Normannenhelm

Es handelt sich dabei um einen Helm mit Gesichtsvisierplatte (barbiere) in der sogenannten phrygischen Form, d.h., die Helmkalotte läuft in einer leicht nach vorn gebogenen Spitze aus.

Die Quellenangabe
Laut verlinkter Seite schrieb:
Nach einer original Abbildung in der Saints John and Paul Church, Spoleto...
referenziert auf ein Wandbild bzw. -gemälde und läßt daraus folgend eine zeitliche Einordnung etwa um 1170 zu.
Ansonsten verweise ich auf meine bescheidenen Ausführungen an anderer Stelle...
 
Die Quellenangabe
Laut verlinkter Seite schrieb:
Nach einer original Abbildung in der Saints John and Paul Church, Spoleto...
referenziert auf ein Wandbild bzw. -gemälde und läßt daraus folgend eine zeitliche Einordnung etwa um 1170 zu.

Jetzt habe ich auch die genaue Bezeichnung des ensprechenden Bildes herausgefunden: es handelt sich um eine bildliche Darstellung der Ermordung des Thomas Becket durch vier Ritter des englischen Königs (deswegen läßt sich die Abbildung zeitlich auch um etwa 1170 einordnen).

Das Bild - leider nur schwarz-weiß...
Zum Gesamtzusammenhang zeitgenössischer Bilder zu diesem Ereignis...
 
Oder sollen wir Stiftung Warentest spielen?
Hahaha sehr lustig, bleib bitte ernst.

Danke timotheus, das habe ich gemeint ;)
Das mit dem phrygischen habe ich auch schon
gelesen. Aber die Phryger waren doch in der
Antike in Anatolien usw. Wie kommt dann das
Ding nach Italien?

Lg Ezio
 
Sehr gut!!
Vielen Dank, genau das habe ich gesucht.
Aber da steht
Dieser Helmtyp wurde nach Darstellungen in der griechischen Kunst vom 5. Jahrhundert v. Chr. bis zum 2. Jahrhundert v. Chr. verwendet.
Wie kommt es dann dass diese Helmform bis ins HoMi weiter in gebrauch war?
Und wenn: ist es nicht wahrscheinlich, dass es gerade im phrygischen Gebiet
(also heutige Türkei, evtl. Byzanz) so kam?

Danke und Lg
Ezio
 
Wie kommt es dann dass diese Helmform bis ins HoMi weiter in gebrauch war?

Es war reine Stilistik, d.h., es galt als "schick"; diese Form existierte gleichsam neben der normal spitz auslaufenden Kalotte und der glockenförmigen Kalotte.
Praktisch war es für Helme, welche zum Fußkampf geeignet waren, "lediglich" wichtig, daß sie keine abgeflachte Helmdecke hatten (wie z.B. spätere Reiterhelme wie Topfhelme und Prototopfhelme).

Und wenn: ist es nicht wahrscheinlich, dass es gerade im phrygischen Gebiet
(also heutige Türkei, evtl. Byzanz) so kam?

Nein; das ist unwahrscheinlich.
Es mag ja sein, daß diese Form zunächst im byzantinischen Raum bzw. im Mittelmeerraum existierte, bei den Normannen aber war sie ab dem Frühmittelalter vorhanden und verbreitete sich spätestens bis ins 10. Jh. in ganz Westeuropa.
 
Dankeschön ;-)

Es mag ja sein, daß diese Form zunächst im byzantinischen Raum bzw. im Mittelmeerraum existierte, bei den Normannen aber war sie ab dem Frühmittelalter vorhanden und verbreitete sich spätestens bis ins 10. Jh. in ganz Westeuropa.

Und von wo aus hat sich das dann entwickelt?
und was ist so um 1000?
War da dieser wie auch immer geartete "phrygische Stil" gerade in "Mode"? ;)

Lg Ezio
 
Und von wo aus hat sich das dann entwickelt?

Der ursprüngliche phrygische Helm entwickelte sich natürlich bei den antiken Phrygern im Gebiet des heutigen Anatolien. Von dort aus aber verbreitete sich dieser Helmtyp bzw. diese Form jedoch schon seit dem 5. Jh. v. Chr. in der gesamten griechischen und hellenistisch beeinflußten Welt - und damit z.B. bis nach Italien.
Bereits für die Antike läßt sich somit konstatieren, daß Mütze, Helm und Form im Mittelmeerraum zumindest bekannt waren und selbst über die römische Antike hinweg bekannt blieben - und damit auch in der byzantinischen Welt und über die Antike hinaus.
Für das mittelalterliche Westeuropa läßt sich sagen, daß die phrygische Helmform neben anderen Formen verbreitet und gebräuchlich war: im normannisch geprägten Raum bis ins 12. Jh., in England bspw. jedoch auch bereits vor der normannischen Eroberung.

und was ist so um 1000?
War da dieser wie auch immer geartete "phrygische Stil" gerade in "Mode"?

Ich kann es leider nicht für jede einzelne Region bzw. jeden Einzelfall mit endgültiger Gewißheit sagen, würde die Frage aber grundsätzlich eher bejahen als verneinen.
 
Es mag ja sein, daß diese Form zunächst im byzantinischen Raum bzw. im Mittelmeerraum existierte, bei den Normannen aber war sie ab dem Frühmittelalter vorhanden und verbreitete sich spätestens bis ins 10. Jh. in ganz Westeuropa.

@ timotheus

Wahrscheinlich verstehe ich gerade etwas falsch, aber das Helme in der Form phrygischer Kappen bereits von frühmittelalterlichen Normannen verwendet wurden, überrascht mich doch sehr. War diese Formgebung technisch denn überhaupt möglich, wenn die Kalotte aus mehreren Blechen zusammen gesetzt ist, wie vor dem 12. Jahrhundert üblich? Gibt es dafür Belege?
 


Wahrscheinlich verstehe ich gerade etwas falsch, aber das Helme in der Form phrygischer Kappen bereits von frühmittelalterlichen Normannen verwendet wurden, überrascht mich doch sehr. War diese Formgebung technisch denn überhaupt möglich, wenn die Kalotte aus mehreren Blechen zusammen gesetzt ist, wie vor dem 12. Jahrhundert üblich? Gibt es dafür Belege?

Du meinst wie die Spangenhelme?
Die Technik ging weiter, viel Helme sind aus einem Stück getrieben.
Hier ist eine gute Seite für Zentraleuropa Militärtechnik aus dem 11.Jahrhundert, in der Mitte sind entsprechende aus einem Stück:

http://www.reenactment.de/reenactment_start/reenactment_startseite/diverses/kitguide/kitguide.html
 
Wahrscheinlich verstehe ich gerade etwas falsch, aber das Helme in der Form phrygischer Kappen bereits von frühmittelalterlichen Normannen verwendet wurden, überrascht mich doch sehr. War diese Formgebung technisch denn überhaupt möglich, wenn die Kalotte aus mehreren Blechen zusammen gesetzt ist, wie vor dem 12. Jahrhundert üblich? Gibt es dafür Belege?

Zugegebenermaßen ist die Beleglage bzgl. dieser phrygischen Kappenform - und das übrigens sowohl für Kappen wie auch für Helme - in der Tat problematisch: erhaltene Stücke o.ä. archäologische Befunde fehlen, und lediglich Bild- bzw. Skulpturquellen lassen entsprechende Interpretationen zu.
Sofern ich es nicht falsch verstanden habe, erfolgt dementsprechend bspw. für England anhand von Manuskripten und Skulpturen aus angelsächsischer Zeit sowie anhand von Belegen für die normannische Zeit - wie eben z.B. Bayeux Tapestry/Teppich von Bayeux - eine Rekonstruktion (freilich ohne den Anspruch, einen endültigen wissenschaftlichen Beweis ("we don't have definitive evidence") zu haben).
Die Problematik ist bspw. für die angelsächsischen Kontexte beschrieben u.a. in Anglo-Saxon Thegn Ad 449-1066 - Google Books und Dress in Anglo-Saxon England - Google Books
Bildquellen etc. sowie deren Interpretation überlasse ich anderen:
http://www.regia.org/images/PhrygianHat.gif
http://www.nationalarchives.gov.uk/domesday/images/bayeux-060.jpg
http://thetickingrose.com/europe/images/6william.jpg
http://www.imh.org/images/history/bayeux.jpg

Anm.: Um nicht mißverstanden zu werden, weise ich darauf hin, daß ich damit keineswegs behauptet habe, daß diese Helmform weiter verbreitet gewesen sei als andere.

PS: Daß Helme bereits vor dem 12. Jh. aus einem Stück getrieben sein konnten, hat Sascha dankenswerterweise bereits dargelegt.
 
Die Abbildung aus der Beatus-Apokalypse aus Saschas Link lasse ich mal außen vor, denn die Datierung ins 10. Jahrhundert ist wirklich zweifelhaft. Die übrigen Abbildungen zeigen vornehmlich Stücke aus dem 12. aber auch aus dem 11. Jahrhundert. Also habe ich um ein ganzes Jahrhundert daneben gelegen.:rotwerd: Danke für die Korrektur, wieder was gelernt.

Viele der Darstellungen aus dem angelsäschsischen Raum sind mir natürlich bekannt, wie ihr euch wahrscheinlich denken könnt. Mark Harrison weist in dem von timotheus verlinkten Osprey-Heft auf den Faltenwurf am Hinterkopf hin, der auf zahlreichen dieser Abbildungen zu sehen ist. Auch wenn die phrygischen Kappen oft auf den Köpfen von Bewaffneten zu sehen sind, scheinen sie keine Helme zu sein, denn die würden keine Falten aufweisen. Natürlich ist auch das nur ein Indiz und keine endgültige Antwort. Die Frage bleibt also offen, was die Künstler darstellten und wie realistisch sie es taten.
 
Ach so ja: Ich kenne jemanden, der den von Ezio im Eröffnungspost verlinkten Helm besitzt. Er nennt ihn Daisy, da die weit vorgewölbte barbiere erstaunlich einem Entenschnabel gleicht, wenn man den Helm aufsetzt. Einziges Manko: Es gibt keine Ventilationsöffnungen in der barbiere. Das Gefühl von Atemnot und starker Hitzestau sowie daraus resultierende Ermüdung sind vorprogrammiert.
 
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