Und man braucht auch keinen Eber.
Ich halte die Verbindung zwischen der merowingischen Lockenbracht und Wildschweinborsten für äußerst gering.
Abbildung Childerich Porträt auf Childerich-Ring (Wikipedia)
Es handelt sich bei der Merowinger-Frisur offensichtlich um einen gekämmten Mittelscheitel.
Lange Haare bei männlichen Germanen sind keinswegs ungewöhnlich. Unterschiedliche Haarkulte sind für Sueben, Chatten und Langobarden überliefert. Bei den Langobarden ist der Haarkult ausdrücklich mit Godan als Wodan verbunden.
Was die Ebervierzierung im Childerich-Grab angeht, so würde ich das nicht überbewerten. Das Childerich-Grab ist ein wahrer Zoo. Pferdekopfbeschläge, Eberverzierungen, Stierkopfbeschlag und mehrere hundert Bienenanhänger. Stiere sind in der germanischen Kunst wie gesagt durchaus selten.
Am ungewöhnlichsten sind jedoch die goldenen Bienen oder Zikaden, die den königlichen Mantel verzierten. Ebenso wie die Zwiebelknopffibel handelt es sich um Insignien eines spätantiken römischen Heerführers. Nichts anders war nämlich Childerich I und die anderen Frankenkönige. Sie alle strebten nach römischen Titeln, die wohl auch ihre Herrschaft legitimierten. Praktisch wie auch ideologisch ist das bestimmt wichtiger als die Abstammung von irgendwelchen aquatischen Stieren. Das römische Gehabe lässt sich auch wunderbar mit der eingebildeten trojanischen Abstammung verbinden.
Die Sache mit Freyr möchte ich durchaus zustimmen. Fredegar, der auch die Sache mit dem Mintaurus-ähnlichen Merowinger-Ahnen aufgeschrieben hat, nennt auch Friga als zweiten König der Franken, wohlbemerkt trojanischer Herkunft:
"
Über die ältesten Krankenkönige schrieb der heilige Hieronymus, was schon vorher die Geschichte des Dichters Vergils berichtet: Ihr erster König sei Priamos gewesen; als Troja durch die ist des Odysseus erobert wurde, seien sie von dort fortgezogen und hätten dann Friga als ihren König gehabt; sie hätten sich dann geteilt, und der erste Volksteil wäre nach Mazedonien gezogen, der andere hätte unter Friga - sie wurden Frigier bezeichnet - Asien durchzogen und sich am Ufer der Donau am Ozean niedergelassen; dann hätten sie sich nochmals geteilt, und die Hälfte sei mihrem König Francio nach Europa gezogen. Sie durchwanderten Europa und besetzen mit ihren Frauen und Kindern das Ufer des Rheins; nicht weit vom Rhein versuchten sie eine Stadt zu erbauen, die sich nach Troja benannten."
Den trojanischen König Priamus kennen sowohl Vergil als auch Homer, der Rest muss fränkische Zutat sein. Friga ist sicher eine südgermanische Entsprechung Freyr. Adam von Bremen schrieb Jahrhunderte später, die Schweden würden neben "Wodan" noch ein phallischen Gott "Fricco" in Uppsala verehren. Adam benutzte hier offenbar deutsche und keine schwedischen Bezeichnungen für die Götter. Mit Fricco ist Freyr gemeint, der in Schweden, die gleiche Rolle spielte wie bei den Franken, als Stammvater der Könige. Ebenso ist die Verbindung mit dem Wasser und der Schifffahrt nicht zu leugnen und durch das Runengedicht um "Ing" früh belegt.
Der König Francio der Fredegar-Chronik verweist wie auch Ingwe Freyr auch germanische Abstammungsmythen. Einen Franco, als Sohn des Hisicon und Enkel des Mannus und Stammvater der Franken, kennt auch die angelsächsische Nestorchronik. Siehe hierzu meinen
Beitrag mit Mannus-Thread.
Die Frage ist nun, hat dieser fränkische Freyr etwas mit dem Minotaurus-ähnlichen Geschöpfen zu tun? In der Fredegar-Chronik sind sie offenbar nicht als identisch betrachtet.
Laut Gregor von Tours verehrten die heidnischen Franken Mars, Merkur, Jupiter und Saturn. Den Neptun nennt er nicht. Während Mars, Merkur und Jupiter nach den Wochentagsnamen Thingsus, Wodan und Donar entsprechen, findet sich für den Saturn keine Übersetzung sondern nur der Saterdag. Möglich das dieser fränkische Saturn einen den Minotaurus optisch ähnlichen Abkömmling hatte. Ein solchen kennt die klassische Mythologie nicht. Stattdessen kennt sie ein
Goldenes Zeitalter des Saturn, dass dem nordisches Frodi-Frieden der Ynglinga-Saga schon sehr stark ähnelt.