Strafen im Mittelalter

Die Seite gefällt, danke für den Link. Mein Vater ist nämlich selbst im Besitz einer Schandmaske, deshalb interessiere ich mich speziell für diese Thematik.
 
Die Seite gefällt, danke für den Link. Mein Vater ist nämlich selbst im Besitz einer Schandmaske, deshalb interessiere ich mich speziell für diese Thematik.

Das wiederum interessiert mich. :) Hast Du zufällig ein Bild zur Hand?

Da ich mich mit Redewendungen & Co beschäftige, hatte ich schon gelegentlich mit dem mittelalterlichen/frühneuzeitlichen Rechts- und Strafensystem Kontakt, z.B. bei den Stichwörtern "aufs Dach steigen", "zur Sau machen", "ein Schlitzohr sein" usw. Allerdings habe ich es bisher verpaßt, mir systematisch Kenntnisse zu erarbeiten, sondenr habe nur (mehr oder weniger oberflächlich) in die gerade benötigte Richtung recherchiert. Das Thema scheint mir aber gesteigerte Aufmerksamkeit wert zu sein. Hat jemand eine Buchempfehlung für mich, insbesondere zum Thema Ehrenstrafen? Mir geht es dabei weniger um jüngste Forschungsergebnisse in (aus meinem Blickwinkel) untergeordneten Detailfragen, sondern um eine verläßliche, verständliche, weitgehend die herrschende Meinung wiedergebende Übersicht mit wenigstens ansatzweise brauchbarer Bibliografie. Kurz: Ich möchte einen roten Faden, von dem aus ich bei Bedarf bestimmte Themen vertiefen kann, ohne auf den Holzweg zu geraten.
 
"unter aller Sau" hat allerdings nichts mit dem Schwein zu tun. Das ist ein Missverständnis eines hebräischen Wortes. Eigentlich bedeutet die Redensart "unter allem Maß".
 
Hat jemand eine Buchempfehlung für mich, insbesondere zum Thema Ehrenstrafen?
Die Ehrenstrafen werden in beinahe jedem Strafrechtslehrbuch des 19. Jh. abgehandelt, z. B. Lehrbuch des gemeinen deutschen ... - Google Buchsuche und Lehrbuch des teutschen gemeinen ... - Google Buchsuche.

Villeneuve (Grausamkeit, S. 26 ff.) beschreibt Details, die Du vielleicht gar nicht wissen willst, über Pranger, Strafmaske, Schandmantel, Schandkäfig, Brandmarkung, Abschneiden der Ohren usw.

Eigentlich bedeutet die Redensart "unter allem Maß".
Dies und Weiteres in Sprache und Sprachhandeln - Google Buchsuche
 
Stimmt @Liborius. Allerdings wird die Redewendung dort nicht erklärt, sondern lediglich als solche verwendet. Ist aber in dem Umfeld tatsächlich etwas mißverständlich. Deine vorgebrachte Erklärung mit dem Hebräischen/Jiddischen ist korrekt. Auf jeden Fall hast Du mich zufällig auf ein falsch gesetztes Komma aufmerksam gemacht. Das allein ist (mir) schon etwas wert. Und selbstverständlich freue ich mich auch über jede inhaltliche Anregung.

@jschmidt: Vielen Dank für die Tips. Die Google Buchsuche mag ich auch sehr. Mein Problem besteht darin, daß ich bei der Vielzahl an Treffern die inhaltliche Qualität nicht beurteilen kann. Blindlings "irgendein" etwas angestaubtes Strafrechtslehrbuch oder ein Werk aus der entsprechenden Fachliteratur herauszugreifen, ist ja gerade das, was ich vermeiden möchte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn diese Strafe, hier steht dann eher Buße, überwiegend symbolischer Art war, hat Tante Wiki also Unrecht, wenn da steht, dass man damit sogar einer Todesstrafe entgehen konnte ...? :grübel:

Zunächst muß ich gestehen, daß ich im Zweifelsfalle stets eher Gerd Althoff - der ja von Michael Kleen wiedergegeben wird - als Wikipedia vertrauen würde.
Andererseits aber muß
Wikipedia schrieb:
...
Die Verurteilten mussten, bevor ein Todesurteil an ihnen vollstreckt wurde, oder aber als Ersatz für eine an sich verwirkte, aber - etwa aus politischen Gründen - nicht verhängte Todesstrafe einen Hund aus einem Gau in den anderen tragen. Dadurch sollte symbolisch angedeutet werden, dass sie besser getan hätten, bei ihrem Geschäft zu bleiben, als unberufen Kriegswirren anzustiften.
...
den genannten Ausführungen
Tempus vivit! schrieb:
...
Im genannten Beispiel, wo ein Adliger einen Hund tragen musste, ist dies als (oft freiwillige!) Sühneleistung und Geständnis der Schuld an einem öffentlichen (!) Ort zu interpretieren.

In einem demonstrativen, ritualisierten Akt der öffentlichen, bedingungslosen Unterwerfung (barfuß, mit Büßergewand, manchmal mit dem Richtschwert im Nacken oder auch mit einem Hund auf dem Rücken). So näherte sich der Büßende dem König und sprach den wohl zeremoniell zu verstehenden Satz: "Mache mit mir, was du willst.", denn schließlich hatten die Vermittler vorher ausgehandelt, was zu passieren hatte...
...
nicht zwangsläufig widersprechen.
Sprich: Das öffentliche Schuldeingeständnis - demonstrativ in ebenjenem ritualisierten, symbolischen Akt - kommt jeglicher etwaiger Verurteilung (worunter ggf. durchaus auch z.B. die Todesstrafe fallen konnte) zuvor. Die Sühne des Vergehens bzw. Verbrechens erfolgt somit nicht nur freiwillig, sondern zudem auch im Voraus (und sie ist abgesprochen/abgestimmt!).
Anm.: Was jetzt aber bitte nicht im Sinne eines (post-)modernen Pragmatismus mißzuverstehen ist - etwa nach dem Motto "na; ehe sie mich jetzt köpfen, packe ich mir doch schnell mal Nachbars Hund auf die Schulter und gehe so zum König" o.ä. -, denn wie geschrieben, ist dies vorher so ausgehandelt worden!
 
Stimmt schon. Andererseits, wozu sich vorher zum Affen machen, wenn's einen dann doch den Kopf kostet? Stimmig wäre es wohl nur, wenn tatsächlich vorher besprochen war, wie's endet, also dass der Kopf drauf bleibt.
 
Andererseits, wozu sich vorher zum Affen machen, wenn's einen dann doch den Kopf kostet? Stimmig wäre es wohl nur, wenn tatsächlich vorher besprochen war, wie's endet, also dass der Kopf drauf bleibt.

Wir müssen es natürlich im Kontext mittelalterlicher Hierarchien sehen: es ging ja vordergründig nicht unbedingt darum, den Kopf nicht zu verlieren (im wortwörtlichen Sinne), sondern darum, die Huld/das Wohlwollen/die Gnade des Herren/Lehnsherren/Herrschers wieder zu erlangen bzw. zurückzugewinnen, nachdem man diese durch eigenes Fehlverhalten - auf welche Art und Weise auch immer - verwirkt hatte (und Treuebruch konnte rechtlich bspw. den - übrigens dann nicht ehrenvollen - Tod nach sich ziehen).
 
Verstehe. Hoffe ich. Man versicherte sich mit dieser Aktion gewissermassen eine Aussöhnung, vielleicht besser Rettung des Guten Namens, auch im Hinblick auf die Erben, damit es, sollte es so kommen, kein schmachvoller Tod ist.
 
Man versicherte sich mit dieser Aktion gewissermassen eine Aussöhnung, vielleicht besser Rettung des Guten Namens, auch im Hinblick auf die Erben, damit es, sollte es so kommen, kein schmachvoller Tod ist.

Natürlich rettete man auf diese Weise nicht nur seinen Namen, sondern zumeist auch noch Stand, Land, Privilegien etc.; doch war das nur eine Seite.
Die andere Seite ist derjenige, der dem Büßenden - der bekanntlich seine Schuld eingesteht - eben vergibt anstatt ihn zu Tode zu richten. Betrachten wir dies v.a. auch aus Sichtweise eines Herrschers, so wird es klar: zur Beilegung von Fehden u. dgl. konnte ihm gar nicht in sämtlichen Fällen daran gelegen sein, abtrünnige Hochadlige - zumal da nicht nur einer sich empörte, sondern gewöhnlich andere ebenso Mächtige um sich scharte - hinzurichten bzw. hinrichten zu lassen, sondern vielmehr daran, ihnen stattdessen zu zeigen, wie großmütig man als Herrscher doch sein konnte etc. ...
 
... womit er dem Herrscher quasi doppelt sein "Leben" schuldete. Eigentlich ganz raffiniert, du hast Recht. ...
 
... womit er dem Herrscher quasi doppelt sein "Leben" schuldete. Eigentlich ganz raffiniert, du hast Recht. ...

Ja; eigentlich aber v.a. auch recht pragmatisch.
Diejenigen unter den Großen des Reiches, die es sich (zu)trauten, offen Position gegen den König zu beziehen, waren genaugenommen einigermaßen überschaubar; und eine Gefahr für die königliche Machtbasis wurden sie ja erst dann - ja, eigentlich nur dann -, wenn es ihnen gelang, andere (Hoch-)Adlige auf ihre Seite zu bringen. Diese Parteigänger bei derartigen Rebellionen waren aber genaugenommen nichts weiter als unsichere Kantonisten, die sich genausogut auch der rechtmäßige Herrscher immer wieder gewogen machen konnte.
Ergo konnte der König auf diese Art - Erlaß einer Todesstrafe o.ä. nach Schuldeingeständnis des Lehnsmannes (natürlich wie beschrieben unter vorheriger gegenseitiger Absprache) - seine Machtbasis (sprich: Adlige, die auf seiner Seite standen) wieder festigen bzw. wiedererlangen (da vormals "abtrünnig" gewordene Adlige auf seine Seite zurückkehrten).
Und ganz wichtig ist eben die erwähnte Symbolkraft und -wirkung: Wer sich gegenüber seinem Herrn erhöhte, wird erniedrigt werden - also ganz gemäß neutestamentarischer Gleichnisse (wir dürfen nicht leichtfertig darüber hinwegsehen, daß wir uns im europäischen Mittelalter zum einen in einer illiteraten Gesellschaft, andererseits aber auch einer von der christlichen Religion durchdrungenen Gesellschaft befinden).
 
Weiß jetzt nicht genau unter was von deinen Punkten man es einordnen könnte aber es gab zum Beispiel auch:
den Pranger, auch eine Form der Strafe
die Geige, in die man Zanksüchtige steckte, sie hatte eine Öffnung für den Kopf und zwei für die Hände, die folglich auf Kopfhöhe gehalten werden mussten, entsprechend dazu gab es auch die Doppelgeige, in der zwei Feinde sich derart in die Augen schauen konnten
Strafmasken in die z. B. Verleumder gesteckt wurden
Schandmantel, ein hölzerner, fassartiger Holzmantel der vom Hals bis zu den Füßen ging
Bäcker deren Ware als zu leicht bewogen befunden worden war kamen in den Bäckergalgen, ein eiserner Käfig der unter Wasser gehalten wurde...

An Verstümmlungstrafen kann ich noch hinzufügen:
nich nur Blenden sondern auch Ausreißen der Augen
Abschneiden der Oberlippe und der Nase zusammen
Ausbrechen der Vorderzähne
Zermalmen der Kiefer
in manchen Teilen auch Verlust der Geschlechtsorgane
Geißelung
Brandmarken
Schleifen zur Richtstatt
Reißen mit Zangen
Beschlagen der Hände und Füße mit Hufeisen
Schlagen und Aufschneiden der Fußsohlen

Todesstrafen:
Decalvation, d.h. Abziehen der Haut mit den Haaren
Steinigung
Versenken im Morast
Wippgalgen, man lässt die Delinquenten Aufziehen um die dann herabfallen zu lassen, dass sie sich die Glieder brechen

Hi Terra, schicker Blumenkranz !

Aber auch deine Beschreibungen zu Bestarfungen sind sehr interessant. Man bekommt hier ein Gefühl für den Begriff "Dunkleres" oder "Finseres Mittelalter".

Da wirlkt das Mittelalter doch gleich wie ein Schlaraffenaland für Sadomaso freaks. Nur das die wirklich betroffenen Personen, nicht gerade freiwillig bereit waren sich den Dragonischen strafen zu unterziehen.:S

Mfg

pegasussieben
 
Zuletzt bearbeitet:
Man bekommt hier ein Gefühl für den Begriff "Dunkleres" oder "Finseres Mittelalter".

Da wirlkt das Mittelalter doch gleich wie ein Schlaraffenaland für Sadomaso freaks. Nur das die wirklich betroffenen Personen, nicht gerade freiwillig bereit waren sich den Dragonischen strafen zu unterziehen.:S

Mfg

pegasussieben

Die Frage ist nur, ob das eine erschöpfende Sicht der Dinge ist.
 
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