeiten sich immer noch Geschoße und Geschoßreste unter den Trümmern finden, dann kann unter dem in die Richtung aus der die Geschosse kamen zusammengestürtzten Wall nicht absolute Fundleere in Sachen Artillerie herrschen.
Was "Unvergleichlich" usw. angeht übertreibst du m.E. im übrigen. Wir sind noch lange von den Artilleriekonzerten der Neuzeit entfernt. Tacitus wie Flavius Josephus berichten uns vom gezielten Einsatz. Man schoß um die Verteidiger von den Mauern zu halten (in Masada geschah dies vom Belagerungsturm aus, der erst errichtet wurde, also ebenfalls nicht permanent im Einsatz war) und eine Bresche zu schlagen. Das von dir gezeichnete Bild hätte einen steten Nachschub an Munition erfordert, davon wissen wir nichts, im Gegenteil. Der Nachschub vor Masada war eine der Sorgen der Römer, einen Steinbruch für geschoßtaugliches Material in der Nähe gibt es m.W. nicht, sämtliches Holz (gefällt und herangeführt) wurde wohl für den Bau der Rampe und des Turmes verwendet.
Aber genug von Masada, wie gesagt zeigt es uns lediglich, dass der Kalkrieserwall nicht zur Überlieferung der Abläufe bei Tacitus paßt, wie du es postulierst.

Um es richtig zu verstehen, Du gehst davon aus, dass römische Legionäre innerhalb der Kampfhandlungen bei Kalkriese, in einer Gefechtspause die Münzhorte in der Nähe des Walles angelegt haben sollen?
Nein, ich gehe davon aus, dass, sollten die Kalkrieser Archäologen mit ihrer Interpretation recht haben, was für mich sehr gut möglich aber nicht vollkommen zweifelsfrei erwiesen ist, recht haben, die größeren Münzansammlungen von Soldaten vergraben wurden, die entweder im Chaos einer fluchtähnlichen Situation versuchten, ihre Wertgegenstände germanischem Zugriff zu entziehen ODER von Soldaten eingegraben wurden, die hofften, die bevorstehenden Ereignisse am Wall zu überleben und in späteren Zeiten zurückkehren zu können ODER von Soldaten und Offizieren, die sich in irgendeiner Form hofften verteidigen und behaupten zu können und dabei nicht behindert werden wollten, aber kein Risiko eingingen.
Fischer geht davon aus, dass die hohen Offiziere und die Truppenkasse vergraben wurde.
Kurzum: es gibt eine Reihe plausibler Möglichkeiten.
Unplausibel bleibt die Konstruktion einer Armee, die den Sieg vor Augen hat und trotzdem ihr Geld versteckt und dann auch noch zurück läßt. Derartiges wäre zudem einzigartig in der Geschichte.
 
Hallo
Ich übernehme den Tacitus nicht wie es mir passt, sondern ich übernehme ihn vollständig in seinen Ortsangaben.

Ich habe mit den gespaltenen Schädeln folgendes Problem. Es wird von den Kalkriesern behauptet, dass die Germanen nur mit minderwertiger Bewaffnung gekämpft haben sollen, weshalb man keine germanischen Funde gemacht hat. Und dann werden unmittelbar vor dem Wall wo die Kämpfe getobt haben müssen, und folglich auch dort die Kampfopfer in großer Zahl gelegen haben müssen, die, nach Aussage der Kalkrieser, römischen Gebeine in den Gruben vergraben. Aber von den wenigen Schädeln die gefunden wurden (ich weiß nicht wie viele es waren) haben hier ausgerechnet zwei eine mit einer scharfen Waffe gespaltene Kerbe. Demnach gab es also doch eine gute Bewaffnung bei den Germanen. Da passt etwas nicht.

Tacitus schreibt zum Kampf an dem Angrivarierwall davon, dass sich je dichter sich die Germanen auf dem Wall zeigten, desto größer wurden die Breschen geschlagen. Die Bresche bezieht sich auf die Reihe der Germanen. Natürlich flogen die Römischen Geschosse viel weiter als 30 Meter, aber je näher man an das Ziel herangeht, desto zielgenauer wird man. Deswegen meine Distanzzahl von etwa 20 – 30 Meter vor dem Wall. Hier werden die römischen Schützen ihre Position eingenommen haben um ihre Geschosse abzuschießen. Dabei wurden sicherlich nur die leichten Ballisten und die Bogenschützen herangezogen.

Ich gehe nicht davon aus, dass der Angrivarierwall eine ehemalige Grenze zwischen Cheruskern und Angrivarier war, sondern extra für diesen bevorstehenden Kampf an diesem Ort errichtet wurde.

Gruß Maelo
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich übernehme den Tacitus nicht wie es mir passt, sondern ich übernehme ihn vollständig in seinen Ortsangaben.

Genau das tust Du ja eben nicht. Nach wie vor fehlt jeder Hinweis von dir, warum die Angrivarierwallschlacht, statt zwischen Weser und Elbe in Wesernähe zwischen Weser und Ems stattgefunden haben soll. Es fehlt ein Hinweis von Dir, wie aus der kleinen Hunte ein flumen werden konnte, und ganz wichtig, warum die Germanen, die bei der Angrivarierwallschlacht in Bedrängnis kamen, weil sie den Sumpf im Rücken hatten, nach Kalkreiser Fundlage eher mit dem Rücken zum Berg standen.

Ich habe mit den gespaltenen Schädeln folgendes Problem. Es wird von den Kalkriesern behauptet, dass die Germanen nur mit minderwertiger Bewaffnung gekämpft haben sollen, weshalb man keine germanischen Funde gemacht hat. Und dann werden unmittelbar vor dem Wall wo die Kämpfe getobt haben müssen, und folglich auch dort die Kampfopfer in großer Zahl gelegen haben müssen, die, nach Aussage der Kalkrieser, römischen Gebeine in den Gruben vergraben. Aber von den wenigen Schädeln die gefunden wurden (ich weiß nicht wie viele es waren) haben hier ausgerechnet zwei eine mit einer scharfen Waffe gespaltene Kerbe. Demnach gab es also doch eine gute Bewaffnung bei den Germanen. Da passt etwas nicht.

Auch hier wurden schon mehrere plausible Gründe dargelegt, warum die Römer gespaltene Schädel gehabt haben könnten. Es ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die Germanen keine Schwerter gehabt hätten. Diese Annahme ist absurd. Minderwertig bewaffnet heißt nicht, den Germanen jegliches Metall abzusprechen.

Desweiteren ignorierst Du nach wie vor die Argumente die außer Deiner absurden Lokalisiseurng des Angrivarierwalls gegen die Germanicusfeldzüge sprechen, Stichwort: Frauen.


Ich gehe nicht davon aus, dass der Angrivarierwall eine ehemalige Grenze zwischen Cheruskern und Angrivarier war, sondern extra für diesen bevorstehenden Kampf an diesem Ort errichtet wurde.

Auch hier folgst Du nicht, wie von Dir behauptet, Tacitus. Es ist doch bezeichnend, dass dieser die Schlacht am Angrivarierwall als spontanes Umdenken der Germanen beschreibt und die Varusschlacht in den Quellen als gut vorbereitetes Unternehmen beschrieben wird. Wenn man sich nun aber Tac. ann II, 19 mal genau anschaut, wird man feststellen: extulerant ist das Plusquamperfekt von extollere, also die Vorvergangenheitsform, während die restliche Textumgebung im Perfekt und Imperfekt, also normalen Erzählvergangenheiten gehalten ist.
Und warum sollte Tacitus, abgesehen davon, dass er mit dem Plusquamperfekt den Aufwurf des Angrivarierwalls in eine Zeit weit vor der Schlacht verlegt, betonen, dass der Wall zwischen den Angrivariern und den Cheruskern trennte? ("...nisi quod latus unum Angrivarii lato aggere extulerant quo a Cheruscis dirimerentur.") Das ergibt doch für den geschilderten Schlachtverlauf überhaupt gar keinen Sinn...
 
Hallo
Ich übernehme den Tacitus nicht wie es mir passt, sondern ich übernehme ihn vollständig in seinen Ortsangaben.
Es wurde bereits mehrfach vorgestellt, wo du Informationen oder Stellen ausläßt, angefangen mit den von Quijote angebrachten Lokalitätsproblem bis hin zur jüngsten Stelle:

maelo schrieb:
Tacitus schreibt zum Kampf an dem Angrivarierwall davon, dass sich je dichter sich die Germanen auf dem Wall zeigten, desto größer wurden die Breschen geschlagen.
Tacitus schrieb:
missae e tormentis hastae, quantoque conspicui magis propugnatores, tanto pluribus vulneribus deiecti.
Dann folgt im Satz darauf direkt ein Sprung:
primus Caesar cum praetoriis cohortibus capto vallo dedit impetum in silvas
Die Bresche ist eine Schlußfolgerung von mir, die sich daraus ergibt, dass Tacitus berichtet, Artillerie käme zum Einsatz. In meinen Augen macht es keinen Sinn, die eigenen Mannschaften außer Reichweite zu nehmen (dazu auch gleich folgend genauer), die Oberkannte des Walles zu bestreichen und dann erneut Truppen "klettern" zu lassen, wobei der Beschuß wieder eingestellt werden muß, die Verteidiger also wieder "arbeiten" können.
Sich eine Hand hinter den Rücken zu binden, also nur kleine Geschütze zu verwenden macht im Gefecht, zumal wenn es schnell gehen soll (und auch geht, wie man aus der winzigen Stelle bei Tacitus lesen kann) keinen Sinn.
Aus den Beschreibungen der caesarischen Kämpfe bis hin zu Flavius Josephus und der Trajanssäule wissen wir, dass die Römer Wälle auch oder vor allem einrißen, bspw. mit der falx muralis, statt "nur" darauf zu steigen.

Das es sich bei der Beschreibung des Tacitus um eine Visualisierung für sein Publikum handelte und nicht um einen militärischen Einsatzbericht zeigt auch die Wortwahl.

Bleibt eben auch die Frage nach dem archäologischen Befund. Willst du nichts auslassen und ignorierst trotzdem den Mangel an Artillerie in Kalkriese bleiben noch "die Leichenberge" der Germanen. Tacitus schreibt auch, dass die Römer Berge im Rücken hatten. In Kalkriese würde das bedeuten, dass sie vom Hügel aus gekommen sein müßten, denn die Germanen haben laut Tacitus den Sumpf auf ihrer Rückseite.
hostem a tergo palus, Romanos flumen aut montes claudebant
Da stellt sich die Frage, wieso die Germanen den Wall dann so weit "unten" errichtet haben, denn das erleichtert das überwinden.
Da stellt sich die Frage, warum auf "deiner" römischen Seite am Wall keine Kampfspuren zu finden waren, auf der anderen Seite aber sogar ein römisches Maultier verschüttet wurde. Denn Tacitus beschreibt als eine der schlimmsten Situationen den ersten Anlauf gegen den Wall.

Das läßt du alles unbeachtet.


Ich habe mit den gespaltenen Schädeln folgendes Problem. Es wird von den Kalkriesern behauptet, dass die Germanen nur mit minderwertiger Bewaffnung gekämpft haben sollen, weshalb man keine germanischen Funde gemacht hat.
Um genau zu sein wird dies von Tacitus behauptet:
Nec minor Germanis animus, sed genere pugnae et armorum superabantur, cum ingens multitudo artis locis praelongas hastas non protenderet (...)
Tac. Ann. 2,21,1, nebenbei bemerkt: Abschnitt zur Schlacht am Angrivarierwall.

Und dann werden unmittelbar vor dem Wall wo die Kämpfe getobt haben müssen, und folglich auch dort die Kampfopfer in großer Zahl gelegen haben müssen, die, nach Aussage der Kalkrieser, römischen Gebeine in den Gruben vergraben. Aber von den wenigen Schädeln die gefunden wurden (ich weiß nicht wie viele es waren) haben hier ausgerechnet zwei eine mit einer scharfen Waffe gespaltene Kerbe. Demnach gab es also doch eine gute Bewaffnung bei den Germanen. Da passt etwas nicht.
Ja, der Wunsch mit statistischer Wahrscheinlichkeit nach Lösungen zu suchen. Willst du auf der Basis argumentieren würde ich um Untersuchungsergebnisse der Verletzungen bitten, die Rückschlüße zulassen, womit und wann die Verletzungen zugefügt wurden und wessen Schädel wir da vor uns haben.
Bis dahin bleibt nur die Pauschalbeurteilung: gewaltsame Todesursache durch Kopfverletzung.

Natürlich flogen die Römischen Geschosse viel weiter als 30 Meter, aber je näher man an das Ziel herangeht, desto zielgenauer wird man. Deswegen meine Distanzzahl von etwa 20 – 30 Meter vor dem Wall.
Nur schrieb Tacitus auch, dass er seine Truppen zurückzog. 20 - 30 Meter ist bereits Wurf- und Schußweite, Speerwerfer und Bogenschützen könnten auf beiden Seiten indirekt Schießen, also ohne Sicht. Die Geschützmannschaften würden ungeschützt in Feuerreichweite stehen, auch ein Ausfall, in Kalkriese durch die Tore ja möglich, wäre für sie extrem gefährlich.
Dieses Risiko ließe sich vermeiden, indem man Artillerie "wie immer bei Belagerungen" einsetzte, also kein spezielles Szenario entwirft, bei dem die Römer von allen Gewohnheiten und der Logik abweichen.

Hier werden die römischen Schützen ihre Position eingenommen haben um ihre Geschosse abzuschießen. Dabei wurden sicherlich nur die leichten Ballisten und die Bogenschützen herangezogen.
Wie gesagt, sie haben sich also deiner Meinung nach in Gefahr begeben und dann nur die Hälfte ihrer Möglichkeiten benutzt.
 
Hallo, Maelo!

Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht mehr recht, worauf Deine Argumentation eigentlich abzielt. Du schreibst, dass ein römisches Heer - angeblich eine "Elitetruppe" - sich nicht so hätte übertölpeln lassen und dass die Schädelverletzungen nicht erklärbar sind. Aber die Spuren belegen doch, dass bei Kalkriese römische Truppen besiegt worden sind. Und die Schädel mit den Hiebverletzungen sind doch vorhanden. Worauf willst Du hinaus? Dass dort Römer gegen Römer gekämpft haben? Zur Angrivarierwall-Theorie passt das aber auch nicht.

Zu Deinen Anmerkungen bezüglich der Geschichtsschreiber sei gesagt, dass ich weder Cassius Dio noch Tacitus verteidigen will. Ich gehe davon aus, dass beide nicht die reine Wahrheit schreiben. Beide hatten, wie schon mal erwähnt, gar nicht die Absicht, militärische Gründe für die Niederlage der Varustruppen zu liefern. Tacitus zum Beispiel geht auf die Schlacht selbst gar nicht ein. Er bezieht sich nur im Rückgriff auf sie. Und um die Kämpfe selbst geht es ihm gar nicht. Er beschreibt mehr den Konflikt zwischen Germanicus und Tiberius. Alle römischen Geschichtsschreiber beschreiben die römische Geschichte. An der Geschichte der Germanen lag ihnen im Grunde nichts.

Zu Deinen Äußerungen über die nördlich des Mains nicht vorhandenen Berge und Schluchten: Ich lebe in einer Gegend, die voller Berge und Schluchten ist. Zuvor habe ich in einer anderen Gegend gelebt, die noch mehr Berge und Schluchten hatte. Beide liegen nördlich des Mains und südlich der Lippe. Oder die dichten Wälder: Wie dicht muss ein Wald sein, um für römische Legionen unpassierbar zu erscheinen? Das schafft jeder Mischwald. Man muss dabei bedenken, dass die Legionen in erheblichem Umfang Material mitschleppen mussten. Um sicherzustellen, dass sie trotz dieses Gepäcks und der mitgeführten Wagen und Lasttiere noch in Kolonnen marschieren konnten, mussten Wege freigeschlagen werden. Zudem werden sich die Truppen bevorzugt auf vorhandenen Wegen bewegt haben.

Dein Hinweis, dass Dios Bericht über den übergroßen Tross des Varusheers falsch sein muss, ist bedenkenswert. Andererseits: Bei Kalkriese sind Spuren gefunden worden, die darauf hindeuten, dass keineswegs nur kriegswichtiges Material mitgeschleppt wurde. Warum hatten die Römer dort so viel Gold dabei? Auch aus den Anordnungen, die Tiberius nach der Niederlage erlassen hat, lässt sich ablesen, dass der Varustross mit ein Hauptgrund für seine Niederlage war: Tiberius hat verboten, dass der Tross Nutzloses mitschleppt. Er hat verboten, dass Frauen mitziehen. Grund: Er hat erkannt, dass so ein großer Tross nicht zu verteidigen war. Tiberius hat zum Beispiel auch angeordnet, dass alle Befehle schriftlich erteilt werden müssen. Das deutet darauf hin, dass bei der Varusniederlage auch mündlich erteilte "falsche" Befehle eine Rolle gespielt haben. Daraus könnte man schließen, dass noch nach Beginn der Kampfhandlungen "germanische Freunde" im Heer waren, die mit falschen Anweisungen Verwirrung gestiftet haben. Ob also tatsächlich alle von Paterculus genannten Hilfstruppen vernichtet wurden oder ob ein Teil davon übergelaufen ist, ist mehr als zweifelhaft.

Noch eine Anmerkung zur Frage der römischen Geschütze: Auf dem jüngst entdeckten Schlachtfeld im Harz lässt sich nachweisen, dass der Einsatz solcher Geschütze Spuren hinterlässt. Im Harz ist es offenbar dadurch möglich, den Ablauf des Kampfes nachzuzeichnen. Wenn bei Kalkriese keine Geschossspuren gefunden wurden, dann kann das nur heißen, dass keine Geschütze eingesetzt wurden. Das ist auch nur zu verständlich, wenn man sich anschaut, wie die römischen Schleudermaschinen aussahen. Die Dinger sind riesig. Sie konnten sicher nur zerlegt auf Wagen mitgeführt werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es möglich gewesen wäre, sie in der Hitze eines Gefechts in so einem Engpass aufzubauen.

Auch die Idee, dass diese Dinger auf eine Distanz von 30 Metern oder weniger eingesetzt wurden, halte ich für abwegig. Neulich waren in Waldgirmes Römertage. Dort hat eine Reenactmentgruppe auch den Einsatz solcher Schleudermaschinen vorgeführt. Die Dinger haben Bolzen und acht Kilo schwere Betonbrocken 80 Meter weit geschossen - und sie wurden dazu nur halb gespannt, weil für Schüsse über weitere Distanz der Platz nicht reichte. So ein Geschütz zu laden, dauert eine halbe Minute. In unmittelbarer Nähe des Feindes wäre es schwachsinnig, solche Geräte einzusetzen. Man könnte sie unmöglich gegen Angriffe sichern. Artillerie steht prinzipiell hinter den kämpfenden Einheiten.

MfG

Hallo
Ich übernehme den Tacitus nicht wie es mir passt, sondern ich übernehme ihn vollständig in seinen Ortsangaben.

Ich habe mit den gespaltenen Schädeln folgendes Problem. Es wird von den Kalkriesern behauptet, dass die Germanen nur mit minderwertiger Bewaffnung gekämpft haben sollen, weshalb man keine germanischen Funde gemacht hat. Und dann werden unmittelbar vor dem Wall wo die Kämpfe getobt haben müssen, und folglich auch dort die Kampfopfer in großer Zahl gelegen haben müssen, die, nach Aussage der Kalkrieser, römischen Gebeine in den Gruben vergraben. Aber von den wenigen Schädeln die gefunden wurden (ich weiß nicht wie viele es waren) haben hier ausgerechnet zwei eine mit einer scharfen Waffe gespaltene Kerbe. Demnach gab es also doch eine gute Bewaffnung bei den Germanen. Da passt etwas nicht.

Tacitus schreibt zum Kampf an dem Angrivarierwall davon, dass sich je dichter sich die Germanen auf dem Wall zeigten, desto größer wurden die Breschen geschlagen. Die Bresche bezieht sich auf die Reihe der Germanen. Natürlich flogen die Römischen Geschosse viel weiter als 30 Meter, aber je näher man an das Ziel herangeht, desto zielgenauer wird man. Deswegen meine Distanzzahl von etwa 20 – 30 Meter vor dem Wall. Hier werden die römischen Schützen ihre Position eingenommen haben um ihre Geschosse abzuschießen. Dabei wurden sicherlich nur die leichten Ballisten und die Bogenschützen herangezogen.

Ich gehe nicht davon aus, dass der Angrivarierwall eine ehemalige Grenze zwischen Cheruskern und Angrivarier war, sondern extra für diesen bevorstehenden Kampf an diesem Ort errichtet wurde.

Gruß Maelo
 
Hallo liebe Kombattanten

Es ist ein beliebtes Mittel, wenn man innerhalb einer Diskussion in Erklärungsnöte kommt, seinen Kontrahenten einen augenscheinlichen Wissens- oder Kompetenzvorsprung vor Augen zu führen. Ich habe schon einmal in einem Diskussionsbeitrag erwähnt, dass ich der lateinischen Sprache nicht mächtig bin. Insofern kann ich mit euren lateinischen Zitaten oder Deklarierungen nicht viel anfangen. Es wirkt auf mich nur ein wenig hilflos.

„Bis dahin bleibt nur die Pauschalbeurteilung: gewaltsame Todesursache durch Kopfverletzung.“ Genau das ist es Tiberius Gabinus. Und was machen die in Kalkriese daraus? Von den Germanen erschlagene Römer die durch Germanicus im Jahr 15 bestattet wurden. Durch nichts bewiesen und bei genauer Betrachtung sogar sehr Unwahrscheinlich. Es gibt einen Wall in Kalkriese an dem Römer gekämpft haben, und flugs wird dieser Wall als ursächlich für die Niederlage des Varus angesehen, obwohl dieser Wall für einen Hinterhalt nicht taugt und er auch nicht durch irgendeine Quelle belegt ist. Da werden Münzhorte gefunden und die Kalkrieser behaupten diese Münzhorte hätten römische Legionäre im Verlauf der Varusschlacht vergraben, obwohl niemand in höchster Not, während seine Kameraden gerade von Germanen abgeschlachtet werden, auf die Idee kommen würde sein Kleingeld zu vergraben, zumal er nicht wusste ob er jemals wieder an diesen Ort zurückkehrt. Da werden in Kalkriese, obwohl in der Varusschlacht die Germanen mit ihrer germanischen Bewaffnung gekämpft haben müssen, ausschließlich höherwertige Waffen- und Ausrüstungsteile gefunden, und schon wird gesagt dass die germanische Bewaffnung so schlecht war, dass man davon überhaupt nichts wieder finden würde. Womit sollen sie dann gewonnen haben?

Genau die gleiche Sache ist es mit der Maultierglocke, die ich anfangs meines Widereinstiegs in diese Diskussion angesprochen habe. Das diese Glocke aus einem Grund mit Gras zugestopft wurde, der nichts mit irgendeiner Kampfhandlung zu tun hat, weiß nicht nur ich, sondern auch die Ausgräber vor Ort. Aber was machen sie daraus? Legionäre die heimlich an diesem Wall vorbeiziehen wollten. Es gibt noch viel mehr Unstimmigkeiten die hier schon hinreichend ausdiskutiert wurden, und auf die ich auf Grund der Länge meines Beitrages nicht noch einmal eingehen möchte.

Da wird hin und her gebogen und was das Zeug hält und auf eine effekthascherische Art seriöse Geschichtsforschung vorgegaukelt, und der überwiegende Teil der interessierten aber nicht ausreichend informierten Bevölkerung sagt Toll und Klasse. Und auch ihr nickt das alles brav ab, obwohl gerade euch Geschichtscracks diese Unstimmigkeiten auffallen sollten, und diese gerade euer Misstrauen wecken müsste. Ich weiß dass die Fronten in dieser Diskussion mittlerweile verhärtet sind, aber so wie ihr blindgläubig das Szenario der Ausgräber in Kalkriese nachbetet, zweifele ich an eurer Unvoreingenommenheit in der Beurteilung eines archäologischen Befundes.

Ich kann selbstverständlich nicht ausschließen, dass sich in Kalkriese wirklich die Varusschlacht ereignet hat, obwohl ich in mir in meinem Herzen fast sicher bin, dass hier ein anderes Ereignis stattgefunden hat. Was mich an dem Ausgrabungsprojekt Kalkriese ärgert, ist dass hier kompromisslos aller Welt der Ort der Varusschlacht vorsuggeriert wird und kein anderes denkbares Szenario in irgendeiner Form von offizieller Seite eingeräumt wird.

Gruß Maelo
 
Neulich waren in Waldgirmes Römertage. Dort hat eine Reenactmentgruppe auch den Einsatz solcher Schleudermaschinen vorgeführt. Die Dinger haben Bolzen und acht Kilo schwere Betonbrocken 80 Meter weit geschossen - und sie wurden dazu nur halb gespannt, weil für Schüsse über weitere Distanz der Platz nicht reichte. So ein Geschütz zu laden, dauert eine halbe Minute. In unmittelbarer Nähe des Feindes wäre es schwachsinnig, solche Geräte einzusetzen. Man könnte sie unmöglich gegen Angriffe sichern. Artillerie steht prinzipiell hinter den kämpfenden Einheiten.

Hallo Maelonn,

ich war einer der Römer in Waldgirmes. (Muttertag bei den Rmern und Germanen: Rmertage in Waldgirmes Lahnau auf giessener-zeitung.de)

Erlaube mir einige Anmerkungen zu den Geschützen.
Man muss klar unterscheiden zwischen den kleineren Pfeilgeschützen und Belagerungsgeschützen die Steinkugeln verschiessen.

Die Pfeilgeschütze kann man durchaus in einer Feldschlacht einsetzen, natürlich wie du richtigerweise anmerktest nur mit Infanteriedeckung.
Mit drei Mann kann man es auch ziemlich schnell in Stellung bringen.
Die Ausgräber in Northeim Kalefeld haben sich übrigens unser Katapult einmal vorführen lassen um zu ergründen von wo die Römer geschossen haben.

Die großen Belagerungsgeschütze machen auf einem Feldzug in Germanien natürlich keinen Sinn, wie du schon richtig sagtest braucht man einfach zulange um sie aufzubauen.
(Unsere grosse Ballista verschiesst übrigens nur 4 kg schwere Kugeln, sie wiegt 960 kg.)
Mit einem Gabelstapler und vier Mann brauchen wir etwa eine Stunde für den Aufbau. Ohne modernes Gerät müsste man erst mal ein Gerüst bauen und bräuchte dann wohl 20 Mann zum Ziehen, das dürfte wohl ein Tagwerk gewesen sein.
 
Hallo
Ich übernehme den Tacitus nicht wie es mir passt, sondern ich übernehme ihn vollständig in seinen Ortsangaben.

Dann darfst und kannst du mir aber sicher eines erklären, was schon öfters moniert wurde, von dir aber immer wieder nicht beantwortet wurde.

Tacitus schreibt, dass Germanicus im Gebiet zwischen Ems und Lippe das Verlangen ereilte das Schlachtfeld der Varusschlacht zu besuchen. Das bedeutet, dass dieser Ort nicht allzu weit davon entfernt gewesen sein kann.

Du allerdings willst eher einen Sumpf nahe des Rheins annehmen.

Wie bitte passt deine Lokalisierung zu deinem Postulat, dass du Tacitus vollständig in seinen Ortsangaben übernehmen willst? :grübel:
 
Hallo Maelonn,

ich war einer der Römer in Waldgirmes. (Muttertag bei den Rmern und Germanen: Rmertage in Waldgirmes Lahnau auf giessener-zeitung.de)

Erlaube mir einige Anmerkungen zu den Geschützen.
Man muss klar unterscheiden zwischen den kleineren Pfeilgeschützen und Belagerungsgeschützen die Steinkugeln verschiessen.

Die Pfeilgeschütze kann man durchaus in einer Feldschlacht einsetzen, natürlich wie du richtigerweise anmerktest nur mit Infanteriedeckung.
Mit drei Mann kann man es auch ziemlich schnell in Stellung bringen.
Die Ausgräber in Northeim Kalefeld haben sich übrigens unser Katapult einmal vorführen lassen um zu ergründen von wo die Römer geschossen haben.

Die großen Belagerungsgeschütze machen auf einem Feldzug in Germanien natürlich keinen Sinn, wie du schon richtig sagtest braucht man einfach zulange um sie aufzubauen.
(Unsere grosse Ballista verschiesst übrigens nur 4 kg schwere Kugeln, sie wiegt 960 kg.)
Mit einem Gabelstapler und vier Mann brauchen wir etwa eine Stunde für den Aufbau. Ohne modernes Gerät müsste man erst mal ein Gerüst bauen und bräuchte dann wohl 20 Mann zum Ziehen, das dürfte wohl ein Tagwerk gewesen sein.

Ja, klar, mein Beitrag liest sich so, als könnten mit ein und demselben Geschütz Kugeln oder Bolzen verschossen werden. Das meinte ich natürlich nicht. Mit ging es darum, dass auch die kleineren Pfeilgeschütze noch recht groß und sperrig sind und sicher auf Karren transportiert wurden. Korrigier mich, wenn ich falsch liege, aber auch diese Dinger müssen doch zum Transport zerlegt werden, oder? Wie auch immer: Im Grunde ging es mir darum, dass es nicht möglich gewesen wäre, in dem engen Gefechtsfeld vor dem Kalkriesewall Artillerie aufzustellen und zu schützen. Schon gar nicht in so großer Zahl, dass diese Geschütze nenneswerte Wirkung hätten entfalten können. Das, was Tacitus für den Angrivarierwall beschreibt, wäre bei Kalkriese undenkbar gewesen.

Eure Vorführung in Waldgirmes war übrigens sehr interessant - soweit ich das mitbekommen habe. Da war so viel Volk, dass ich nur wenig sehen konnte...

MfG
 
Desweiteren ignorierst Du nach wie vor die Argumente die außer Deiner absurden Lokalisiseurng des Angrivarierwalls gegen die Germanicusfeldzüge sprechen, Stichwort: Frauen.

Man kann mit einiger Gewissheit annehmen, dass auch im Heer des Caecina Frauen mitzogen, die im Tross gewisse Aufgaben (z. B. Pflege von Verwundeten) übernahmen.

Ansonsten ließe es sich kaum erklären, weshalb Caecina noch 6 Jahre nach der Schlacht an den pontes longi im römischen Senat vehement dafür plädierte, dass Frauen im Heerzug besser nicht mitzögen.
(Tac. 3,33):

„Wenn Frauen zum Gefolge gehören, so führe dies im Frieden zum Wohlleben und im Krieg zu ängstlicher Rücksicht und damit zu Hemmungen, und eine römische Marschkolonne verwandle sich in eine Art Barbarenaufzug. (…) Sie (die Frauen) marschieren mitten unter den Soldaten und benützen die Centurionen als Handlanger.“


Das klingt durchaus nach eigener (sehr schlechter) Erfahrung.
Die alte Regel, keine Frauen zu Bundesgenossen oder fremden Völkern mitzunehmen, wurde offensichtlich schon lange nicht mehr befolgt. Ganz zu schweigen von den Verordnungen des Tiberius.
Der Antrag wurde allerdings im Senat abgelehnt. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Den missglückten Vergleich von Kalkriese und Massada möchte ich nicht weiter kommentieren.

Festzuhalten bleibt, dass der historiographischen Überlieferung nach die Germanen am Angrivarierwall einen Sumpf im Rücken hatten, während die Römer hinter ihren Stellungen die Berge und einen (nicht benannten) Fluss vorfanden und sich diese Angaben mit dem Fundbild von Kalkriese nicht in Einklang bringen lassen. Auch ist es nur schwer vorstellbar, dass mit besagtem Fluss die vom Schlachtfeld relativ weit entfernte und schmale Hunte gemeint gewesen sein könnte. Insofern könnte man sich den Ausführungen von El Quijote anschließen.

Andererseits sei darauf hingewiesen, dass Tacitus kein Zeitzeuge, geschweige denn Augenzeuge war, seine geographischen und topographischen Schilderungen folglich nicht wörtlich zu nehmen sind.
Es ist durchaus denkbar, dass er diesbezüglich die Situation dramaturgisch verfremdete bzw. übersteigerte. Eventuell haben wir es hier abermals mit einem Beispiel von Tacitus´ literarischen Kunstgriffen zu tun.

Der archäologische Befund ist also höher zu bewerten. Dieser verweist bei Kalkriese auf einen (postulierten) germanischen Wall, an dem in spätaugusteisch-frühtiberischer Zeit ein Gefecht zwischen Römern und Germanen stattfand.
Von einem germanischen Wall ist weder in den Berichten zur Varusschlacht, noch zu den pontes longi, Idistaviso oder anderen Auseinandersetzungen die Rede. Lediglich in den Schilderungen um die Schlacht am Angrivarierwall wird ein germanisches Schanzwerk erwähnt, wie es in Kalkriese von dem dortigen Archäologenteam nachgewiesen wurde.
So gesehen gäbe es also keinen Grund, die These von maelo als absurd zu bezeichnen.

@maelo
Mir bleibt abschließend nur die Frage an maelo, wer nach 16 n.Chr. die Knochen in Kalkriese unter die Erde gebracht haben soll.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Von einem germanischen Wall ist weder in den Berichten zur Varusschlacht, noch zu den pontes longi, Idistaviso oder anderen Auseinandersetzungen die Rede. Lediglich in den Schilderungen um die Schlacht am Angrivarierwall wird ein germanisches Schanzwerk erwähnt, wie es in Kalkriese von dem dortigen Archäologenteam nachgewiesen wurde.
So gesehen gäbe es also keinen Grund, die These von maelo als absurd zu bezeichnen.

Er argumentiert aber etwas anders. Zum einen will er Tacitus in seinen Angaben so genau wie möglich folgen, verlegt aber den Ort der Varusschlacht an den Rhein - warum auch immer, ein Argument dafür habe ich bei ihm bislang dazu nicht gelesen.

Dann nimmt er zwar den Wall, um die einzige Schlacht mit erwähntem Wall nach Kalkriese zu verfrachten, lehnt zudem Cassius Dio mit seinen Bergen und Schluchten ab, spricht sich also auch für Sümpfe aus, verweigert aber hier Kalkriese dennoch den Zuschlag, obwohl wir dort einen Sumpf haben und man hier auch nicht wirklich von Bergen und Schluchten reden kann. Vielleicht geht der Kalkrieser Berg ja noch als Berg durch (war nicht vor Ort, weiß also nicht, wie er wirkt), aber die Norddeutsche Tiefebene, die sich doch wohl nördlich anschließt, ist schwerlich als Schlucht zu bezeichnen.

Für mich macht das alles den Eindruck, dass hier sehr selektiv mit Quelleninhalten umgegangen wird - von den mehrfach erwähnten Problemen der Quellenkritik einmal ganz zu schweigen.

Maelos Theorie ist damit eine der 700+ Theorien. Und wie die meisten davon eine, die nicht überzeugen kann.
 
Es ist ein beliebtes Mittel, wenn man innerhalb einer Diskussion in Erklärungsnöte kommt, seinen Kontrahenten einen augenscheinlichen Wissens- oder Kompetenzvorsprung vor Augen zu führen. Ich habe schon einmal in einem Diskussionsbeitrag erwähnt, dass ich der lateinischen Sprache nicht mächtig bin. Insofern kann ich mit euren lateinischen Zitaten oder Deklarierungen nicht viel anfangen. Es wirkt auf mich nur ein wenig hilflos.
1. Sprechen wir hier über literarische Stilmittel, rheotorische Stilmittel und Detailtreue / - wissen des Tacitus. Wenn man da nicht auch das Original gegenprüfen kann und nicht willens ist, sich dies erläutern zu lassen, sollte man nicht die Fachwelt, die ich z.T. zitierte schlicht beiseite fegen und auf seinem Standpunkt bestehen. Mir zumindest war NICHT bekannt, das du kein Latein kannst, aber:
2. es handelt sich hier um einen Absatz von geschätzten (!) 10 Sätzen, von dem wir hier wenn es hoch kommt zwei oder drei zitiert haben. Es sollte nicht schwer sein, sich eine zweisprachige Ausgabe zu besorgen oder die latin library zur eigenen Übersetzung aufzurufen und so herauszufinden, wo wir sind und worüber wir eigentlich reden.
Es ist aber natürlich viel genehmer persönliche Charakterschwäche zu attestieren. Wenn du in diesem Forum aktiv bist, solltest du wissen, das sowohl Quijote als auch ich oft bis sehr oft die jeweiligen Originaltexte zitieren.


„Bis dahin bleibt nur die Pauschalbeurteilung: gewaltsame Todesursache durch Kopfverletzung.“ Genau das ist es Tiberius Gabinus. Und was machen die in Kalkriese daraus? Von den Germanen erschlagene Römer die durch Germanicus im Jahr 15 bestattet wurden.
Allerdings machen sie das wegen den FUndumständen aus, nicht wegen der Kopfverletzung. Denn diese sagt auch nicht, wie du behauptest: unmöglich von Germanen / im Rahmen der Varusschlacht.

Es gibt einen Wall in Kalkriese an dem Römer gekämpft haben, und flugs wird dieser Wall als ursächlich für die Niederlage des Varus angesehen, obwohl dieser Wall für einen Hinterhalt nicht taugt und er auch nicht durch irgendeine Quelle belegt ist.
Es ist mir neu, dass Kalkriese behauptet: "Wegen dem Wall haben die Römer verloren". m.W. stellen sie die Theorie auf, dass er zum Gesamtverlauf gehört. Nicht mehr und nicht weniger.

Da werden Münzhorte gefunden und die Kalkrieser behaupten diese Münzhorte hätten römische Legionäre im Verlauf der Varusschlacht vergraben, obwohl niemand in höchster Not, während seine Kameraden gerade von Germanen abgeschlachtet werden, auf die Idee kommen würde sein Kleingeld zu vergraben, zumal er nicht wusste ob er jemals wieder an diesen Ort zurückkehrt.
Du stellst dein Szenario, das der pausenlosen Bedrängung, als einzig möglichen Ablauf im Rahmen der Kalkrieser Theorie dar. Dem ist aber nicht so, das hatten wir bereits besprochen und du ignorierst es weiterhin.

Da werden in Kalkriese, obwohl in der Varusschlacht die Germanen mit ihrer germanischen Bewaffnung gekämpft haben müssen, ausschließlich höherwertige Waffen- und Ausrüstungsteile gefunden, und schon wird gesagt dass die germanische Bewaffnung so schlecht war, dass man davon überhaupt nichts wieder finden würde. Womit sollen sie dann gewonnen haben?
1. Wie zitiert behauptet Tacitus das, was nach DEINEM gusto, der Tacitus ja nahezu alles abkauft und ihn als Fachmann des germanischen darstellt dann also dem Fakt entspricht.
2. Bereits mehrfach erwähnt: der Mangel an germanischem Fund IST eine offene Frage, die aber ALLE Theorien außer der abstrusen eines römischen Bürgerkrieges auf diesem Territorium widerspricht. Willst du also das sagen?

Genau die gleiche Sache ist es mit der Maultierglocke, die ich anfangs meines Widereinstiegs in diese Diskussion angesprochen habe. Das diese Glocke aus einem Grund mit Gras zugestopft wurde, der nichts mit irgendeiner Kampfhandlung zu tun hat, weiß nicht nur ich, sondern auch die Ausgräber vor Ort. Aber was machen sie daraus? Legionäre die heimlich an diesem Wall vorbeiziehen wollten.
m.W. wird eher behauptet, dass es üblich war, die Glocken wenn sie nicht gebraucht wurden, zu knebeln. Das macht in meinen Augen Sinn.

Es gibt noch viel mehr Unstimmigkeiten die hier schon hinreichend ausdiskutiert wurden, und auf die ich auf Grund der Länge meines Beitrages nicht noch einmal eingehen möchte.
Dann gehe doch bitte auf unsere Gegenargumente und Fragen ein, die dein Szenario massiv in Frage stellen.

Da wird hin und her gebogen und was das Zeug hält und auf eine effekthascherische Art seriöse Geschichtsforschung vorgegaukelt, und der überwiegende Teil der interessierten aber nicht ausreichend informierten Bevölkerung sagt Toll und Klasse. Und auch ihr nickt das alles brav ab, obwohl gerade euch Geschichtscracks diese Unstimmigkeiten auffallen sollten, und diese gerade euer Misstrauen wecken müsste.
Tja ja, Verschwörungstheoretiker und Trolle wissen immer Dinge, die alle anderen nicht sehen können...

Ich weiß dass die Fronten in dieser Diskussion mittlerweile verhärtet sind, aber so wie ihr blindgläubig das Szenario der Ausgräber in Kalkriese nachbetet, zweifele ich an eurer Unvoreingenommenheit in der Beurteilung eines archäologischen Befundes.
Entschuldige, aber langsam bekomme ich die Hasskappe auf. Viele Leute haben auf deine Argumente geantwortet, Literatur zitiert, Quellen angeführt, Theorien erläutert und durchaus bei offenen Fragen auch zugestimmt, wenn dort eine Diskrepanz offen steht. Wir haben aber von dir auf unsere Fragen bislang keine Antworten von dir erhalten. Wer versucht also, sich möglichst nicht von seinem Fleck zu bewegen?


Den missglückten Vergleich von Kalkriese und Massada möchte ich nicht weiter kommentieren.(...)
Insofern könnte man sich den Ausführungen von El Quijote anschließen.
Wenn du jetzt noch das sinn- und haltlose Sticheln weglassen könntest wäre ich sehr zufrieden.
 
Hallo liebe (lieber?) Tela,

ich merke du wartest dringend auf eine Antwort auf deine Frage. Bitte warte noch eine wenig, und ich werde sie dir ausführlich, und ich hoffe zu deiner Zufriedenheit beantworten. Ich möchte erst noch einige Erläuterungen zu der Schlacht am Angrivarierwall abgeben.

Also das Ausgangsszenario für die Schlacht am Angrivarierwall war die Schlacht bei Idastivo an der Weser. Nachdem diese Schlacht zu Gunsten der Römer entschieden war, errichtete Germanicus ein Siegesdenkmal aus den erbeuteten Waffen und fügte noch eine Inschrift hinzu, in er die besiegten Stämme bezeichnet.

Die nächst Szene die Tacitus beschreibt, ist, dass die Germanen die letzen Kräfte zusammenziehen und die Römer auf dem Marsch angreifen, und sie in Verwirrung bringen. Wohin sollten den die Römer wohl marschiert sein, wo sie gerade einen nach ihrer Überzeugung entscheidenden Sieg errungen und dadurch den Krieg gegen die Germanen gewonnen haben. Noch weiter östlich? Zur Elbe? Zur Oder? Nach Rom? Sie haben sich logischer Weise auf dem Weg zu ihrer Flotte an der Ems gemacht, um dann zu den Winterlagern zurückzukehren.

Arminius wusste welchen Weg die Römer nehmen werden, nämlich die ihnen bekannte Route durch die Niewedder Senke um zur Ems zu gelangen. Dadurch dass ein Teil der Germanen den römischen Marschzug angreift und ihn etwas aufhält, verschafft er einem anderen Teil der Germanen genügend Zeit, um an einer Engstelle des vermuteten Marschweges, bei Kalkriese, eine Stellung mit einem Wall aufzubauen.

Dann erreicht Germanicus Kalkriese. Er erkennt die Situation die sich im bietet. Die Angrivarier offen erkennbar links auf dem Wall, dahinter der Kalkrieser Berg, die Cherusker rechts verborgen im Wald, und dahinter das Große Moor. Rechts hinter ihm versetzt die ebenfalls in Lichtungen verborgenen germanischen Reitereinheiten. Hätte Germanicus die Situation mit den verborgenen Cheruskern und den Reitereinheiten nicht erkannt und wäre auf die sich ihm offenbar bietende Situation eingegangen, dann hätte sich folgendes Szenario ereignet. Die Römer hätten selbstverständlich den offen vor ihnen liegenden Wall angegriffen und ihn sicherlich auch relativ leicht erobert. Die Angrivarier hätten sich aber nur ein Scheingefecht geliefert, und sich bei einem zu starken Angriffsdruck der Römer wenige Meter hinter den Wall zurückgezogen und sich neu formiert. Die Römer wären in dieser Folge über den Wall gestürmt und hätten den Angrivariern nachgesetzt. Das wäre für die verbogenen Cherusker und die Reitereinheiten der Moment gewesen loszuschlagen, und die Römer die noch vor dem Wall kämpften in den Rücken zu fassen. Die Römer würden also von den Germanen in dieser Gefechtssituation gezwungen über den Wall zu drängen. Hinter dem Wall gäbe es jedoch einen Spitzgraben, eine weitere Barriere die die Römer nicht ohne weiteres überwinden konnten. Panikartig nachrückende Legionäre würden die Römer in dieses neue Hindernis hinein drängen, und die vor dem Graben stehenden Angrivarier könnten die in extremer Unordnung gekommenen Legionäre fassen, während diese versuchen würden über den Graben zu gelangen. Im Grunde eine perfekte Falle, wenn sie Germanicus nicht durchschaut hätte. (ich hoffe, dass das nicht zu Kompliziert klingt)

Es kommt anders als von Arminius geplant, weil Germanicus die Situation durchschaut hat. Die römischen Verbände gehen gleichermaßen gegen alle germanischen Einheiten vor. Links gegen die Angrivarier, rechts gegen die Cherusker. In der Mitte der Legat Tubero um mit seinen Einheiten zusätzlich das von mir geschilderte Szenario zu unterbinden und die Senke in der Mitte zu sichern. Die Angrivarier auf dem Wall wehren sich tapfer, weil der Plan nicht aufgegangen ist. Germanicus erkennt dass der Wall nicht einfach zu nehmen ist, zieht seine Legionäre etwas von dem Wall zurück und holt zügig seine Bogenschützen und die Einheiten mit den leichten Ballisten heran. Ob es nun 20, 30 oder 40 Meter Distanz waren ist unwesentlich, jedenfalls so weit weg, dass sie außerhalb der Reichweite der germanischen Distanzwaffen sind, aber mit ihrer qualitativ besseren Bewaffnung die Germanen auf den Wall sicher bestreichen können. Dazu werden auch nicht die schweren Geschütze und Katapulte aufgebaut. Wer schießt schon mit Kanonen auf Spatzen? In dieser Situation ging es darum, die Angrivarier vom Wall zu schießen, nicht um gewaltige Breschen in diesen relativ kleinen Erdwall zu schlagen.

Die Angrivarier werden vom Wall vertrieben und die linke Front von den Römern besetzt. Der Schlacht ist aber noch nicht vorbei, denn die Cherusker, rechts vor dem Großen Moor und die germanischen Reitereinheiten kämpfen immer noch. Jetzt ergibt sich folgende Situation: Die Römer stehen links und haben was im Rücken? Den Kalkrieser Berg, exakt wie bei Tacitus beschrieben. Die Germanen stehen rechts und haben was in Rücken? Den Sumpf, exakt wie bei Tacitus beschrieben. Das passt wie die Faust auf Auge. Es fehlt nur noch die Sache mit dem Fluss der die Römer abriegelt hat.

Germanicus hatte bei diesem Feldzug ein gewaltiges Heer bei sich, und die Germanen mögen vielleicht eine ähnliche Truppenmacht aufgestellt haben. Anzunehmen dass sich die Schlacht am Angrivarierwall auf eine Fläche von einer Größe von wenigen Fußballfeldern zugetragen hat ist abwegig. Der Kampf wird sich sicherlich über ein Gebiet von einigen Quadratkilometern zugetragen haben. Und dann gerät die Hunte und die Hase in den Bereich der Überlegungen. Wer weiß um welche Gewässer sich die Hunte und die Hase vor zweitausend Jahren gehandelt haben. Vielleicht waren es keine Flüsse in herkömmlichen Sinne, aber doch kräftige Flüsschen, die Tacitus mit seiner Bezeichnung ein wenig aufgewertet hat.

Ich stelle zum Vergleich mit dieser Theorie einmal den Bericht von Tacitus vom Angrivarierwall ein, damit sich jeder ein Bild von der damaligen Situation machen kann und sie mit den Gegebenheiten in Kalkriese verglichen werden kann.


Tac.AnnII/19: „Nicht ihre Wunden, nicht ihre Trauer, nicht die Vernichtung ihrer Truppen schmerzte und erbitterte die Germanen so sehr wie dieser Anblick. Sie, die eben noch Anstalten trafen, ihre Wohnsitze zu verlegen und über die Elbe sich zurückzuziehen wollten nun kämpfen, griffen eilends zu den Waffen. Volk und Adel, alte und junge Leute stürzten sich plötzlich auf die römische Marschkolonne und brachte sie in Verwirrung. Zuletzt suchten sie sich einen Kampfplatz aus, der vom Fluss und Wald umschlossen war und in dem sich eine schmale sumpfige Fläche befand. Auch um das Waldgebiet zog sich ein tiefer Sumpf, nur eine Seite hatten die Angrivarier durch einen breiten Damm erhöht, der die Grenzlinie zu den Cheruskern bilden sollte. Hier ging das Fußvolk in Stellung. Die Reiterei nahm in den nahe gelegenen Lichtungen Deckung, um den Legionen, sobald sie in den Wald einmarschiert seien, in den Rücken zu fallen.

Dem Caesar blieb von diesen Maßnahmen nichts verborgen. Er kannte die Absichten und die Stellungen der Feinde, ob sie nun offen vor Augen lagen oder verborgen waren, und ihre schlauen Berechnungen suchte er in ihr Verderben zu verwandeln. Dem Legaten Seius Tubero übergab er die Reiterei und wies ihm das ebene Feld zu. Das Fußvolk stellte er so zum Kampf auf, dass ein Teil auf ebenen Gelände an den Wald heranrücken und in ihn einmarschieren und der andere den vor ihnen liegenden Erdwall erklimmen sollte. Diese schwierige Aufgabe behielt er sich persönlich vor, alles übrige überließ er den Legaten. Diejenigen, denen das ebene Gelände zugewiesen war, brachen mühelos in den Wald ein; diejenigen jedoch, die den Erdwall zu erstürmen hatten, hatten, wie wenn sie an eine Mauer vorrückten, unter einer schweren Beschießung von der Mauer herab zu leiden. Der Heerführer erkannte, wie ungleich dieser Nahkampf war. Er zog dagegen die Legionen ein wenig zurück und befahl den Schleuderern und Wurfschützen, ihre Geschosse zu werfen und den Feind vom Wall zu vertreiben. Von den Geschützen wurden Speere abgeschossen, und je sichtbarer die Verteidiger waren, mit um so größeren Verlusten wurden sie heruntergeworfen. An der Spitze seiner Prätorianerkohorten eroberte der Caesar den Wall und trat zum Sturmangriff auf den Wald an, wo man Mann gegen Mann rang. Den Feind riegelte im Rücken der Sumpf, die Römer der Fluss oder die Berge ab. Beide Teile mussten unbedingt ihre Stellung behaupten, sie konnten nur auf ihren Mannesmut sich verlassen und nur von einem Sieg Rettung erhoffen.“

Gruß Maelo
 
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