1. Bei Frey wurde für die „Tadlerinnen“ 1726 angegeben. Der Text mit der Turmfrisur ist also sogar noch älter. Ich hatte das bei den Literaturangaben mit angegeben, da der Link auf die 3. Auflage von 1748 führt. Zur Überprüfung der DNB-Link:
https://portal.d-nb.de/opac.htm?met...tResultId=tadlerinnen%26any¤tPosition=5
2. Tatsächlich sind so allgemeine Aussagen wie in der Sekundärliteratur nicht zufrieden stellend. Ich stelle mir die Frage, wie das im Detail ausgesehen hat. Und da fehlen mir Informationen zu drei Bereichen:
a) zeitliche Begrenzung des Schminkens
Wenn ich gestern nicht noch über den Trombsdorff gestolpert wäre, hätte ich noch etwas zu meiner Vermutung geschrieben, dass die Bedeutung des Schminkens im Laufe des 18. Jahrhunderts abgenommen hat. Die betreffende Stelle bei Dane habe ich heute morgen leichter wiedergefunden:
„Während noch im ausgehenden 17. Jahrhundert und beginnenden 18. Jahrhundert die Schminkpraxis mit dazu beigetragen hatte, die soziale Stellung der Individuen zu betonen, verlor sie im Laufe des 18. Jahrhunderts an Aussagekraft.“
Dane begründet das damit, dass diese Form der Selbstdarstellung so auf die Spitze getrieben worden war, das nach neuen Möglichkeiten sich von anderen abzusetzen gesucht werden musste.
Dane nennt für das Entstehen der Schminkpraxis den Hof Ludwigs des XIV.
Die von mir zitierte Aussage Danes, das Schminken sei bei beiden Geschlechtern üblich gewesen, folgt wenige Sätze später. Vielleicht nahm das Schminken als Mode zu Beginn des 18. Jahrhunderts bei Männern schon bald ab.
b) Welche Männer haben sich (exzessiv) geschminkt?
Bei Gottsched werden „Stutzer“, „Gecken“ beschrieben. Vielleicht war das Schminken bei einer jungen Gruppe von Modenarren, deren Stellung eben nicht so hoch war und die auf andere Weise Aufmerksamkeit suchten, verbreitet, bei „gestandenen Mannsbildern“ wie wir sie von Gemälden der Zeit kennen aber nicht üblich. Besonders der Kaufmannssohn kann sich den Müßiggang nur leisten, weil er von Vater (und Mutter als kleine polemische Spitze) finanziell gestützt wird. Der Kaufmann selbst dürfte weniger Müßiggang gepflegt haben.
c) Wie haben sich Männer geschminkt?
Nur was ich dann eben nicht verstehe, habe ich in Punkt 2d) beschrieben. Das Befolgen der Reinigungsrituale war ja vor allem auch ein Dienst an den Anderen. Eine Idee, wie Schminke und wohl vor allem Puder zur Reinigung verwendet werden konnte, ohne allzu große optische Wirkung, liefert mir die “Corinna“ bei Gottsched.
„Sie schabet den Puder mit Messern vom Gesichte, und wenn sie die Kleider ausschüttelt, wird der Boden ihres Zimmers weißer, als die Straße ist, wenn es eine Nacht durch geschneyet hat.“
Wie kann man sich eine trockene Gesichtsreinigung vorstellen. Schminke, Puder und Duftwasser(?) sollten den Schmutz binden und wurden dann abgeschabt? Haben Männer vielleicht eine „light“-Version der Schminkpraxis gepflegt?
Mir läuft gerade die Zeit davon und ich werde die nächsten Tage leider nicht online sein.
Ich wäre sonst gerne genauer auf Eure antworten eingegangen.
Nur kurz zum Pudern der Haare. Dane und Frey beschreiben das Weißpudern der Haare als natürliche Fortsetzung des Gesichtschminkens. Die Haarfarbe sollte der Geschichtsblässe angepasst werden. Frey beruft sich auf einen Titel, den ich im Netz leider nicht finden konnte, der aber (auch allgemein) weiterhelfen könnte:
Boehn, Max von: Die Mode. Eine Kulturgeschichte vom Mittelalter bis zum Barock / (.) vom Barock bis zum Juggendstil. Bearbeitet von Ingrid Loschek. EA. der Bearbeitung. 2 Bände.
(besonders bedauerlich, ich werde in der Nähe von Paris sein, ohne Gelegenheit, mich im Louvre mal für unser Thema umzuschauen…Grmmml)
EDIT: Wie gesagt die Zeit, besonders für das Sichten von Bildern. Ein interessantes, fast eine Karrikatur, habe ich noch gefunden:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/06/William_Hogarth_042.jpg