Ritter überspezialisiert?

Was mich interessieren würde: Wann hatte der Anteil an Berittenen denn seinen Höhepunkt in der Entwicklung, die Timotheus gerade dargelegt hat?

Wir hatten schon zu Beginn dieses Threads darüber gesprochen, daß hochmittelalterliche Heere bei weitem keine reinen Reiter- geschweige denn Ritterheere waren. Wie sah das denn bei den Franken aus, deren Panzerreitern Wikipedia insbesondere einen Vorteil bei der Marschgeschwindigkeit zuschreibt, und die auch als Eingreiftruppe gegen Wikingerüberfälle dienten?
 
Also Leute, bei solchen Vorwürfen müßt ihr mich schon aufklären: Welch subtile anderslautende Botschaft habe ich als Forenleser hier übersehen? Ich hab da nämlich das gleiche herausgelesen.

Ich gehe davon aus, dass du das gleiche herausgelesen hast, wie Nicole H.

Der Streitpunkt war - in der Sache - ob mittelalterliche Kampfpferde zwei Ritter in Kampfmontur tragen konnten und, wenn ja, wie weit. Nicole H. hatte hier unterstellt, dass Timotheus der Ansicht, sei, dies sei generell (also auch auf einer Entfernung von 50-100m) nicht möglich, worauf ich ihr eine andere Intrepretation der Aussage Thimoteus´ entgegenhielt, in der er von einem "alsbaldigen" Zusammenbruch eines Pferdes in einer solchen Situation sprach.

Neben des Streites um die Sache hat allerdings zumindest meine Auseinandersetzung mit Nicole H. auf einer Metaebene noch eine weitere Facette, die hier - und das bitte ich zu entschuldigen - nicht für jeden auf den ersten Blick ersichtlich sein mag. Es handelt sich dabei um den von ihr gepflegten Diskussionsstil, den ich für eine den Grundsätzen der Toleranz und des gegenseitigen Respekts verpflichteten Forenkultur als nicht immer unbedingt angemessen erachte.

Nichtsdestotrotz sollten diese Dinge natürlich nicht die Argumentation zu einzelnen Themen beeinträchtigen - und in diesem Punkt mag der ein oder andere dann doch den Eindruck haben, dass die Pferde mit mir durchgegangen seien. Daher: Asche auf mein Haupt und schlussendlich die Bitte, meinen dahin gehenden Off-Topic-Beiträgen entschuldigendes Verständnis entgegenzubringen.
 
Na also, endlich Schluss mit dem Förmchenklau.
Einigen wir uns darauf: Ein Pferd konnte in einer Gefahrensituation seinem Halter wichtige Dienste erweisen. Unter Umständen konnte auch ein anderer Ritter aufgenommen werden, allerdings nur bis zu 100 m. Längere Strecken hätte das Tier diese erhöhte Beanspruchung nicht ertragen.
Damit dürfte diese Frage geklärt sein.
Fest steht: Der Besitz eines Pferdes in der Schlacht war nicht von Nachteil.
 
Ein Pferd konnte in einer Gefahrensituation seinem Halter wichtige Dienste erweisen.
...
Fest steht: Der Besitz eines Pferdes in der Schlacht war nicht von Nachteil.

Das hatte nirgendwo irgendjemand bestritten, und darum ging es auch gar nicht.

Unter Umständen konnte auch ein anderer Ritter aufgenommen werden, allerdings nur bis zu 100 m. Längere Strecken hätte das Tier diese erhöhte Beanspruchung nicht ertragen.

Unter Umständen sicher möglich, aber definitiv nicht allzu lange - und gewiß nicht in schneller Gangart (also keinesfalls etwa so, wie derartige in vielen Filmen - insbes. im Western - dargestellt wird).
Und einen Nachweis bzw. Beleg zur Streckenlänge hätte ich da gern (ist nicht an Dich gerichtet, sondern allgemein bemerkt - damit wir uns nicht mißverstehen)...

Aber wie dem auch sei...
Hier sind die Ergebnisse der Untersuchungen des Museum of London sowie anderer diesbezüglicher Fachinstitute und -leute zusammengetragen und gut aufbereitet worden: Horses in the Middle Ages - Wikipedia, the free encyclopedia; egal, wie man selbst nun zur Wikipedia stehen mag (ich lese sie auch durchaus kritisch)...

Ich darf aus dem relevanten Teil einen Auszug zitieren:
Size of war horses schrieb:
...
... Allowing for the weight of the rider and other equipment, horses can carry approximately 30% of their weight; thus such loads could certainly be carried by a heavy riding horse in the 1,200 to 1,300 pounds (540 to 590 kg) range...
...
Daraus ist ableitbar, daß ein schweres Reitpferd der damaligen Zeit, welches selbst ca. 540 bis 590 kg schwer war (also damals übliche Werte schwerer Pferde), etwa (gerundet) 160 bis 180 kg Last tragen konnte.
Anm.: Nochmals das Beispiel zur Verdeutlichung an der Stelle, daß bereits zwei äußerste Leichtgewichte (je nur ~60 kg) in Vollkettenpanzer, Helm etc. (das sind nochmals je ~25 kg) zusammengerechnet schon an die 170 kg auf die Waage bringen.

Alle Aussagen, welche darüber hinaus gehen, sind also - um es vorsichtig auszudrücken - zutiefst spekulativ...

Damit dürfte diese Frage geklärt sein.

Na dann... :fs:
 
Na also, endlich Schluss mit dem Förmchenklau.
Einigen wir uns darauf: Ein Pferd konnte in einer Gefahrensituation seinem Halter wichtige Dienste erweisen. Unter Umständen konnte auch ein anderer Ritter aufgenommen werden, allerdings nur bis zu 100 m. Längere Strecken hätte das Tier diese erhöhte Beanspruchung nicht ertragen.
Damit dürfte diese Frage geklärt sein.
Fest steht: Der Besitz eines Pferdes in der Schlacht war nicht von Nachteil.

Erstens ist das ziemlich Wurscht, da es sowieso eine überaus seltene Situation gewesen sein dürfte. In der Schlacht erwartete man vom Ritter, dass er auf den Feind zupreschte um ihn niederzumachen und nicht dass er (auch noch zu zweit auf einem Gaul!) vor ihm weglief und gleich noch die Kollegen mitnahm (Oder waren es etwa italienische Ritter?).

Eine so peinliche Situation würde man als Ritterorden nicht auch noch auf einen Siegel darstellen, so dass Thimos Interpretation dieses Bildes weitaus plausibler klingt.

Zweitens hat das "Retten" mit dem "Reiten" Etymologisch überhaupt nichts zu tun:

Deutsches Wrterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine so peinliche Situation würde man als Ritterorden nicht auch noch auf einen Siegel darstellen, so dass Thimos Interpretation dieses Bildes weitaus plausibler klingt.

Ich danke Dir vielmals für diese Wertschätzung, aber sie gebührt nicht mir, sondern den Leuten, deren Werke ich diesbezüglich konsultiert habe, z.B. Alain Demurger.

Aber wir sollten wohl doch langsam zum eigentlichen Thema (Spezialisierung bzw. Überspezialisierung) zurückkehren - wie Brissotin bereits versuchte, ist dies auch vom Punkt der Reittiere ja durchaus möglich:
Ich finde allerdings, dass das Pferdematerial und die Spezialisierung der Ritter durchaus direkt zusammen gehört...
Auch hier sehe ich den Punkt einer Spezialisierung - geschweige denn gar einer Überspezialisierung - zumindest stark relativiert.

Blicken wir zur Vereinfachung auf das 13. Jh.: Richtig ist sicherlich, daß die bevorzugte Kampfweise des Ritters jene zu Pferd war und daß er - von evt. Sturzschäden u.ä. einmal abgesehen - einige Behinderung erfuhr, wenn er im Kampf vom Pferd gezwungen wurde. Das ist schon einmal allein deswegen der Fall, weil - wie erwähnt spreche bzw. schreibe ich jetzt vom 13. Jh. - das Gehen bzw. sogar das Laufen mit Kettenbeinlingen erschwert und die Sicht durch einen geschlossenen Helm (Topfhelm, aber auch bereits Barbiere) sehr stark eingeschränkt ist (und die flache Helmdecke gegen Hiebe von oben weniger gute Schutzwirkung hat als eine runde oder kegelförmige Kalotte).
Anm.: Wer daran zweifelt, darf gern einmal einen Freikampf zu Fuß in Vollkette mit Topfhelm ausprobieren ;)
Dennoch bleibt festzuhalten, daß - selbst wenn wir nur diesen Fall (Kampf zu Fuß in Reiterrüstung anstatt der pragmatischen Variante mit offenem Helm und ohne Kettenbeinline) betrachten - ein Ritter auch als Kämpfer am Boden noch immer nach wie vor ein ernstzunehmender Kombattant gerade auch als Gegner war. Der Kampf war nicht nur sein Recht, sondern faktisch sein Beruf (deswegen ja auch die mitunter herabsehende Arroganz gegenüber einfachen Waffenknechten als Hilfskämpfer); und solange ein Ritter nicht geschlagen, überwunden oder in auswegloser Lage war, wußte er sich gemeinhin durchaus eben auch ohne Pferd seiner Gegner zu erwehren bzw. diese niederzumachen.
 
Unter Umständen sicher möglich, aber definitiv nicht allzu lange - und gewiß nicht in schneller Gangart (also keinesfalls etwa so, wie derartige in vielen Filmen - insbes. im Western - dargestellt wird).
Man sollte aber nicht vergessen, dass Ritter in Western äußerst selten vorkommen. Scherz beiseite: Wenn zwei Personen in einem Film auf einem Pferd reiten, so handelt es sich nicht um Trickaufnahmen, sondern um die schlichte Realität. Ich möchte aber nicht länger auf dem Thema herumreiten.


Daraus ist ableitbar, daß ein schweres Reitpferd der damaligen Zeit, welches selbst ca. 540 bis 590 kg schwer war (also damals übliche Werte schwerer Pferde), etwa (gerundet) 160 bis 180 kg Last tragen konnte.
Anm.: Nochmals das Beispiel zur Verdeutlichung an der Stelle, daß bereits zwei äußerste Leichtgewichte (je nur ~60 kg) in Vollkettenpanzer, Helm etc. (das sind nochmals je ~25 kg) zusammengerechnet schon an die 170 kg auf die Waage bringen.

Na also, das passt ja.


In der Schlacht erwartete man vom Ritter, dass er auf den Feind zupreschte um ihn niederzumachen und nicht dass er (…) vor ihm weglief und gleich noch die Kollegen mitnahm
Tja, zwischen Anspruch und Realität liegen manchmal Welten.

(Oder waren es etwa italienische Ritter?).
??? Versteh ich jetzt nicht.

Eine so peinliche Situation würde man als Ritterorden nicht auch noch auf einen Siegel darstellen, so dass Thimos Interpretation dieses Bildes weitaus plausibler klingt.
Nochmals: Auf dem Siegel ist eine Szene dargestellt, die die brüderliche Hilfsbereitschaft der Ordensmitglieder untereinander darstellt. Ein Reiter nimmt einen anderen auf seinem Pferd („per Anhalter“) mit. Was mit dem Pferd des Anderen geschehen ist, wissen wir nicht. Vielleicht ist es gestorben oder weggelaufen oder er musste es in der Not verspeisen. Auf jeden Fall erklärt sich der andere dazu bereit, ihn auf seinem Pferd mitzunehmen. Ein Zeichen der Verbundenheit, nicht mehr und nicht weniger. Auf keinen Fall würde ich darin ein Anzeichen von Homosexualität sehen, da man, um diese bildlich auszudrücken, nicht eines Pferdes bedurft hätte. Oder ist das Pferd nur Tarnung und soll von der eigentlichen geheimen Botschaft ablenken?

Zweitens hat das "Retten" mit dem "Reiten" Etymologisch überhaupt nichts zu tun:

Das stammt auch nicht aus „Willi will´s wissen – Wie lebten die Ritter“, sondern war ein Einfall meinerseits. Leider ein Irrtum, wie ich jetzt weiß. Das Wort „Rettich“ ist ebenfalls nicht mit Ritter, Reiter oder Retter verwandt.

Es führt jetzt aber alles zu weit weg von der eigentlichen Fragestellung nach der Spezialisierung der Ritter. Meiner Meinung nach lag die Spezialisierung des Ritters ursprünglich im berittenen Kampf und erfuhr erst im Spätmittelalter eine Wandlung.

Richtig ist sicherlich, daß die bevorzugte Kampfweise des Ritters jene zu Pferd war und daß er - von evt. Sturzschäden u.ä. einmal abgesehen - einige Behinderung erfuhr, wenn er im Kampf vom Pferd gezwungen wurde.

Jawoll!! Genau mein Reden!
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Na also, das passt ja.

Aha; wieviele Männer sind denn derartige Leichtgewichte, welche ein Körpergewicht von gerade einmal 60 kg auf die Waage bringen? Und wieviele Männer sind doch schwerer?

Tja, zwischen Anspruch und Realität liegen manchmal Welten.

Das mag schon sein; doch Bdaian hatte den wichtigen Punkt dabei benannt: dargestellt wurde gewöhnlich - gerade im ritterlichen Umfeld sowie der zugehörigen Symbolik - aber das Ideal und nicht die Verfehlung. Wurde Verfehlung dargestellt, dann wiederum als Kontrapunkt - sprich: neben bzw. gegenüber - zum Ideal...

Auf dem Siegel ist eine Szene dargestellt, die die brüderliche Hilfsbereitschaft der Ordensmitglieder untereinander darstellt. Ein Reiter nimmt einen anderen auf seinem Pferd („per Anhalter“) mit. Was mit dem Pferd des Anderen geschehen ist, wissen wir nicht. Vielleicht ist es gestorben oder weggelaufen oder er musste es in der Not verspeisen. Auf jeden Fall erklärt sich der andere dazu bereit, ihn auf seinem Pferd mitzunehmen. Ein Zeichen der Verbundenheit, nicht mehr und nicht weniger.

Martin Bauer hatte ich ja diesbezüglich bereits referenziert; hier nun auch noch Alain Demurger:
Der innere Aufbau des Ordens schrieb:
...
Die andere Seite des Templersiegels hat die Neugier der Historiker stärker gereizt: es handelt sich um die Darstellung von zwei Reitern, die dasselbe Pferd besteigen, mit der Inschrift: "Siegel der Ritter Christi". Dieses Motiv wurde verschieden interpretiert. Gestützt auf englische Chronisten hat man darin das Symbol der anfänglichen Armut des Templerordens sehen wollen: "Dieses Jahr war der Anfang des Ordens der Templer, die zunächst so arm waren, daß zwei Brüder auf einem Pferd ritten; heute ist das auf dem Siegel der Templer zu sehen, um zur Demut anzuhalten." Die Erklärung ist unwahrscheinlich; die ersten Ritter waren sicherlich "arm", aber sie waren Ritter. Die Regel besagte, daß jeder zwei Pferde haben durfte.
Daher ist eine andere Begründung gesucht worden mit dem Ergebnis, das Siegel symbolisiere die Einheit und die Hingabe. Manche Historiker wollten in den beiden Rittern die beiden Ordensgründer Hugo von Payns und Gottfried von Saint-Omer erkennen; festhalten kann man immerhin die Symbolik des guten Einvernehmens, der Harmonie und Disziplin, die im Orden herrschen sollte. Bestimmte Artikel der Ordensregel verdeutlichen diese Symbolik, namentlich der Artikel "Über die Näpfe und Becher"... (Artikel 25). Das bedeutet allerdings nicht zangsläufig, daß die Templer zu zweit aus ein und demselben Napf aßen, wie man zu oft wiederholt hat - obschon dies im Mittelalter geläufig war. Es wird auch empfohlen, gemeinsam das Brot zu brechen. Die Regel wendet sich an Zönobiten (gemeinschaftlich in einem Konvent lebende Brüder - Anm. von mir) und nicht an Eremiten: sie betont das gemeinschaftliche Leben, und das Siegel symbolisiert dies auf seine Weise.
...
Aus http://www.geschichtsforum.de/f175/die-templer-3386/ - S. 68

Auf keinen Fall würde ich darin ein Anzeichen von Homosexualität sehen, da man, um diese bildlich auszudrücken, nicht eines Pferdes bedurft hätte. Oder ist das Pferd nur Tarnung und soll von der eigentlichen geheimen Botschaft ablenken?

Diese Interpretation gab es auch; sie stammte von Philippe Nogaret & Co., welche im Auftrag des französischen Königs zu Beginn des 14. Jh. diesbezüglich Indizien zu sammeln suchten. Wie aus diesem Zusammenhang ersichtlich wird, handelte es sich dabei aber eben um nichts als reine Propaganda.

Meiner Meinung nach lag die Spezialisierung des Ritters ursprünglich im berittenen Kampf und erfuhr erst im Spätmittelalter eine Wandlung.

Begründung, daß sie erst im Spätmittelalter auch zu Fuß kämpften?
 
Zuletzt bearbeitet:
O je! :S
Man sollte Marschgepäck nicht mit Kampfausrüstung verwechseln.
Ein Soldat kämpft heute doch nicht mit Rucksack auf dem Rücken. (Hat denn niemand von euch bei der Bundeswehr gedient?)
Ein Ritter behielt aber seine Rüstung im Kampfe an! Der Schwertkampf allein ist schon äußerst anstrengend, die schwere Rüstung dazu hätte ihn schnell ermüden lassen. Wer es sich leisten konnte, kämpfte zu Pferd! Kraftsparend und aus erhöhter Position.
Ich habe im österreichischen Bundesheer gedient und möchte Folgendes anmerken:
1) Man unterscheidet beim österreichischen Soldaten zwischen KAZ1, KAZ2 und KAZ3 (KAZ steht jeweils für Kampfanzug). KAZ1 umfasst nur die Uniform, den Helm, den Tragegurt mit Munitionstaschen, Feldmesser, Schutzanzug leicht oder Regenschutz, Trinkflasche etc. sowie natürlich das Sturmgewehr. KAZ2 umfasst darüber hinaus den normalen Rucksack, vollgepackt mit Wäsche, Essgeschirr, Wasch- und Rasierzeug, Schuhputzzeug, Zeltplane etc.; KAZ2 wiegt etwa 20 kg. KAZ3 umfasst zusätzlich noch den großen Rucksack mit noch viel mehr Wäsche, einem zweiten Paar Schuhe etc. und wiegt etwa 30 kg. Ins Gefecht zieht der österreichische Soldat im KAZ2, also sehr wohl mit einem Rucksack. Das ist auch klar: Schließlich kann im Feld nicht immer die restliche Ausrüstung nachgefahren werden, der Soldat muss also alles dabei haben, was er für ein paar Tage braucht - auch wenn das Gewicht zumindest meine Kampffähigkeit durchaus beeinträchtigt hat.
2) Man muss auch berücksichtigen, wie das Gewicht verteilt ist. Die Rüstung eines Ritters verteilte sich über den ganzen Körper. Im Spätmittelalter kam noch hinzu, dass bei der Plattenrüstung der Helm nicht mehr auf den Kopf drückte, sondern sich auf die restliche Rüstung stützte. Beim modernen Infanteristen hingegen befindet sich der Großteil des Gewichts im Rucksack auf dem Rücken, es werden also einseitig Rücken und Schultern belastet.
 
Ich muß an der Stelle auch noch einmal kurz etwas in der Diskussion zurückgreifen, da ich es seinerzeit versäumt hatte, auf einige Punkte einzugehen...



Das Langbögen ohne Probleme eine Ritterrüstung durchschlagen haben neuzeitliche Untersuchungen bewiesen...

... wo auf Schaukampfplattenrüstungen und/oder Kettenhemden mit einfach zusammengebogenen sowie relativ weichen Ringen geschossen wurde, welche ohne weitere Unterlage (Polsterung) auf einem harten Untergrund aufgelegt waren - und zur relativ geringen Schußentfernung sowie den verwendeten Pfeilspitzen schreibe ich dabei einmal gar nichts...

Wie aussagekräftig derartige Tests unter solchen Bedingungen sind, hatte ich bereits hier angemerkt und wurde im Folgebeitrag entsprechend bestätigt.

... und die Armbrust wurde deswegen auf dem Zweiten Lateranischen Konzil 1139 verboten...

Das Verbot der Armbrust von 1139 - übrigens gegen Christen, denn gegen Ungläubige durfte sie nach wie vor eingesetzt werden - hatte einen anderen Hintergrund: es ging darum, daß sie (a) von einem nichtprofessionellem Kämpfer (wegen ihrer relativ unkomplizierten Bedienbarkeit im Vgl. zu anderen Waffen) und v.a. (b) aus einem Hinterhalt (Das widersprach den ritterlichen bzw. adligen Vorstellungen des ehrbaren Kampfes!) eingesetzt werden konnte.

... was an ihrer Verbreitung und ihrem Einsatz aber nichts änderte , erst die Verbreitung von verbesserten Gewehren beendete ihre Verwendung für den Kriegseinsatz .

Dem ist freilich zuzustimmen - v.a., wenn wir dabei bereits für die Mitte des 12. Jh. die o.g. "Gegenklausel" (Nicht gegen Christen, gegen Ungläubige war es durchaus legitim!) einbeziehen.



Das Gewicht des Kettenhemdes kommt hier auch nicht annährend in die Dimensionen, die Nicole H. genannt hat. Ich denke 15 kg werden sie nicht überstiegen haben, aber Timo kann da bestimmt genauere Zahlen liefern. (Wieviel wiegt denn dein Kettenhemd bzw. komplette Ausrüstung, Timo?

Ich hatte in einem meiner Beiträge zur Rüstung und Bewaffnung dafür schon einmal Zahlen bzw. Intervalle genannt.
Meine Vollkette (Kettenhemd [Langarm], Kettenhaube, Kettenbeinlinge) habe ich zwar noch nie wirklich abgewogen, aber sie dürfte maximal an die 20 kg haben - wobei die Kettenhaube mit etwa 1,5 kg ins Gewicht fällt und die Kettenbeinlinge mit 5 bis 6 kg; d.h., das fast knielange Kettenhemd mit Langarm incl. angesetzten Händen hat dann etwa um die 12 kg.
Der Topfhelm - ich nehme also gleich einmal den schwersten Vertreter meiner Helme - kommt mit ca. 3 kg jedoch auch noch dazu.
Anm. 1: Bei der Rüstung sei nochmals darauf hingewiesen, daß sich diese v.a. dann als Schwergewicht präsentiert, wenn die Teile nicht angelegt sind! Am Körper verteilt sich das Ganze in erträglichem Maße...
Anm. 2: Gambeson, wattierte Haube etc. sind hier übrigens auch noch unberücksichtigt geblieben - dies als zusätzliche Anmerkung, jedoch weniger wegen des Gewichts, sondern weil das auch zur kompletten Ausrüstung gehörte.

Rechnen wir noch ein einhändiges Schwert von ca. 110 cm Länge dazu, so ist dieses noch einmal um die 1250 g schwer; das (längere [ca. 125 cm]) Sattelbaumschwert dürfte etwa 1500 g haben; der Streitkolben (mace turquese, um die 65 cm lang, Holzschaft) hat etwa 1000 g.
Dabei nicht zu vergessen sind natürlich noch Lanze (ca. 2,50 m lang und auch etwa 1000 g schwer) und Dreiecksschild (110 cm Länge [Johanniterschild noch langgezogen wie frühere Schilde - "Träne Gottes"], konvex gewölbt im Bogen ca. 70 cm und in der Gerade ca. 60 cm breit; der Schild dürfte um die 4 kg schwer sein, wobei sich dies jedoch durch das Riemensystem relativiert).
Anm.: Hier sei darauf hingewiesen, daß entweder das Sattelbaumschwert (ohne Schild) oder das normale Schwert (mit Schild) getragen wurde...
 
Anm.: Wer daran zweifelt, darf gern einmal einen Freikampf zu Fuß in Vollkette mit Topfhelm ausprobieren ;)

Gerne, wenn du die Ausrüstung stellst. Hast du am Sonntag schon was vor?:winke:

Beim Gewicht von Kettengeflecht spielen nicht nur die Maße eine Rolle, also z.B. wie lang das Kettenhemd ist oder die Ärmel sind. Auch das verwendete Material für die Ringe hat Auswirkungen auf das Gewicht. Ebenso gilt dies für die Größe der Ringe und da gibt es erhebliche Unterschiede, von ca 6 mm bis 12 mm Innendurchmesser. Und auch wenn die winzigen Nieten einzeln kaum etwas wiegen, macht es für ein komplettes Geflecht einen Unterschied, ob jeder Ring vernietet ist oder ob abwechselnd genietete und gestanzte Ringe verwendet werden - oder gar feuerverschweiste.

Ich habe schon Gewichtsunterschiede von zwei bis drei Kilo bei Kettenhemden von vergleichbarer Größe festgestellt, die allein an den oben genannten Kriterien liegen.
 
... wenn du die Ausrüstung stellst. Hast du am Sonntag schon was vor?:winke:

Einmal abgesehen davon, daß ich derzeit tatsächlich zeittechnisch stark eingeengt bin, weiß ich auch nicht, ob Dir alle meine Sachen so passen würden.

Aber ernsthaft...

Beim Gewicht von Kettengeflecht spielen nicht nur die Maße eine Rolle, also z.B. wie lang das Kettenhemd ist oder die Ärmel sind. Auch das verwendete Material für die Ringe hat Auswirkungen auf das Gewicht. Ebenso gilt dies für die Größe der Ringe und da gibt es erhebliche Unterschiede, von ca 6 mm bis 12 mm Innendurchmesser. Und auch wenn die winzigen Nieten einzeln kaum etwas wiegen, macht es für ein komplettes Geflecht einen Unterschied, ob jeder Ring vernietet ist oder ob abwechselnd genietete und gestanzte Ringe verwendet werden - oder gar feuerverschweiste.

Ich habe schon Gewichtsunterschiede von zwei bis drei Kilo bei Kettenhemden von vergleichbarer Größe festgestellt, die allein an den oben genannten Kriterien liegen.

Zweifellos; mir war es bei dieser Anmerkung dabei aber eigentlich um andere Aspekte als Maße und Gewicht gegangen.
Ich erlaube mir, mich zu diesem Behufe selbst zu zitieren:
Das ist schon einmal allein deswegen der Fall, weil - wie erwähnt spreche bzw. schreibe ich jetzt vom 13. Jh. - das Gehen bzw. sogar das Laufen mit Kettenbeinlingen erschwert und die Sicht durch einen geschlossenen Helm (Topfhelm, aber auch bereits Barbiere) sehr stark eingeschränkt ist (und die flache Helmdecke gegen Hiebe von oben weniger gute Schutzwirkung hat als eine runde oder kegelförmige Kalotte).
Anm.: Wer daran zweifelt, darf gern einmal einen Freikampf zu Fuß in Vollkette mit Topfhelm ausprobieren ;)
Anm.: Hervorhebung der relevanten Passage durch nachträgliche Unterstreichung...

Oder um es mit anderen Worten zu schreiben: Versuche einmal, (1) mit angelegten Kettenbeinlingen zu gehen oder gar zu laufen (einfaches Joggen zu versuchen, ist dafür vollkommen ausreichend) und/oder (2) Deine Umgebung ringsum einzusehen, wenn Du einen Topfhelm oder eine Barbiere trägst.
Geht beides durchaus, ist aber eben - um es noch vorsichtig auszudrücken - äußerst aufwendig bzw. schwierig...
 
Mein Beitrag sollte eine Ergänzung zu deinen Gewichtsangaben von Ausrüstungsteilen sein. Keineswegs wollte ich deiner Darstellung widersprechen, da ich selbst schon Erfahrungen mit Rüstungen und Bewegung im Gelände habe (allerdings weder mit geschlossenen Helmen, noch mit Beinlingen) und daher auch weiß, wie nachteilig sie sich auswirkt, selbst wenn man sich an das Tragen von Rüstung gewöhnt hat.
 
Zurück
Oben