Kiever Rus, ein russisches Märchen?

KoLJA

Neues Mitglied
hi,
ich weiß nicht welche Version stimmt:

In der russischen Version wird erzählt: das Kiever Reich war ausschließlich ein russisches Reich und die Völker Belarus und Ukrainer nur eine Erfindung davon.

die andere Version: es soll am Anfang ein Reich unter Herrschaft von Schweden gewesen sein, danach unter russischen Herrschaft. Es waren viele Völker darunter. Die slawen bildeten die Merheit, jedoch nicht im Adel.

Eine Frage noch dazu? > warum wurde Kiev einfach so gegen Moskau ausgetauscht. Wieso hat das Reich Kiev nicht behalten? War Kiev ein Schwede, den die Geschichte der Stadt erzählt das Kiev von 3 Brüdern und einer Schwester gegründet worden ist. Es wurde nach dem ältesten benannt Kyi, deswegen der ukrainische Name Kyjiv?
 
Einmal auf die Schnelle aus dem Handgelenk geschüttelt...

In der russischen Version wird erzählt: das Kiever Reich war ausschließlich ein russisches Reich und die Völker Belarus und Ukrainer nur eine Erfindung davon.

Das ist - mit Verlaub - Unsinn...

Die Kiewer Rus war ein mittelalterliches Großreich mit dem Zentrum Kiew und umfaßte um das Jahr 1000 ungefähr folgendes Gebiet: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/da/KiewerRus.jpg
Es kann aufgrund seiner Ausdehnung sowie seiner kulturgeschichtlichen Prägung (ostslawische Sprache, Christianisierung nach dem byzantinischen Ritus etc.) als Vorläuferstaat der heutigen Staaten Rußland, Weißrußland und Ukraine angesehen werden.

die andere Version: es soll am Anfang ein Reich unter Herrschaft von Schweden gewesen sein, danach unter russischen Herrschaft. Es waren viele Völker darunter. Die slawen bildeten die Merheit, jedoch nicht im Adel.

In der Tat wurde dieses Großreich, in dem hauptsächlich Ostslawen, jedoch auch Finnen und Balten - sowie marginal auch Iranier und Turkvölker - lebten, von den Warägern (die ursprünglich tatsächlich größtenteils aus Schweden stammten) beherrscht. Die Waräger bildeten größtenteils den Adel sowie die Händler- und Kriegerschicht, slawisierten sich jedoch im Laufe der Jahrhunderte vollständig.

warum wurde Kiev einfach so gegen Moskau ausgetauscht. Wieso hat das Reich Kiev nicht behalten?

Genauenommen war dieses Großreich nicht ein Reich i.d.S., sondern ein Verbandsstaat von mehr oder weniger starken Teilfürstentümern. Die beiden wichtigsten Fürstentümer waren Kiew und Nowgorod.
Im Zuge des Mongolensturms während des 13. Jh. (etwa im Zeitraum von 1237 bis 1242) zerfiel die Kiewer Rus endgültig; und die Teilfürstentümer gerieten infolgedessen unter mongolische Herrschaft (Wahrung der Selbständigkeit gegen Zahlung von Tributen an die Mongolen). Die Städte, insbesondere die Zentren der Fürstentümer, wurden während dieser Zeit verwüstet bzw. zerstört, was im Fall von Kiew ein enormes Herabsinken mit sich brachte.

Auszunehmen davon ist Nowgorod, da dieses durch seine nördliche Lage und v.a. durch seine natürlichen Bedingungen (vergleichsweise unwegsames, weil schlammig-morastiges Gelände) von mongolischen Überfällen verschont blieb. Zeitweise war Nowgorod sogar Zentrum der Russischen Fürstentümer - obwohl selbst kein Fürstentum, sondern Republik (die Nowgoroder Fürsten kamen z.B. seit Alexander Newski aus der Linie der Fürsten von Wladimir-Susdal).

Das Großfürstentum Moskau - mitunter auch Moskauer Rus genannt - bildete sich übrigens erst später heraus: etwa um 1340. Das vorherige Fürstentum Moskau entstand im 13. Jh. aus einem der direkten Nachfolgestaaten der Kiewer Rus, nämlich dem Großfürstentum Wladimir-Susdal (mitunter auch Wladimirer Rus genannt), welcher sich von den Folgen des Mongolensturms nie richtig hatte erholen können, weswegen er seinerseits in Teilreiche zerfiel (u.a. eben Moskau).
Wie dem auch sei: im Laufe der folgenden Jahrhunderte schafften es die Moskauer Fürsten bzw. später Großfürsten, sich einerseits gegenüber den anderen russischen Fürstentümern durchzusetzen (v.a. auch gegenüber dem bis dato mächtigeren Nowgorod) und andererseits zunächst gute Beziehungen zur Goldenen Horde zu unterhalten, so daß sich die Stadt selbst von den mongolischen Plünderungen erholen konnte und das Fürstentum zudem sein Territorium schrittweise erweitern bzw. vergrößern konnte. Ab der 2. Hälfte des 14. Jh. konnte Moskau dann in direkte Konkurrenz zur Goldenen Horde treten: 1380 besiegte das Moskowiter Heer unter Dmitri Donskoi ein mongolisch-tatarisches Heer, 1476 verweigerte Iwan III. die Tributzahlungen und erreichte 1480 kampflos (Großes Gegenüberstehen an der Ugra) das Ende der mongolischen Herrschaft über die russischen Fürstentümer. 1547 beginnt mit der Krönung Iwans IV. die Geschichte des Zarentum Rußland.

... die Geschichte der Stadt erzählt das Kiev von 3 Brüdern und einer Schwester gegründet worden ist. Es wurde nach dem ältesten benannt Kyi, deswegen der ukrainische Name Kyjiv?

Diese Gründungsgeschichte steht in der Nestorchronik: Kyi war mit hoher Wahrscheinlichkeit ein slawischer Fürst, da ein solcher mit ebendiesem Namen in byzantinischen Chroniken des 6. Jh. erwähnt wird.
Die o.g. Waräger kamen allerdings erst im Laufe des 9. Jh. in ihr späteres Herrschaftsgebiet: sie nannten ihre Residenz übrigens auch nicht Kiew oder Kyjiw, sondern Känugard (erstmals belegt um 882).
 
Sehr schön,

die letzte Frage die mir so einfällt wäre; Die ältesten slawischen Völker, auch die Begründer von Kiever Rus waren: Sorbi (Serben) Blgvari(Bulgaren) Belo-(weiß) und Krasnorussen(Rotrussen=Russen).
Danach kam die Völkerwanderung im ca.15Jh. nach Balkan und Westen wo sich neue slawische Völker gründeten: Polani (Polen) Hrvati(Kroaten).
Im 17Jh. dann Krajini( Ukrainer) Tshechi(Tschechen) Sloveni Slovaki Bosna( Bosniaken).

und schließlich die ,, Makedonen´´ die eigntl. Vardaren sind die sich durch die Propaganda von TITO jetzt so nennen.

Ist das so richtig???
 
Die ältesten slawischen Völker, auch die Begründer von Kiever Rus waren: Sorbi (Serben) Blgvari(Bulgaren) Belo-(weiß) und Krasnorussen(Rotrussen=Russen).
Danach kam die Völkerwanderung im ca.15Jh. nach Balkan und Westen wo sich neue slawische Völker gründeten: Polani (Polen) Hrvati(Kroaten).
Im 17Jh. dann Krajini( Ukrainer) Tshechi(Tschechen) Sloveni Slovaki Bosna( Bosniaken).

und schließlich die ,, Makedonen´´ die eigntl. Vardaren sind die sich durch die Propaganda von TITO jetzt so nennen.

Ist das so richtig???
Nein das ist nicht richtig. Weder sachlich noch zeitlich. Woher hast du denn diesen Quatsch? Das grenzt ja schon an Vera..., wo du doch dich sicher auch anderswo im Internet oder einem Buch schlau machen kannst. :motz:
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein das ist nicht richtig. Weder sachlich noch zeitlich. Woher hast du denn diesen Quatsch? Das grenzt ja schon an Vera..., wo du doch dich sicher auch anderswo im Internet oder einem Buch schlau machen kannst. :motz:


Naja....sind ja bloß zwei "Tretminen " :yes:. Die erste, das ist der
Streit :fechtduell:um die Geschichte zwischen Ukraine und Russland, die zweite das ist der Streit :haue:zwischen Anhänger der Normannen - Theorie und der Slawen - Theorie, was die Anfänge Russlands betrifft.

Beide werden leidenschaftlich ausgetragen, wobei diese Auseinandersetzungen mitunter bizzare Formen annehmen.
Man kann sich da positionieren, muß aber nicht.
Insbesondere wenn - wie bb bemerkt hat - allein an der Fragestellung
in sachlicher Hinsicht viel auszusetzen ist. ( Ich unterstelle
nicht gleich Verar.... wenn, dann höchstens gut gemeinte Verar...:pfeif:)
 
Unter Waräger versteht man allgemein schwedische Wikinger. Es gab viele Reiche, die eine andere Oberschicht besaß, als das gemeine Volk. Wir kennen das bereits beim Bulgarenreich, England nach dem Sieg der Normannen, Awarenreich und China unter der Herrschaft der Mandschuren. Aber natürlich auch das Ostgoten-, Wandalen-, Langobardenreich. Meistens wurde diese Oberschicht irgendwann assimiliert.
Zur Zeit der Kiewer Rus konnte man von einem russischen oder ukrainischen Volk noch gar nicht sprechen. Es gab halt eine Mehrzahl von slawischen Stämmen, die sich im Staatsverband befanden.
 
Unter Waräger versteht man allgemein schwedische Wikinger.

Bist Du dir da sicher? Zumindest in der Warägergarde gab es auch Norweger, Dänen und zum Ende hin sogar Wikinger von den Britischen Inseln.

Es gab viele Reiche, die eine andere Oberschicht besaß, als das gemeine Volk. Wir kennen das bereits beim Bulgarenreich, England nach dem Sieg der Normannen, Awarenreich und China unter der Herrschaft der Mandschuren. Aber natürlich auch das Ostgoten-, Wandalen-, Langobardenreich. Meistens wurde diese Oberschicht irgendwann assimiliert.
Zur Zeit der Kiewer Rus konnte man von einem russischen oder ukrainischen Volk noch gar nicht sprechen. Es gab halt eine Mehrzahl von slawischen Stämmen, die sich im Staatsverband befanden.

Auch die Westgoten und in ihrer Nachfolge die Araber in Spanien.
 
....Im Zuge des Mongolensturms während des 13. Jh. (etwa im Zeitraum von 1237 bis 1242) zerfiel die Kiewer Rus endgültig; und die Teilfürstentümer gerieten infolgedessen unter mongolische Herrschaft (Wahrung der Selbständigkeit gegen Zahlung von Tributen an die Mongolen). Die Städte, insbesondere die Zentren der Fürstentümer, wurden während dieser Zeit verwüstet bzw. zerstört, was im Fall von Kiew ein enormes Herabsinken mit sich brachte.....

Was das Reich von Kiew betrifft, so sind an dessen Untergang schon Thronfolgestreitigkeiten unter den Söhnen des Fürsten J. Mudry (~1019-1054) zu nennen. Unter Wladimir II. Monomach (Reg.Zeit 1113-1125) ist da Reich noch einmal in einer Hand vereinigt, danach setzten sich zentrifugale Kräfte durch, wobei hier wiederum die Sperrung des Dnjepr-Weges nach Byzanz durch nicht mehr zu bewältigende Polowzer einen wirschaftl. ruinösen Meilenstein darstellen, der Byzanzhandel dann nach 1204 völlig zum Erliegen kommt. Prestigeverlust der Kiewer Fürsten und Kämpfe um die Vormachtstellung Kiews als Großfürstentum vor dem aufstrebenden Reich von Wladimir werden verloren, A. Bogoljubski, Fürst v. Wladimir erobert 1169 Kiew, läßt es ruinös plündern und verlegt den Großfürstensitz nach Wladimir.
 
Mal noch eine Anmerkung dazu...

Die ältesten slawischen Völker, auch die Begründer von Kiever Rus waren: Sorbi (Serben) Blgvari(Bulgaren) Belo-(weiß) und Krasnorussen(Rotrussen=Russen)...

Balticbirdy hatte ja bereits darauf hingewiesen, daß dies weder sachlich noch zeitlich korrekt ist.
Desweiteren darf ich mich dazu auch folgender Aussage von Haetius anschließen:
Zur Zeit der Kiewer Rus konnte man von einem russischen oder ukrainischen Volk noch gar nicht sprechen. Es gab halt eine Mehrzahl von slawischen Stämmen, die sich im Staatsverband befanden.

Wie ich schon geschrieben hatte, lassen sich für die Kiewer Rus nicht mehr und nicht weniger als Ostslawen bzw. ostslawische Stämme spezifizieren, keinesfalls aber bereits Russen, Weißrussen und Ukrainer.



Zu einer anderen Sache noch ...

Was das Reich von Kiew betrifft, so sind an dessen Untergang schon Thronfolgestreitigkeiten unter den Söhnen des Fürsten J. Mudry (~1019-1054) zu nennen. Unter Wladimir II. Monomach (Reg.Zeit 1113-1125) ist da Reich noch einmal in einer Hand vereinigt, danach setzten sich zentrifugale Kräfte durch, wobei hier wiederum die Sperrung des Dnjepr-Weges nach Byzanz durch nicht mehr zu bewältigende Polowzer einen wirschaftl. ruinösen Meilenstein darstellen, der Byzanzhandel dann nach 1204 völlig zum Erliegen kommt. Prestigeverlust der Kiewer Fürsten und Kämpfe um die Vormachtstellung Kiews als Großfürstentum vor dem aufstrebenden Reich von Wladimir werden verloren, A. Bogoljubski, Fürst v. Wladimir erobert 1169 Kiew, läßt es ruinös plündern und verlegt den Großfürstensitz nach Wladimir.

Natürlich; da hast Du Recht - vielen Dank für diese Präzisierung.
Ich hatte ja auch eingeräumt, daß meine Abhandlung stark vereinfacht war...
 
timotheus

Wie ich schon geschrieben hatte, lassen sich für die Kiewer Rus nicht mehr und nicht weniger als Ostslawen bzw. ostslawische Stämme spezifizieren, keinesfalls aber bereits Russen, Weißrussen und Ukrainer.

Das ist eine Tatsache, die hier auf diesem Forum bereits mehrmals "durchgekaut" wurde. Ist auch nicht das Problem. Das Problem
besteht in ihrer Wahrnehmung durch zwei ....... , die auf der Suche
nach ihren Wurzeln sind und dieses Stück Geschichte jeweils für sich beanspruchen, bzw. dem anderen nicht gönnen.

Es ist leicht zu sagen - es besteht kein Zusammenhang, keine nachvollziehbaren Berührungspunkte zwischen dem damaligen Kontekst
und der heutigen Wahrnehmung als Volk, Nation oder Staat. Eigentlich.
Also kein Grund zur Disskussionen und schon gar nicht für irgendwelche
Aufregung.

In der Praxis wird`s schwieriger...Im Grunde genommen hat
ein Durchschnittsbürger der Ukraine oder Russland genauso viel
(oder genauso wenig) mit Oleg (Helge) zu tun, wie ein Durchschnitts -
bürger der Bundesrepublik mit dem Armin der Cherusker.

Die einen zerfleischen sich um das Recht irgendjemanden als seinen
Ururur...opa zu betrachten, die anderen geben eine ganze Menge Kohle
aus, um eine Rauferei irgendwelcher Barbaren vor 2000 Jahren zu feiern.
Man kann da Unterschiede sehen. Oder auch nicht.
Der Hintergrund wird ähnlich sein.....


Ich kann übrigens nicht ganz nachvollziehen, warum KOLJA diese Fragen hier erneut gestellt hat, wo er doch selbst in dem (mittlerweile geschlossenem) Thema "Ukraine" auf diese Fragen seine Antworten parat hatte. (Glaube ich zumindest - das Thema muß entweder hier oder auf
einem Forum für Fortgeschrittene sein)......:D

Ich glaube, daß sich eher lohnen würde die Fragestellung in einem
anderem Zusammenhang disskutieren. Nähmlich - wie kommt es,
daß solche - letztendlich belanglose - Auslegung und Interpretation der
historischen Tatsachen soviel Emotionen weckt ?

Is aber gefährlich, weil es ganz schnell ein "Politikforum" werden kann :S
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Als Barbarenreich bezeichne ich das Kiever Reich nicht.
Fürst Swjatoslaw zerstörte das Chasaren-Reich und eroberte vorübergehend weite Teile des Balkans, unter anderem das Bulgarische Zarenreich im 10 Jahrhundert.
Kiewer Rus – Wikipedia

2. Ein durchschnittsbürger von Ukraine und Russland zu vergleichen, das geht gar nicht. Es liegen welten zwischen den beiden (wirtschaftlich, finanziel) .

3. Das Erbe des Kiewer Reichs ist seit dem 19. Jahrhundert in der russischen, ukrainischen und weißrussischen Histographi
umstritten. Dabei handelt es sich bei dieser Auseinandersetzung nicht um eine wissenschaftliche, sondern eine politische Frage.
Nun in einem Geschichtsforum können wir das durchdiskutieren.
Kein Bericht hat soviel Wissen drin, wie IHR!!!

Wer hat das Erbe der slavischen Hauptstadt & und des ersten slavischen Reiches?( serben ukrainer russen belorussen bulgaren)
Welche Ostslawen haben das Reich mit den skandinaviern gegründet?
wieso wird das so umstritten und wieso gibt es eine so diverse russische Version, wo es von vorne und hinten nicht stimmt.
 
Wer hat das Erbe der slavischen Hauptstadt & und des ersten slavischen Reiches?( serben ukrainer russen belorussen bulgaren)
Oh Gott, wenn es um das "Erbe" nach 1000 Jahren geht.
Sizilien ist unser...
Wenigstens hast du diesmal die Chronologie halbwegs eingehalten.
Aber wenn du es wissen willst, befürchte ich dieser Link wird dir nicht schmecken:
http://de.wikipedia.org/wiki/Samo
 
Zuletzt bearbeitet:
@Bdaian
Ja man geht davon aus, dass es sich bei den Warägern, welche die Rus gründeten, vor allem um Wikinger aus dem heutigen Schweden handelte. Natürlich werden auch Nordmänner aus anderen Gebieten dabei gewesen sein.

Der Streit zwischen Ukrainern oder besser Westukrainern und Ostukrainern und Russen ist bekannt. Es handelt sich hier um Weltpolitik und Einflusssphären. Leider hängt die Ukraine hier mittendrin. Dabei wurde der Streit in den letzten Jahren oft absurd und mit härteren Bandagen, vor allem von Seiten der Westukrainer, geführt, als man vermuten könnte. Vielleicht ebbt das alles nach der Wahl am Sonntag etwas ab.

Die Westukraine orientiert sich vor allem an Polen und Europa und spricht eher ukrainisch, wohingegen die Ostukraine eher an Russland orientiert ist und eher russisch spricht. Allerdings beherrschen die meisten Ukrainer beide Sprachen und mischen sie sogar teilweise.
 
Verwarnung

@Kolja

Wir sind hier in einem Geschichtsforum, wo man über historische Gegebenheiten diskutiert. Scheinbar fällt es dir sehr schwer, zwischen Geschichtsbetrachtungen und Politik zu unterscheiden. Wir mussten aus diesem Grund bereits das Thema Ukraine wegen deinen Äusserungen schliessen. Wenn du weiterhin das Geschichtsforum zum Politisieren missbrauchst, sind wir gezwungen, auch diesen Thread wieder zu schliessen und gegen dich eine Sperre wegen Verletzung der Forenreglen zu verhängen.
 
Der Streit zwischen Ukrainern oder besser Westukrainern und Ostukrainern und Russen ist bekannt. Es handelt sich hier um Weltpolitik und Einflusssphären. Leider hängt die Ukraine hier mittendrin. Dabei wurde der Streit in den letzten Jahren oft absurd und mit härteren Bandagen, vor allem von Seiten der Westukrainer, geführt, als man vermuten könnte. Vielleicht ebbt das alles nach der Wahl am Sonntag etwas ab.

Vielleicht.


Wobei das ganze schon etwas älteren Datum sein wird. Der Streit.
Und ziemlich komplex.

1863 verschickt der damalige Innenminister Russlands, Piotr Walujew,
ein geheimes Rundschreiben mit der Aufforderung den Druck und Verbreitung der Bücher in "kleinrussischer Sprache, die es nicht gibt
und es nicht geben darf" zu verbieten. Als besonders gefährlich hat der Innenminister Schulbücher und Bücher für das "einfache Volk" eingestuft.

1876 hat der Zar Alexander II in sog. "Ukaz emskij" ein vollständiges
Verbot der ukrainischen Sprache verordnet, sowie die Benutzung des
Begriffes "Ukraine" unter Strafe gestellt. Verboten waren auch
Theateraufführungen sowie Einführung der ukrainischen Schriften
aus dem Ausland. Ukrainisch war als Schulsprache nicht erlaubt.
"Ukaz emskij" wird so genannt, weil diese Verordnung wärend des Aufenthaltes des Zaren in Bad Ems erlassen wurde. War in Kraft bis 1907.

Eine "freiwiligie" Zusammenführung der ukrainischen griechisch - katholischen Kirche mit der russischen orthodoxen Kirche wurde schon
1839 vollzogen - auf den Gebieten der Ukraine, die in Russland lagen.

Trotz oder vielleicht auch wegen dieser Maßnahmen kam es zu Entwicklung
einer ukrainischen Nationalbewegung in Russland im Vorfeld des I WK,
eine der bekanntesten Personen war Juornalist Siemion Petlura.
Teile dieser Bewegung waren sehr stark antirussisch eingestellt.

In Kuk Galizien konnte sich dagegen die ukrainische national Bewegung
voll entfalten, wobei die Ukrainer in diesem Teil der Monarchie starkem
Polonisierungsdruck ausgesetzt waren und die polnisch - ukrainischen Gegensätze schon vor dem I WK zu erkennen waren - die polnischen
Vertreter dominierten in den Verwaltungen der Autonomie.
Die ukrainischen Bestrebungen gingen in Richtung der Teilung
Galiziens in West -und Ostteil wo die Ukrainer die Mehrheit bildeten.


Nach dem Ausbruch des I WK wurde in Lwow ein "Bund für die Befreiung
der Ukraine" gegründet, aktiv waren Ukrainer die aus Russland geflüchtet
waren. Nach der ersten Besetzung des Galiziens durch die russischen
Truppen gab es versuche massiver Russifizierung - die ukrainische
Sprache wurde aus den Schulen verbannt, zugleich gab es Bestrebungen,
die Bevölkerung zum othodoxem Glauben zu bekehren.
Später - Besetzung von Halitsch, Shytomir durch die Russen -
gab es keine solche Maßnahmen.

Mit der Februarrevolution in Moskau etablierte sich in Kiev das Ukrainische
Zentralrat, welches das Ukrainische Nationalkongress berief.
Diese Organe hatten 1917 die Autonomie der Ukraine ausgerufen.

Nach der Machergreifung durch die Bolschewiki hat moskauer Volkskomissariat in dem Schreiben von 17.12.1917 zwar das Recht der
Ukraine zur Trennung von Russland anerkannt, jedoch zugleich ultimativ
angefordert, daß sich der Zentralrat den Bolschewiki unterordnen
in im Bürgerkrieg auf ihre Seite stellen soll. Das Ukrainische Nationalkongress hat diese Forderungen abgelehnt, darafhin
verliessen die Anhänger der Bolschewiki die Beratungen und
begaben sich nach Charkow.
 
Eine "freiwiligie" Zusammenführung der ukrainischen griechisch - katholischen Kirche mit der russischen orthodoxen Kirche wurde schon
1839 vollzogen - auf den Gebieten der Ukraine, die in Russland lagen.

Trotz oder vielleicht auch wegen dieser Maßnahmen kam es zu Entwicklung
einer ukrainischen Nationalbewegung in Russland im Vorfeld des I WK,
eine der bekanntesten Personen war Juornalist Siemion Petlura.
Teile dieser Bewegung waren sehr stark antirussisch eingestellt.

Eine kleine Präzisierung dazu:
Römische Union im Jahre 1596 und Spaltung der Kirche in Ost und West schrieb:
Die protestantische Reformation und der post-tridentinische Katholizismus zwangen die Kiewer Kirche, Stellung zu beziehen. Zugleich erlebte diese Kirche auch eine eigene innere Krise. Auf der 1. Synode wurde die Entscheidung getroffen, die Jurisdiktion des Apostolischen Stuhls anzuerkennen, wobei die Tradition des östlichen Ritus und die eigene kirchliche und ethno-kulturelle Eigenheit bewahrt werden sollten. Dieses Modell der kirchlichen Einheit wurde beim Konzil in Brest im Jahre 1596 bestätigt. Dies war die institutionelle Geburtstunde der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine.

Ein Teil der Kirchenhierarchie und der Gläubigen der Metropolie von Kiew beharrte jedoch auf der Einhaltung der kanonischen Zugehörigkeit zum Patriarchat in Konstantinopel. Aufgrund der inneren Spaltung stellte sich die Zentral- und Ostukraine im Jahre 1654 schließlich unter die „hoheitliche Hand des einziggläubigen Moskauer Herrschers“. Wenige Jahre später wurde auch die Kiewer Metropolie dem Moskauer Patriarchat unterstellt (1686). Mit der Entwicklung des russischen Imperiums verstärkten sich auch die Repressionen gegen die Gläubigen der griechisch-katholischen Kirche, und es folgten mehrere Versuche ihrer gewaltsamen Bekehrung zur verstaatlichten Russischen Orthodoxie (1772, 1795, 1839 und 1876).

Die orthodoxe Geistlichkeit und die Gläubigen der Ukraine waren mit der engen Verflechtung zwischen der Russischen Orthodoxen Kirche und dem imperialistischen Staat mit seinen großrussischen nationalen Interessen unzufrieden. Dies führte zu einer „ukrainophilen“ Strömung innerhalb der Ukrainischen Kirche, welche nach der russischen Oktoberrevolution im Jahre 1917 zu einer organisierten Bewegung für die Authokephalie der ukrainischen Orthodoxie anwuchs. Dennoch scheiterten die Versuche in den Jahren 1920 und 1940, die Ukrainische Orthodoxe Kirche vom Moskauer Patriarchat unabhängig zu machen, am erbitterten Widerstand und an den Repressionen der Sowjetmacht.
Von Kirchengeschichte - dort steht dann auch noch einiges zu weiteren historischen Entwicklungen...



Allerdings meine ich, daß wir damit jetzt doch etwas vom ursprünglichen Thema - nämlich wie die Kiever Rus als Reich zu charakterisieren ist - abgekommen sind.
 
Zweifellos hat Russland und sein Nachfolger die SU viele Handlungen gegenüber den Ukrainern und anderen Völkern in ihrem Herrschaftsbereich unternommen, die nicht nur nach heutigen Maßstäben ein Unrecht sind.
Dies erklärt aber nicht unbedingt den Streit Russlands und der Ukraine um die Kiever Rus. Beide beanspruchen für sich das Erbe und sehen sich als alleinigen Vertreter der Tradition der Kiever Rus. Wobei eigentlich nicht ganz klar ist worin diese Tradition eigentlich besteht.
Die Russen hatten und haben ein Problem damit, das die Wäräger keine Slawen waren und von den Slawen (lt.Nestor-Chronik) zu Hilfe gerufen wurden um "Ordnung" in ihrem Land zu schaffen. Nichtsdesdotrotz sehen sie die Kiever Rus als einen nur slawischen Staat, dessen direkter Nachfolger die Moskauer Rus und damit Russland ist.
Etwaige "Kleinrussen" oder gar Ukrainer deren eigene Sprache immer wieder angezweifelt wurde, passen da nicht rein, denn eigentlich waren es ja nur ehemalige entflohene russische Leibeigene. Und die Kosaken waren auch nur solange gut, wie sie alles machten was Russland wollte. Ansonsten hat man sie gleichfalls vernichtet.

Die Ukrainer wiederum haben ein Problem damit, daß sie als Volk bzw. Stamm gar nicht belegt sind. In (leider) russischen und litauischen Chroniken spricht man von Ukrainiki als Bewohner des Grenzlandes. Kann also alles sein, muß schon für die Herkunft der Kosaken herhalten und auf die allein will man sich auch nicht festlegen lassen, zumal deren ethnische Herkunft alles andere als rein slawisch ist.
Gut das wenigsten Kiev auf jetzigem ukrainischen Boden liegt. Denn irgendwie muß man den ehemaligen "großen Bruder" doch ärgern. Dann macht man alle die irgendwann mal gegen Russland und die SU gekämpft haben zu Nationalhelden und Freiheitskämpfern für die ukrainische Sache und schon hat man es sich mehrfach mit Russland verschissen.
Leider aber auch mit einem Großteil seiner eigen Einwohner, weil es da einfach viel zuviele Russen gibt die das nicht gut finden.

Ich glaube da wird es in naher Zukunft keine halbwegs einheitliche Meinung zur gemeinsamen Geschichte geben. Dazu sind die Fronten viel zu verhärtet und zu sehr politisiert.

OT: Man stelle sich mal vor, Deutschland würde sich plötzlich als alleinigen Erben des fränkischen Reiches bezeichnen (immerhin liegt ja Karl der Große in Aachen). Ich glaube danach würde keiner mehr von deutsch-französischer Freundschaft reden.
 
...
Die Ukrainer wiederum haben ein Problem damit, daß sie als Volk bzw. Stamm gar nicht belegt sind. In (leider) russischen und litauischen Chroniken spricht man von Ukrainiki als Bewohner des Grenzlandes. Kann also alles sein, muß schon für die Herkunft der Kosaken herhalten und auf die allein will man sich auch nicht festlegen lassen, zumal deren ethnische Herkunft alles andere als rein slawisch ist.
...

Das Thema ist offensichtlich kompliziert. Ein Freund der aus der Ukraine stammt, sich selber als Ukrainer ansieht (und auch Ukrainisch spricht, was zu Sowjetzeiten keine Selbstverständlichkeit war) erzählte mir, dass man dort die Kosaken NICHT als Ukrainer ansah. Das spiegelt sich übrigens auch in "Der Stille Don" wieder wo von Prügeleien mit "den Ukrainern" gesprochen wird. Die Frau dieses Freundes war eine Ukrainische Russin (und betonte dieses) aus dem Don-Gebiet, die weder Ukrainisch sprach noch sich irgend wie damit identifizierte. Die Sticheleien zwischen Russen und Ukrainern waren ein permanentes Thema wenn die Beiden mal zu Besuch waren.
 
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