Im Altenglischen lautet das Wort anscheinend haegtesse.
Das entspricht dem hochdeutschen hagazussa und ist damit ein Indiz dafür, dass es sich tatsächlich um ein germanisches Wort und keine Entlehnung handelt.
Wie gesagt, /ts/z/ entwickelt sich in der hochdeutschen Lautverschiebung aus /t/. Auch Lehnworte werden dem unterzogen. Wir können das an einigen Worten genau sehen (synchrone und diachrone Beispiele gemischt):
to/
tom/
ten -
zu
two/
twee -
zwei
tegula -
Ziegel (diachron)
Tolbiacum -
Zülpich (diachron)
to swea
t - schwi
tzen
Tick -
Zecke
tabula -
Zabel (nur noch in einer literarischen Gattung erhalten, den Schach
zabelbüchern) (diachron)
Geschü
tte (niederdeutsch) - Geschü
tz
Tyr -
Ziu (vgl. Tuesday) (diachron)
Tiden - Ge
zeiten
Ge
tal
- Zahl
Und zuletzt das Wort, anhand dessen sich wohl einige Leute die Umlautung am besten merken können, und in dem sowohl die Umlautung t > z als auch die Umlautung tt > tz vorkommt, was allerdings im heutigen Deutschen als Vulgarismus erhalten ist:
Ti
tte -
Zi
tze.
Bei Wikipedia wird eine interessante Deutung als Hagdise gegeben. Dise ist wirklich ein altes Wort für weise Frau oder Göttin. Wir kennen es aus den Merseburger Zaubersprüchen als idisi, im Norden als Dise (dis/disir) und im Türkischen als disi (Weib), alttürkisch idhi (Götter oder Geister). Möglicherweise besteht hier eine Verbindung zu lat. deus, griech. Zeus, germ. Ziu usw.
Mit turkophonen Ableitungen wäre ich vorsichtig.
Meiner Ansicht nach bringt ein wildes Deuten der Sprachwissenschaftler nichts, wenn sie sich nicht auch mit den Hintergründen befassen, denn Sprache ist nunmal keine Mathematik.
Wildes herumdeuten sehe ich eher in diesem Thread, wo versucht wird altgriechische und sogar türkische Belege allein aufgrund phonetischer Ähnlichkeit heranzuziehen. Die Sprachgesetze sind keine Naturgesetze, das ist richtig, aber sie sind eben auch nicht willkürlich von Linguisten erfunden worden.
Du bist sicher nicht der erste, der sich mit der Etymologie von Hexe auseinandergesetzt hat, das haben schon zig Leute versucht, darunter sicher diverse Sprachwissenschaftler mit Professertitel und profundem Sprachwissen.
Wie sagte schon Neil Postman? "Keine These ist so absurd, dass nicht ein Professor daran glaubt."
Die meisten Profs haben ihren Titel zwar sicher verdient und es hat Hand und Fuß, was sie schreiben, aber allzu autoritätsgläubig wollen wir nicht sein. Grundsätzlich muss alles zu überprüfen erlaubt sein.
Mir fällt auch gerade auf, dass sich aus dem lateinischen comes im Französischen comte und comtesse entwickelte. Könnte es eine ähnliche Entwicklung zu Hagazussa und haegtesse gegeben haben?
Nein. Das Französische brauchte offensichtlich durch den Wegfall des auslautenden /-s/ einen Gleitlaut, daher wurde das /t/ ein gefügt.
Haegtesse und
Hagazussa ist aber der Beleg dafür, dass das Wort *
ha(
e)
g(
a)
tussa im Germanischen existiert haben muss, da es in der altgermanischen Form und in der althochdeutsch umgelauteten Form belegt ist. Siehe oben.
Weiterhin fragt sich, ob bei Übernahme aus einer anderen Sprache, also bei Lehnwörtern, die Sprachgesetze ebenfalls einfach anzuwenden sind, da oftmals Lehnwörter ja ähnlichen Wörtern der Sprache angepasst werden (hamaca-Hängematte):scheinheilig:
Das Anpassen funktioniert aber nur, wenn man dem angepassten Wort
einen Sinn geben kann, wie das die Niederländer bei der
Hangmat gemacht haben. Es ist ja nicht so, dass das karibische
hamaca direkt zum niederländischen-deutschen hangmat/Hängematte geworden sei: Zunächst einmal ist im Französischen und im Englischen das auslautende -a weggefallen:
hamac bzw.
hammock. Die Niderländer haben dem offensichtlich nur undeutlich gehörten Wort dann einen Sinn gegeben: es handelte sich eben um eine hängende Matte, also eine
hangmat. Wir nennen so etwas Pseudoetymologie (also falsche etymologische Herleitung) oder Volksetymologie (das Volk versucht dem fremden Wort einen Sinn zu geben). Ein anderes Beispiel für Volksetymologie ist z.B.
dichten. Man behauptet, der Dichter würde die Sprache verdichten, was ja durchaus einen Sinn ergibt, wenn man sieht, dass manches Gedicht mit wenigen Worten viel aussagt. Etymologisch ist diese Herleitung allerdings falsch, denn dichten stammt ursprünglich vom lateinischen
dictare.